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ETFs regelmäßig verkaufen und kaufen, um Steuern zu sparen?

Bobo
Experte
95 Beiträge

Guten Tag,

 

ich bin Langfrist-Wertpapiersparer. Wenn ich einen ETF z.B. 20 Jahre halte  und weiter bespare und dann mit sagen wir 67 Jahren verkaufe, werden auf den Gewinn eine Menge Steuern fällig. Diesen Abzug könnte ich doch dadurch verringern, dass ich immer mal wieder (einmal im Jahr oder alle zwei Jahre), Anteile verkaufe und dann sofort wieder kaufe, denn dann fallen die Steuern bei jedem Verkauf an, aber immer nur auf den Teil des Gewinns, der über meinen Freibetrag von 1000 € für das Jahr des Verkaufs hinausgeht. 

Das Verkaufen und Kaufen kostet mich zwar auch etwas, nämlich den Spread und Transaktionsgebühren, aber das exponentielle Anwachsen meines Vermögens wird dadurch ja nicht gestört.

Sind meine Überlegungen richtig, oder mache ich hier einen Denkfehler oder feht mir eine Information, die mich zu falschen Schlussfolgerungen führt?

 

Vielen Dank. 

24 ANTWORTEN

dg2210
Legende
7.777 Beiträge

Steuern sind hochgradig individuell und Vorhersagen über die Zukunft sind schwierig.

 

Ich mache es ähnlich wie von dir beschrieben, aber verkaufe grundsätzlich alles im Dezember.

Bettina Orlopp : „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ (Focus online 24.06.2025)

Fix1
Experte ★★★
523 Beiträge

Hallo @Bobo 

 

vom Grundstz her passt das, was du sagst.

 

Allerdings möchte ich noch zwei Dinge zu bedenken geben. Unterschätz zum einen bitte nicht den Spread. Jedes Jahr ein paar Zehntel oder Hundertstel Prozent macht in Summe später schon eine Menge aus.

 

Zum anderen -  und das ist viel wichtiger - sind Steuern besser, je weiter man sie in die Zukunft schieben kann. Wenn deine Gewinne immer unterhalb der 1.000 € bleiben, ist das irrelevant. Aber immer dann, wenn du darüber bist, zahlst du Jahr für Jahr mehr oder weniger Steuern. Nun kann man sagen: "Das ist ja nicht schlimm , denn irgendwann muss ich den Gewinn ja ohnehin versteuern. Dann kann ich das auch jetzt schon machen!" Das ist ein Trugschluss! Es ist zwar vom Grundsatz her natürlich richtig. Aber egal ist das definitv nicht.

Denn in dem Moment, in dem ich Steuern an das Finanzamt bezahle, kann dieses Geld nicht mehr für mich arbeiten. Es ist weg. Ich verzichte also insoweit auf den geilen Zinseszinseffekt. Und wie wir alle wissen, ist das ein exponentielles Wachstum, dessen Gewichtigkeit wir sehr oft gravierend unterschätzen.

Das ist übrigens unter anderem auch der Grund, warum der Gesetzgeber die Vorabpauschale eingeführt hat. Er will den Steuerpflichtigen nicht ein zinsloses Darlehen gewähren.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.

Lukas

dg2210
Legende
7.777 Beiträge

@Fix1  schrieb:

 

Zum anderen -  und das ist viel wichtiger - sind Steuern besser, je weiter man sie in die Zukunft schieben kann.

 Das gilt nur, wenn der Steuersatz in Zukunft sinkt oder zumindest nicht stark steigt.

Es ist besser, heute 25% zu zahlen als nächstes Jahr 35% abzudrücken.

Bettina Orlopp : „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ (Focus online 24.06.2025)

Fix1
Experte ★★★
523 Beiträge

Weißt du genaueres?

ComD
Autor ★★★
65 Beiträge

Ich sehe mehr Optimierungspotential in einem Zweitdepot oder ETF Wechsel. Statt Freistellungsaufträge zu jagen. Die Fifo-Methode Überlegung bezieht sich auf die steuerliche Optimierung beim Verkauf von ETF-Anteilen und die Anwendung der "First in, First out" (FIFO)-Methode, die bestimmt, dass die zuerst gekauften Anteile auch als erste verkauft werden. Um dies gezielt zu steuern, könnte man durch das Anlegen mehrerer Depots oder das regelmäßige Wechseln von ETFs die Steuerlast optimieren.

Lass uns das Ganze mit einem Beispiel durchgehen:

Ausgangssituation

  • Du kaufst regelmäßig Anteile eines thesaurierenden ETFs (d.h. Gewinne werden nicht ausgeschüttet, sondern im ETF reinvestiert).
  • Über die Zeit entstehen Kursgewinne, die beim Verkauf versteuert werden müssen (in Deutschland mit der Abgeltungsteuer von 25 % auf Kursgewinne plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer).

Beispiel 1: Kauf über einen längeren Zeitraum

  • 2010: Du kaufst 100 Anteile des ETFs zu 100 € pro Anteil.
  • 2020: Du kaufst weitere 100 Anteile des gleichen ETFs zu 200 € pro Anteil.

Nun möchtest du 2024 Anteile verkaufen, um etwas Kapital freizusetzen. Da FIFO angewendet wird, werden die ersten 100 Anteile, die du 2010 zu 100 € gekauft hast, als erste verkauft. Wenn der Kurs des ETFs jetzt bei 250 € pro Anteil steht, hast du pro Anteil einen Gewinn von 150 € (250 € - 100 €). Das bedeutet, dass du für 100 verkaufte Anteile insgesamt 15.000 € Gewinn versteuern musst.

Beispiel 2: Ein zweiter ETF alle 10 Jahre

Statt regelmäßig in denselben ETF zu investieren, entscheidest du dich alle 10 Jahre einen neuen, ähnlichen ETF ins Depot zu nehmen. Dies könnte wie folgt aussehen:

  • 2010: Kauf von 100 Anteilen eines ETF A zu 100 € pro Anteil.
  • 2020: Kauf von 100 Anteilen eines neuen ETFs B zu 200 € pro Anteil.

Wenn du 2024 Liquidität brauchst und dich entscheidest, Anteile von ETF B zu verkaufen, dann bezieht sich der FIFO-Verkauf nur auf diesen ETF. Du verkaufst dann Anteile, die du für 200 € pro Stück gekauft hast, und wenn der Kurs 250 € ist, hast du nur einen steuerpflichtigen Gewinn von 50 € pro Anteil. Insgesamt also nur 5.000 € Gewinn, den du versteuern musst, was zu einer deutlich geringeren Steuerlast führt als im ersten Beispiel.

Beispiel 3: Zweites Depot

Alternativ könntest du ein weiteres Depot eröffnen:

  • Depot 1 enthält alle Käufe aus den Jahren 2010 bis 2020.
  • Depot 2 enthält alle Käufe ab 2020.

Da die Steuerlast immer nach dem FIFO-Prinzip des jeweiligen Depots berechnet wird, kannst du auch hier gezielt steuern, welche Anteile du verkaufst, indem du nur aus dem neuen Depots entnimmst.

meine persönliche Meinung, keine Anlageberatung!

Morgenmond
Mentor ★★★
2.411 Beiträge

@Bobo  schrieb:

Guten Tag,

 

ich bin Langfrist-Wertpapiersparer. Wenn ich einen ETF z.B. 20 Jahre halte  und weiter bespare und dann mit sagen wir 67 Jahren verkaufe, werden auf den Gewinn eine Menge Steuern fällig. ...

 

 


Hi @Bobo 

Ist dieses Szenario denn tatsächlich lebensecht ?

Warum soll man, nur weil man z.B. in Rente geht, komplett sein Depot auflösen ?

Die Realität ist doch eher, dass man dann soviel Anteile verkauft wie man gerade Geld braucht.

Ansonsten sind aber deine Annahmen m.M.n. korrekt.

 

Gruß Morgenmond

ComD
Autor ★★★
65 Beiträge

Das Szenario, in dem man sein gesamtes Depot auflöst, ist tatsächlich eher selten und entspricht oft nicht der Realität. In der Praxis verkaufen viele Anleger, insbesondere im Ruhestand, nur so viele ETF-Anteile, wie sie gerade benötigen, um ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Das erlaubt ihnen, weiterhin von der Wertsteigerung des restlichen Depots zu profitieren.

 

Allerdings war mein Beispiel mehr dazu gedacht, die steuerlichen Auswirkungen eines Verkaufs in der Entsparphase zu verdeutlichen. Dabei geht es nicht zwingend um die komplette Auflösung eines Depots, sondern um die Optimierung der Steuerlast bei einzelnen Verkäufen. Durch gezielte Verkäufe von Anteilen, die geringe Kursgewinne erzielt haben (z.B. durch die Nutzung mehrerer Depots oder verschiedener ETFs), kann man die Steuerlast reduzieren.

Deine Annahme, dass in der Realität eher Teilverkäufe stattfinden, ist absolut korrekt und gängige Praxis. Bei einem komplettverkauf wird die totale Steuerlast gleich groß sein. Es wird bei einem Komplettverkauf ja auch die alten und neuen Bestände verkauft.

Bobo
Experte
95 Beiträge

Danke für die Ideen mit anderen ETFs bzw. einem zweiten Depot. Nur habe ich noch eine Nachfrage. In deinem Beispiel 2 musst du doch irgendwann auch ETF A zumindest in Schritten verkaufen, und dann holen dich die Steuern wieder ein, auch wenn du 2024 mit ETF B Steuern sparen konntest. Bringt diese Variante mit den zwei ETFs dann wirklich einen Vorteil? Ich meine die Gewinne in ETF A wachsen doch immer weiter und damit die Steuern, die auf den Verkauf anfallen. 

Lars123
Experte ★★
392 Beiträge

@ComD  schrieb:

Ich sehe mehr Optimierungspotential in einem Zweitdepot oder ETF Wechsel. Statt Freistellungsaufträge zu jagen. .....


 

Aber was spricht denn, mal abgesehen natürlich von Transaktionskosten, dagegen, sicherzustellen, dass man jährlich auch wirklich seinen Freistellungsauftrag vollständig nutzt? Heißt ja nicht, dass man nicht auch andere Optimierungen vornehmen kann. Aber der Freibetrag wird einem jedes Jahr einmal "geschenkt" und man kann ihn halt nur einmal in dem entsprechenden Jahr nutzen und nicht in die Zukunft übertragen.

 

Wenn man in einem Jahr mehr Gewinn ansammelt, als der Freibetrag hergibt, dann verkauft man im Dezember natürlich nur so viel, wie der Freibetrag noch hergibt. Der Rest bleibt unangetastet, damit die Gewinne steuergestundet (abzüglich der Vorabpauschale) weiter Zinseszinsen bringen können.