26.10.2019 18:11 - bearbeitet 27.10.2019 07:31
Nicht nur im Rahmen der Diskussionen um "passives Einkommen" wird oft über Dividendenstrategien diskutiert; diese kann man entweder über Direktinvestments in einzelne Aktien realisieren oder über Investments in entsprechende Dividendenfonds/-ETFs.
Ich würde hier gerne mit euch über Vor- und Nachteile der entsprechenden Strategie - im Gegensatz zu einem klassischen World(+EM)-ETF-Ansatz.
Bevor ich aber einige Argumente (aus meiner subjektiven Sicht) anführe, würde ich gerne ein paar Dividenden-ETFs vorstellen; dabei beschränke ich mich größtenteils auf globale ETFs (eigentlich wollte ich immer den Index vorstellen, für die meisten Indizes gibt es aber eh nur einen ETF).
- iShares STOXX Global Select Dividend 100: Dieser ETF (bzw. der zugrundeliegende Index) besteht aus ca. 100 Aktien, wobei 40 aus (Nord-)Amerika und je 30 aus Europa und der Asien-/Pazifik-Region stammen; Emerging Markets sind nicht enthalten. Daraus resultiert auch eine im Vergleich zum MSCI World unterdurchschnittliche Repräsentierung der USA. Auswahlkriterien für Unternehmen sind neben der Dividendenhöhe eine maximal 60%ige Ausschüttungsquote sowie ein positives Dividendenwachstum. Die Gewichtung erfolgt nach Dividendenrendite, wobei kein Titel mehr 10 % des Index ausmachen darf. (Quelle: Stoxx Index Guide (PDF).
- SPDR S&P Global Dividend Aristocrats: Auch dieser zugrundeliegende Index besteht aus ca. 100 Titeln. Für kein Land aus dem Anlageuniversum (ebenfalls kein Emerging Markets) dürfen mehr als 20 Titel enthalten sein; dementsprechend "gering" ist hier auch der USA-Anteil. Mehr als 35 Titel dürfen pro Branche nicht enthalten sein. Die Payout-Ratio darf hier bis zu 100% betragen; die Dividendenhöhe darf in den vergangenen 10 Jahren nicht gesunken sein (=> gleichbleibend oder steigend). Die Gewichtung erfolgt nach Dividendenhöhe, wobei kein Titel mehr als 3% des Index ausmachen darf. (Quelle: S&P Index Methodology).
- SPDR S&P US Dividend Aristocrats: Der Index besteht derzeit aus rund 110 Titeln und investiert ausschließlich in den USA. Damit ein Titel in den Index aufgenommen wird, müssen diese in den letzten 20 Jahren in jedem Jahr die Dividende erhöht haben. Die Gewichtung im Index erfolgt nach Dividendenhöhe, wobei kein Titel mehr als 4% des Index ausmachen darf. (Quelle: S&P Index Methodology).
Die Aristokraten gibt es noch für weitere Regionen mit teils veränderten Voraussetzungen (kürzere Dividendenhistorie) für Euro-Raum, UK, Asien-Pazifik-Raum und den Emerging-Markets. Mit diesen ist gegenüber der globalen Variante eine flexiblere regionale Verteilung möglich.
- Vanguard FTSE All World High Dividend: Der zugrundeliegende Index besteht derzeit aus über 1600 Aktien; das grundlegende Anlageuniversum entspricht dem des FTSE All World, hier sind die Emerging Markets (in einem geringen Anteil) also ebenfalls enthalten. Die Unternehmen werden nach ihrer (zu erwartenden) Dividendenrendite ausgewählt - weitere Kriterien (z.B. gleichbleibende/steigende Dividenden) gibt es nicht. Die Gewichtung erfolgt nach der Marktkapitalisierung der Unternehmen (Quelle: Index Methodology bei FTSERussell (PDF)).
- Lyxor SG Global Quality Income: Zwischen 75 und 125 Titel werden im zugrundeliegenden Index gehalten; das Anlageuniversum besteht aus Industrienationen (World). Eine interessante Einschränkung: Finanzwerte werden von vornherein ausgeschlossen (diese sind in Dividenden-ETFs normalerweise im Vergleich zum normalen World-Index überrepräsentiert). Dazu greifen diverse Qualitätskriterien, z.B. der Piotroski- oder der Merton-Scorewert; beide versuchen anhand von Unternehmenskennzahlen ein Unternehmen qualitativ zu beurteilen. Die Unternehmen sollen im Index gleichgewichtet sein (Quelle: Index-Rules bei Societe Generale).
- iShares MSCI World Quality Dividend: Dieser Index - bestehend aus derzeit ca. 330 Titeln - legt ebenfalls global an (ohne Emerging Markets); die Top 5%-Unternehmen - gerankt nach Payout-Ratio - werden von vornherein ausgeschlossen, ebenso die von der Kursentwicklung her gesehen 5% schlechtesten Unternehmen. Die Dividenden dürfen in den letzten 5 Jahren nicht gesunken sein (wobei nach meinem Verständnis keine jährliche Betrachtung stattfindet). Die Gewichtung erfolgt nach Marktkapitalisierung (Quelle: Index Methodology auf der extrem unübersichtlichen MSCI-Seite).
So weit mal einige geläufige Dividenden-ETFs (bzw. Indizes).
Die Frage ist jetzt: Taugen solche ETFs für ausschüttungsorientierte Anleger, also solche, die möglichst hohe Ausschüttungen haben wollen, aber trotzdem einigermaßen breit diversifiziert sein wollen?
Ich versuche mal sowohl für die World/EM-Strategie, als auch für die Dividenden-Strategie ein paar Argumente für einen solchen ausschüttungsorientierten Anleger aufzuführen:
"Klassisches" World-EM-Investment
Dividenden-ETF-Investment
So, jetzt seid ihr dran: Haltet es ihr für sinnvoll, dass ein ausschüttungsorientierter Anleger, der in ETFs investieren will, die Dividenden-ETF-Strategie verfolgt oder würdet ihr sagen, dass das ein "No-Go" ist? Oder würdet ihr gar eine Mischung (z.B. 50% World+EM, 50% Dividenden-ETFs) empfehlen?
Bin gespannt ![]()
Viele Grüße,
Jörg, der gerade gemerkt hat, dass man nicht länger als 1 Stunde an einem Beitrag rumbasteln sollte, weil hier sonst irgendein "Authentifizierungsticket" abläuft.
am 21.01.2022 13:57
Ich wollte dir mit meiner Aussage nicht vor Bein treten - nur erklären.
Du bist (teilweise) dabei Geld zu verschenken. Wir alle wollten nur helfen dass das nicht unbewusst passiert.
Aus der Sicht der meisten hier ist es halt erstrebenswert später mal - bei möglichst wenig Risiko - eine möglichst hohe Rendite zu haben.
Mit anderen Worten: Hauptsache Geld.
Dabei ist den meisten ein Euro immer ein Euro wert und er hat keinen Mehrwert nur weil er aus einer Dividende/Ausschüttung stammt.
Da spielt das Wachstum des Anlageprodukts, der Zinseszins-Effekt und auch die steuerliche Betrachtung eine Rolle für das Gesamtergebnis.
Das ist das wo man hier darauf hinaus wollte.
Gruß Crazyalex
am 21.01.2022 14:10
@Chris81 natürlich ist es deine Entscheidung und ich habe nie behauptet, dass du grundsätzlich auf dem Holzweg bist oder will dich irgendwie überzeugen.
Aber eben diese Überlegung hier:
@Chris81 schrieb:
Die Überlegung bei der Dividendenstrategie ist einfach, dass man die Anteile in der Zukunft möglichst nicht veräußert , sondern einfach von den Dividenden profitiert. Diese Papiere dann hoffentlich sogar irgendwann Mal an seine Kinder vererbt,.sodass diese vom Dividenden"Schneeball" profitieren können.
Wir wollen darauf hinaus, dass diese Überlegung schon ihre Probleme haben, und wir haben dir aufgezeigt wo diese liegen.
Denn: Du hast auch beim normalen World Ausschüttungen und somit Cashflow. Dieser Schneeball von dem du sprichst wird meiner Meinung nach etwas überbewertet, denn du kannst JETZT besser auf anderem Weg Vermögen aufbauen und wenn du vererben willst in ein entsprechendes Produkt umstellen, wodurch deine Kinder MEHR Dividenden erhalten. Das ist es, was wir dir verständlich machen wollten. Und es kam mir persönlich eben so vor, als hättest du ein Bild von Dividenden, dass du jetzt früh anfängst, das Dividendenwachstum steigt und steigt und du dadurch später mehr Dividenden erhältst als wenn du erst anders anlegst und später diese Produkte kaufst. Und das ist nicht richtig.
am 21.01.2022 14:14
@Zilchgenau so liest sich das!
Gruß Crazyalex
am 21.01.2022 14:16
Hey @Zilch
Nein du / ihr hast/ habt schon Recht . Diesen Weg habe ich tatsächlich noch nicht betrachtet und werde mir das Mal durch den Kopf gehen lassen.
Und vor allem versuchen irgendwie durchzurechnen... Mal schauen , ob es mir gelingt 🤔😆
am 21.01.2022 14:19
...und nicht vergessen: es ist sche*ßegal wo das Geld herkommt: 1 Euro aus einem Verkaufsgewinn ist gleich viel wert wie 1 Euro Dividende. Sowohl vor als auch nach Steuer 😉
(nach heutigem Stand)
Gruß Crazyalex
am 21.01.2022 15:21
Ich fasse einfach meine Sicht der Dinge nochmal kurz zusammen:
Anforderung: Du suchst einen ETF, der Dir eine möglichst hohe Ausschüttungssteigerung garantiert.
Antwort: Es gibt keinen (!) ETF, bei dem es eine solche Garantie gibt. Das ergibt sich daraus, dass es keine Unternehmen gibt, die eine entsprechende Steigerungsquote garantieren. Dabei spielt es auch keine Rolle ob die Anlagepolitik sich auf Aristokraten konzentriert.
Wenn es ersatzweise auch nicht um die Höhe der Ausschüttungen geht (Du hattest mich ja ausdrücklich darauf hingewiesen, ich möge nicht Ausschüttungsquote mit Dividendenwachstum verwechseln), dann ist der Einsatz eines High Yield Dividenden-ETFs auch nicht sinnvoll, zumal der am meisten von den oben beschriebenen Nachteilen betroffen ist.
Folgerung: Es gibt keine spezielle ETF-Strategie, die alle Deine Wünsche in gleicher Weise erfüllt. Also nimmt man einen ETF, der die einzige wirklich greifbare Bedingung (stetig steigende Dividendenausschüttungen) zumindest mit statistisch signifikanter Wahrscheinlichkeit erfüllen wird.
Ein solches Beispiel hatte ich Dir beeits ganz zu Anfang genannt: A1JX52 (oder jeden anderen möglichst breit streuenden Ausschütter).
Zu denen hattest Du aber angedeutet, dass die jährliche Steigerung von rd. 5% wiederum nicht hoch genug ist.
Ein ETF der alle guten Eigenschaften auf sich vereinigt und die schlechten dabei vermeiden kann ist aber leider noch nicht auf dem Markt. Du wirst also für Dich beantworten müssen welche der unvermeidlichen Kröten Du bereit bist zu schlucken.
Bis dahin drehen wir uns hier im Kreis.
21.01.2022 15:29 - bearbeitet 21.01.2022 16:00
21.01.2022 15:29 - bearbeitet 21.01.2022 16:00
Deshalb habe ich, da es sich hier um einen Dividendenstrategie Thread handelt, die Fidelity etfs in den Raum geworfen . Diese haben eine fast ähnliche Performance zu ihren Benchmarks und ein zweistelliges Dividendenwachstum (der Fidelity global etwa 11prozent während der Fidelity US sogar 20 prozentiges Dividendenwachstum in dem Zeitraum hatte). Auch die Kriterien, nach welchen die Werte ausgewählt werden, finde ich super.
Leider gibt es diese erst seit 5-6 Jahren. Aber interessant sind diese durchaus.
Die top 10 Werte sind alles bekannte Werte , wie Apple Microsoft Nvidia ASML etc. Also Werte, die man so auch stark gewichtet im s&p 500 etc. findet
Und das es keine Garantie für irgendwas gibt , ist mir schon bewusst. Man kann aber seine Werte schon so eingrenzen, dass man eher Werte mit Dividendenwachstum hat als welche die bereits eine hohe Dividende zahlen aber diese nur geringfügig erhöhen. Um eine Garantie ging es mir nie 😉 sondern bloß auf den Fokus diesbezüglich.
Die Frage war einfach, ob ihr vielleicht ETFs mit einem ähnlichen Ansatz kennt. Dann ist daraus eine Grundsatz Diskussion entstanden, ob die Dividendenstrategie überhaupt sinnvoll ist. Diese Diskussion empfinde ich als sehr interessant und lehrreich, sie war jedoch nie meine Intention.
Trotzdem nochmal Danke an euch alle @Crazyalex , @Zilch , @NordlichtSH t.w. und alle anderen, die sich daran beteiligt haben
am 13.02.2023 10:29
Zeit für eine kleine Ergänzung und eine Sicht auf die Performance.
Verglichen wurden die globalen ETFs (also nicht der reine US-Vertreter) - und das Ganze mal einem simplen All-World-ETF gegenüber gestellt.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte (ein paar Worte gibts dennoch 😄)
(Lasst euch vom "Benchmark"-Label nicht irritieren, Ausgangspunkt war im Vergleich einfach der Stoxx Global Select Dividend).
Was sieht man? Im betrachteten Zeitraum - ca. 5 1/2 Jahre - hat keiner der Dividenden-ETFs auch nur annähernd die Performance des All-World-ETFs erreicht. Am Besten hat noch der qualitätsorientierte Vertreter von MSCI abgeschlossen (der jetzt mittlerweile das Label "ESG" im Namen trägt) - aber viel besser als der leicht dahinter rangierende "All World High Dividend", der quasi keine qualitätsbasierenden Auswahlkriterien vornimmt - hat er auch nicht abgeschlossen. Und der ETF, der noch die "kompliziertesten" Kriterien anwendet, nämlich das Produkt von Lyxor, hat den letzten Platz erreicht.
Spricht das gegen die Dividendenstrategie?
Kommt auf den Standpunkt darauf an: Wem die Gesamtperformance der Anlage eher egal ist, dafür eine hohe Ausschüttungsrendite haben möchte, für den sind weiterhin die Dividenden-ETFs erste Wahl: Während der All-World eine Ausschüttungsrendite von ca. 1,75% in 2022 hatte, wies der Global Select Dividend eine Rendite von 4,55% auf, das Produkt von Lyxor sogar 4,9% (Quelle: ExtraETF). Wer aber zusätzlich die Gesamtperformance im Blick hat - da sollte man schon ins Grübeln geraten. Je nach Broker und dessen Produktangebot/Kosten könnten hier ein Entnahmesparplan oder periodische Verkäufe auch in Betracht kommen.
Wie mache ich das? Vor mehreren Jahren war ich Vertreter der Dividenden-Strategie, habe da auch einige amerikanische Spezialitäten (CEFs mit Ausschüttungsrenditen > 10%) im Depot gehabt. Mittlerweile ist mir die Gesamtperformance wichtiger - und sollte ich irgendwann man zusätzliches Einkommen benötigen, werden Teile des ETFs periodisch verkauft.
Viele Grüße,
Jörg
am 13.02.2023 10:43
Danke @Joerg78 für das Update.
Das Ambivalente, das ich aus deinem Kommentar lese, spüre ich auch bei mir.
Es ist ein interessantes Thema, aber ich weiß nicht, ob man Dividenden-ETFs im Portfolio haben "muss" .
Grüße,
Andreas
am 14.02.2023 09:30
Moin @Joerg78,
danke für das Update - vor allem, weil es über Dividendenstrategien und ihre Sinnhaftigkeit und Umsetzung gefühlt sehr viele Mythen gibt. Nicht zuletzt angestachelt durch "Fachartikel" und "Berater" 😉
Im Vergleich interessant könnte noch der Fidelity Kandidat A2DL7E sein, falls Du den noch aufnehmen möchtest.
Und falls jemand mehr Lesestoff zu Dividendenstrategien sucht, kann man sich mal den Blog Artikel vom Kommer aus 2018 ansehen: https://gerd-kommer.de/dividendenstrategien-fakten-und-fantasien/