21.11.2020 18:22 - bearbeitet 21.11.2020 18:41
Die sogenannten "Crash-Propheten" haben seit Jahren Hochkonjunktur - sie beschreiben die Probleme der Wirtschaft und Finanzwelt (teilweise sicher auch zutreffend) und sehen den Crash daher als unausweichlich - entweder lapidar mit "Der Crash kommt" oder etwas apokalyptischer mit "Der größte Crash aller Zeiten". Das Ganze wird in entsprechenden Büchern niedergeschrieben; und damit der verunsicherte Anleger nicht im Regen stehen bleibt, haben einige dieser Autoren praktischerweise gleich den passenden Fonds aufgelegt.
In diesem Beitrag möchte ich mal 3 der Fonds vorstellen: Den Wertefonds von Friedrich & Weik, den Dirk Müller Premium Aktien Fonds sowie den Max Otte Vermögensbildungsfonds.
Ich werde auch jedesmal die Performance mit einem Standardindex (MSCI World) vergleichen; manche Fonds investieren zwar komplett anders als der MSCI World, dieser Index ist aber das, was in den meisten Fällen Privatinvestoren empfohlen wird.
Der Wertefonds von Friedrich & Weik wurde aufgelegt, um eine Lösung für den unausweichlichen Crash im Jahr 2023 zu haben; Ursache für den Crash soll das faktische Ende des bisherigen Wirtschaftssystems sein, nur mit Sachwerten (Aktien, Ackerfläche, Whiskey, Gold, Wald, etc.) soll man den Crash einigermaßen überstehen. Bislang gab es laut Autoren noch keinen entsprechenden Fonds ("Sachwertefonds"), der die Ideen der Autoren (die seit Kurzem getrennte Wege gehen) umsetzt.
Was ist im Fonds drin? Laut Factsheet (PDF) bestehen die Positionen aus
- 27% Cash (26% in Euro)
- 26% Gold (Barren)
- 22% Minen-Aktien (knapp über 30 Unternehmen)
- 10% sonstige Aktien (ganze 15 Unternehmen)
- 15% "Real Assets" (eine Anleihe, je 1 Silber- und Platin-ETF und 1 Bitcoin-Zertifikat).
Wald, Ackerland, etc. sind nicht zu sehen; es wird auch auf eine Anleihe und ein Zertifikat gesetzt, obwohl sie nicht "in die Vergänglichkeit von Papierwerten" investieren wollen.
Für die Verwaltung des Fonds werden übrigens 1,6% Verwaltungsgebühr zzgl. eine Performancefee (Benchmark: Inflationsrate zzgl. 3%-Punkte) verlangt. Ein stattlicher Wert für rund 50 Wertpapiere, wobei 2 Goldbarren und Cash 53% des Fonds ausmachen. Übrigens sah die Asset-Allokation - insbesondere der Gold- und Cash-Anteil - auch vor Corona ähnlich aus.
Vergleich mit dem MSCI World (blau)seit Auflage 2017:
Nun gut, das war mal nix. Wie sah es denn in Crashphasen aus? Immerhin will der Fonds Vermögen nicht vermehren (die Zeiten sollen lt. Autoren vorbei sein), sondern erhalten. Hier mal der Crash von Ende 2018. Zeitraum Mitte 2018 - Mitte 2019:
Der Wertefonds hat sein Versprechen eingelöst: Der Crash ging an ihm vorbei, der Aufschwung allerdings auch.
Corona (seit 1.1.2020):
Der Fonds ist ebenfalls stark nach unten gefallen (wenn auch nicht so stark wie der Index, was wohl u.a. an 1/4 Cash-Anteil liegt), stieg danach wieder an und liegt jetzt noch leicht vor dem MSCI World.
Mein Fazit: Rückgänge macht der Fonds nicht so stark wie der Index mit (was wohl auch an 25% Cash + 25% Gold liegt), Aufschwünge aber ebenfalls nicht so stark.
Und ob man mit diesem Fonds im "größten Crash aller Zeiten" auf der sicheren Seite ist, darf bezweifelt werden. Und was hier besonders "Sachwerte" sein soll - viel mehr als Standard ist davon nicht zu sehen.
Dirk Müller - bekannt als "Mr. Dax" (weil er in der Tagesschau gern mal auf dem Frankfurter Parkett zu sehen war) - ist Buchautor (u.a. auch von Crash-Büchern).
Sein Premium Aktien Fonds ist ein reiner Aktien-Fonds mit viel Absicherung . Die Taktik soll so aussehen: Über Absicherungen sollen Verluste minimiert werden, Aufschwünge durch sukzessive Auflösung der Absicherungen aber größtenteils mitgenommen werden.
Die Asset-Allokation ist laut Factsheet recht gewöhnlich: 93% Aktien, 7% Cash (eine gewisse Cashquote ist v.a. bei aktiven Fonds normal).
Hauptinvestitionsland ist die USA (74,5%), die restlichen Länder liegen größtenteils in Europa (u.a. werden über 2% auf den Färöer Inseln investiert - dahinter steckt übrigens Bakkafrost , ein Fischverarbeiter - denke da nur ich automatisch an "Frosta"?).
Die größten Positionen findet man übrigens auch in den Top-Holdings des MSCI World wieder: Apple, Microsoft, Alphabet oder Nvidia.
Wie sieht es denn im Vergleich zum Index aus? Ab 2016:
Nunja. Stellt man sich den Chart als Achterbahn vor, wird einem beim Fonds - im Gegensatz zum Index - wenigstens nicht übel; das kann einem dafür beim Blick auf die Performance werden, seit 1.1.2016 bis jetzt eine leichte Minusperformance. Dafür 1,6% Verwaltungsgebühr zu verlangen - das ist schon frech.
Wie sieht es in Crash-Phasen aus? Auch hier wieder Mitte 2018 bis Mitte 2019 und danach ab 1.1.2020:
Man sieht: Die oben erwähnte Absicherungsstrategie funktioniert.
Man sieht aber auch: Die oben erwähnte Rücknahme der Absicherungen funktioniert nicht. Vielleicht gibt es auch deshalb seit Mitte September kein Wochenupdate mehr in deren Forum .
Fazit: Der Fonds kann eines seiner Versprechen - Rendite zu erzielen - nicht erfüllen. Dafür kann der Investor in Zeiten von Crash-Phasen beruhigt schlafen; das könnte er aber mit einem normalen Festgeldkonto auch - und das trotz Niedrigzinsphase profitabler als mit Müllers Fonds. Was hier "Premium" sein soll, erschließt sich mir nicht.
Auch der ehemalige Hochschulprofessor Max Otte hat einen Fonds aufgelegt, nämlich den Vermögensbildungsfonds. Auch Otte hat ein Crash-Buch geschrieben, mittlerweile äußert er sich auch öfters politisch.
Der Fonds soll nach dem "Reinheitsgebot der Kapitalanlage" investieren - ob das was bringt oder ob man eher das Reinheitsgebot von 1516 bevorzugen sollte, werden wir noch sehen ![]()
Der Fonds selbst hat laut Factsheet (PDF) als größte Position: Cash, nämlich 27%. Vor Corona waren es übrigens 22% (siehe Halbjahresbericht). Der Rest sind Aktien, hauptsächlich in USA und Deutschland. Investiert wird quer durch die meisten Branchen, der v.a. in zyklischen Konsumgütern, in die Finanzindustrie (wird sich schon mit dem Reinheitsgebot vereinbaren lassen...) und Technologie. Laut letztem Jahresbericht investierte der Fonds in ca. 40 Unternehmen.
Schauen wir uns mal den Chart seit Mitte 2013 an:
Nunja. Wir hatten schon schlechtere Fonds in diesem Beitrag, besonders ist die Performance aber dennoch nicht. Da sich vor 2016 sehr schnell eine große Lücke zwischen Fonds und Index aufmachte, hier der Chart ab 1.1.2016:
Klar - auch hier liegt der Index vorne, aber sieht zumindest es bis 2019 nicht ganz schlecht aus.
Hier die Charts für die Crashphasen Ende 2018 und Corona:
Den Crash Ende 2018 hat er fast genauso mitgemacht wie der Index, den Aufstieg aber nicht; 2020 sieht es anders aus: Hier sind die Charts (trotz Vorteile für den Index) zumindest einigermaßen vergleichbar.
Fazit: Der Fonds verfolgt auf den ersten Blick keine besondere Strategie (bzgl. "Reinheitsgebot" habe ich nur den Hinweis gefunden, dass keine Derivate eingesetzt werden sollen). Die Performance ist erwartungsgemäß schlechter als der Index, aber von den 3 vorgestellten Fonds noch am Besten. Die Frage die sich mir stellt: Warum soll ich in einen Fonds (mit einer TER von 1,94%) investieren, der zumindest auf den ersten Blick keine besondere Strategie einsetzt und schlechter performt als der Index?
Was ist das Ergebnis für mich?
Ich würde in keinen der Fonds investieren.
Mal gibt es keine sichtbare Strategie gegen einen prophezeiten Crash, mal handelt es sich um eine Art Mogelpackung und mal gibt es eine langfristige Negativperformance.
Profitieren dürften nur die Autoren / Initiatoren der Fonds.
am 27.11.2020 16:03
@C0mdirect schrieb:Naja, diejenigen, die das Geld mitten im Crash und auch auch nach dem Crash in den Fonds hineingesteckt haben sitzen bis heute auf einem Verlust von bis zu 10%. Vor diesem Hintergrund hätte mich - um das Bild mit deinen Worten zu vervollständigen - "Tante Erna" schon längst enterbt.
"Ohne Absicherung in den Crash hineinlaufen und im Crash in abgesicherte Produkte umschichten" ist auch die dämlichste denkbare Anlagestrategie. Hätte ich so etwa gemacht, wäre ich völlig zu Recht enterbt worden.
am 27.11.2020 16:23
Habe versucht, das Video von Dirk Müller ein bisschen anzusehen, aber ich kann ihm wirklich keine zwei Minuten zuhören: Redet wie ein Wasserfall; kein Punkt und Komma; keine Zeit für den Zuhörer, mal zu reflektieren. Ein richtigter Marktschreier – grausam. Habe direkt ein Klischee von Menschen vor meinem Auge, die auf genau sowas stehen oder selbst so drauf sind. Naja, leben und leben lassen... ![]()
27.11.2020 16:30 - bearbeitet 27.11.2020 16:30
27.11.2020 16:30 - bearbeitet 27.11.2020 16:30
@Marin schrieb:Habe versucht, das Video von Dirk Müller ein bisschen anzusehen, aber ich kann ihm wirklich keine zwei Minuten zuhören:
Geht mir genauso.
Aber: " Der Fisch muß dem Angler schmecken, nicht dem Wurm" und seine Verkaufsstrategie funktioniert ja anscheinend ganz gut.
am 27.11.2020 16:30
@Marin schrieb:Habe versucht, das Video von Dirk Müller ein bisschen anzusehen, aber ich kann ihm wirklich keine zwei Minuten zuhören: Redet wie ein Wasserfall; kein Punkt und Komma; keine Zeit für den Zuhörer, mal zu reflektieren. Ein richtigter Marktschreier – grausam. Habe direkt ein Klischee von Menschen vor meinem Auge, die auf genau sowas stehen oder selbst so drauf sind. Naja, leben und leben lassen...
Für mich war das ein Genuss, dem Dirk Müller zu zu hören. Das ist Realsatire vom Feinsten.
Dieser "arme" Mensch steht mit dem Rücken zur Wand und sieht sich jetzt quasi gezwungen, sich für die schlechte Performance der letzten Monate vor den Anlegern zu rechtfertigen.
am 27.11.2020 17:10
@C0mdirect schrieb:
@Marin schrieb:Habe versucht, das Video von Dirk Müller ein bisschen anzusehen, aber ich kann ihm wirklich keine zwei Minuten zuhören: Redet wie ein Wasserfall; kein Punkt und Komma; keine Zeit für den Zuhörer, mal zu reflektieren. Ein richtigter Marktschreier – grausam. Habe direkt ein Klischee von Menschen vor meinem Auge, die auf genau sowas stehen oder selbst so drauf sind. Naja, leben und leben lassen...
Für mich war das ein Genuss, dem Dirk Müller zu zu hören. Das ist Realsatire vom Feinsten.
Dieser "arme" Mensch steht mit dem Rücken zur Wand und sieht sich jetzt quasi gezwungen, sich für die schlechte Performance der letzten Monate vor den Anlegern zu rechtfertigen.
...für dieses Ergebnis braucht man aber kein Video ![]()
Obwohl, Donald hat ja auch ein paar Hohlköppe als Anhänger ![]()
27.11.2020 17:48 - bearbeitet 27.11.2020 17:50
27.11.2020 17:48 - bearbeitet 27.11.2020 17:50
Wobei all diese Vergleiche zu kurz greifen. Ich bin weiß Gott kein Verfechter all dieser selbst- oder medienernannten Börsengurus und erst recht nicht von Dirk Müller (ich vertrete nach wie vor die Meinung, dass diese Leute, wären sie auch nur annähernd so gut, wie sie sich verkaufen, längst mit Schirmchengetränken in der Südsee liegen würden, anstatt Analysen zu machen, Bücher zu schreiben oder irgendwelche Fonds aufzulegen), trotzdem muss man ja konstatieren, dass dieser Crash ein besonderer (oder besser und ketzerisch gesagt, unter normalen Maßstäben eigentlich gar keiner) war und sein Fonds da tatsächlich relativ glimpflich davongekommen ist.
Und ja, selbstverständlich sieht ein träge reagierender All World-Index wie der MSCI oder auch der FTSE da richtig gut aus, was aber eben in diesem speziellen Fall eher daran liegen dürfte, dass der Crash - übertrieben gesagt - quasi nach 3 Monaten schon wieder Geschichte war und (geld-)politisch befeuert neue Allzeithochs angesteuert wurden - was bei einem richtigen (handelsüblichen) Crash bisher eher nicht der Fall war.
am 27.11.2020 22:51
Danke auch von mir, lieber @Joerg78 für diese großartige und treffende Analyse - ich habe den ganzen Thread mit viel Vergnügen gelesen.
Wie aufmerksame Leser:innen des comdirect-Forums wissen, bin ich ein großer Fan der bunten Vergleichsgrafiken von fondsweb - die Vergleichsgrafiken aus dem Informer sind absolut beknackt etwas wenig prägnant.
Deswegen lediglich als Ergänzung zunächst die drei Crash-Propheten-Fonds im Vergleich und dann die beiden besseren im Vergleich zu unserer Standard-Benchmark, dem FTSE All-World:
[via]
[via]
Der Max-Otte-Fonds schlägt sich garnicht sooo schlecht, ist aber knapp neunmal so teuer wie der Vanguard FTSE All-World.
Grüße und ein schönes Wochenende,
Andreas
am 04.12.2020 00:03
Crashpropheten: in den Jahresberichten des M&W Privat (A0LEXD) wurde auch seit Jahren schon gewarnt, es könne nicht so weitergehen mit der "völlig unseriösen Geld- und Staatsschuldenpolitik". Die globale Verschuldung "drohe vollends aus dem Ruder zu laufen". "Ungewisse Zukunft des Euros".
Deswegen hat er vorwiegend in Minen-Aktien angelegt und in phys. Gold und Silber.
Erfolgreich? Urteilt selbst. Hinkt dem DAX und MSCI World hinterher, ist aber in den Krisen 2008 und 2020 nicht so tief eingebrochen.
Ich bereue aber nicht, meine Anteile schon vor ein paar Jahren verkauft zu haben.
04.12.2020 08:49 - bearbeitet 04.12.2020 08:57
04.12.2020 08:49 - bearbeitet 04.12.2020 08:57
Mein lieber Herr Gesangsverein @Geheimrat ....
Das übliche Dilemma zwischen Rendite und Sicherheit. Meine Frau sagt auch immer, dass der blöde Platz für das Reserverad lieber noch für einem Koffer mehr getauscht werden könnte. Haben wir doch nie gebraucht ![]()
Ich denke, dass auch die "Crash-Propheten" außerhalb ihrer eigenen Fonds anlegen und sicherlich auch mit besserer Rendite und wenn du sie fragen würdest, würden sie (wenn sie seriös sind) dir auch raten ihren Fonds nur als Beimischung zu nehmen.
Im Übrigen wäre es interessant zu errechnen, wie sich die die Kapitalanhäufung bei den "Krisen-Fonds" gegenüber dem stetig steigenden MSCI als regelmäßiger Sparplan entwickelt hätte. Cost average usw...
Auch würde ich die "völlig unseriöse Geld- und Staatsschuldenpolitik" gar nicht mal in Anführungsstriche setzen.
"Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht." (Warren Buffett 1996 auf der Telekom Hauptversammlung als Schnittchen mit leicht glänzendem Wurstaufschnitt gereicht wurden)
Da wird (wenn) nicht viel sein mit langsamen und geregeltem Wiedereinlenken.
Alles auf der Welt hat seinen Grund.
hx.
am 05.12.2020 09:05