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Alle Jahre wieder: steuerliche Optimierung zum Jahresende

FakeAccount
Mentor
757 Beiträge

Aus aktuellem Anlass und in guter Tradition (siehe hier) bittet mein Nachbar nmh, Euch folgendes auszurichten.

 

Alle Jahre wieder!

 

Ihr habt nur noch knapp drei Wochen Zeit, Eure steuerliche Situation bis zum Jahresende zu optimieren. Bitte ruft im Persönlichen Bereich -> Verwaltung -> Steuerübersicht die Zusammenfassung auf. Jetzt bitte auf zwei Dinge achten:

 

1.  Sparerfreibetrag und Quellensteuer voll nutzen!

 

Der Sparer-Freibetrag von 1000 EUR (Ledige)  oder 2000 Euro (Verheiratete) kann nicht ins nächste Jahr übertragen werden.

 

Schaut bitte in die Zeilen "in Anspruch genommener Freibetrag" und "verbleibender Freibetrag". Falls beim "verbleibenden Freibetrag" etwas anderes als eine Null steht, besteht Handlungsbedarf. In der Zeile "in Anspruch genommener Freibetrag" sollte Euer Freibetrag in voller Höhe stehen, also für Ledige 1000 EUR. Falls hier weniger steht, habt Ihr möglicherweise vergessen, einen Freistellungsauftrag zu erteilen, und solltet das schnell nachholen. Ich ignoriere hier, dass manche auch noch Depot bei anderen Banken haben.

 

Falls Ihr Euren Freibetrag nicht bis zum Jahreswechsel durch Gewinne (Dividenden, Zinsen, Kursgewinne) in Anspruch genommen habt, ist er unwiderruflich verloren! In diesem Fall prüft bitte, ob Ihr Wertpapiere im Depot habt, die Ihr mit entsprechend hohem Gewinn verkaufen und sofort wieder zurückkaufen könnt.

 

Ein Beispiel:

Ihr habt von Eurem Freibetrag von 1000 EUR bisher nur 600 EUR verbraucht; bleiben 400 EUR. Gleichzeitig habt Ihr eine Aktie im Depot, die Ihr zu 3000 EUR gekauft habt und die heute 3700 EUR wert ist. Diese Aktie solltet Ihr komplett verkaufen und gleich wieder zurückkaufen.

 

Beim Verkauf entsteht ein Gewinn von 700 EUR. Durch den restlichen Freibetrag müsst Ihr aber nur 300 EUR davon versteuern, der Teilgewinn von 400 EUR ist steuerfrei.

 

Durch diese steuerfreien 400 EUR spart Ihr Steuern in Höhe von 400 x 0,25 x 1,055 = 105,50 EUR (inkl. Soli, ohne Kirchensteuer). Das ist mehr als die Gebühren für den Verkauf und sofortigen Rückkauf. Diese Steuerersparnis wäre für 2023 verloren, wenn Ihr mit dem Verkauf bis nächstes Jahr wartet.

 

Durch den sofortigen Rückkauf bekommt die Aktie neue Anschaffungskosten in Höhe von 3700 EUR. Wenn Ihr jetzt in Zukunft diese Aktie für sagen wir mal 5000 EUR verkauft, beträgt der steuerpflichtige Gewinn nur noch 1300 EUR (5000 - 3700) und nicht 2000 EUR (5000 - 3000).

 

Der Vorteil des Manövers ist, dass Ihr Euren Freibetrag für 2023 ausgeschöpft habt.

 

Analog gilt das übrigens für ausländische Quellensteuer. Falls in der Zeile "anrechenbare (!) ausländische Quellensteuer" ein Wert größer Null steht, solltet Ihr durch den Verkauf von Wertpapieren, die im Buchgewinn liegen, dafür sorgen, dass die Quellensteuer nicht verloren geht.

 

2.  Verluste realisieren

 

Verluste aus Wertpapiergeschäften können nur in die Zukunft vorgetragen werden, nicht in vergangene Jahre zurückgetragen. Das bedeutet: Wenn Ihr dieses Jahr bereits Steuern auf Wertpapiergewinne bezahlt habt und gleichzeitig Aktien oder andere Wertpapiere mit Buchverlusten im Depot liegen habt, solltet Ihr darüber nachdenken, diese Verluste durch einen sofortigen Verkauf zu realisieren. Falls Ihr weiter an die Aktien glaubt, könnt Ihr sie ja sofort wieder zurückkaufen.

 

Ob Ihr Positionen mit Buchverlust habt, seht Ihr in der Depotübersicht -> Steuersimulation.

 

Auch hier ein Beispiel: Angenommen, Ihr habt in 2023 bereits 2000 EUR mit Kursgewinnen realisiert und darauf 2000 x 0,25 x 1,055 = 527,50 EUR Steuern (Kapitalertragsteuer und Soli, ohne Kirchensteuer) bezahlt. Gleichzeitig habt Ihr aber noch ein anderes Papier mit Buchverlusten über 1800 EUR im Depot.

 

Wenn Ihr jetzt nichts tut und mit dem Verkauf der Verlustposition bis 2024 oder später wartet, entsteht der steuerliche Verlust von 1800 EUR erst ab 2024. Er kann dann nicht mehr mit den Gewinnen von 2000 EUR auf 2023 verrechnet werden, sondern wird in die Zukunft vorgetragen. Jetzt ist es aber theoretisch möglich, dass Ihr nie mehr Gewinne mit Aktien macht! In diesem Fall könnt Ihr den Verlust steuerlich nie mehr nutzen.

 

Falls Ihr den Verlust aber noch in 2023 realisiert, bekommt Ihr sofort eine Steuererstattung von 1800 x 0,25 x 1,055 = 474,75 EUR. Lieber den Spatz in der Hand ... Und wie gesagt: niemand verbietet Euch, die Verlustposition sofort wieder zurückzukaufen, falls Ihr weiter davon überzeugt seid.

 

Wichtiger Nachtrag: Diese Optimierung ist vor allem dann wichtig, wenn Ihr nicht gleichzeitig auch Wertpapiere mit Buchgewinnen im Depot habt. Mit anderen Worten: Handlungsbedarf besteht im wesentlichen dann, wenn Ihr

1. bereits Gewinne in 2023 versteuert habt (d.h. Gewinntopf speziell aus Aktien größer Null)

2. Wertpapiere mit Buchverlusten im Depot (also noch nicht verkauft) habt

3. keine oder nur wenige Wertpapiere mit Buchgewinnen im Depot (also noch nicht verkauft) habt

 

Nur falls alle drei Bedingungen zutreffen, solltet Ihr Eure Verlustpositionen verkaufen, bis Ihr die in 2023 gezahlten Steuern möglichst komplett zurückerhalten habt. Falls Ihr jedoch auch Wertpapiere mit Buchgewinnen im Depot habt, könnt Ihr mit dem Verkauf der Verlustpositionen auch warten, bis ihr die Gewinnpositionen (in späteren Jahren) verkauft und den Gewinn versteuert habt. Unabhängig von steuerlichen Aspekten sollte man jedoch Wertpapiere immer mit einem strengen Stopkurs absichern, um die Verluste zu begrenzen.

 

Achtung: Kursverluste aus Aktien dürfen steuerlich nur mit Kursgewinnen aus Aktien verrechnet werden, nicht jedoch mit "sonstigen" Gewinnen (insb. Dividenden). "Sonstige Verluste", also z.B. aus dem Verkauf von Zertifikaten oder Anleihen oder Fonds-Anteilen, dürfen hingegen beliebig mit Gewinnen aus Aktien, Gewinnen aus "Sonstigen" oder auch mit Zinsen und Dividenden und Fonds-Erträgen verrechnet werden.

 

Es gibt noch einige weitere Kleinigkeiten, die man aus steuerlicher Sicht beachten sollte. Ich wollte hier nur das Wesentliche darstellen, das für die meisten von Euch relevant sein dürfte.

 

Rechtsgrundlagen für alle, die es interessiert:

 

- Aktienverluste können nur mit Aktiengewinnen, nicht jedoch mit "sonstigen" Gewinnen, Dividenden usw. verrechnet werden: Par. 20 Abs. 6 Satz 4 EstG; derzeit sind Verfassungsbeschwerden gegen diese Beschränkung anhängig.

- Pauschalsteuer auf 30% vom Verkaufserlös falls Anschaffungsdaten nicht bekannt sind: Par. 43a Abs. 2 Satz 7 EstG (das kann passieren, falls unmittelbar nach einem eingehenden Depotübertrag verkauft wird, wenn die Anschaffungsdaten noch nicht vorliegen; sobald jedoch die tatsächlichen Anschaffungsdaten nach einigen Tagen nachgeliefert sind, wird comdirect den Verkauf automatisch steuerlich neu bewerten und die Steuer auf den tatsächlichen Gewinn oder Verlust belasten oder gutschreiben)

- Freibetrag 1000 bzw. 2000 EUR: Par. 20 Abs. 9 Satz 1 EstG

- Beim unentgeltlichen Depotübertrag (z.B. auf eigenes Depot, also ohne Gläubigerwechsel) werden auch die Anschaffungsdaten übertragen: Par. 43a Abs. 2 Satz 3 EstG (Taxbox-System)

- Ein entgeltlicher Depotübertrag (z.B. an Dritte) wird wie ein Verkauf behandelt: Par. 43a Abs 2 Satz 8 EStG. Jedoch darf der letzte Börsenkurs maximal 30 Tage alt sein, sonst wird eine Pauschalsteuer von 30% angesetzt, Par. 43a Abs 2 Satz 9, 10 EStG (siehe hier).

 

Nur Steuerberater dürfen steuerlich beraten. Deswegen müsste hier eigentlich ein Disclaimer stehen: "Dies ist keine Steuerberatung". Aber was soll der Unsinn. Ihr wisst und ich weiß genau, dass das hier nichts anderes als eine gut gemeinte steuerliche Beratung ist. Falls irgend jemand ein Problem damit hat, freut sich die Rechtsabteilung meines Nachbarn über Post. Die schickt Ihr ausreichend frankiert (nicht so wie neulich!) am besten an nmh, Abt. Kaminfeuer in der Zirbelstube, München. Doch, das kommt an!

 

Hochachtungsvoll

der Nachbar von nmh

 

90 ANTWORTEN

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.179 Beiträge

@Speedy85  schrieb:

 

Bzgl. der Nutzung der 100 € Freistellungsauftrages: Meine Frau könnte selbst zwar 100 € Gewinn realisieren, welche dann aber zunächst über den vergleichsweise vollen Verlusttopf Sonstiges (1500 €) angerechnet werden und eben nicht über den Freistellungsauftrag. Außerdem vermute ich, dass dies rechtlich keinen Unterschied machen würde, wenn sie (statt ich) die 100 € nun über den Freistellungsauftrag nutzen würde, weil wir ja mit gemeinsamem Freistellungsauftrag quasi als 1 Person angesehen werden.

Ich befürchte, dass die 100 € (sprich 25 € unversteuerter Gewinn) in dem Fall nicht mehr "nutzbar" sind, ohne Ärger mit dem FA zu bekommen bzw. ohne diese nachträglich über die Steuererklärung geltend zu machen (was ich aber eigentlich lieber vermeiden möchte).


Da solltest du aber genau überlegen was du machst. Sonst gibt es vielleicht eine böse Überraschung.

Wenn das FA die Verrechnung der Erträge macht dann werden die Verluste der Frau mit deinen Gewinnen verrechnet. Wenn du dann nicht genügend Gewinn hast verfällt ein Teil des Freibetrages.

Ich würde das FA da lieber heraus halten. Entweder die 100 Euro vergessen, oder die Frau realisiert eben 1600 Euro Gewinn.

digitus
Legende
8.360 Beiträge

@Silver_Wolf  schrieb:
Keine gute Idee hier mit dem FSA herum zu spielen.

Sorry, lieber 🐺, aber das ist Lötzinn: natürlich kann man noch bis zum Silvesterabend Anpassungen am FSA vornehmen, bei der comdirect und bei jedem anderen Kreditinstitut.

 

Das kann durchaus auch Sinn machen, weil man natürlich je-später-je-besser sehen kann, bei welcher Bank Notwendigkeit bzw. noch Luft für Umschichtungen des FSA ist.

 

Nicht jeder hat den FSA bei nur einem Kreditinstitut.

 

Und ich habe schon mehrfach bei der comdirect online den FSA angepasst. Das war problemlos und die Änderung IIRC unmittelbar (bzw. nach Ablauf des nächsten Bankarbeitstages) erkennbar.

 

Deswegen wäre mein Tipp an @2Xtream, nocheinmal nachzusehen und ggf. die Änderung ein weiteres Mal vorzunehmen.

 

Grüße,

Andreas

 

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.179 Beiträge

@digitus  schrieb:

 

Das kann durchaus auch Sinn machen, weil man natürlich je-später-je-besser sehen kann, bei welcher Bank Notwendigkeit bzw. noch Luft für Umschichtungen des FSA ist.

Nicht jeder hat den FSA bei nur einem Kreditinstitut.

 

 


Natürlich kann man das machen wenn es sinnvoll ist.

Und wenn es funktioniert, was ja offenbar nicht immer der Fall ist.

 

2Xtream
Autor ★★
15 Beiträge

Ich wollte mich kurz melden und einen aktuellen Stand geben. 

Der korrekte neue FSA war 2 Tage später wieder online zu sehen.
Allerdings war der genommene FSA Betrag deutlich höher als vor der Anpassung. Ich hoffe und vermute, dass alle Zinserträge bis zum 15.12. mit darin berücksichtigt sind (zuvor waren nur die Zinserträge bis Ende September berücksichtigt vermute ich - also bis zur letzten Zinsgutschrift). 


Ansonsten hat es am Ende doch reibungslos geklappt, nur hat es etwas gedauert (bei anderen Banken ging die Anpassung schneller bzw. sofort). 

Vielen Dank nochmal. 

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.179 Beiträge

@2Xtream  schrieb:


Allerdings war der genommene FSA Betrag deutlich höher als vor der Anpassung. Ich hoffe und vermute, dass alle Zinserträge bis zum 15.12. mit darin berücksichtigt sind (zuvor waren nur die Zinserträge bis Ende September berücksichtigt vermute ich - also bis zur letzten Zinsgutschrift). 

 


Laufende Zinsen können das wohl nicht sein da die erst am Quartalsende abgerechnet werden.

Aber schaue doch in die steuerlichen Details.

Da siehst du was wie gebucht wurde.

CurtisNewton
Mentor ★★★
2.884 Beiträge

@2Xtream  schrieb:ift). 


Ansonsten hat es am Ende doch reibungslos geklappt, nur hat es etwas gedauert (bei anderen Banken ging die Anpassung schneller bzw. sofort). 


Gibt auch Banken die machen das nur am Quartalsende oder sogar am Jahresende.

Highlight die Kombination Equatex als Depotverwaltung mit flatexDegiro als Depotbank,

Dividende im Februar, Dezember den FSA zur Optimierung angepasst, Rückzahlung im Juni (!!) des Folgejahres.

 

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"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo

2Xtream
Autor ★★
15 Beiträge

Habe ich gemacht. Aber ich kann es anders nicht erklären. 
Im Finanzreport Nov. 23 steht ja auch der in Anspruch genommene Freibetrag (Stand Ende November 23)
Der Gap zu dem in der Steuerübersicht ist so groß und deckt sich nicht mit den Erträgen von 1.12 bis heute. 

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.179 Beiträge

Dann ist wohl etwas bei der Neuberechnung falsch gelaufen.

Oder wurde berichtigt.

Da darfst du wohl alle Erträge für das ganze Jahr nachrechnen.

 

Warst du bei dem Spaß mit VMware dabei? Da gibt es ja auch noch Unklarheiten.

2Xtream
Autor ★★
15 Beiträge

Nein, bei VMware war ich nicht dabei. 

Also Gewinne/Verluste Sonstige (Saldo) stimmt, aber der Freibetrag ist m.M. falsch berechnet. 

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.179 Beiträge

Ohne die Daten zu sehen kann ich auch nur raten.

Aktienverluste im Verlusttopf, dafür mehr Dividenden frei gestellt.

Ausschüttungen oder Verkäufe von ETF mit Teilfreistellung.