Vorabpauschale
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
07.01.2023 14:28 - bearbeitet 15.01.2024 11:13
Nachdem in den letzten Jahren der für die Berechnung der Vorabpauschale relevante Basiszinssatz negativ war, schaut das in diesem Jahr anders aus. Da immer wieder Fragen zur Vorabpauschale (Was ist das? Wie wirds berechnet? Was wird wann abgezogen?) auftauchen, möchte ich versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen auf ein paar Punkte einzugehen.
Disclaimer: Dies ist keine Steuerberatung o.Ä., ich führe hier mein persönliches Verständnis der Vorabpauschale auf. Bei steuerlichen Fragen sollte immer der Steuerberater kontaktiert werden, in der Community können und dürfen wir keine Beratung zu Steuerthemen vornehmen!
Die Vorabpauschale wurde mit der Reform des Investmentsteuergesetz 2018 eingeführt; sie gilt für Investmentfonds und sollte die bis dahin geltende Ungleichheit der Besteuerung unterschiedlicher Fonds-Typen beseitigen, denn gerade bei ausländischen thesaurierenden Fonds gab es einen Steuerstundungseffekt.
Jetzt gilt für alle Fonds: Abhängig von der Wertsteigerung des Fonds, des Basiszinssatzes und ggf. Ausschüttungen wird eine Vorabpauschale ermittelt, die versteuert werden muss. Wie war berechnet wird, wird im schönsten Juristendeutsch in §18 InvStG "erklärt"; dort steht in Absatz 1 u.a. das hier:
Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten. Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 Prozent des Basiszinses nach Absatz 4. Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttungen innerhalb des Kalenderjahres ergibt.
Schön, nicht?
Dröseln wir das mal auseinander, beginnend mit Satz 2, nämlich dem Basisertrag: Der berechnet sich aus dem Fondswert zu Beginn des Jahres (also jetzt 2023), multipliziert mit 70% des Basiszinses; der wurde für 2023 auf 2,55%, für 2024 auf 2,29% festgelegt.
Nehmen wir also mal einen nicht-ausschüttenden Fonds XY, der hat fiktiv zum 1.1.2023 einen Wert von 100€ gehabt.
Der Basisertrag pro Fondsanteil liegt dann bei 100 * 70% * 2,55% = 1,785€ (100 * 0,7 * 0,0255).
Am Jahresende kommt dann der Jahresendwert ins Spiel - daraus wird die Wertsteigerung berechnet und Satz 3 kommt ins Spiel: Ist die Wertsteigerung höher oder gleich dem Basisertrag (=> Rücknahmepreis eines Fondsanteils >= 101,785€), bleibt der Basisertrag unverändert; ist die Wertsteigerung geringer (Fondsanteil < 101,785), dann entspricht der Basisertrag dieser Wertsteigerung (bei einem Rücknahmepreis von 101€ am 31.12.2023 wäre der Wertzuwachs 1€ => Basisertrag = 1€).
Vereinfacht wird angenommen, dass innerhalb des Jahres keine Käufe oder Verkäufe stattgefunden haben - dann wird zum Jahresende der Basisertrag mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert: Das Ergebnis ist dann die persönliche Vorabpauschale, die dann versteuert werden muss (mehr dazu unten).
Bei einem ausschüttenden Fonds werden vom Basisertrag noch die Ausschüttungen (pro Anteil) abgezogen - und damit sind wir bei Satz 1 des o.g. Gesetzes: Sind die Ausschüttungen geringer als der Basisertrag, wird dennoch eine Vorabpauschale besteuert!
Zu beachten ist auch: Die Vorabpauschale kann nie negativ werden!
Hier mal 5 Berechnungen für 2023 ("gute Wertentwicklung" bzw. "schlechte Wertentwicklung" dient hier nur der Vergleichbarkeit!).
1. thesaurierender Fonds - gute Wertentwicklung
Jahresanfangswert je Anteil | 100€ |
Jahresendwert je Anteil | 102€ |
Wertzuwachs | 2€ |
Basisertrag | 1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255) |
Vorabpauschale pro Anteil | 1,785€ |
2. thesaurierender Fonds - schlechte Wertentwicklung
Jahresanfangswert je Anteil | 100€ |
Jahresendwert je Anteil | 101€ |
Wertzuwachs | 1€ |
Basisertrag | 1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255) |
Vorabpauschale pro Anteil | 1€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag) |
3. ausschüttender Fonds - gute Performance
Jahresanfangswert je Anteil | 100€ |
Jahresendwert je Anteil | 101€ |
Ausschüttung je Anteil | 2€ |
Wertzuwachs | 3€ (1€ aus Kursdifferenz zzgl. 2€ Ausschüttung) |
Basisertrag | 1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255) |
Vorabpauschale pro Anteil | 0€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen) |
4. teil-ausschüttender Fonds - gute Performance
Jahresanfangswert je Anteil | 100€ |
Jahresendwert je Anteil | 102€ |
Ausschüttung je Anteil | 1€ |
Wertzuwachs | 3€ (2€ aus Kursdifferenz zzgl. 1€ Ausschüttung) |
Basisertrag | 1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255) |
Vorabpauschale pro Anteil | 0,785€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen) |
5. ausschüttender Fonds - schlechte Performance
Jahresanfangswert je Anteil | 100€ |
Jahresendwert je Anteil | 100€ |
Ausschüttung je Anteil | 1€ |
Wertzuwachs | 1€ (1€ aus Ausschüttung) |
Basisertrag | 1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255) |
Vorabpauschale pro Anteil | 0€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag => 1€, abzgl. Ausschüttung = 0€) |
Wie wird besteuert?
Es wird die Vorabpauschale (Berechnung s.o.) mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert und dann mit der Kapitalertagssteuer + Soli + ggf. Kirchensteuer besteuert. Je nach Fondsart greifen aber auch hier Teilfreistellungen (z.B. bei Aktienfonds 30%). Auch ein Freistellungsauftrag wird berücksichtigt. Es wird also nicht der Wert der Vorabpauschale an sich als "zu versteuernder Betrag" festgesetzt, sondern die Vorabpauschale selbst wird mit der Steuer belegt!
Wann wird besteuert?
Die Besteuerung erfolgt Anfang des folgenden Kalenderjahres, denn: Die Vorabpauschale für 2023 gilt am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen. Somit greift die Besteuerung im Jahr 2024 (und eine Belastung des Sparerfreibetrages ebenfalls im Jahr 2024).
Wird mir die Vorabpauschale gutgeschrieben?
Nein, es handelt sich um eine vorgezogene Besteuerung, daher erfolgt der Zufluss der Vorabpauschale als "fiktiv".
Wie wird beim Verkauf besteuert?
Beim Verkauf eines Wertpapieres wird der Veräußerungsgewinn besteuert - abzüglich bereits festgesetzter Vorabpauschalen (ansonsten hätte man eine Doppelbesteuerung), siehe §19 Abs. 1 InvStG .
Ich habe einen Fondsanteil im Laufe des Jahres verkauft - wird dennoch eine Vorabpauschale erhoben?
Nein, zum Jahresende nicht mehr gehaltene Fondsanteile unterliegen keiner Vorabpauschale (die Besteuerung erfolgte ja bereits durch den Verkauf).
Ich habe im Laufe des Jahres Fondsanteile gekauft - wird wird hier die Vorabpauschale berechnet?
Die Vorabpauschale wird anteilig berechnet, und zwar ab dem Monatsersten, in dessen Monat entsprechende Anteile gekauft wurden (wurden Fondsanteile am 30.11. eingebucht, so werden dennoch volle 2 Monate berücksichtigt!); in die Berechnung fließt nichtsdestotrotz immer der Jahresanfangswert ein! Dies kann zur interessanten Konstellation führen, dass trotz Buchverlust eine Vorabpauschale einbehalten werden kann (Beispiel: Jahresanfangswert 100€, Jahresendwert 104€, Kaufkurs im November 106€).
Wie wird die Steuer eingezogen?
Normalerweise wird die Steuer vom Verrechnungskonto der depotführenden Bank eingezogen; reicht das Guthaben nicht aus, wird ein ggf. eingeräumter Dispositionskredit (Vorsicht: Überziehungszinsen!) ausgenutzt. Reicht auch das nicht aus (weil kein Dispo vorhanden oder bereits ausgeschöpft), wird die Steuer nicht einbehalten und das Finanzamt informiert.
Gibt es nicht auch einen Rechner, der mir die konkrete Höhe der zu bezahlenden Steuer berechnet?
Den gibt es, beispielsweise wurde bei Finanzfluss ein entsprechender Rechner programmiert (danke an @digitus für den Link!); dieser berücksichtigt (wie alle anderen von mir gefundenen Rechner) allerdings keine unterjährigen Zukäufe.
Ich hoffe, dass das Thema "Vorabpauschale" und dessen Besteuerung etwas klarer geworden ist.
Am Ende nochmals der Hinweis (man muss sich ja rechtlich absichern): Dies war keine Steuerberatung, nur mein persönliches, niedergeschriebenes Verständnis der entsprechenden Themenblocks.
- Labels:
-
Fonds
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 12.12.2023 12:20
Die Tabelle ist sehr vereinfacht und für genauere Informationen empfehle ich das Video
gruss ae
>>> Meine Glaskugel funktioniert, ist geputzt und auf dem neuesten Stand der Technik
>>>> Leider weigert sie sich konsequent, mit mir zu reden
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 12.12.2023 16:51
Vielen Dank @Joerg78 für den Hinweis auf die Vorabpauschale 2023. Ich habe gerade mal grob gerechnet und festgestellt, dass ich Anfang 2024 bei 6 ETFs ganz erhebliche Steuern auf die Vorabpauschalen zu zahlen habe obwohl alle meine ETFs ausschüttend sind. Man denkt immer, bei ausschüttenden ETFs kann das je nicht so tragisch sein, aber bei 2,55% kommt da ganz schön was zusammen, falls die Ausschüttungen geringer sind als 2,55%*70% = 1,785% und die Fonds einen entsprechenden Wertzuwachs haben. Ohne deinen Hinweis hätte ich das glatt verschlafen, der Freibetrag reicht da nicht!
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 13.12.2023 21:55
@ae schrieb:Danke @Antonia fürs Video posten. Tatsächlich gut und einigermaßen verständlich erklärt.
Interessant finde ich die unterschiedliche Vorgehensweise der verschiedenen Broker im Umgang mit der fälligen Steuer bei nicht gedecktem Verrechnungskonto:
[Screenshot aus dem Video]
gruss ae
Von einer der aufgeführten Banken hatte ich heute auch eine ausführliche Info in der PostBox.
"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 02.01.2024 19:53
Hallo und guten Abend. Danke für die Erklärung der Vorabpauschale!
eine Frage habe ich zur Abbuchung der Steuer, lässt sich sagen, wann im Januar diese vom Verrechnungskonto abgebucht wird? Damit ich dort für genügend Deckung sorgen kann.
Liebe Grüße, Benjamin.
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 02.01.2024 20:51
Hallo @Benne82
Sei herzlich willkommen hier in der Community!
Das ist von Bank zu Bank unterschiedlich und sollte in den ersten zwei Januarwochen erledigt sein.
Manche buchen bereits am ersten Bankarbeitstag im Januar, viele im Lauf der ersten Woche.
Ich rechne mir das immer Pi mal Fensterkreuz aus und sorge dafür, dass das (Verrechnungs)Konto gedeckt ist.
Gutes 2024!!!!
____________________
Alle Männer haben nur zwei Dinge im Sinn: Geld ist das andere. Jeanne Moreau
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
02.01.2024 20:57 - bearbeitet 04.01.2024 08:35
I.d.R. sollte das alles bis zum 10.2. durch sein -> späestens dann muss das Geld beim Finanzamt sein.
Wann die Bank das vom 2.1. bis zum 10.2. beim Kunden bucht bleibt ihr überlassen.
Gruß Crazyalex
An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 02.01.2024 21:04
Nachdem die "Jahresendverarbeitung" (O-Ton Popup in der Steuerübersicht) bis 8.1. dauern soll tippe ich mal darauf dass es eher der 9. oder 10. wird.
"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 02.01.2024 22:46
@Benne82 schrieb:eine Frage habe ich zur Abbuchung der Steuer, lässt sich sagen, wann im Januar diese vom Verrechnungskonto abgebucht wird? Damit ich dort für genügend Deckung sorgen kann.
Ich habe gerade mal in meinem Archiv der vergangenen Jahre gestöbert.
In allen bisherigen Fällen wurden die Steuermitteilungen vom jeweiligen Broker (comdirect, ING und der alte Smartbroker) zwischen dem 13. und 15. Januar zugestellt. Ob die Abbuchung dann sofort oder erst einige Tage später erfolgte kann ich allerdings nicht sagen, da jeweils der hinterlegte Freibetrag ausreichend war.
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 03.01.2024 11:18
Woran sieht man das die Anschaffungsdaten nicht richtig übertragen wurden?
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 03.01.2024 11:44
@Ralf0204 schrieb:Woran sieht man das die Anschaffungsdaten nicht richtig übertragen wurden?
Wenn sie nicht mit den tatsächlichen Anschaffungsdaten übereinstimmen (Vergleich mit den Kaufabrechnungen).
Oder was meinst du?!
FAQ zu Finanz-Informationsquellen im Internet | FAQ zu Apps | Papiere mit monatlicher Aussschüttung

- Vorabpauschale nach Übertag in Konto, Depot & Karte
- Comdirect – Quo vadis? in Anregungen
- Seit einem Monat ohne Girocard sowie Visa-Debitkarte in Anregungen
- Mahnung Verrechnungskonto - das Fass ist übergelaufen in Konto, Depot & Karte
- Steuerpflichtige Vorabpauschale und Verrechnungstopf in Wertpapiere & Anlage