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Vorabpauschale

Joerg78
Mentor ★★★
2.740 Beiträge

Nachdem in den letzten Jahren der für die Berechnung der Vorabpauschale relevante Basiszinssatz negativ war, schaut das in diesem Jahr anders aus. Da immer wieder Fragen zur Vorabpauschale (Was ist das? Wie wirds berechnet? Was wird wann abgezogen?) auftauchen, möchte ich versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen auf ein paar Punkte einzugehen.

Disclaimer: Dies ist keine Steuerberatung o.Ä., ich führe hier mein persönliches Verständnis der Vorabpauschale auf. Bei steuerlichen Fragen sollte immer der Steuerberater kontaktiert werden, in der Community können und dürfen wir keine Beratung zu Steuerthemen vornehmen!

 

Die Vorabpauschale wurde mit der Reform des Investmentsteuergesetz 2018 eingeführt; sie gilt für Investmentfonds und sollte die bis dahin geltende Ungleichheit der Besteuerung unterschiedlicher Fonds-Typen beseitigen, denn gerade bei ausländischen thesaurierenden Fonds gab es einen Steuerstundungseffekt.

Jetzt gilt für alle Fonds: Abhängig von der Wertsteigerung des Fonds, des Basiszinssatzes und ggf. Ausschüttungen wird eine Vorabpauschale ermittelt, die versteuert werden muss. Wie war berechnet wird, wird im schönsten Juristendeutsch in §18 InvStG "erklärt"; dort steht in Absatz 1 u.a. das hier:

 

Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten. Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 Prozent des Basiszinses nach Absatz 4. Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttungen innerhalb des Kalenderjahres ergibt.

 

Schön, nicht?

Dröseln wir das mal auseinander, beginnend mit Satz 2, nämlich dem Basisertrag: Der berechnet sich aus dem Fondswert zu Beginn des Jahres (also jetzt 2023), multipliziert mit 70% des Basiszinses; der wurde für 2023 auf 2,55%, für 2024 auf 2,29% festgelegt.

 

Nehmen wir also mal einen nicht-ausschüttenden Fonds XY, der hat fiktiv zum 1.1.2023 einen Wert von 100€ gehabt.

Der Basisertrag pro Fondsanteil liegt dann bei 100 * 70% * 2,55% = 1,785€ (100 * 0,7 * 0,0255).

 

Am Jahresende kommt dann der Jahresendwert ins Spiel - daraus wird die Wertsteigerung berechnet und Satz 3 kommt ins Spiel: Ist die Wertsteigerung höher oder gleich dem Basisertrag (=> Rücknahmepreis eines Fondsanteils >= 101,785€), bleibt der Basisertrag unverändert; ist die Wertsteigerung geringer (Fondsanteil < 101,785), dann entspricht der Basisertrag dieser Wertsteigerung (bei einem Rücknahmepreis von 101€ am 31.12.2023 wäre der Wertzuwachs 1€ => Basisertrag = 1€).

 

Vereinfacht wird angenommen, dass innerhalb des Jahres keine Käufe oder Verkäufe stattgefunden haben - dann wird zum Jahresende der Basisertrag mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert: Das Ergebnis ist dann die persönliche Vorabpauschale, die dann versteuert werden muss (mehr dazu unten).

 

Bei einem ausschüttenden Fonds werden vom Basisertrag noch die Ausschüttungen (pro Anteil) abgezogen - und damit sind wir bei Satz 1 des o.g. Gesetzes: Sind die Ausschüttungen geringer als der Basisertrag, wird dennoch eine Vorabpauschale besteuert!

 

Zu beachten ist auch: Die Vorabpauschale kann nie negativ werden!

 

 

Hier mal 5 Berechnungen für 2023 ("gute Wertentwicklung" bzw. "schlechte Wertentwicklung" dient hier nur der Vergleichbarkeit!).

 

1. thesaurierender Fonds - gute Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Wertzuwachs2€
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil1,785€

 

 

2. thesaurierender Fonds - schlechte Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Wertzuwachs1€
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
1€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag)

 

 

3. ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Ausschüttung je Anteil2€
Wertzuwachs3€ (1€ aus Kursdifferenz zzgl. 2€ Ausschüttung)
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

 

4. teil-ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs3€ (2€ aus Kursdifferenz zzgl. 1€ Ausschüttung)
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0,785€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

5. ausschüttender Fonds - schlechte Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil100€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs

1€ (1€ aus Ausschüttung)

Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag => 1€, abzgl. Ausschüttung = 0€)

 

 

 

Wie wird besteuert?

Es wird die Vorabpauschale (Berechnung s.o.) mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert und dann mit der Kapitalertagssteuer + Soli + ggf. Kirchensteuer besteuert. Je nach Fondsart greifen aber auch hier Teilfreistellungen (z.B. bei Aktienfonds 30%). Auch ein Freistellungsauftrag wird berücksichtigt. Es wird also nicht der Wert der Vorabpauschale an sich als "zu versteuernder Betrag" festgesetzt, sondern die Vorabpauschale selbst wird mit der Steuer belegt!

 

Wann wird besteuert?

Die Besteuerung erfolgt Anfang des folgenden Kalenderjahres, denn: Die Vorabpauschale für 2023 gilt am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen. Somit greift die Besteuerung im Jahr 2024 (und eine Belastung des Sparerfreibetrages ebenfalls im Jahr 2024).

 

Wird mir die Vorabpauschale gutgeschrieben?

Nein, es handelt sich um eine vorgezogene Besteuerung, daher erfolgt der Zufluss der Vorabpauschale als "fiktiv".

 

Wie wird beim Verkauf besteuert?

Beim Verkauf eines Wertpapieres wird der Veräußerungsgewinn besteuert - abzüglich bereits festgesetzter Vorabpauschalen (ansonsten hätte man eine Doppelbesteuerung), siehe §19 Abs. 1 InvStG .

 

Ich habe einen Fondsanteil im Laufe des Jahres verkauft - wird dennoch eine Vorabpauschale erhoben?

Nein, zum Jahresende nicht mehr gehaltene Fondsanteile unterliegen keiner Vorabpauschale (die Besteuerung erfolgte ja bereits durch den Verkauf).

 

Ich habe im Laufe des Jahres Fondsanteile gekauft - wird wird hier die Vorabpauschale berechnet?

Die Vorabpauschale wird anteilig berechnet, und zwar ab dem Monatsersten, in dessen Monat entsprechende Anteile gekauft wurden (wurden Fondsanteile am 30.11. eingebucht, so werden dennoch volle 2 Monate berücksichtigt!); in die Berechnung fließt nichtsdestotrotz immer der Jahresanfangswert ein! Dies kann zur interessanten Konstellation führen, dass trotz Buchverlust eine Vorabpauschale einbehalten werden kann (Beispiel: Jahresanfangswert 100€, Jahresendwert 104€, Kaufkurs im November 106€).

 

Wie wird die Steuer eingezogen?

Normalerweise wird die Steuer vom Verrechnungskonto der depotführenden Bank eingezogen; reicht das Guthaben nicht aus, wird ein ggf. eingeräumter Dispositionskredit (Vorsicht: Überziehungszinsen!) ausgenutzt. Reicht auch das nicht aus (weil kein Dispo vorhanden oder bereits ausgeschöpft), wird die Steuer nicht einbehalten und das Finanzamt informiert.

 

Gibt es nicht auch einen Rechner, der mir die konkrete Höhe der zu bezahlenden Steuer berechnet?

Den gibt es, beispielsweise wurde bei Finanzfluss ein entsprechender Rechner programmiert (danke an @digitus für den Link!); dieser berücksichtigt (wie alle anderen von mir gefundenen Rechner) allerdings keine unterjährigen Zukäufe.

 

 

Ich hoffe, dass das Thema "Vorabpauschale" und dessen Besteuerung etwas klarer geworden ist.

 

Am Ende nochmals der Hinweis (man muss sich ja rechtlich absichern): Dies war keine Steuerberatung, nur mein persönliches, niedergeschriebenes Verständnis der entsprechenden Themenblocks.

 

 

 

196 ANTWORTEN

MadMattNJ
Autor ★★★
70 Beiträge

Bei mir war heute für die WKN A0F5UF die Abrechnung für die Vorabpauschale bei der codi in der Postbox. Wenn ich mich an frühere Zeiten recht erinnere, dann trudeln die Abrechnungen bei der codi je nach ETF/Fonds nach und nach ein.

marti12
Autor ★
9 Beiträge

Das Vorgehen der Comdi finde ich am unkomfortabelsten - wenn der Betrag beim ersten Mal nicht sitzt, bekommt man einen "grauen Brief" vom FA.

Wo ist das Problem? verursacht dies Kosten oder kann man einfach überweisen? Ich dachte man muss es dann selbst in der Steererklärung für 2024 in 2025 angeben und dann eben nachzahlen, so dass man sogar einen Zinsvorteil hat.

marti12
Autor ★
9 Beiträge

DKB und comdirect rechnen noch.

DKB ist bei manchen schon komplett fertig gebucht. Ein Umsatz letzten Freitag vorgemerkt mit Datum 15.01. Gebucht wurde wohl am 16.01.  Welcher broker gibt denn sonst Vorwarnzeit vorm Valuta?

GetBetter
Legende
7.308 Beiträge

@GetBetter  schrieb:

@cdr  schrieb:

Weiß jemand welcher Wert da genau genommen wird, z.B. der aus dem Jahresdepotauszug, oder der letzte Kurs des Vorjahres, oder der niedrigste Kurs am letzten Handelstag des Vorjahres, oder irgendein anderer genau definierter Wert?


Gemäß § 18 InvStG wird der Rücknahmepreis des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres angesetzt.

Unter dem Beginn des Kalenderjahres ist wohl der 01.01. zu verstehen, so dass der von der Fondsgesellschaft für den letzten (Handels-)Tag des Vorjahres veröffentliche Kurs relevant sein dürfte.


Da nun die ersten Abrechnungen zur Vorabpauschale für 2023 eintrudeln, habe ich mir doch mal die Mühe gemacht und nachgerechnet. Im Ergebnis muss ich festhalten, dass meine oben getroffene Annahme falsch war:

Ausschlaggebend ist nicht der letzte Rücknahmepreis des Vorjahres sondern tatsächlich der erste des zu betrachtenden Kalenderjahres.

Crazyalex
Legende
7.679 Beiträge

@GetBetter  schrieb:


Da nun die ersten Abrechnungen zur Vorabpauschale für 2023 eintrudeln, habe ich mir doch mal die Mühe gemacht und nachgerechnet. Im Ergebnis muss ich festhalten, dass meine oben getroffene Annahme falsch war:

Ausschlaggebend ist nicht der letzte Rücknahmepreis des Vorjahres sondern tatsächlich der erste des zu betrachtenden Kalenderjahres.


Was letztendlich langfristig betrachtet - in der Praxis i.d.R. egal sein dürfte.

 

Gruß Crazyalex


An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!

Joerg78
Mentor ★★★
2.740 Beiträge

In der Praxis ist es egal, in der Theorie verstößt es allerdings gegen §18 Abs. 1 InvStG.

 

frustrierter
Experte ★★★
669 Beiträge

d.h ihr rechnet, dass in den nächsten Tagen, die Codi uns je Fonds eine Berechnung sendet

ich bin gespannt, in welchen Größenbereichen man liegt

 

 

GetBetter
Legende
7.308 Beiträge

@Crazyalex  schrieb:

Was letztendlich langfristig betrachtet - in der Praxis i.d.R. egal sein dürfte.


Das hatte ich in meiner damaligen Antwort auch erwähnt und wollte hier im Sinne eines kurzen Beitrages eigentlich nicht mehr darauf eingehen. Da Du es nun aber schon ansprichst, hole ich es gerne noch nach:

 


@GetBetter  schrieb:

 


@cdr  schrieb:

Mir geht es um die präzise Bestimmung der nötigen Liquidität, statt diese vorab nur grob über den Daumen zu peilen. Vielleicht hat jemand sogar Abrechnungen aus den Vorjahren, mit denen man das mal überprüfen könnte?


Die Abweichungen zwischen dem von mir angenommenen und evtl. weiteren denkbaren Kursen sind derart gering, dass die Varianz der benötigten Liquidität allenfalls 0,x% beträgt. Das sollte ausreichend präzise sein.


Tatsächlich beträgt die Differenz der beiden Ergebnisse mit dem von mir irrtümlich angenommenen Jahresend- und dem tatsächlich verwendeten Jahresanfangskurs 0,34%. Dieser Wert ist natürlich abhängig von Fonds und Jahr, kann im Einzelfall also durchaus abweichen. Eine echte Relevanz sehe ich aber auch nicht bzw. nur, wenn am ersten Handelstag des Jahres der große Carsh kommt.

 

 


@frustrierter  schrieb:

ich bin gespannt, in welchen Größenbereichen man liegt


Faustformel:

Es wird ein Freibetrag von 125 € je zu Jahresbeginn 2023 in Thesaurierern investierter 10.000 € benötigt. Alternativ 33 € auf dem VK.

Antonia
Mentor ★★★
2.625 Beiträge

Es trudeln die Abrechnungen ein. Ich versuche, damit stoisch umzugehen. Die (Verrechnungs)konten sind gedeckt und greifen, wenn der Freibetrag ausgeschöpft ist.

Ich werde dieses Konstrukt niemals verstehen und gebe mir dafür auch keine Mühe mehr. 

Trotzdem bin ich jedesmal schokiert schockiert, wenn ich auf gefühlt "nichts" ein paar hundert Euro Steuern zahlen muss.

 

💸

Grüße von Antonia
____________________
Alle Männer haben nur zwei Dinge im Sinn: Geld ist das andere. Jeanne Moreau

frustrierter
Experte ★★★
669 Beiträge

Bei der Codi trudeln sie ein? bei mir zunächst nur heute auf allen Konten die Allgemeininfo, aber keine Abrechnung

bekommt man auch eine Abrechnung, wenn man nichts zahlen muss?

 

Zitat:

Wie wird die Steuer eingezogen?

Normalerweise wird die Steuer vom Verrechnungskonto der depotführenden Bank eingezogen; reicht das Guthaben nicht aus, wird ein ggf. eingeräumter Dispositionskredit (Vorsicht: Überziehungszinsen!) ausgenutzt. Reicht auch das nicht aus (weil kein Dispo vorhanden oder bereits ausgeschöpft), wird die Steuer nicht einbehalten und das Finanzamt informiert.

 

d.h. wenn man auf dem Verrechnungskonto 0€ hat und es kein Girokonto ist, dann wird sofort das FA verständigt und die Steuer nicht einbehalten

Denn m.W ist bei einem Verrechnungskonto kein Dispokredit vorgesehen