Homöopathie wirkt / wirkt nicht

[digitus]

Liebe Peergroup,

im Thread über den Natur-Aktien-Index habe ich mich gewundert dass ein (französisches) Homöopathie-Unternehmen im Index vertreten ist.

Ich hatte meinen Kommentar mit einer Fußnote versehen, in der ich den Satz "Homöopathie wirkt nicht über den Placeboeffekt hinaus" zitierte.

Darauf hat @dg2210 mit der Antwort ...

"Diese Aussage ist nachweisbar falsch. Quelle gibt's nur auf Anfrage, damit dies nicht zu einer Medizin-Community wird."

... reagiert.

Ich beschäftige mich seit meinem Medizinstudium mit dem Thema Homöopathie, zunächst sehr wohlwollend, im Verlauf zunehmend skeptischer.

Und nach der von @dg2210 angekündigten Quelle, die wissenschaftlich belegt, dass Homöopathie wirkt, suche ich seit Jahrzehnten.

Und nachdem wir das OT-Forum haben, und an der (spöttischem) Reaktion im o.g. Thread erkennbar war, dass das Thema auf Resonanz stößt, schlage ich @dg2210 und anderen Interessenten vor, die Diskussion hier fortzusetzen.

Ich bin gespannt .

Grüße,

Andreas

[digitus]

Hallo @EFT Starter, @Versuchender und @Crazyalex,

danke für die Diskussionsbeiträge. SO macht dieser Thread wieder Spaß.

Das Problem des Fanatismus in der Diskussion zu Homöopathie (und ähnlichen Themen) ist, dass Überzeugungen mit sehr viel Überzeugung aber unbeleckt von wissenschaftlicher Untermauerung vorgetragen werden.

Den Punkt mit der Ansichtsevidenz finde ich sehr gut. So Einzelfallberichte und -erfahrungen sind gut und schön (und zunächst mal unbestritten). Schwierig wird es, wenn unreflektiert verallgemeinert wird: "Wenn es der Nachbarin des Cousins geholfen hat, wird es mir auch helfen."

Wenn sich deckungsgleiche Einzelfallberichte häufen, wird sich bestimmt eine Wissenschaftlerin finden, die diese Berichte sammelt und evaluiert.

Dann wird vielleicht eine Studie daraus, mit höheren Fallzahlen und einer Kontrollgruppe, die ein etabliertes Präparat oder Placebo erhält. Die höchste Beweiskraft haben Studien, die 'doppelblind' durchgeführt werden: es weiß dann weder der Proband noch die Untersuchungsleiterin, ob ein Verum (also der zu untersuchende Stoff) oder ein Placebo verabreicht wurde.

Und natürlich:

Es gibt nichts, was es nicht gibt. Einzelfallberichte von medizinischen Wundern, Heilungsverläufen die nicht zu erklären sind. Auch das ist wahr. Problematisch ist es dann, wenn diese Wunder mit speziellen (paramedizinischen) Therapien oder (teuren) Nahrungsergänzungsmitteln in Verbindung gebracht werden. Dann steckt meist eine Geschäftsidee dahinter, wo es nicht um die Gesundheit der Kunden sondern um den Geldbeutel des Unternehmers geht.

Nochmal: Natürlich kann es sein, dass der dem Nachbarn der Schwester die fleischlose Ernährung gegen seine Reizdarmsymptomatik geholfen hat oder die Aktivkohlezahnpasta gegen den hartnäckigen Mundgeruch - aber es ist nicht zwangsläufig das Allheilmittel, das alle heilt. Zumindest nicht solange es nicht eine Studie gibt, die das methodisch sauber und ausgewogen darlegt.

Die Arnika-Globuli für das Kind tun niemandem weh und können tatsächlich über den ja unbestrittenen (und allseits geschätzten) Placeboeffekt beruhigen und damit Selbstheilungskräfte mobilisieren*.

Schwierig wird es wirklich, wenn es um Leben und Tod geht:

Wer einen schweren Asthmaanfall hat, braucht keine Glubuli sondern ein effektives Spray zum Inhalieren um zu verhindern dass er oder sie jämmerlich erstickt. Auch eine schwere allergische Reaktion kann einfach nicht mal eben mit einem Homööpathicum behandelt werden, sondern braucht ein Medikament, das die überaus gefährliche Situation schnellstmöglich beendet.

Es gibt Fallberichte, in denen von von Homöopathen berichtet wird, die bösartige Tumoren mit ausgependelten Globuli behandelt haben und die Patienten dann erst 'schulmedizinisch' vorgestellt wurden als man den Krebs nicht mehr effektiv und kurativ hätte operieren und damit aus der Welt schaffen können.

Und deswegen stimmt es schon: Wir sollen mit offenen Augen durch die Welt gehen und nichts rundheraus ablehnen, aber wenn etwas die Grenze zur Scharlatanerei schrammt oder überschreitet, dann muss das auch exakt so benannt werden.

Herzliche Grüße,

Andreas

* Dass dieses "ich nehme etwas ein und dann geht es mir gleich besser" auch eine sehr schädliche Dynamik einleiten kann, ist ein anderes (aber sehr wichtiges) Thema, gehört aber nicht zum Thema Homöopathie.

[Versuchender]

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@digitus  schrieb:

aber es ist nicht zwangsläufig das Allheilmittel, das alle heilt. Zumindest nicht solange es nicht eine Studie gibt, die das methodisch sauber und ausgewogen darlegt.

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Hallo @digitus. Ich stimme mit deinen Ausführungen überein, auch wenn ich der Meinung bin, dass auch im schulmedizinischen Bereich das Verhältnis von "Gesundheitsfokus" zu "Geldmacherei" in manchen Bereichen diskutabel ist. Daher eine Anknüpfung an das oben Zitierte:

Soweit mir bekannt, sind wir vom Allheilmittel insgesamt noch weit entfernt. Bei mir im Studium gab's den schönen Spruch: "Die Statistik sagt nichts über den Einzelfall." (Und umgekehrt - aber das hast du ja ebenfalls geschrieben - hat anekdotische Evidenz auch keine wirkliche Aussagekraft.)

Ich glaube die wesentliche Frage, die sich bei Homöpathie stellt, ist die Frage: Sollte es die Krankenkasse zahlen oder nicht? Und je nach persönlicher Favorisierung kann dann jede*r die für ihn/sie passende Krankenkasse auswählen. (Wobei sich die Frage dann auf jede Placebomaßnahme ausweiten ließe. Dem Einen helfen drei Globuli und dem Anderen drei Ave Maria.)

Für einen kurzen Moment dachte ich darüber nach, dass Globuli ja ein kostengünstiger Medikamentenersatz sein könnten, wenn man sie nur günstiger verkauft. Problem an der Geschichte: Wenn es nichts kostet, ist es nichts wert. (Und was nichts wert ist, hat keinen Effekt. Und da schließt sich mein Kreis zur Krankenkasse.)

Da es übrigens von @EFT Starter angesprochen wurde: Ich habe im vergangenen Jahr einen Weiterbildungskurs in sensitiver Wahrnehmung belegt. Das Spannende (und für mich ein Qualitätskriterium) ist, dass die Dozenten nicht in ihrer eigenen Bubble leben, sondern die Anschlussfähigkeit an "die wirkliche Welt" herstellen. Und das war bei all den Kursen so, die ich in dem Bereich belegt habe, der sich als "potenziell obskur" bezeichnen lässt. (Mag vielleicht aber auch daran liegen, dass ich ganz brauchbare Selektionskriterien habe*, dass ich die 80-95% der Angebote, die aus meiner Sicht Quatsch sind, rausfiltere.)

Bei den Büchern war es ähnlich, erlebe ich diese immer als Einladung, die Sichtweise zu erweitern und offen für Widerspruch. (Z. B. "Die Wiederentdeckung des Lebendigen" von Bernd Senf, "Sexappeal" von Ansgar und Dietlinde Rank oder "Facereading" von Stephanie Palm und Armin Pinl)

*Meine Selbsttäuschungsmechanismen sind mir (weitestgehend) bekannt und (werden kontinuierlich) kritisch geprüft.

[SMT_Chris]

Liebe Community, 

leider melde ich mich erst jetzt zu Wort. Dafür möchte ich mich gerne entschuldigen - insbesondere bei @Antonia, die hier einiges einstecken musste. Gleichzeitig möchte ich auch sehr eindringlich (ich schaue bewusst keinen direkt an) daran erinnern, unsere Community-Regeln zu beachten. Ganz besonders den Punkt, in dem es um den gegenseitigen Respekt geht:

Bitte recht freundlich. Es ist allgemein bekannt, dass man seine Mitmenschen freundlich und respektvoll behandeln sollte. Wir wollen es nur noch mal erwähnt haben . Leider halten sich nicht immer alle Menschen an diese Grundregel. Sollte es mal hart auf hart kommen, wende dich bitte an das Social-Media-Team.

Grundsätzlich beinhaltet dieser Punkt zwei Aspekte: Gegenseitigen Respekt aber auch den Appell, Verstöße gegen unsere Regeln an das Team zu melden. Das ist wichtig! Und so geht’s: Rechts von jedem Beitrag befinden sich drei Punkte, wer die klickt, gelangt in ein Menü. Unten findet ihr den Punkt "Anstößigen Inhalt melden". Bitte dort klicken, kurze Begründen formulieren und abschicken. Das Team prüft dann umgehend den Sachverhalt. Bitte macht von der Funktion Gebrauch!

Warum melde ich mich als Vertreter des Teams erst jetzt?

Das ist leider dem Umstand geschuldet, dass wir erst sehr spät von dieser hitzigen Debatte hier erfahren haben und mussten uns auch erst einmal selbst ein Bild von der Situation machen. Leider ist es so, dass zwar alle Beiträge bei uns "auflaufen", wir aber kein flächendeckendes Monitoring vornehmen - d.h. wir lesen uns nicht alle Beträge durch. Der Workload wäre immens und in aller Regel verlaufen Diskussionen sehr friedlich. Und falls doch mal ein Beitrag nicht den Regeln entspricht, zählen wir auf die Mithilfe der Community. (siehe oben) 

Ich möchte mich aber auch zu der Sache selbst äußern. 

Zweifelsohne hat es an manchen Stellen dieser Diskussion an Respekt gemangelt. Das ist sehr bedauernswert, zumal es auch anders geht. Denn die freundliche Tonalität, die gegenseitige Rücksichtnahme und der Umstand, dass stets sachorientiert diskutiert wird, sind die Kernelemente dieser Community, auf die wir zurecht stolz sind. In Zeiten von beißender Polemik und "Hate Speech", die man auf vielen Social-Media-Plattformen findet, sollten wir alle darauf achten, dass wir eine "Wohlfühloase" bleiben. Kein Diskussionsgegenstand rechtfertigt es, andere Mitglieder persönlich anzugehen; zu keiner Zeit an keinem Ort - auch wenn es eventuell gerechtigt fertig zu sein scheint. Ich zitiere hier gerne einmal die ehemalige First Lady: If they go low, we go high! Sicher, es gibt Themen, bei denen der Puls schon mal höher schlagen kann und eine impulsive, deftige Antwort schnell getippt ist. Aber bevor man sie verschickt, sollte man kurz innehalten, einmal oder zweimal tief durchatmen und reflektieren, ob die Antwort jemanden potentiell verletzten könnte. Hat man auch nur den leisesten Verdacht, dass es so sein könnte, löscht den Text und tippt ihn neu. 

Das Team und ich danken für eure Aufmerksamkeit. 

Viele Grüße

Christoph

[Crazyalex]

@SMT_Chris 

Vielen Dank für diese sachliche, klare und angemessene Ansprache!

Ich fände es natürlich auch schön, wenn unsere freundliche Kuschel-Community so freundlich bliebe wie wir sie gewohnt sind

Aber jetzt mal ganz ehrlich, Christoph: Wenn Du hier schon mit kleiner Verspätung auftrittst dann hättest Du wenigstens auch gleich die passenden Kügelchen mitbringen können

Gruß Crazyalex

[digitus]

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@Crazyalex  schrieb:

Aber jetzt mal ganz ehrlich, Christoph: Wenn Du hier schon mit kleiner Verspätung auftrittst dann hättest Du wenigstens auch gleich die passenden Kügelchen mitbringen können

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@Crazyalex: ich gehe mal davon aus, dass Du jetzt "Kanonenkügelchen" meintest. 😝

@SMT_Chris: auch von mir Danke für Deinen Appell!

Grüße,

Andreas