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steuerliche Optimierung zum Jahresende

nmh
Legende
9.962 Beiträge

Ein Leser hat mir per Flaschenpost eine sehr wichtige Frage gestellt. Aufgrund des allgemeinen Interesses erlaube ich mir, die Frage und meine Antwort hier für Euch alle zu posten. Mit einer Optimierung der steuerlichen Situation könnt Ihr zum Jahresende bares Geld sparen. Der Tipp ist für Euch relevant, falls in Eurer Steuerübersicht bei comdirect im persönlichen Bereich -> Verwaltung -> Steuerübersicht in den Zeilen "Verbleibender Freibetrag" oder "Anrechenbare ausländische Quellensteuer" etwas anderes als eine Null steht, und falls Ihr gleichzeitig Wertpapiere mit Gewinn im Depot habt. In diesem Fall habt Ihr Verluste aus Aktien, oder Verluste aus sonstigen Wertpapieren, oder beides. Diese Verluste stehen in den ersten beiden Zeilen in der "Steuerübersicht", sie sollten durch einen Verkauf von Wertpapieren mit Gewinn eliminiert werden, so dass in beiden Zeilen ein Gewinn steht.

 

Ob Ihr auch Wertpapiere mit (ausreichend) Gewinn habt, erfahrt Ihr in der Depotübersicht -> Steuersimulation -> alle simulieren.

 

Frage:

 

Mein erstes Jahr an der Börse neigt sich dem Ende zu und es wurden gute Entscheidungen getroffen und Fehler gemacht. Nun bin ich in der glücklichen Lage, dass wenige meiner Werte ausgestoppt wurden, ich aber trotzdem einige Verluste generiert habe (auch durch Zockereien). Jetzt ist es ja am Ende des Jahres so, dass man um den Steuerfreibetrag auszureizen, seine Verluste durch realisierte Kursgewinne ausgleichen soll und soweit zu verkaufen, dass der Freibetrag ausgenutzt wird. Und danach natürlich gleich wieder zurück zu kaufen. Das heißt ja, um möglichst nicht zu viele Transaktionskosten zu generieren, würde ich meine besten Werte ver- und dann wieder zurückkaufen. Würdest du hier ein Rebalancing betreiben? Oder gilt weiter: Gewinne laufen lassen?

 

Meine Antwort:

 

Du hast  es genau richtig erklärt! Aus steuerlicher Sicht ist es sehr sinnvoll, möglichst wenige* Werte mit Gewinn zu verkaufen und sofort wieder zu kaufen, bis der "verbleibende Freibetrag" und auch die "anrechenbare, noch nicht angerechnete Quellensteuer" auf Null stehen. Denn beides geht sonst am Jahresende verloren. Wenn Du Titel mit Gewinn hast, empfehle ich Dir das. 801 Euro Freibetrag (für Ledige) entspricht über 200 Euro an Steuern, das entspricht ungefähr 20 Trades, also Verkauf und Rückkauf von zehn Titeln.

 

Bitte beachte, dass Aktiengewinne mit allen Verlusten (Aktien und sonstige) verrechnet werden, während Aktienverlust nur mit Gewinnen aus Aktien (aber nicht mit Gewinnen aus Zertifikaten) verrechnet werden. Also vor dem Verkauf prüfen, ob Verluste aus Aktien oder Verluste aus sonstigen Wertpapieren oder beides bestehen. Mit einem Verkauf von Aktien kann man beide Arten von Verlusten ausgleichen.

 

Durch den sofortigen Rückkauf der verkauften Wertpapiere gilt weiter: Gewinne laufen lassen. 

 

Ein Rebalancing würde ich nicht empfehlen. Also einfach die gleiche Stückzahl wieder zurückkaufen. Bei Titeln, die sehr stark im Gewinn lagen, ist die Position sehr groß, dadurch kann man für einen Teilbestand strenge "trailing" Stopkurse setzen.

 

Ich erlaube mir, Deine Frage und die Antwort anonym zu posten, weil beides von allgemeinem Interesse ist.

 

nmh

 

___________

*)  um Gebühren zu sparen

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
185 ANTWORTEN

Ihr Nickname
Experte ★★★
636 Beiträge

Ich versuche es mal. Bin gespannt auf die Korrekturen, falls ich irgendwo falsch liege 🙂

 

Ausgangssituation im Szenario 1:

Freibetrag 801 Euro

Buchgewinne mit Aktien 850 Euro

Verlust 100 Euro mit Alibaba

 

Schritt 1: Verkauf Aktien mit Gewinn 850 Euro

neuer Freibetrag: 0 Euro

zu versteuern: 49 Euro

gezahlte Steuer (~): 12,50 Euro

 

Schritt 2: Verkauf Alibaba mit Verlust 100 Euro

- Anrechnung Verlust gegen Gewinn

neuer Gewinn: 750 Euro

daher neuer Freibetrag: 51 Euro

daher Rückerstattung Steuer: 12,50 Euro

neuer Verlusttopf: 0 Euro

 

Konsequenz: Freibetrag nicht voll ausgenutzt, kein Verlustvortrag

2021: Freibetrag 801 Euro, sonst nichts

 

 

 

 

Ausgangssituation im Szenario 2:

Freibetrag 801 Euro

Buchgewinne mit Dividenden/Fonds/Derivate 800 Euro ("Sonstiges")

Buchgewinne mit Aktien 50 Euro

Verlust 100 Euro mit Alibaba

 

Schritt 1: Verkauf der Gewinne 850 Euro

neuer Freibetrag: 0 Euro

zu versteuern: 49 Euro

gezahlte Steuer (~): 12,50 Euro

 

Schritt 2: Verkauf Alibaba mit Verlust 100 Euro

- Verluste aus Aktien können nur mit Gewinnen aus Aktien aufgerechnet werden

verbleinder Gewinn "Sonstige": 800 Euro

daher neuer Freibetrag: 1 Euro

neuer Aktiengewinn: -50 Euro

daher Rückerstattung Steuer: 12,50 Euro

neuer Verlusttopf: 50 Euro

 

Konsequenz: Freibetrag gut ausgenutzt, Verlustvortrag 50 Euro

2021: Freibetrag 801 Euro und 50 Euro nur für Aktiengewinne

 

 

 

Die Frage ist also, ob die Verluste mit Alibaba die anderen Aktiengewinne in 2020 überstiegen haben.

 

Richtig?

 

 

GetBetter
Legende
8.104 Beiträge

@Ihr Nickname  schrieb:

Die Frage ist also, ob die Verluste mit Alibaba die anderen Aktiengewinne in 2020 überstiegen haben.

 

Richtig?


Perfekt!

isi1969
Experte ★★
336 Beiträge

@Ihr Nickname  schrieb:

Ausgangssituation im Szenario 1:

Freibetrag 801 Euro

Buchgewinne mit Aktien 850 Euro

Verlust 100 Euro mit Alibaba

 

Schritt 1: Verkauf Aktien mit Gewinn 850 Euro

neuer Freibetrag: 0 Euro

zu versteuern: 49 Euro

gezahlte Steuer (~): 12,50 Euro

 

Schritt 2: Verkauf Alibaba mit Verlust 100 Euro

- Anrechnung Verlust gegen Gewinn

neuer Gewinn: 750 Euro

daher neuer Freibetrag: 51 Euro

daher Rückerstattung Steuer: 12,50 Euro

neuer Verlusttopf: 0 Euro

 

Konsequenz: Freibetrag nicht voll ausgenutzt, kein Verlustvortrag

2021: Freibetrag 801 Euro, sonst nichts

 

 

 

 

Ausgangssituation im Szenario 2:

Freibetrag 801 Euro

Buchgewinne mit Dividenden/Fonds/Derivate 800 Euro ("Sonstiges")

Buchgewinne mit Aktien 50 Euro

Verlust 100 Euro mit Alibaba

 

Schritt 1: Verkauf der Gewinne 851 Euro

neuer Freibetrag: 0 Euro

zu versteuern: 49 Euro

gezahlte Steuer (~): 12,50 Euro

 

Schritt 2: Verkauf Alibaba mit Verlust 100 Euro

- Verluste aus Aktien können nur mit Gewinnen aus Aktien aufgerechnet werden

verbleinder Gewinn "Sonstige": 800 Euro

daher neuer Freibetrag: 1 Euro

neuer Aktiengewinn: -50 Euro

daher Rückerstattung Steuer: 12,50 Euro

neuer Verlusttopf: 50 Euro

 

Konsequenz: Freibetrag gut ausgenutzt, Verlustvortrag 50 Euro

2021: Freibetrag 801 Euro und 50 Euro nur für Aktiengewinne

 

Die Frage ist also, ob die Verluste mit Alibaba die anderen Aktiengewinne in 2020 überstiegen haben.

 

Richtig?

 

Hallo,

Ich denke, dass ich dann szenario 1 bin, da ich alle gewinne/verluste nur mit aktien gemacht habe... 

Heisst das dann, ich habe quasi meinen freibetrag dezimiert für 2020, da der verlusttopf sich nur bildet, wenn ich mehr minzs als plus mache mit aktienverkäufen?? Und ich beginne nur wieder mit 801 euro in 2021?

Lg

Iris

................................
"Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld. Die Nächste (Einstiegsgelegenheit) kommt mit Sicherheit!“ -Kostolany-

GetBetter
Legende
8.104 Beiträge

@isi1969  schrieb:

Ich denke, dass ich dann szenario 1 bin, da ich alle gewinne/verluste nur mit aktien gemacht habe... 

Heisst das dann, ich habe quasi meinen freibetrag dezimiert für 2020, da der verlusttopf sich nur bildet, wenn ich mehr minzs als plus mache mit aktienverkäufen?? Und ich beginne nur wieder mit 801 euro in 2021?

Genau das heißt es...

 

...vorausgesetzt Du meinst mit "da ich alle gewinne/verluste nur mit aktien gemacht habe" tatsächlich nur Gewinne und Verluste durch den Verkauf von Aktien.

 

Falls da auch Dividendengewinne enthalten waren, dann bist Du Szenario 2 da Dividenden in den Topf "Sonstige" fallen.

 

Details zum aktuellen Stand findest Du wie gesagt üblicherweise in der Steuersimualtion (die zeigt allerdings derzeit noch nicht den Stand für 2021 da scheinbar noch nicht alle Jahresendabrechnungen ausgeführt sind).

Zilch
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8.174 Beiträge

@GetBetter  schrieb:


Das stimmt nur noch bedingt.

 

Entgegen bisheriger Praxis werden ab 2021 Verluste sofort auch mit anderen Depots verrechnet, vorausgesetzt diese Depots laufen auf die gleiche Person.


Hast du dafür eine Quelle?

Ich habe davon nichts mitbekommen, in keinem "was ändert sich 2021" Thread/Video/Beitrag. 

Es wurde viel darüber diskutiert, wie das nun mit den 10.000€/20.000€ Verlustverrechnungen ist und ob Zertifikate/Optionsscheine zu Termingeschäften zählen und dass es dann einen dritten Topf "Termingeschäfte" geben soll. Der dritte Topf jedoch nicht bei der Bank, weil der Anleger sich selber um entsprechende steuerliche Korrektur per Steuererklärung kümmern muss.

Auch soll die Verrechnung dann nur noch innerhalb der Töpfe stattfinden können, also Sonstiges kann dann nicht mehr mit Aktien ausgeglichen werden etc.

Aber nirgends habe ich gelesen, dass die Verrechnungstöpfe aller Depots nun zusammengefasst werden. Hier eine Zusammenfassung mit hübscher Tabelle.

 

Das würde die steuerlichen Spielchen ja deutlich erschweren. Während ich ein Depot nutzen konnte um mit Verrechnungstöpfen Steuern zu sparen und meinen Freibetrag bei einem anderen Depot zu verbrauchen, würde dies nicht mehr gehen. 

 

Kannst du das irgendwie belegen? Ich finde es auch nicht. 

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Research alone won't ensure a profit. Your main goal should be to make money, not to get an A in How to Read a Balance Sheet. - RD

GetBetter
Legende
8.104 Beiträge

@Zilch  schrieb:

@GetBetter  schrieb:

Entgegen bisheriger Praxis werden ab 2021 Verluste sofort auch mit anderen Depots verrechnet, vorausgesetzt diese Depots laufen auf die gleiche Person.


Hast du dafür eine Quelle?


Bitteschön


digitus
Legende
9.096 Beiträge

@GetBetter: "es entsteht eine Steuerperson" ... das ist ja wie bei Frankensteins Monster 😝

 

Grüße,

Andreas

 

Zilch
Legende
8.174 Beiträge

@GetBetter  schrieb:

@Zilch  schrieb:

@GetBetter  schrieb:

Entgegen bisheriger Praxis werden ab 2021 Verluste sofort auch mit anderen Depots verrechnet, vorausgesetzt diese Depots laufen auf die gleiche Person.


Hast du dafür eine Quelle?


Bitteschön



"Sofern Sie mehrere Kundenverbindungen bei comdirect unterhalten"

 

..... das heißt also weiterhin, jedes Depot bei einer anderen Bank hat seinen eigenen Verrechnungstopf. Mein Depot bei Smartbroker behält seinen eigenen Verrechnungstopf und wird nicht mit den Verrechnungstöpfen des Depots der Bank comdirect zusammengeführt, wie es deine Aussage vermuten lies weil bei dir "andere Depots" = "bei der comdirect" waren, während bei mir "andere Depots" = "andere Banken" bedeuteten..

 

Edit: Oder machen wir es ganz konkret - jeder, der bei unterschiedlichen Banken ein Depot hat, kann diese Spielchen weiterspielen. Meine Aussage hat nie ein Zweitdepot bei der comdirect beinhaltet. Daran habe ich ehrlich gesagt nicht gedacht, weil ich es für wahrscheinlicher halte, dass jemand ein zweites Depot bei einer anderen Bank auf Grund anderer Konditionen unterhält, als ein Zweitdepot bei der comdirect. 

 

Danke, es bleibt also wie gehabt.

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GetBetter
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8.104 Beiträge

@Zilch  schrieb:

"Sofern Sie mehrere Kundenverbindungen bei comdirect unterhalten"


Ja logisch gilt das nur bankintern.

Wäre ja noch schöner, dass die Banken kontinuierlich die Stände meiner Verlusttöpfe miteinander austauschen.

 

Zilch
Legende
8.174 Beiträge

@GetBetter  schrieb:

@Zilch  schrieb:

"Sofern Sie mehrere Kundenverbindungen bei comdirect unterhalten"


Ja logisch gilt das nur bankintern.

Wäre ja noch schöner, dass die Banken kontinuierlich die Stände meiner Verlusttöpfe miteinander austauschen.


😄 Ich sag dazu mal nichts 😄

Wir müssen uns zukünftig SEHR genau ausdrücken, damit solch doch unnötigen Gespräche nicht entstehen 😉 Ich hatte schon Panik dank dir! 😄

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