am 21.10.2024 15:04
Guten Tag,
ich bin Langfrist-Wertpapiersparer. Wenn ich einen ETF z.B. 20 Jahre halte und weiter bespare und dann mit sagen wir 67 Jahren verkaufe, werden auf den Gewinn eine Menge Steuern fällig. Diesen Abzug könnte ich doch dadurch verringern, dass ich immer mal wieder (einmal im Jahr oder alle zwei Jahre), Anteile verkaufe und dann sofort wieder kaufe, denn dann fallen die Steuern bei jedem Verkauf an, aber immer nur auf den Teil des Gewinns, der über meinen Freibetrag von 1000 € für das Jahr des Verkaufs hinausgeht.
Das Verkaufen und Kaufen kostet mich zwar auch etwas, nämlich den Spread und Transaktionsgebühren, aber das exponentielle Anwachsen meines Vermögens wird dadurch ja nicht gestört.
Sind meine Überlegungen richtig, oder mache ich hier einen Denkfehler oder feht mir eine Information, die mich zu falschen Schlussfolgerungen führt?
Vielen Dank.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 21.10.2024 18:20
Um zu berechnen, wie viel aus den Depots entnommen werden muss, um nach Steuern 1.000 Euro zu erhalten, schauen wir uns die steuerlichen Auswirkungen auf die beiden Depots an (wurde von KI berechnet).
Die Kapitalertragssteuer beträgt in Deutschland 25 %, dazu kommen Solidaritätszuschlag (5,5 % der Steuer) und ggf. Kirchensteuer, die wir hier aber vernachlässigen, um die Rechnung zu vereinfachen.
Gewinn pro Anteil: 150 €
Steuer pro Anteil: 25 % von 150 € = 37,50 €
Solidaritätszuschlag: 5,5 % von 37,50 € = 2,06 €
Gesamte Steuer pro Anteil: 37,50 € + 2,06 € = 39,56 €
Nach-Steuer-Ertrag pro Anteil: 250 € - 39,56 € = 210,44 €
Um 1.000 € nach Steuern zu erhalten, muss man berechnen, wie viele Anteile verkauft werden müssen:
Gewinn pro Anteil: 50 €
Steuer pro Anteil: 25 % von 50 € = 12,50 €
Solidaritätszuschlag: 5,5 % von 12,50 € = 0,69 €
Gesamte Steuer pro Anteil: 12,50 € + 0,69 € = 13,19 €
Nach-Steuer-Ertrag pro Anteil: 250 € - 13,19 € = 236,81 €
Um 1.000 € nach Steuern zu erhalten, berechnen wir wieder die erforderliche Anzahl der Anteile:
Um 1.000 € nach Steuern zu erhalten, musst du aus dem älteren Depot 1 (mit höheren Kursgewinnen) etwa 0,53 Anteile mehr verkaufen als aus dem neueren Depot 2, weil die Steuerlast bei Depot 1 höher ist. Also 12,6% mehr Anteile verkaufen. Die 0,53 Anteile können weiter für dich im Depot arbeiten.
21.10.2024 18:31 - bearbeitet 21.10.2024 18:33
Deine Strategie funktioniert im Prinzip genauso wie das Beispiel mit dem Wechsel des ETFs oder dem Nutzen mehrerer Depots, nur dass du den Sparer-Pauschbetrag (die 1.000 €) nutzt, um schrittweise Altbestände steuerfrei abzubauen.
Durch den jährlichen Verkauf von älteren ETF-Anteilen, die dank FIFO zuerst zur Steuerberechnung herangezogen würden, und das anschließende Reinvestieren in neue Anteile, bei denen der Kursgewinn geringer ist, kannst du langfristig die Steuerlast optimieren. Diese Methode erlaubt es dir, die Steuerfreiheit durch den Freibetrag gezielt zu nutzen und die Kursgewinne im Depot zu "resetten", ähnlich wie in meinem Beispiel, aber eben in einem kleineren, kontinuierlichen Rahmen.
am 21.10.2024 20:12
Hier wäre die praktische Schwierigkeit, herauszufinden, wie viel Gewinn man angesammelt hat. Wenn es dauernd Zu- und manchmal auch Abflüsse gibt und das FiFo-Prinzip gilt, dann habe ich keinen Überblick, wie viel Steuern ich bei welchem Verkauf zahlen müsste oder wie viel ich maximal verkaufen darf, um unter 1000 € zu bleiben.
am 21.10.2024 20:20
@Bobo schrieb:Hier wäre die praktische Schwierigkeit, herauszufinden, wie viel Gewinn man angesammelt hat. Wenn es dauernd Zu- und manchmal auch Abflüsse gibt und das FiFo-Prinzip gilt, dann habe ich keinen Überblick, wie viel Steuern ich bei welchem Verkauf zahlen müsste oder wie viel ich maximal verkaufen darf, um unter 1000 € zu bleiben.
Nicht bei der Comdirect.
Dafür gibt es hier die Steuersimulation. 🙂
Wenn du 1000 Stücke im Depot hast brauchst du maximal 10 Versuche bis du die passende Stückzahl hast.
Allerdings bin ich nicht sicher ob die Vorabpauschale da richtig eingerechnet wird.
am 21.10.2024 21:49
Zumindest bei der comdirect hilft hier doch die Steuersimulation, oder? Damit kann ich zum Jahresende - wenn der Freibetrag noch nicht ausgeschöpft ist - herausfinden, wieviel ETF-Anteile ich sinnvollerweise noch verkaufen und wieder kaufen sollte.
Grüße,
Andreas
am 21.10.2024 23:43
@Silver_Wolf schrieb:Allerdings bin ich nicht sicher ob die Vorabpauschale da richtig eingerechnet wird.
Wird sie derzeit tatsächlich nicht, was den Wert der Steuersimulation für ETF-Anlagen doch spürbar verringert.
Dieser Makel wird mit wachsender Haltedauer natürlich immer größer, da die Summe über alle Jahre immer weniger vernachlässigbar wird.
Folglich müsste entweder die comdirect die Steuersimulation mal an die heute gültige Gesetzeslage anpassen.
Oder man beißt in den sauren Apfel und baut sich selber was in Excel auf. So richtig Spaß macht das natürlich nicht, aber man macht es ja nur einmal, kann es auch für solche Banken nutzen, die gar keine Steuersimulation haben und finanziell ist es auch noch für einen guten Zweck.
Der Winter steht ja vor der Tür...
am 22.10.2024 00:25
@GetBetter schrieb:
@Silver_Wolf schrieb:Allerdings bin ich nicht sicher ob die Vorabpauschale da richtig eingerechnet wird.
Wird sie derzeit tatsächlich nicht, was den Wert der Steuersimulation für ETF-Anlagen doch spürbar verringert.
Dieser Makel wird mit wachsender Haltedauer natürlich immer größer, da die Summe über alle Jahre immer weniger vernachlässigbar wird.
Folglich müsste entweder die comdirect die Steuersimulation mal an die heute gültige Gesetzeslage anpassen.
Oder man beißt in den sauren Apfel und baut sich selber was in Excel auf. So richtig Spaß macht das natürlich nicht, aber man macht es ja nur einmal, kann es auch für solche Banken nutzen, die gar keine Steuersimulation haben und finanziell ist es auch noch für einen guten Zweck.
Also mir hat das Spaß gemacht. 🙂
Auch wenn ich einige Wochen gebraucht habe bis die Tabelle wirklich perfekt war.
Aber ich finde es doch sehr befriedigend zu sehen daß die von mir berechnete VAP auf den Cent genau der Betrag ist den die Bank versteuert hat.
am 02.11.2024 15:19
Hallo nochmal,
zwar ist das Thema eigentlich abgeschlossen, aber nun ist mir noch etwas eingefallen: Ich habe mit den Dividendenzahlungen eines ausschüttenden ETFs meinen Freibetrag schon ausgeschöpft. Es ist doch richtig, dass Dividenden steuerlich ebenso als Erträge aus Kapitalanlagen betrachtet werden wie Erträge aus Verkäufen, oder? Und wenn das so ist, dann würde mir der Verkauf und sofortige Neukauf von ETF-Anteilen gar nichts bringen, weil die Dividenden meinen Freibetrag schon aufgebraucht haben.
Viele Grüße,
Bobo
am 02.11.2024 15:41
@Bobo schrieb:Es ist doch richtig, dass Dividenden steuerlich ebenso als Erträge aus Kapitalanlagen betrachtet werden wie Erträge aus Verkäufen, oder?
i.d.R. ja
Und wenn das so ist, dann würde mir der Verkauf und sofortige Neukauf von ETF-Anteilen gar nichts bringen,
i.d.R. nein. 'gar nichts' ist falsch. Du hast trotzdem den Schutz vor in der Zukunft steigenden Steuern.
am 02.11.2024 19:24
am 02.11.2024 19:24
Wie @dg2210 es schrieb: Nichts ist falsch. Es hängt immer von der persönlichen Situation ab. Ich habe auch schon Transaktionen durchgeführt, um meine persönliche Steuerlast im betreffenden Jahr zu reduzieren. Ob es Sinn macht, kannst nur Du beurteilen.