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Vorabpauschale (aktualisiert für 2025)

Joerg78
Mentor ★★★
3.164 Beiträge

Nachdem in den letzten Jahren der für die Berechnung der Vorabpauschale relevante Basiszinssatz negativ war, schaut das in diesem Jahr anders aus. Da immer wieder Fragen zur Vorabpauschale (Was ist das? Wie wirds berechnet? Was wird wann abgezogen?) auftauchen, möchte ich versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen auf ein paar Punkte einzugehen.

Disclaimer: Dies ist keine Steuerberatung o.Ä., ich führe hier mein persönliches Verständnis der Vorabpauschale auf. Bei steuerlichen Fragen sollte immer der Steuerberater kontaktiert werden, in der Community können und dürfen wir keine Beratung zu Steuerthemen vornehmen!

 

Die Vorabpauschale wurde mit der Reform des Investmentsteuergesetz 2018 eingeführt; sie gilt für Investmentfonds und sollte die bis dahin geltende Ungleichheit der Besteuerung unterschiedlicher Fonds-Typen beseitigen, denn gerade bei ausländischen thesaurierenden Fonds gab es einen Steuerstundungseffekt.

Jetzt gilt für alle Fonds: Abhängig von der Wertsteigerung des Fonds, des Basiszinssatzes und ggf. Ausschüttungen wird eine Vorabpauschale ermittelt, die versteuert werden muss. Wie war berechnet wird, wird im schönsten Juristendeutsch in §18 InvStG "erklärt"; dort steht in Absatz 1 u.a. das hier:

 

Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten. Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 Prozent des Basiszinses nach Absatz 4. Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttungen innerhalb des Kalenderjahres ergibt.

 

Schön, nicht?

Dröseln wir das mal auseinander, beginnend mit Satz 2, nämlich dem Basisertrag: Der berechnet sich aus dem Fondswert zu Beginn des Jahres (also jetzt 2023), multipliziert mit 70% des Basiszinses; der wurde für 2023 auf 2,55%, für 2024 auf 2,29% und für 2025 auf 2,53% festgelegt.

 

Nehmen wir also mal einen nicht-ausschüttenden Fonds XY, der hat fiktiv zum 1.1.2025 einen Wert von 100€ gehabt.

Der Basisertrag pro Fondsanteil liegt dann bei 100 * 70% * 2,53% = 1,771€ (100 * 0,7 * 0,0253).

 

Am Jahresende kommt dann der Jahresendwert ins Spiel - daraus wird die Wertsteigerung berechnet und Satz 3 kommt ins Spiel: Ist die Wertsteigerung höher oder gleich dem Basisertrag (=> Rücknahmepreis eines Fondsanteils >= 101,771€), bleibt der Basisertrag unverändert; ist die Wertsteigerung geringer (Fondsanteil < 101,771), dann entspricht der Basisertrag dieser Wertsteigerung (bei einem Rücknahmepreis von 101€ am 31.12.2025 wäre der Wertzuwachs 1€ => Basisertrag = 1€).

 

Vereinfacht wird angenommen, dass innerhalb des Jahres keine Käufe oder Verkäufe stattgefunden haben - dann wird zum Jahresende der Basisertrag mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert: Das Ergebnis ist dann die persönliche Vorabpauschale, die dann versteuert werden muss (mehr dazu unten).

 

Bei einem ausschüttenden Fonds werden vom Basisertrag noch die Ausschüttungen (pro Anteil) abgezogen - und damit sind wir bei Satz 1 des o.g. Gesetzes: Sind die Ausschüttungen geringer als der Basisertrag, wird dennoch eine Vorabpauschale besteuert!

 

Zu beachten ist auch: Die Vorabpauschale kann nie negativ werden!

 

 

Hier mal 5 Berechnungen für 2025 ("gute Wertentwicklung" bzw. "schlechte Wertentwicklung" dient hier nur der Vergleichbarkeit!).

 

1. thesaurierender Fonds - gute Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Wertzuwachs2€
Basisertrag1,771€ (100€ * 0,7 * 0,0253)
Vorabpauschale pro Anteil1,771€

 

 

2. thesaurierender Fonds - schlechte Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Wertzuwachs1€
Basisertrag1,771€ (100€ * 0,7 * 0,0253)
Vorabpauschale pro Anteil
1€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag)

 

 

3. ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Ausschüttung je Anteil2€
Wertzuwachs3€ (1€ aus Kursdifferenz zzgl. 2€ Ausschüttung)
Basisertrag1,771€ (100€ * 0,7 * 0,0253)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

 

4. teil-ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs3€ (2€ aus Kursdifferenz zzgl. 1€ Ausschüttung)
Basisertrag1,771€ (100€ * 0,7 * 0,0253)
Vorabpauschale pro Anteil
0,771€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

5. ausschüttender Fonds - schlechte Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil100€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs

1€ (1€ aus Ausschüttung)

Basisertrag1,771€ (100€ * 0,7 * 0,0253)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag => 1€, abzgl. Ausschüttung = 0€)

 

 

 

Wie wird besteuert?

Es wird die Vorabpauschale (Berechnung s.o.) mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert und dann mit der Kapitalertagssteuer + Soli + ggf. Kirchensteuer besteuert. Je nach Fondsart greifen aber auch hier Teilfreistellungen (z.B. bei Aktienfonds 30%). Auch ein Freistellungsauftrag wird berücksichtigt. Es wird also nicht der Wert der Vorabpauschale an sich als "zu versteuernder Betrag" festgesetzt, sondern die Vorabpauschale selbst wird mit der Steuer belegt!

 

Wann wird besteuert?

Die Besteuerung erfolgt Anfang des folgenden Kalenderjahres, denn: Die Vorabpauschale für 2025 gilt am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen. Somit greift die Besteuerung im Jahr 2026 (und eine Belastung des Sparerfreibetrages ebenfalls im Jahr 2026).

 

Wird mir die Vorabpauschale gutgeschrieben?

Nein, es handelt sich um eine vorgezogene Besteuerung, daher erfolgt der Zufluss der Vorabpauschale als "fiktiv".

 

Wie wird beim Verkauf besteuert?

Beim Verkauf eines Wertpapieres wird der Veräußerungsgewinn besteuert - abzüglich bereits festgesetzter Vorabpauschalen (ansonsten hätte man eine Doppelbesteuerung), siehe §19 Abs. 1 InvStG .

 

Ich habe einen Fondsanteil im Laufe des Jahres verkauft - wird dennoch eine Vorabpauschale erhoben?

Nein, zum Jahresende nicht mehr gehaltene Fondsanteile unterliegen keiner Vorabpauschale (die Besteuerung erfolgte ja bereits durch den Verkauf).

 

Ich habe im Laufe des Jahres Fondsanteile gekauft - wird wird hier die Vorabpauschale berechnet?

Die Vorabpauschale wird anteilig berechnet, und zwar ab dem Monatsersten, in dessen Monat entsprechende Anteile gekauft wurden (wurden Fondsanteile am 30.11. eingebucht, so werden dennoch volle 2 Monate berücksichtigt!); in die Berechnung fließt nichtsdestotrotz immer der Jahresanfangswert ein! Dies kann zur interessanten Konstellation führen, dass trotz Buchverlust eine Vorabpauschale einbehalten werden kann (Beispiel: Jahresanfangswert 100€, Jahresendwert 104€, Kaufkurs im November 106€).

 

Wie wird die Steuer eingezogen?

Normalerweise wird die Steuer vom Verrechnungskonto der depotführenden Bank eingezogen; reicht das Guthaben nicht aus, wird ein ggf. eingeräumter Dispositionskredit (Vorsicht: Überziehungszinsen!) ausgenutzt. Reicht auch das nicht aus (weil kein Dispo vorhanden oder bereits ausgeschöpft), wird die Steuer nicht einbehalten und das Finanzamt informiert.

 

Gibt es nicht auch einen Rechner, der mir die konkrete Höhe der zu bezahlenden Steuer berechnet?

Den gibt es, beispielsweise wurde bei Finanzfluss ein entsprechender Rechner programmiert (danke an @digitus für den Link!); dieser berücksichtigt (wie alle anderen von mir gefundenen Rechner) allerdings keine unterjährigen Zukäufe.

 

 

Ich hoffe, dass das Thema "Vorabpauschale" und dessen Besteuerung etwas klarer geworden ist.

 

Am Ende nochmals der Hinweis (man muss sich ja rechtlich absichern): Dies war keine Steuerberatung, nur mein persönliches, niedergeschriebenes Verständnis der entsprechenden Themenblocks.



Letzte Bearbeitung: 13.12.2025, Ergänzung/Anpassung für Vorabpauschale 2025

 

 

214 ANTWORTEN

GetBetter
Legende
8.098 Beiträge

@Silver_Wolf  schrieb:


@GetBetter  schrieb:

Wir nehmen dabei an, dass keine zu Jahresbeginn gehaltenen oder während des Jahres gekauften Anteile vor Jahresende wieder verkauft wurden. Das dürfte aber die Regel sein.


Diese Annahme ist unnötig, irrelevant und nur verwirrend.  🙂

Du kannst doch verkaufen was du willst. Stücke aus dem Vorjahr oder Stücke die erst im Dezember gekauft wurden.

Was für die Berechnung zählt ist der Bestahnd am Jahresende, also dem 31.12.2023.

Was vorher verkauft wurde ist weg und wurde besteuert.


Vollkommen richtig. Und genau weil das so ist, ist die einschränkende Annahme zwingend erforderlich.

 

Wenn nämlich zwischenzeitliche Verkäufe stattgefunden haben, dann ist es nicht mehr ausreichend einfach die am Jahresanfang gehaltenen Anteile (X) und zeitgewichtet die während des Jahres zugekauften (Y) zu addieren, so wie es @ETFNewbie in seiner Berechnung getan hat und die ich als "korrekt" bezeichnet habe.

In dem Fall muss man für die Berechnung nämlich zunächst die Anzahl der verkauften Anteile (V) subtrahieren. Da eine bedingungslose Subtraktion aber auch nicht korrekt wäre (das wäre sie nur falls X ≥ V ist), hätte man noch erwähnen müssen, dass auch V zeitgewichtete Anteile beinhalten kann.

 

Weil ich auf dieses ganze wenn/dann/aber um 1:00 Uhr nachts keine Lust mehr hatte, habe ich ersatzweise diese von Dir bemängelte Klausel hinzugefügt.

timo95
Einsteiger
1 Beiträge

Habe heute morgen zwei Mitteilungen erhalten. Steuermitteilung und Storno Steuermitteilung mit der Nachricht:

 

"Keine Belastung des Steuerbetrags aufgrund fehlenden Guthabens od. Widerspruch Inanspruchnahme Kontokorrentkredit. Es erfolgt eine Meldung an das Finanzamt (§44 Abs. 1 S 10 EStG)."

 

Per Telefonsupport wurde mir erklärt ich soll mich mit dem Finanzamt in Verbindung setzen, da keine erneute Abbuchung möglich ist.

Finde es etwas traurig, dass man nicht vorher über die genaue Höhe benachrichtigt wird, wie es bei anderen Brokern der Fall ist.

Thorsten_
Legende
4.687 Beiträge

@timo95:

Das ist leider nicht so schön, wurde aber vorher an alle Kunden kommuniziert (s. Postbox und Verweis auf https://kunde.comdirect.de/cms/vorabpauschale.html).

Crazyalex
Legende
9.413 Beiträge

Aber hier muss man klar sagen: Andere Banken regeln das besser - sorry.

 

Da gibt's entweder eine konkrete Vorwarnug über die Höhe und den Zeitpunkt in die Postbox oder die lassen das Konto ins Minus rutschen (ja: eigenes Risiko der Bank - aber man hat ja im Prinzip ja Sicherheiten...)

Andere versuchen mehrfach eine Abbungung nach Info an den Kunden.

 

Die Comdirect hat an dieser Stelle die für sie bequemste/sicherste und den Kunden unfreundlichste Lösung gewählt.

(https://community.comdirect.de/t5/wertpapiere-anlage/vorabpauschale/m-p/294194/highlight/true#M17837...)

 

Gruß Crazyalex


An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!

HaBe
Mentor ★
1.152 Beiträge

Ich finde es auch schade, dass hier der für den Broker einfache, aber kundenunfreundliche Weg gewählt wurde. Das hätte die codi besser lösen können... 😞

frustrierter
Mentor
994 Beiträge

es ist typisch dt. Bürokratie und alles viel zu komplex

 

im Depot meiner Tochter sind 5 Fonds, nur einer (der MSCI World ETF) wurde jetzt mit Vorabpauschale 0 abgerechnet, da sie eine NV Bescheinigung hat. Warum die 4 anderen nicht?

Im Depot meiner Frau sind auch Fonds, auch 0 bisher abgerechnet

 

ist dies bei euch auch so, dass nur ein Teil abgerechnet wurde

 

PS: im Dekadepot, was ich seit Dez gerne schon übertragen hätte , gab es auch keinerlei Vorabpauschalenabrechnung

 

aber was ich erst recht nicht verstehe, diese Abrechnung:

wie kommt man auf einen Ertrag?

sie hat 57,6 Anteile LYX0AG und dies ergibt scheinbar 24,48€ Vorabpauschale, da NV kein Abzug, aber warum dann ein Ertrag im Topf?

 

frustrierter_0-1706096772358.png

 

 

Thorsten_
Legende
4.687 Beiträge

@frustrierter 

Das wird nach und nach abgerechnet, einfach warten.

frustrierter

@danke Thorsten et all, weißt du auch etwas was zu der Abrechnung, s.b vorher

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
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ehemaliger Nutzer
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