@krokodil1 schrieb:
@Weinlese
Ich meinte es natürlich umgekehrt: Wer ist so doof und tauscht die (wertvollen) Bitcoin in (wertlose) Euro?
Jeder, der in lokalen Supermärkten Lebensmittel kaufen muss, sofern diese keine Bitcoins akzeptieren. Jeder, der seine Miete bezahlen muss, sofern der Vermieter keine Bitcoins akzeptiert. Wie Du selbst schreibst auch jeder, der noch Steuern zu entrichten hat. Sobald das offizielle Zahlungsmittel eines Landes entwertet wird, braucht man eine Ausweichmöglichkeit, in der man seine Ersparnisse so lange speichern kann, bis man wieder auf das offizielle Zahlungsmittel zurückgreifen muss.
Aber nun zu Deinem Beitrag: Du schreibst ja sinngemäß, dass deutsche Touristen in Venezuela an der Frittenbude mit Bitcoin zahlen ... ist ok, so kommen Bitcoin zum "kleinen Mann" im "sozialistischen" Venezuela. - Aber braucht man dazu Bitcoin? US-Dollar nimmt der Fritten-Mensch doch bestimmt genauso gern ...?
Von Touristen habe ich gar nichts geschrieben. Ich vermute sogar, dass Touristen bei der Einfuhr von Bitcoins nur eine marginale Rolle spielen. Die Hauptmenge dürfte durch Börsen oder eventuell noch selbst betriebenes Mining ins Land kommen.
Wie ich schon geschrieben hatte, spielen Kapitalverkehrskontrollen und die Grenze hier auch eine Rolle. Meines Wissens war/ist die Einfuhr von US-Dollar in Venezuela streng reglementiert. Selbst wenn also jemand Dollar ins Land bringen möchte, ist das praktisch mitunter einfach nicht möglich, und dann braucht man eine Alternative.
Wenn ich keine Euros habe (sondern nur dänische Kronen, Gold, Wertpapiere, Bitcoin ...), so muss ich regelmäßig diese Werte in Euros tauschen (verkaufen), ob ich will oder nicht. Eine Nachfrage nach Euros wird es immer geben.
Im Extremfall horten die Leute alles mögliche, das irgendwie seinen Wert behält, und gehen in die offzielle Währung nur noch für den kurzen Moment, wo es nicht anders möglich ist. In Venezuela passiert das bereits. Was hilft Dir nun die Erkenntnis, dass es daher selbst nach Bolivar immer eine Nachfrage geben wird? 😉
Wie definiert sich aber der Wert von Bitcoin. Was "muss" ich haben wollen, damit ich um Bitcoin nicht herumkomme?
Wenn Du der Meinung bist, a) Bitcoin ist ungeeignet oder zu riskant für eine Spekulation auf schnelle Gewinne, b) das Finanzsystem ist nach 2009 so stabil, dass eine erneute Finanzkrise mit großen Bankenpleiten ausgeschlossen ist, und c) wir im Euroraum nie mehr zwei- oder noch höherstellige Inflationsraten bekommen werden, dann musst Du Dir über Bitcoin als Anlage keine Gedanken machen. Andernfalls könnte Bitcoin eine Rolle in Deiner Vermögensaufstellung spielen, weil Bitcoin für eine Absicherung gegen solche Ereignisse meiner Ansicht nach besser geeignet ist, als Euro-Bankguthaben oder -Bargeld.
Ich würde gern noch einmal hervorheben, dass Bitcoin eine globale Alternativwährung ist, die gleichzeitig die idealen Voraussetzungen für eine Wertaufbewahrungsfunktion besitzt. Aus Perspektive einer der größten und stabilsten Volkswirtschaften der Welt mag man in Bitcoin nur ein spekulatives Finanzprodukt sehen, das vor allem für Kriminelle interessant ist. Damit ignoriert man aber den kompletten Rest der Welt, der zum Teil in politisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich so desaströsen Zuständen lebt, dass er nach jeder Möglichkeit lechzt, sein Hab und Gut gegen den Zugriff Dritter abzusichern. Deshalb, finde ich, sollte man Bitcoin nicht komplett infrage stellen, auch wenn man für sich selbst keinen Nutzen entdecken kann.
Viele Grüße
Weinlese
