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Stop-Loss Anwendung/Nutzung

Roha
Autor ★★★
41 Beiträge

Liebe Community,

 

ich beschäftige mich schon eine Weile mit dem großen Thema Money Management und inbegriffen die beiden Themen Risikomanagement und Stop-Loss.

Hierzu habe ich mich auch schon mit den Texten der Community befasst und möchte nun meine übrigen offenen Punkte mit eurer Hilfe klären.

 

Zu aller erst verorte ich die Thematik Stop-Loss allgemein in der ‚Ecke‘ des technischen Handelns, da hier zumeist mit technischen Marken und Indikatoren gearbeitet wird. (Chartmuster, 200-Tagelinie, etc.) Dieses Vorgehen kenne ich eher aus dem Daytrading als aus dem ‚klassischen‘ Investieren.

 

Erste Frage: Wie vereinbare ich diese Vorgehensweise mit einem langfristigen und fundamentalen Ansatz?

Für mich ergibt sich aus Privatinvestorensicht einfach kein sinnvolles Bild, mit Stopkursen zu arbeiten, wenn ich Grundsätzlich kein technischer Investor bin.

Mir ist bewusst, dass es hier vermutlich keine, für alle Marktteilnehmer gleichermaßen zutreffende, Antwort geben kann, aber ich möchte gerne eine Annäherung provozieren.

 

Um das Bild rund zu machen und auch für alle bewertbarer zu machen, hier ein Szenario, das für mich relevant ist:

Die Investitionsperspektive beträgt gut 30 Jahren und die Auswahl der Einzelwerte findet überwiegend in der ersten Reihe statt. Der gewählte Ansatz zur Risikosteuerung ist die klassische Diversifikation, mit einer maximalen Positionsgröße von 5%. (Also 20 Werte)

Die Grundannahme für die Investments ist eine starke Marktposition, robuste (Krisenerprobte) Bilanzen, als auch aussichtsreiche Perspektiven, was die Geschäftsmodelle / Branchen angehen und eine ‚alles-wird-in-Zukunft-besser‘-Mentalität. (Innovation, Wohlstand, Gesundheit, etc. pp) Was nicht gleich bedeutet, dass die Annahme ist, Aktien können nur steigen. Daher ja Diversifikation, allerdings mit aussichtsreichen Unternehmen, die es nicht erst seit gestern gibt.

Gekauft wird rational, also immer wenn Geld verfügbar ist, denn ‚jetzt‘ ist immer der beste Moment. Und Time schlägt Timing. Wenn alle Werte nach und nach im Depot sind, werden die Positionen aufgestockt, sofern Geld da ist und dann immer, die augenscheinlich günstigsten Werte. Es wird kein Rebalancing angewendet.

Ich erkenne in diesem Szenario keine Vorteile oder Notwendigkeiten von Stoppkursen. Denn, wenn ich lange genug im Markt bin und diesen auch im Auge behalte, erkenne ich Unternehmen, die in Schieflage geraten und kann diese bei einer negativen Neubewertung adhoc aus dem Depot entfernen und ersetzen. Also vertraue ich noch auf das Unternehmen und sehe eine rosige Zukunft, oder nicht.

Grundsätzlich sehe ich Stoppkurse als psychologisch hilfreich an, da viele Markteilnehmer manuell einfach nicht den Mut aufbringen können sich von einem Wert zu trennen, wenn es hart auf hart kommt. Allerdings, können Stopps auch viel Schaden anrichten, wie z. Bsp. im letzten März. Wenn ich keinen Hauch von Ahnung habe, dass sich da ein Unwetter aufbaut, habe ich meine normalen Stopps und werden im März komplett aus dem Markt geschmissen. Nun gehe ich davon aus, dass es, dass noch nicht gewesen ist und frage mich, wann steige ich wieder ein? Oder Steige ich direkt wieder ein? Warum bin ich dann rausgegangen?

 

Oder das Beispiel SAP: Ich bin als langfristig orientierter Investor von SAP überzeugt und gehe weiterhin davon aus, dass es sich um ein nachhaltig erfolgreiches Unternehmen handelt. Warum sollte ich einen Stopp setzen, der mich aus dem Markt schmeißt, nur weil Menschen überreagieren können? Sollte etwas fundamental für eine negative Neubewertung sorgen, handele ich rational und entferne das Unternehmen sofort aus dem Depot.

Ohne Stopps bin ich im Markt geblieben und konnte mich gezielt mit der Situation auseinandersetzen und gezielt Schwäche entfernen und Stärke hinzufügen, oder Cash halten.

 

Wir sind nun bei meinen jüngsten Gedankenergebnissen angekommen.

Die Grundfrage, an der ich momentan nicht vorbeikomme, ist: Welche Punkte sprechen bei diesem Szenario für die Verwendung von Stopps und wie sind sie am besten einzusetzen? Oder liege ich mit meiner Einschätzung richtig, dass es hier nicht sinnvoll ist.

 

Ich bedanke mich für euer stetes Engagement und freue mich schon auf eure hilfreichen Gedanken.

 

@nmh 

 

 

14 ANTWORTEN

digitus
Legende
8.350 Beiträge

Hallo Roha,

 

sehr guter Vortrag von Dir, da fällt es schwer etwas zu schreiben, das Du in einem Nebensatz nicht auch schon bedacht hast ... Chapeau!

 

Vielleicht kurz meine Herangehensweise (@nmh, dessen Artikel zu dem Thema Du ja offenbar kennst, wird sich dazu bestimmt noch äußern).

 

SL ist auch für mich "technisches Handeln", bei dem ich die Emotionen rauslassen muss. Ich lege beim Kauf fest, was ich an Verlusten ertragen kann und im Verlauf, (hoffentlich) welche Gewinne ich sichern will. Dafür setzt ich sinnvolle SLs.

 

Wenn ich an einer Aktie so hänge, dass ich mit ihr durch dick und dünn gehe, dann sind vermutlich zu viele Emotionen im Spiel. Dein Beispiel SAP rührt eine kleine Wunde bei mir. Ich hatte SAP mit einem konservativen SL gesichert, der beim Absturz im Oktober gerissen wurde. Richtig Geld habe ich dann erst verloren, als ich das nicht wahrhaben wollte, dass eine so tolle Aktie so fallen kann, auf einem niedrigeren Niveau dann gleich wieder reingegangen bin und beim nächsten SL ausgestoppt wurde. Hätte ich meinen ersten SL ohne Trauer akzeptiert, hätte ich entspannt an der Seitenlinie auf den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg warten können (m.E. noch immer nicht da) bzw. deutlich mehr Geld in ein anderes Papier stecken können.

 

Nun zu Deiner grundsätzlichen Frage, ob man bei Investments "in der ersten Reihe" SL braucht. Dazu habe ich keine festgefasste Meinung, würde Deine Frage eher mit einer Gegenfrage beantworten: Was vergibst Du Dir wenn Du SLs setzt?

 

Bin gespannt auf die weitere Diskussion.

 

Grüße,

Andreas

 

Roha
Autor ★★★
41 Beiträge

Hallo Andreas @digitus ,

 

danke für deine Antwort und das Lob für den Beitrag.

 

Folgend kurz und knackig die Antwort auf deine Frage:

Sls rauben mir Zeit im Markt bei einem langfristigen Investment, welches Fundamental nach wie vor vertretbar ist. 

 

Grundsätzlich ist meine Stellungnahme bzw. vorangegangene Ausführung aber auch als Antwort zu werten.

digitus
Legende
8.350 Beiträge

@Roha  schrieb:

Folgend kurz und knackig die Antwort auf deine Frage:

Sls rauben mir Zeit im Markt bei einem langfristigen Investment, welches Fundamental nach wie vor vertretbar ist. 


Dann ist das aus meiner Sicht auch völlig in Ordnung Smiley (fröhlich).

 

@nmhwürde mir vermutlich widersprechen, aber SLs sind eine Mentalitätsfrage: Manchen sind sie eher ein Korsett, anderen bieten sie Sicherheit.

 

Aber DU entscheidest, was für Dich richtig ist. Ich habe praktisch alle meiner paar Aktien mit SLs versehen, andere setzen nur bei ausgewählten Papieren welche.

 

Grüße,

Andreas

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Hallo @Roha,

 

ich bin wahrscheinlich einer der wenigen Investoren hier, der keine Stopkurse setzt. Wir haben ähnliche Strategien. Ich verkaufe Unternehmen auch nur, wenn ich langfristig keine Umsatz- oder Gewinnsteigerungen mehr erwarte.

 

Grüße aus Dresden

Sonni

KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,

 

sehr schön beschrieben.

Ich habe aktuell Stop-Loss-Limits bei exrem gehypten, hochgekochten, Werten, die ich ohne Absicherung gar nicht kaufen wollen würde. Da käme ich ja gar nicht mehr von der Depotansicht weg ...

Das ist aber ein durch das Marktgeschenen gesetzter Kontrast zu dem Verhalten, das ich eigentlich wünsche (buy&hold).

Im nicht vom Hype betroffnen Teil des Depots habe ich auch kein Stop-Loss und kann auch keinen Nutzen durch ein Stop-Loss für mich entdecken.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

digitus
Legende
8.350 Beiträge

@KWie2  schrieb:

Ich habe aktuell Stop-Loss-Limits bei exrem gehypten, hochgekochten, Werten, die ich ohne Absicherung gar nicht kaufen wollen würde. Da käme ich ja gar nicht mehr von der Depotansicht weg ...


Da ist es ja auch absolut geboten.

 

Mein aktuelles Beispiel diesbezüglich ist Vulcan Energy Resources Smiley (überglücklich)

 

Grüße,

Andreas

Zilch
Legende
7.851 Beiträge

Hallo @Roha 

 

deine Frage lässt sich sehr einfach und sehr schnell beantworten:

Es hängt von deiner Strategie ab 😉

 

ETWAS längere Antwort:

 

Das, was du beschreibst, sieht nach der klassischen Fundamentalanalyse aus, die zur Buy and Hold nach Graham/Buffett führt.

Das heißt, du untersuchst die Unternehmen, findest die starken Unternehmen die fair bewertet sind, und kaufst nur diese. Du beobachtest den Markt und das Unternehmen, und sobald es nicht mehr in deine Kriterien passt (z.B. stetig wachsende Umsätze und Gewinne wie bei @ehemaliger Nutzer ) tauschst du es im Notfall aus. Bei dieser Strategie achtest du auf das Unternehmen selber, und darauf, dass der Kurs zu den Unternehmensdaten passen. Wenn ein Kurseinbruch kommt, obwohl das Unternehmen gesund und gut ist, kaufst du nach weil du vom Unternehmen überzeugt bist anstatt es zu verkaufen.

 

Dagegen steht die Trendstrategie als eine weitere mögliche Strategie. Einige wollen es nicht wahrhaben, aber: Es ist völlig egal ob die Unternehmensdaten zum Kurs passen. Interessiert nicht.

Das Einzige, was interessiert, ist: Steigende Kurse. 

Das bitte einmal kurz setzen lassen, denn man mag es als "Fundi" eigntlich nicht wahrhaben 😉 (ich hatte solch Debatten schon, glaub mir :D)

Die steigenden Kurse willst du mitnehmen, wobei der Grund der steigenden Kurse egal ist. Du willst kaufen und später irgendwann, wenn der Trend (=Kursanstieg) vorbei ist, wieder verkaufen. Der Trend kann durchaus auch 10 Jahre oder länger anhalten! Ein gutes Beispiel sind hier die Sternelisten von @nmh in der nur Unternehmen auftauchen, die 10 Jahre oder länger eine gute Performance hinlegen und dabei wenig Kursrückgänge haben. Ich habe ein paar dieser Titel genauer untersucht und musste feststellen, dass es bei diesen Titeln keinen Ausstiegzeitpunkt per konservativen Stop-Loss gegeben hätte - das heißt zwischen Anschaffung vor 10 Jahren und Corona-Crash wäre nicht verkauft worden und man hätte von rund 9,5 Jahren Kursanstieg profitiert. Lange Haltezeit und Trend schließen sich also nicht aus.

Und woher kommt der Trend? Weil der "Markt" (=Masse an Großinvestoren und Kleinanleger) und inzwischen viele viele Computer in steigende Kurse investieren und sich das so nach und nach voran treibt. Man könnte meinen ein Perpetuum Mobile, aber nein. Hier sind Stopkurse sehr sehr wichtig, denn der Trend kann drehen. Irgendwann gibt es Gründe warum der Markt die Aktie abstößt, und dann willst du raus. Und dagegen sichert dich ein Stopkurs. Und auch wenn es zum Crash kommt sichert dich der Stop und garantiert dir die Gewinnmitnahme. Denn du weißt nicht, ob der Trend nach dem Crash wieder fortgesetzt wird und in der Regel passen die Unternehmensdaten nicht zum Kurs. Das heißt nicht, dass das Unternehmen nichts Wert ist, sondern nur, dass das Unternehmen einfach höher bewertet ist nach Fundamentalansätzen. Setzt sich der Trend fort kannst du wieder einsteigen, wenn nicht suchst du einen neuen Titel. 

 

Das alles ist eigentlich eine Frage des Mindset (=Strategie). Mehr nicht.

 

Edit: und wenn du in einen Hype investierst, so wie von @KWie2 beschrieben, sind Stopkurse auch unabdingbar. Hypes sind solche Sachen, bei denen der Kurs rasant in die Höhe steigt (Wasserstoffwerte zum Beispiel) obwohl das Unternehmen nur rote Zahlen schreibt. Da ist sehr viel Hoffnung drin, oder eben Spekulation. Da sind Stopkurse wirklich nicht weg zu denken, denn so schnell wie es hoch geht kann auch der nächste Hoffnungsträger um die Ecke kommen und dann werden die vielen Gewinne mitgenommen und du bleibst ohne Stop auf der Strecke.

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Research alone won't ensure a profit. Your main goal should be to make money, not to get an A in How to Read a Balance Sheet. - RD

digitus
Legende
8.350 Beiträge

Wow, @Zilch, toller Grundlagen-Artikel 🤩! Dankesehr!

 

Grüße,

Andreas

Zilch
Legende
7.851 Beiträge

Schleimer 😛 😉 💞

Gefühlt zehn Mal habe ich sowas schon geschrieben 😄

 

Trendstrategie klingt so einfach, dass es doch gar nicht möglich sein kann so an der Börse Geld zu verdienen, oder?

Das schöne ist: doch. Es ist einfach und auch erfolgreich. 

 

Meiner Meinung nach sollte man aber Fundamentaldaten lesen und verstehen können, egal welche Strategie. Nur in Sachen investieren, die man versteht. Deshalb fühle ich mich im Mix der Strategien besonders wohl, denn wie man an der Auswertung der Sternelisten sieht (Siehe meine Übersicht) gibt es durchaus Unternehmen die Trendstärke beweisen als auch überzeugende Fundamentaldaten sodass sie für Buy and Hold Anleger ebenfalls geeignet sind. Win win würde ich sagen 🙂 

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