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am 01.11.2020 09:06
Liebe leidgeplagten Co-Neulinge in der Welt der Aktien,
vor Jahren habe ich meinen Vermögensaufbau mit ETFs begonnen. Hier ein paar Euro, da ein paar Euro, mal schauen wie es sich entwickelt. Anfang des Jahres dachte ich mir dann „Jetzt wird’s Zeit für Aktien, die laufen doch besser als ETFs“. Nach dem Umzug meines Depots von ebase zu comdirect ging es dann auch schon los und ich habe meine ersten Aktien gekauft: BioNTech, Software AG, Cancom und Evotec standen auf meiner Liste. Ich hatte damals noch nichts von Sternelisten, Trendaktien, Dividendentitel oder sonstigem gehört habe ich einfach aus dem Bauch heraus entschieden. Wer erkennt sich zufällig hier wieder? 😉
Damals war Corona noch kein Thema. Man hat zwar über ein Virus in China getuschelt, dem aber keine größere Bedeutung beigemessen. So kann man sich irren.
Was dann geschah haben wir alle mitbekommen: Es ging bergab, und das sehr sehr tief. Ich konnte minütlich mein Depot aktualisieren und zusehen wie der Wert geringer wurde. Das tat erstmal weh und entmutigte mich ungemein, erst recht nachdem Stops ausgelöst wurden und ich um einiges an Euros ärmer war. Zweifel an Aktien und Börse kamen auf. Ich fragte mich, ob es wirklich gut war in Aktien anstatt weiter in ETFs zu investieren. Der Aufschwung der letzten Jahre vernichtet binnen weniger Tage und natürlich geplatzt der Traum von mehr Vermögen durch Apple und Co.
Genauso schnell wie es durch Corona runter ging kam dann aber der Turnaround für diejenigen, die dennoch weitergemacht haben. Ich selber habe die Gelegenheit genutzt meine Verluste wieder auszugleichen und Gewinne zu machen. Euphorie war am Markt und jeder war sich sicher: durch die Arbeit am Impfstoff und drastische Maßnahmen ist das Virus bald kein Thema mehr, und ein Konjunkturpaket nach dem anderen soll auf der ganzen Welt die Wirtschaft stärken. Vergessen die Verluste von vor wenigen Monaten, vergessen die Vorsicht. "All in", wie unser lieber @huhuhu zu sagen pflegt. Es kann doch nur wieder bergauf, schlimmstenfalls seitlich gehen, oder? Auf jeden Fall nicht viel runter!
Könnte man meinen, wäre da nicht Präsidentschaftswahl und ein gewisser Herr Trump, welcher bereits lautstark angekündigt hat, die Wahlergebnisse im Falle einer Niederlage nicht einfach so zu akzeptieren. Unruhen in der Bevölkerung führen zu nicht abschätzbarem Börsenbeben. Mulmig wird mir dabei schon, denn für mich als Anfänger ist dies eine nicht einschätzbare und unbekannte Situation: Die Zahlen der Unternehmensberichte stimmen, aber die Kurse fallen? In ein paar Tagen wissen wir zu diesem Thema mehr und ich denke jeder, egal ob Neuling oder nicht, ist gespannt darauf.
Als ob die Unsicherheit in Amerika nicht genug wäre hat man zur selben Zeit in Europa eigene Sorgen: der Brexit und einen bockigen Boris Johnson. Auch das führt zu Unsicherheiten, da ein „harter Brexit“ große wirtschaftliche Folgen hat und ohne Abkommen niemand weiß, wie die Handelsbeziehungen überhaupt ablaufen können und sollen. Und durch die ganzen anderen Medienberichte hatte ich dieses Thema eigentlich gar nicht mehr auf dem Schirm. Ihr etwa?
Diese gefährliche Mischung führte Anfang September zu einer Korrektur der Technologie-Werte. Zu groß der Aufschwung, zu groß die kommenden Unsicherheiten, Gewinne mitnehmen und erstmal ducken. Dies wäre eigentlich kein Drama, schließlich habe ich Zeit und in ein paar Jahren belächle ich diese Korrektur. Eine zweite Corona-Welle und ein (Teil-)Lockdown in Europa kamen aber noch dazu, was derzeit dazu führt, dass sich die Börse nicht erholt, sondern wieder abstürzt. Ein zweiter kleiner Crash, nicht ganz so schlimm wie im März aber für Börsenanfänger wie mich eine hohe psychische Herausforderung.
Ein Jahr voller Verluste, voller Krisen, ständigen Kurssprüngen nach oben aber auch nach unten – wieso weiter investieren und nicht einfach sein lassen, wenn man doch sowieso verliert? Eine absolute Katastrophe, oder etwa nicht?
Ich denke nein. Für Börsenneulinge ist es sogar ein gutes Jahr gewesen. Man hat innerhalb kürzester Zeit die volle Bandbreite der Börsengefühle miterlebt: von der Angst bis hin zur Gier.
In nur einem Jahr wurde sozusagen ein Crash-Kurs absolviert, der einem zeigt, dass die ganzen abgedroschenen Börsenphrasen ihre Berechtigung haben. Und man lernt, dass eines ganz wichtig ist: Demut vor der Börse. Niemand hat eine Kristallkugel die genau sagt was passieren wird und niemand kann immer mit seinen Prognosen richtig liegen. Es gab viele Möglichkeiten Fehler zu machen aber dadurch auch viele Möglichkeiten zu lernen – egal ob durch eigenständiges Handeln oder von der Seitenlinie aus die Situation beobachtend, egal welche Strategie man verfolgt.
Ich hoffe auf eine baldige Erholung und dass die kommenden Jahre besser werden. Und wenn es wieder ruckelt sind wir bereit, denn wir alle haben in diesem einen Jahr wertvolle Erfahrungen gesammelt. "Aufstehen, Krone richten, weitermachen" wie mir einst ein weiser Mann sagte.
Einen besseren Start in sein Börsenleben kann man sich doch eigentlich gar nicht wünschen, oder wie seht ihr das?
Bis bald!
- Zilch
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich noch mal im Besonderen bei @nmh bedanken, welcher mit seiner Erfahrung beim Schreiben des Textes zur Seite stand.
Auch hilft er allen Interessierten sich an der Börse zurecht zu finden, Anzeichen zu deuten und das Beste aus seinem Kapital zu machen. Vielen Dank für die umfangreiche Arbeit in der Community.
Aber auch vielen anderen Mitgliedern dieser Community gebührt mein Dank. Mitgliedern wie @GetBetter @digitus @Crazyalex oder @Joerg78 welche Anfängern die ersten Schritte an der Börse mit ihren Kenntnissen erleichtern, für angeregte Diskussionen sorgen und ebenfalls sehr viel Arbeit in diese Community stecken.
Auch möchte ich @ehemaliger Nutzer und @A_J_L danken, welche mit ihren Wikifolios die Möglichkeit bieten an verschiedenen Anlagestrategien zu partizipieren, auch wenn einem das Vermögen fehlt in alle Titel selber zu investieren. Es bietet sehr gute Möglichkeiten ein Gefühl für diese Strategien zu bekommen und selber weiter auszubauen und zumindest schon mal Fuß zu fassen.
Natürlich auch @huhuhu , der mit seiner gespaltenen Persönlichkeit* für Auflockerung in der ein oder anderen festgefahrenen Diskussion sorgt. Auch solche Menschen muss es in einer Community geben damit man das Lachen nicht vergisst und nicht immer alles bitterernst nimmt. Richtig? All in, mein Lieber, all in 😉
Und selbstverständlich auch allen anderen dieser Community, die tagtäglich an Diskussionen teilnehmen und ihre Erfahrungen weiterreichen damit interessierte Anleger, egal ob erfahren oder nicht, beständig mit neuen Anlageideen versorgt werden.
Ich wünsche euch allen weiterhin viel Erfolg und Spaß beim recherchieren und investieren.
Research alone won't ensure a profit. Your main goal should be to make money, not to get an A in How to Read a Balance Sheet. - RD
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
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am 01.11.2020 09:14
Vielen Dank für diesen schönen Text der einem Anfänger wie mir auch einen tollen Überblick und eine tolle Einordnung der letzten zwei Jahre liefert
Gruß Crazyalex
An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!
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am 01.11.2020 09:24
Chapeau! 👍
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01.11.2020 09:38 - bearbeitet 01.11.2020 09:40
Sehe ich genauso! 2020 ist mein erstes volles Jahr an der Börse und ich habe sehr viel gelernt und profitiert. Konnte so relativ schnell ein ordentliches Depot aufbauen, weil ich leider spät angefangen habe (bin Jahrgang 79). Habe Anfang 2019 angefangen bei onvista und comdirect mit ETFs und kleinen Käufen von Wachstumsaktien. Nachdem ich gemerkt habe, dass Traden nicht mein Ding ist (BYD, NEL alle zu früh verkauft, zum Glück Tencent und Carl Zeiss Meditec sowie Nemetschek behalten) betreibe ich seit ca. 12 Monaten eine Buy-and-Hold-Strategie mit Sparplänen und gezielten Einzelkäufen, indem ich ein "Konservatives Depot" (wobei konservativ für mich neben J&J, Unilever, Church& Dwight, Texas Instruments und Münchner Rück auch MSFT, Amazon, Apple und Alphabet beinhaltet, also eher ein "Basis Depot", mit für mich sehr sicheren Werten, die ich nicht jeden Tag beobachten muss) sowie ein "Wachstums Depot" mit Sartorius, Paycom, Adobe, Nemetschek, Paypal, ASML usw.. Ich lasse bei fast allen Werten Sparpläne laufen, welche dynamisch angepasst werden nach Marktlage (vor allem im "Wachstums Depot"), weil ich alle Aktien für langfristig kaufenswert halte und bei allen ein ordentliches Wachstum erwarte (bei einigen vor allem auch Dividendenwachstum). Zusätzlich mache ich Einzel- und Nachkäufe günstig beim Discountbroker TR (onvista ist eingeschlafen) um die Durchschnittspreise unten zu halten und transferiere die Aktien dann auf meine Langzeitdepots bei Comdirect und Consorsbank (hoffentlich passen letztere mal ihre Preise für Einzelkäufe an, damit dieser Aufwand nicht mehr notwendig ist). Der Crash und die Korrektur letzte Woche sind dafür perfekt geeignet. So bin ich trotz aller Turbulenzen sehr schön bei beiden Depots im Plus und habe jetzt schon ordentlich Dividenden bekommen. Werde jetzt auch etwas mutiger und möchte ggf. "günstig" Wachstumsaktien kaufen, bei denen ich zu "spät" war (Square, Tesla, Plug Power, Cloudflare, Salesforce), da muss ich natürlich aufpassen, war bislang sehr zufrieden und erfolgreich, man sollte nicht zu viel wollen. Wenn man Qualitätsaktien kauft und weiß, dass man sie jahrelang halten möchte, kann man die Ängste und die Dramatik etwas relativieren und eher Spaß an der Sache haben. Ich bedanke mich auch bei den vielen Tippgebern hier im Forum.
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am 01.11.2020 10:12
Toller Artikel, @Zilch!
Genau die richtige Lektüre für einen verregneten November-Vormittag!
Grüße,
Andreas
FAQ zu Finanz-Informationsquellen im Internet | FAQ zu Apps | Papiere mit monatlicher Aussschüttung
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am 01.11.2020 11:41
Gratulation zu einem sehr gelungenen Artikel und Danke für die freundliche Erwähnung meiner Wenigkeit.
Meine ersten etwas strukturierteren Anlageaktivitäten liegen schon ein paar Jahre zurück. Von Corona hat damals noch niemand was geahnt, allerdings hat kurz danach das Platzen der Dotcom-Blase Neueinsteigern ähnlichen Turbulenzen beschert.
@Zilch schrieb:Einen besseren Start in sein Börsenleben kann man sich doch eigentlich gar nicht wünschen, oder wie seht ihr das?
Im Nachhinein muss man sagen: Klares Ja, solche Krisen am Anfang sind definitiv lehrreich.
Auch finanztechnisch, vor allem aber weil man viel über sich selber und die eigene Risikotoleranz lernt. Einzige Voraussetzung ist, sich davon nicht ins Boxhorn jagen zu lassen und einfach konsequent weiterzumachen.
Bei einigen sind aber leider der Start ins Börsenleben und dessen Ende zu kurz hintereinander. Deren Antwort fällt dann sicher anders aus, allerdings können sie sich zumindest damit trösten, die Erfahrung früh gemacht zu haben. Am Anfang ist es nämlich noch vergleichsweise billig
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am 01.11.2020 12:08
@Zilch :
Ein toller Text! Genauer gesagt: Die Passagen, die nicht von mir sind, sind wirklich toll. Ansonsten hast Du ja leider den üblichen nmh-Einheitsbrei in Deinen Text reingemischt, den ich Dir untergeschoben habe. Trotzdem: very well done!
Du bist schon auf einem sehr guten Weg und wirst mit Sicherheit überaus erfolgreich an der Börse sein. Weiter so!
Viel Erfolg an Euch alle für Eure Anlagen (im Garten und im Depot)
herzliche Grüße und einen schönen Sonntag aus einem regnerischen München
nmh
01.11.2020 12:23 - bearbeitet 01.11.2020 12:24
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01.11.2020 12:23 - bearbeitet 01.11.2020 12:24
Hallo @Zilch ,
da hast du einen wirklich schönen Artikel geschrieben!
Ja, das Börsenjahr war nicht langweilig - und vielleicht gibt es ja noch die ein oder andere Überraschung.
Meine ersten Gehversuche an der Börse - damals sowohl mit irgendwelchen Templeton-Fonds als auch mit Einzeltiteln - waren ähnlich: Ein Auf und dann auch ein Ab (2008). Das ist aufregend, aber man wird relaxter. Und auch als es dieses Jahr bergab ging - und sich manche Anlagen noch nicht erholt haben (Dividenden-Titel, REITs, etc.), schaut man erstmal dumm - aber mit zunehmender Erfahrung auch relaxter. Denn man weiß: Irgendwann gehts wieder bergauf. Man darf (zumindest bei ETFs) einfach nicht immer reinschauen.
Einfach weiter machen - ich weiß, klingt einfach, ist es aber nicht immer
Viele Grüße,
Jörg
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am 01.11.2020 12:48
Warum transferierst du die Aktien nach dem Kauf bei TR und lässt sie nicht dort? Was ist trotz allem noch der Vorteil bei consors und comdirect gegenüber TR? Könnte man nicht ganz zu TR wechseln?
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01.11.2020 13:01 - bearbeitet 01.11.2020 13:05
Da ich noch einen Zeitraum von 20 Jahren habe sehe ich meine Investition in den All-World ETF recht entspannt. Ich kann in der Krise günstiger Anteile einkaufen.
Ich war in der Finanzkrise 2008 voll in einem aktiven Fonds investiert, das habe ich mir nicht einmal angeschaut sondern einfach die VL und den Sparplan weiter bedient.
Aber ich habe im Hintergrund noch die alte Pensionskasse meines Arbeitgeber. Wo der Arbeitgeber ca. 2/3 zusätzlich zu meiner Prämie einzahlt. Mit dieser Sicherheit kann ich etwas entspannter im Akienmarkt agieren.

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