10.12.2020 05:02 - bearbeitet 10.12.2020 05:03
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Um gleich zu Beginn den völlig überspannten Spanungsbogen zu entspannen: es geht hier um den amerikanischen Sportartikelhersteller Under Armour (kurz UA, WKN A0HL4V). Da konnte auch keiner draufkommen. Weil:
Der Gründer, Kevin Plank und der Co-Gründer, Kip Fulks haben es beide gemacht: der Co ein Sabbatical Ende 2017 und der andere einen endgültigen Abschied zum Jahreswechsel 2019/2020: sie waren dann mal weg … . Ich hatte ja gehofft, dass vielleicht jemand an Microsoft denkt, deren Gründer ja auch nicht mehr dabei sind, aber hier denken alle viel zu kompliziert – nein, Ihr müsst meine Nachbarn* nicht bemühen, es ist nicht so schwer. Aber nun zur Sache:
Under Armour, 1996 gegründet von dem Ex-Footballspieler Kevin Plank, ist eine Aktie mit der man Haus und Hof verlieren, aber auch beides gewinnen kann. Die Volatilität ist bemerkenswert: IPO Ende 2005 zu $3,75. Dann gleich mal runter auf $2,64 (-30%) um dann – gehyped - bis $8,725 (+230%) im August 2008 zu steigen. Die beiden Gründer waren intelligent und haben sehr gutes Marketing gemacht, und das braucht es im US-Sportmarkt. Irgendwie flachte sich der Hype dann ab, und der Kurs fand im März 2009 bei $1,50 seinen Boden (-82%).
Man fand zurück zu den Wurzeln, machte gute Ausrüsterverträge und entwickelte sowohl eine Baumwolle, die schneller trocknete als die Konkurrenz** als auch einen Sport-BH, der einen ungeahnten Tragekomfort bot***. All dies katapultiere die Aktie auf $50,50 Mitte 2015 (ver 32-facht). In Amerika funktioniert das mit dem Hype.
Aber eben auch in die andere Richtung (siehe zB Abercrombie & Fitch …): mal wollte digital werden, sogar einen Chip in den Schuh und eine App dazu machen. Das kam weniger gut an und kostete viel Geld. Selbst die Verpflichtung des Golfers Jordan Spieth – einer meiner Helden, und Golf muss bei mir einfach vorkommen – hat diese Entwicklung nicht unterbinden können. So paarte sich der erste Unternehmensverlust in 2017 mit einem Absturz der Aktie auf $11,45 (-77%) und führte zum ersten „ich bin dann mal weg“.
2018 endet die Unternehmensgeschichte auf der Homepage von Under Arrmour bezeichnenderweise. Die Aktie hat sich nochmal auf $27,75 erholt um dann das zweite „ich bin dann mal weg“ bei $7,35 auszulösen – die Prozente spare ich mir, das ist ein Zockerpapier geworden, von dem man nur abraten kann! In den letzten Jahren hat die Aktie im Schnitt 1 Prozent pro Jahr gutgemacht, das entspricht einer Verdopplung alle 66 Jahre.
Ich erinnere mich noch gut, als Kevin Plank 2015 adidas als seinen „dümmsten Wettbewerber“ bezeichnet hat. Man vergleiche die Kursverläufe und wird feststellen, dass amerikanisches Marketing schnell viel bringen kann, aber – zumindest in diesem Fall – nicht nachhaltig ist. Die Aktie von adidas verdoppelt sich rein rechnerisch alle 4 Jahre.
Wenn man in Sportartikel investiert, würde ich zu adidas raten. Das nachhaltige Überschreiten des Allzeithochs aus dem Januar bei €317,50 wäre ein guter Einstiegsmoment, Stopp Loss knapp unter die €250.
* Ihr wisst schon, die mit den Abhöranlagen
** da bin ich vom Fach
*** da bin ich weit weg, vom Fach zu sein
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am 10.12.2020 06:00
Daumen hoch von mir für diese tolle Geschichte!
...und keine Auswertung von mir weil - Du hast die Begründung ja geschrieben
Gruß Crazyalex
am 10.12.2020 06:25
Klasse Aktien-Geschichte - vielen Dank, lieber Namensvetter @@A_J_L !
Grüße,
Andreas
am 10.12.2020 07:42
Ich habe UA immer als sehr erfolgreichen Sportartikelhersteller, vor allem in der Bekleidung, kennen gelernt. Im Fitnessstudio trägt eigentlich jeder Sachen von Under Armour, und auch mir selber gefallen der Tragekomfort und Schweiß-Ableit-Fähigkeit der Shirts sehr gut.
Meine Golfshirts dagegen sind von Adidas und Daniel Springs 😄
Danke für den kurzen Einblick ins Unternehmen 🙂
am 10.12.2020 08:57
Hervorragend aufs Glatteis geführt! 😃 Besten Dank!
am 10.12.2020 09:49
Meine erste Idee zu "ich bin dann mal weg" wäre ein Reiseveranstalter gewesen, TUI oder Carnival vielleicht.
am 10.12.2020 11:34
Eine weitere Börsenweisheit, die wir daraus lernen: Je weiter der CEO das Maul aufreißt, desto tiefer wird irgendwann der Fall sein.
Siehe Under Armour, Nikola, Wirecard und so viele weitere...
am 10.12.2020 12:18
@Marin schrieb:Eine weitere Börsenweisheit, die wir daraus lernen: Je weiter der CEO das Maul aufreißt, desto tiefer wird irgendwann der Fall sein.
Das gilt nicht nur für CEO´s und an der Börse 😉
am 10.12.2020 12:48
@Marin schrieb:Eine weitere Börsenweisheit, die wir daraus lernen: Je weiter der CEO das Maul aufreißt, desto tiefer wird irgendwann der Fall sein.
Siehe Under Armour, Nikola, Wirecard und so viele weitere...
Bei Tesla läuft es derzeit ja ganz gut. Obwohl ich Elon Musk jetzt auch nicht als dezent und zurückhaltend bezeichnen würde.
10.12.2020 14:30 - bearbeitet 10.12.2020 15:48
@A_J_L schrieb:es geht hier um den amerikanischen Sportartikelhersteller Under Armour (kurz UA, WKN A0HL4V). Da konnte auch keiner draufkommen. Weil:
Hallo,
super schön links angetäuscht. Schöne Begründung.
Under Armour kommt allerdings nicht nur hier vor, sondern auch im Buch "The Age of Surveillance Capitalism" von Shoshana Zuboff. Wenn ich dort lese, was Under Armour in Sachen Schutz der Privatsphäre so treibt, dann kann ich allerdings auch nur noch sagen:
Bin dann mal Weg!
Under Armor steht bei mir auf der Blacklist.
Gruß: KWie2
... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...