05.06.2020 17:11 - bearbeitet 05.06.2020 17:15
Liebe Community,
ich habe ein akutes Problem und hoffe, dass mir vielleicht einer der erfahrenen Börsenprofis von Euch einen Rat geben kann.
Ich wurde vor gut 30 Minuten bei Lang&Schwarz hinsichtlich meiner kleinen Position der Aktie von United Airlines (A1C6TV) bei einem Kurs von 38,80 Euro ausgestoppt.
Das Stop-Loss-Limit hatte ich erst im Laufe des heutigen Tages aufgrund der aktuellen Kursentwicklung (-dummerweise-) auf 38,94 angepasst.
Dieser Kurs wurde laut dem heutigen Kursverlauf von Lang&Schwarz um diese Uhrzeit (15:58) jedoch gar nicht erreicht. Alle unmittelbaren Trades vor und nach mir lagen auf einem völlig anderen Niveau.
Da ich die Aktie bei rund 22 Euro gekauft habe, habe ich zwar keinen Verlust gemacht, dennoch ärgert es mich, dass die Aktie zu diesem Zeitpunkt augenscheinlich unter Wert verkauft wurde.
Was tue ich in so einem Fall? An welche Stelle der Comdirect wende ich mich am besten? Kann man da überhaupt etwas rückgängig machen oder anpassen?
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So hatte ich diesen Thread ursprünglich begonnen. Als ich nun jedoch noch einmal die aktuellen Kurse auf yahoo finance gecheckt habe, wird exakt für 9:58 AM das niedrigste Kursniveau des Tages bei 43,87$ (38,84€) notiert.
Wenn ich den Chart und die Informationen richtig interpretiere, hat es für den Bruchteil einer Minute also tatsächlich so einen gewaltigen Rücksetzer gegeben, oder? Woran kann soetwas liegen? Eigentlich ja nur an einer sehr großen Position, die auf einmal abgestoßen wird, nicht wahr?
Was würdert Ihr mir raten? Das Ganze als Lerneffekt verbuchen und sich beim nächsten Mal mehr Gedanken über den Stop-Loss machen? Sich über den netten Gewinn freuen und die Füße einfach stillhalten? (Ob der Kurs sein Niveau halten kann, ist ja ohnehin fraglich)
Offen gesagt, scheinen mir mit Blick auf den Chart von yahoo finance die Hände ja ohnehin gebunden zu sein, da es diesen Kursrücksetzer ja anscheinend wirklich ab.
Ich wäre wirklich sehr denkbar, wenn jemand, der mehr Erfahrung im Börsenhandel als ich hat, mir eine kurze Analyse des Geschehens geben sowie die Lehren, die ich daraus ziehen sollte, nennen würde.
Beste Grüße und vorab vielen Dank an diejenigen, die sich die Zeit für eine Antwort nehmen.
Martin
PS: Zum besseren Verständnis hänge ich drei Screenshots an: den Kursverlauf bei Lang&Schwarz, die ausgeführte Order im Depot und den Kursverlauf bei yahoo finance.
05.06.2020 18:17 - bearbeitet 05.06.2020 18:18
05.06.2020 18:17 - bearbeitet 05.06.2020 18:18
Ausreisser nach oben oder unten gibt es immer wieder - gerade in volatilen Zeiten wie diesen. Wichtig ist, daß bei Lang & Schwarz alles korrekt gewesen ist. Verhindern kann man so etwas im Grunde nur, indem man ohne Stopps arbeitet.
05.06.2020 18:23 - bearbeitet 05.06.2020 18:27
Liebe Community,
nachdem ich die ganze Sache nun schon ein paar Minuten habe sacken lassen, sind mir die eigenen Fehler eigentlich offensichtlich bzw. mein Handeln selbst in gewissen Maße verständlich, sodass es mir fast peinlich ist, diesen Thread überhaupt erstellt zu haben - kann man diesen irgendwie löschen?
Zum einen habe ich mich vollkommen vom Kursgeschehen heute vormittag in Deutschland und der Eröffnung in den USA leiten lassen, ohne wirklich nachzudenken. Dementsprechend hätte ich den ursprünglichen Stop-Loss, den ich gestern eingerichtet und mit dem ich mich eigentlich wohlgefühlt habe, bei 29,94 belassen sollen. Bei der akutellen Votalität des Marktes sind größere Schwankungen ja nichts ungewöhnliches.
Der eigentliche Fehler liegt aber wahrscheinlich bereits im Kauf der Aktie. Da ich prinzipiell anlegen und nicht spekulieren möchte, waren die Anteile an United Airlines von Beginn an nicht für die Dauer bestimmt. Ich habe zunächst nur den niedrigen Kurs gesehen und mir dann ausgemalt, wo ein kleines Investment von 200 Euro beim ursprünglichen Kursverhältnis landen könnte - das war zu kurz gedacht.
Letztlich habe ich mich aufgrund der Unsicherheit der Flugbranche, die m. E. immer noch besteht, da eine zweite Corona-Welle nicht auszuschließen ist, von Anfang an nicht wohl bei der Sache gefühlt. Zumal die Fluggesellschaften wohl noch mehrere Jahre mit der Sanierung zu kämpfen haben, sollte das Fluggastaufkommen überhaupt wieder das ursprüngliche Niveau erreichen.
Der richtige Weg, zumindest denke ich das, wäre also gewesen, mir ein klares Kursziel zu setzen und bei Erreichen dieses Kursziels wieder auszusteigen. Da ich beim Stop-Loss von 30 Euro ja auch keinen Verlust eingefahren hätte, hätte ich mir die Sache auch noch in Ruhe weiter anschauen können - an dieser Ruhe hat es aber eben gemangelt.
An sich hätte ich womöglich auch bereits in dem Moment, als ich gemerkt habe, dass ich mich mit der Aktie unwohl fühle, aussteigen sollen. Oder eben zumindest so konsequent sein, einen direkten Verkauf zu tätigen - heute Morgen hätte es sich bei einem Kurs von rund 43 Euro ja angeboten.
Da der Kurs vor einigen Minuten ohnehin wieder unter den unglücklich gewählten Stop-Loss gefallen ist, hat sich die Sache nun auch für mich gefühlt erledigt. Am Ende bleiben ja immer noch ca. 140 Euro Nettogewinn mit einem Investment, das aufgrund persönlicher Veranlagung von vornherein ein Fehler war.
Fazit: Schuster bleib bei deinen Leisten, d. h. ETFs und Standardwerten.
Beste Grüße
Martin
05.06.2020 18:29 - bearbeitet 05.06.2020 18:30
05.06.2020 18:29 - bearbeitet 05.06.2020 18:30
@Vagabond2020 schrieb:Fazit: Schuster bleib bei deinen Leisten, d. h. ETFs und Standardwerten.
Nein, das Fazit ist falsch. Das richtige Fazit lautet: Aus Fehlern lernt man.
Gutes Gelingen! Und hey, Fehler mit Gewinn sind doch die Schönsten ![]()
Aber auch die Gefährlichsten.
05.06.2020 18:32 - bearbeitet 05.06.2020 18:33
05.06.2020 18:32 - bearbeitet 05.06.2020 18:33
Prinzipiell hast Du nichts falsch gemacht. Bei Stopps funktioniert es eben so.
Ich würde jedoch nicht mit solchen Minipositionen arbeiten. Unter Kostengesichtspunkten macht das keinen Sinn. Das ist in meinen Augen der eigentliche Fehler.
am 05.06.2020 18:57
Hallo @TeePee und @ehemaliger Nutzer,
habt vielen Dank für Eure Rückmeldungen! Gelernt habe ich tatsächlich einige Dinge! Als frischer Börsenneuling - habe erst im Januar dieses Jahres mit meinem ersten ETF-Sparplan angefangen - bin ich in Bezug auf viele Dinge einfach noch zu aufgeregt und nicht abgeklärt genug. Anstatt rationale Entscheidungen zu treffen, lasse ich mich sehr von meiner Intuition und meinen Gefühlen leiten.
Was die Positionsgröße von knapp 200 Euro betrifft, stimme ich unter normalen Marktverhältnissen auf jeden Fall zu. Um mir größere Positionen aufzubauen, habe ich daher neben meinen ETFs auch Aktiensparpläne laufen. In der aktuellen Situation habe ich Mitte März und Anfang April aber die Chance gesehen, auch als kleiner Anleger, dem nicht sonderlich viel Kapital zur Verfügung steht, einige kurzfristige Renditen zu erwirtschaften.
Viele Einzelpositionen, die ich gekauf habe, waren zu dem Zeitpunkt deutlich unterbewertet und haben mir im Durchschnitt mittlerweile über 30 Prozent (Buch)gewinn eingebracht. Klar gehen da beim Kauf und Verkauf noch die Ordergebühren ab (aktuell noch 3,90 Euro pro Trade plus eventuelle Clearstream-Gebühren etc.), im Schnitt bleiben da pro Investment aktuell aber immer noch 50 Euro über, wenn ich sie verkaufen würde - bei einigen Werten wie Disney oder der Allianz sogar deutlich mehr.
Für diejenigen, die nur wenig Kapital haben und eine kurzfristige Rendite wollen, hat sich die aktuelle Krise daher meines Erachtens als Glücksfall herausgestellt. So habe ich bei einem weiteren Einbruch oder eben in Form meiner gewohnten Sparpläne nun die Möglichkeit, deutlich mehr Kapital, das ich kurzfristig gewonnen habe, auf lange Sicht zu investieren. Außerdem konnte ich einige Sparplan-Werte günstig zukaufen.
Beste Grüße
Martin
am 05.06.2020 19:10
@Vagabond2020 schrieb:[...] sodass es mir fast peinlich ist, diesen Thread überhaupt erstellt zu haben - kann man diesen irgendwie löschen?
Iwo, muss Dir nicht peinlich sein!
Solche (oder ähnliche) Fehler hat jede:r hier gemacht. Und die es bestreiten, wollen es nur nicht zugeben ![]()
Deswegen ausdrücklich Danke für den Thread, er hat unser Forum bereichert!
Problematisch wird es nur dann, wenn Du den selben Fehler zweimal machst ![]()
Grüße und schönes Wochenende,
Andreas
am 05.06.2020 22:23
@Vagabond2020 kleine Anmerkung: Allianz und Disney bitte einfach die nächsten 30 oder 40 Jahre laufen lassen. Sind beides Titel die in die Reihen des Valueinvesting, auch Buy and Hold, gehören. Bereiten mir Freude, werden sie dir sicherlich auch. Zwar nicht mit mega krassen Kursgewinnen (warte nur ab bis die Themenparks öffnen, ui :D) wie Tesla, aber auch mit Dividenden 🙂
Ansonsten alles okay, hast Gewinn gemacht und gelernt. Meine ersten Aktien waren ein Reinfall - kann also anders laufen 😄
am 06.06.2020 09:11
habt vielen Dank für Eure netten Kommentare! Ich bin immer wieder überrascht, wie toll der Umgang in diesem Forum ist! ![]()
Disney und die Allianz sind auf jeden Fall zwei Fälle, die ich - im Gegensatz zu United Airlines - von vornherein längerfristig im Depot liegen haben wollte. Hier scheue ich mich nun aber noch, Aktiensparpläne aufzusetzen, da der aktuelle Kurs bereits deutlich gegenüber meinem Kaufkurs gestiegen ist und ich das Gefühl habe, mit monatlichen Zukäufen den guten Einstiegskurs unnötig nach oben zu verwässern. Bei der Allianz kommt außerdem noch das Namensaktienproblem dazu, was eine monatliche Ausführung von 50 Euro unsinnig macht, da dann jeweils die 0,95 Euro Umschreibeentgelt anfallen würden.
Wie würdet Ihr konkret in Bezug auf die beiden Aktien verfahren? Rücksetzer halte ich im Falle von Disney durchaus für möglich, sofern aufgrund einer zweiten Corona-Welle die Parks wieder schließen müssten, die Kreuzfahrtschiffe noch länger in den Häfen liegen würden und die Filmproduktion aufgrund der geschlossenen Kinos nicht wieder aufgenommen werden könnte. Meines Erachtens ist der Kurs hier ohnehin bereits wieder zu stark angezogen und beinhaltet sehr viel Optimismus.
Die Situation bei der Allianz kann ich für mich nicht so gut beurteilen. Aktuell versucht man sich ja noch um Zahlungen an Versicherte im Kontext von Corona zu drücken. Sollten hier Gerichte in den nächsten Monaten entsprechende Urteile gegen den Versicherer fällen, könnte es mit dem Kurs auch noch einmal deutlich nach Süden gehen. Eine vierteljährliche Sparrate von 200 Euro sollte daher gut überlegt sein, gezielte Zukäufe wären wahrscheinlich sinnvoller.
Wie immer wäre ich für Eure Meinung sehr dankbar!
Beste Grüße
Martin
am 06.06.2020 11:35
Du hast das schon sehr gut zusammen gefasst. Aktiensparplan birgt die Gefahr der Namensaktiengebühr, deswegen eher höhere Beträge in großeren Abständen. Wenn Du regelmäßig sparst, ist es dann aber wurscht zu welchem Zeitpunkt Du einsteigst.
Die Aktienprofis werden vermutlich sagen, wenn Du eine b&h-Strategie verfolgst, gibt es keinen wirklich falschen Einstiegszeitpunkt (auch bei Einmalanlagen).
Grüße,
Andreas