23.08.2023 18:26 - bearbeitet 23.08.2023 19:55
Liebe Peergroup,
der letzte Rosinenpicker-Artikel ist über ein Vierteljahr her, ich habe Urlaub, aber es ist so heiß, dass mich die Terrasse (trotz gekühlter Getränke) nicht lockt und auch das Wasser des örtlichen Freibads kaum Abkühlung bringt. Also kommt jetzt ein Rosinenpicker ins Forum, der mir seit dem Thread zur Handelbarkeit des Nasdaq-Covered-Call-ETFs vom Februar auf den Nägeln brennt.
Es geht um die beiden Covered-Call-ETFs zum Nasdaq 100 (Global X Nasdaq 100 Covered Call UCITS ETF) bzw. zum S&P 500 (Global X S&P 500® Covered Call UCITS ETF).
Ich bin als eher vorsichtiger Anleger bekannt, der um die von @nmh und @haxo zeitweise empfohlenen Zertifikate einen weiten Bogen macht, weil es mir einfach zu mühsam ist, für einzelne Werte passende Zertifikate zu finden, die dann im entscheidenden Moment das tun, was sie sollen. Abgesehen davon fällt es mir (obwohl ich mich seit knapp fünf Jahren hier tummele) noch immer schwer, die Wirkungsweise der Puts und Calls zu verstehen ...
Deswegen ist es verwunderlich, dass ich nun hier zwei Papiere vorstelle, die genau auf diesen Prinzipien beruhen.
Was ist ein Covered Call?
Es ist der Verkauf einer Kaufoption, wenn diese durch den entsprechenden Basiswert gedeckt ist, der Optionsverkäufer die Aktie also in ausreichender Anzahl im Portfolio hat.
Falls der Ausübungspreis des Calls am vorab definierten Fälligkeitstag überschritten wird, können die Wertpapiere also auch tatsächlich verkauft werden. Optionsprämie und Kursgewinn können eingestrichen werden.
Wenn der Basiswert fällt, seitwärts läuft oder lediglich so weit ansteigt, dass er am Verfallstag der Option unter dem Ausübungspreis liegt, verfällt die Option wertlos. Die Prämie wird gutgeschrieben, der Handel kann mit einer neuen Option wiederholt werden.
Klingt nach einer Lizenz zum Gelddrucken, funktioniert aber hauptsächlich bei steigenden Märkten. Andererseits hat man mit Covered Calls auch eine gewisse "Hedging-Funktion", weil die Prämien ja dennoch in den Gewinn einfließen.
Die beiden Covered Call ETFs machen nun genau das, indem sie den Cboe Nasdaq-100 BuyWrite Index bzw. den Cboe S&P 500 BuyWrite 15% WHT Index nachbilden.
Beide ETFs sind ausschüttend, und wenn man sich die US-Seiten des Covered Call Nasdaq 100 bzw. des Covered Call S&P 500 ansieht, liefern sie beständig ein regelmäßiges Einkommen.
Dafür sind die ETFs keine Kursraketen, können aber parallel zu einem 'normalen' Investment in Nasdaq bzw. S&P 500 eine zusätzliche 'Dividende' liefern.
Hier ist eine Total-Return-Vergleichsgrafik der Covered-Call-ETFs (grün und blau) mit den reinen Index-ETFs (gelb und schwarz):
[via]
Mein Fazit: Sehr interessante Beimischung zum Generieren eines passiven Einkommens. Covered Calls sind ein Prinzip, das ich verstehe, das ich aber gerne den Profis überlasse. Deswegen gefällt mir das ETF-Konstrukt dazu sehr gut.
Den Nasdaq-Covered-Call-ETF habe ich inzwischen bereits seit einiger Zeit bei einem Marktbegleiter als "Ausschüttungssammler" in einem kleinen Sparplan laufen, der immer wieder angepasst wird.
Beide ETFs gibt es inzwischen auch bei der comdirect, sogar als (zeitliche befristete) Top-Preis-ETFs mit kostenfreiem Sparplan.
Und wie immer gilt: Performance in der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die Performance in der Zukunft zu und meine ETF-Vorstellungen sind keine Anlageberatung sondern sollen Anregungen für eigene Recherchen sein.
Und der Vollständigkeit halber: Zu meinem Verständnis von Covered Call hat dieser Artikel von Eichhorn Coaching viel beigetragen.
Interessant ist auch die englischsprachige Covered Call Infographic auf der Seite von Global X - sie ist hier unter den ETF-Dokumenten zu finden. Dort findet sich im Monthly Covered Call Report auch eine Übersicht über die bisherigen monatlichen Ausschüttungen der auf dem amerikanischen Markt erhältlichen Covered-Call-ETFs.
Grüße,
Andreas
PS: Die anderen Rosinenpicker-Artikel sind hier zu finden.
am 09.10.2023 20:32
Ich habe mir jetzt mal eine geringfügige Menge S&P 500 Covered Call in das Körbchen gelegt, mit automatischer Wiederanlage der Ausschüttung.
Hintergedanke ist weniger die Zeitpräferenz sondern meine Annahme dass die großen Märkte in den nächsten 1-2 Jahren vielleicht eher seitwärts laufen und man mit den CC auch bei seitwärts laufenden Märkten die Prämie für den Call bekommt.
Analog zu High Yields einfach eine alternative Anlageform die eine gewisse Rendite abwirft, wenn man das Underlying mal ausblendet.
Portfolio Performance wird mir zeigen ob das ein Rohrkrepierer wird oder halbwegs Sinn macht.
am 09.10.2023 22:13
@CurtisNewton: bei welchem Marktbegleiter kannst du auch bei kleineren Positionen die automatische Wiederanlage beauftragen?
Neugierig,
Andreas
am 10.10.2023 08:20
Ausschütter die über einen Sparplan gekauft wurden werden bei Consors grundsätzlich reinvestiert, auch im Cent Bereich.
Funktioniert auch mit einmaligen Sparplänen. glaube das ist technisch über eine eigene Lagerstelle realisiert.
am 10.10.2023 08:25
@CurtisNewton schrieb:Ausschütter die über einen Sparplan gekauft wurden werden bei Consors grundsätzlich reinvestiert, auch im Cent Bereich.
Wow, das ist ja ein klares Argument für Consors 👍.
Grüße,
Andreas
10.10.2023 08:45 - bearbeitet 10.10.2023 08:45
Wenn man eh reinvestieren will, ja. Man kann das Feature nämlich nicht so einfach abschalten 😉
Ausserdem sollte man unabhängig von der Auschüttung keine normalen Order und Sparpläne mischen, sonst hat man die Position auf zwei Lagerstellen verteilt was dann beim Verkauf wieder Ärger macht.
Für den Freibetrag - Auschütter Usecase aber sicherlich ideal, bei den meisten Marktbegleitern geht die automatische Wiederanlage nämlich erst ab einem bestimmten Betrag.
Ich hatte es ja im Ideen Bereich hier mal vorgeschlagen, bis die comdirect das vielleicht mal realisiert hat laufen meine auschüttenden ETF eben in Nürnberg.
am 12.10.2023 09:46
Auch nochmal von meiner Seite ein kleines Update für alle, die es irgendwie interessiert.
Mittlerweile habe ich mein Portfolio soweit ausgedünnt und entschlackt, dass ich hauptsächlich nur noch in die genannten Covered Call ETFs (mittlerweile ein leichter Tilt Richtung XYLD) sowie einen ETF auf kurzlaufende EUR HY Bonds investiere. Die EUR HY Bonds sind absichtlich gewählt, da ich hier ausschließlich ein Bonitätsrisiko eingehen wollte und die beiden Covered Call ETFs sowieso in USD ausschütten. Bei USD HY Bonds gibt es vermutlich den etwas höheren Kupon, allerdings gehe ich davon aus, dass sich dieser Effekt langfristig durch die Zinsparitäts-Theorie ausgleicht. Eine fixe Allokation habe ich nicht, wobei ich davon ausgehe, dass sich das Portfolio irgendwo gleichgewichtet einpendelt.
Einige werden sich vermutlich fragen, wieso ich das mache. Mein oberstes Ziel ist eine regelmäßige und möglichst konstante Barrendite aus dem Depot zu erzeugen. Hier sind für mich ein paar Meilensteine:
Der erste Meilenstein ist erreicht und ich nähere mich dem zweitem Meilenstein. Sobald ich den den dritten Meilenstein erreiche, werde ich an der Arbeit deutlich kürzer treten und die Überschüsse nicht mehr in das Income-first Depot investieren, sondern in ein Growth-later Portfolio kippen. Das wären aktuell zwei stupide ETFs (einmal S&P 500, einmal US Small Cap Value). Ich erhoffe mir einfach durch den Income-first Ansatz ein wenig mehr gefühlte Sicherheit.
Ich finde es toll, dass diese Community hier recht aktiv über "neue" ETFs spricht.
am 12.10.2023 10:13
Danke für dein spannendes Update @ssi2020 !
Wenn ich das richtig verstehe, bist du noch im Vermögensaufbau.
Meinst du nicht, dass du durch die covered call ETF ziemliche Performancemöglichkeiten ungenutzt lässt?
Ich finde den Weg, erst richtig Kapital aufbauen, Zinseszinsen reinballern und dann umschichten wesentlich ertragreicher.
So mache ich das zumindest.
Dass es die covered call ETF nun endlich auch in Deutschland gibt, finde ich fantastisch! Bin gedanklich aber noch sehr weit entfernt, mich darauf zu verlassen, dass bis an mein seeliges Ende ein steigendes monatliches Income eintrudelt.
Aber ja, ich bin immerhin auch drin!
Und an dieser Stelle noch x ein extra Dank an @digitus , der dieses Thema aufgegriffen und verarbeitet hat!
am 13.10.2023 08:55
Richtig. Ich befinde mich, wenn auch schon relativ weit fortgeschritten noch in der Zeit, wo frisches Geld ins Depot fließt. Für mich schließt das aber nicht einen Income-now Ansatz aus. Es ist zwar objektiv nicht unbedingt rational, aber für mich zählt als erstes Kriterium meines Depots, wie viel Netto Barrendite monatlich im Schnitt generiert werden. Selbstverständlich sind die bekannten Entnahmestrategien steuerlich von Vorteil. Was mir allerdings nicht einleuchtet sind Ideen erst Wachstums-orientiert anzulegen und dann zur Entnahme eine komplette Umschichtung vorzunehmen. Da gehen viele steuerliche Vorteile verloren...
Zur Performance: Wie so häufig im Leben "It depends". Erleben wir ein ähnliches Jahrzehnt wie das letzte, werde ich definitiv nicht mit der Performance eines Growth-later Depots mithalten können. Erleben wir allerdings ein Jahrzehnt wie von 2000-2010 fühle ich mich mit einem Income-now Ansatz wohler. Auf kurzlaufende EUR HY Bonds mit rund 2 Jahren Restlaufzeit gibt es aktuell einen Yield-to-Maturity von rund 7,5%, wobei durch die Kurzläufer recht schnell auf die "neuen" höher verzinsten Anleihen umgeswitched wird. Ein XYLD lieferte seit 1989 rund 8,2% bei einer Standardabweichung von 10,5%. Wenn ich jetzt mal ein wenig Puffer einplane, dürfte man durchaus auch in schwierigen Zeiten 6% erwarten können. Damit liegt meine Erwartungshaltung an das Income-now Depot bei rund 6%. Für mich und meine Ziele erstmal ausreichend und das ganze eben in Verbindung mit regelmäßigen Ausschüttungen.
13.10.2023 09:07 - bearbeitet 13.10.2023 11:02
13.10.2023 09:07 - bearbeitet 13.10.2023 11:02
@ssi2020: Deine income-now-Strategie finde ich sehr interessant und denke, dass es sich lohnen würde wenn du dafür einen eigenen Thread aufmachst, um dort die einzelnen Papiere in deinem Portfolio vorzustellen und Raum zur Diskussion zu geben.
Ich würde mich freuen!
Grüße,
Andreas
18.10.2023 14:09 - bearbeitet 18.10.2023 14:10
Da ich gerade eher aus Zufall auf die Darstellung gekommen bin und mir selber unsicher bin, ob sie neu ist:
Über die Global X Website im Reiter Distributions kann man die eingenommene Prämie sowie die jeweilige Ausschüttung sehen. Wie bereits erwähnt, werden entweder 50% der eingenommenen Prämie oder 1% des NAV ausgeschüttet - je nachdem welcher Wert kleiner ist.