Anfänger: thesaurierend vs. ausschüttend i.V.m. Sparerpauschbetrag

[Marvinjo92]

Hallo ihr Lieben,

ich bin gestern Abend/Nacht auf eure Community gestoßen und bin begeistert. Hier sind echt einige wirklich tolle Charaktere unterwegs die ständig Anfängern wie mir helfen. Respekt dafür! Gestern Nacht habe ich mir bis 3 Uhr morgens etliche Beiträge durchgelesen und bin meines Erachtens schon ein ganzes Stück weiter gekommen mit dem Gesamtverständnis.

An einigen Stellen komme ich leider nicht weiter und bitte euch um Hilfe.

Zu meiner Situation: Ich habe momentan 3 ETF-Sparpläne, alle thesaurierend und mit folgender Gewichtung: 70% MSCI World (Sparrate 520,00) , 15% Euro Stoxx 600 (Sparrate aufgerundet 115,00 Euro) und MSCI EM (Sparrate aufgerundet  115,00 Euro). Aktueller Depotwert ca. 8.000,00 Euro. Ziel: 15-20 Jahre Anlagezeitraum. SPB 1.602,00 Euro (verheiratet).

Meine Frage beziehen sich hauptsächliche auf die nächsten sinnvollen Schritte sowie einige Fragen zum Thema Steueroptimierung.

Ich stelle einfach mal meine Fragen:

1. Ich habe folgenden Plan: Einmalig in den sauren Apfel beißen und alle Sparpläne beenden und verkaufen. Den Gesamtwert in den Vanguard FTSE All World stecken (welcher kommt später). Sparrate monatlich 750,00 Euro. Ich sehe für mich folgende Vorteile: Rebalancing nicht notwendig, bei Kauf/Verkauf nur einen ETF und somit weniger Kosten sowie weniger "Verrücktmacherei" wegen korrekter Gewichtung. Mir ist soweit klar, dass ich zwar mehr rausholen könnte, aber das ein guter Mittelweg ist. Könnt ihr das soweit bestätigen oder bin ich auf dem falschen Weg?

2. Thesaurierend oder ausschüttend. Ohne zu tief in die Materie zu versinken. Soweit ist mir klar, dass der ausschüttende ETF zu Beginn grundsätzlich sinnvoller ist, weil die Dividenden direkt mit dem Freibetrag abgedeckt sind.  Auf einen thesaurierenden ETF sollte dann später umgestellt werden.

Rein logisch betrachtet lässt man doch aber beim ausschüttenden ETF dennoch einiges an Potential liegen, weil nur die Dividende automatisch vom Pauschbetrag abgedeckt ist. Oder? D.h. die Kursteigerung ist, wie beim thesaurierenden ETF weiterhin nicht abgedeckt und könnte lediglich voll genutzt werden, wenn man am z.B. am Jahresende verkauft und einkauft. Somit kann ich den auch nicht einfach liegen lassen und müsste auch einen jährliche Verkauf/Kauf tätigen um den SPB auszuschöpfen. Ist mein Verständnis korrekt?

3. Wäre es somit richtig zu sagen, dass die Ausnutzung des SPB sowohl mit dem ausschüttenden sowie dem thesaurierenden ETF gleichermaßen gut ausgenutzt werden kann?.

D.h. im Optimalfall:

- ausschüttender ETF: SPB abzgl. Rendite = Rest SPB abzgl. Gewinn aus Verkauf/Einkauf = 0

- thesaurierender ETF: SPB abzgl. Gewinn aus Verkauf/Einkauf = 0

4. Bei der "Verkauf/Kauf Methode" z.B. beim thesaurierenden ETF habe ich soweit verstanden, dass es sich nur lohnt wenn die eingesparte Steuer die Kosten des Verkaufes übersteigen (Zinseszins der Kosten mit berücksichtigt). Die meisten von euch waren der Meinung das es sich langfristig dennoch lohnt die Steuer teilweise in Form von Gebühren jetzt zu tragen und dafür in 15-20 Jahren weniger zu versteuern (da neuer Kurswert bei Kauf). Das ist doch dann bei einem SPB von 1.602,00 Euro noch deutlicher klarer, dass es sich lohnt so vorzugehen, weil die Kosten beim Verkauf gleich bleiben, aber doppelt so viel SPB vorliegt. Ist das richtig?

5. Somit wäre es für mich einfacher den Vanguard FTSE All World als thesaurierenden ETF zu nehmen, weil ich dann nur einmal im Jahr einen Verkauf/Kauf durchführe und somit den SPB voll ausnutze. Wie seht ihr das? Spricht was dagegen?

6. Bei meinem aktuellen Depot ist der Vangaurd FTSE All World leider nicht kostenlos als Sparplan und kostet somit 1,5%. Ich finde 1,5% schon sehr viel und habe daher bisher nur kostenlose im Portfolio. Macht es Sinn den Anbieter zu wechseln um die 1,5% einzusparen, da ich sowieso NUR noch den ETF haben möchte ohne weiteres Handeln.

Ich bin euch jetzt schon sehr dankbar für eure Hilfe! 🙂 

LG,

Marvin

[dg2210]

Weil zu dem Thema wirklich schon alles gesagt ist, kann ich mich kurzfassen:

In deinem Beitrag fehlen wichtige Informationen, die du ergänzen solltest, z.B.

Im Jahre 2038 werde ich anfangen zu entsparen, zu diesem Zeitpunkt wird mein

Einkommensteuersatz X % betragen und ich werde immer noch verheiratet sein.

Der Sparerfreibetrag "C" nach der Investmentsteuerreform von 2035 wird

bei Y% liegen. u.s.w.

Den Rest deiner Fragen beantwortet die Suchfunktion.

[GetBetter]

Hallo @Marvinjo92  und herzlich willkommen.

Im Großen und Ganzen ist alles,  was Du geschrieben hast, richtig.

Einziger Punkt, bei dem ich etwas zucke:

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@Marvinjo92  schrieb:

5. Somit wäre es für mich einfacher den Vanguard FTSE All World als thesaurierenden ETF zu nehmen, weil ich dann nur einmal im Jahr einen Verkauf/Kauf durchführe und somit den SPB voll ausnutze. Wie seht ihr das? Spricht was dagegen?

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Im Grunde ist auch das richtig ... aber nur unter der Voraussetzung, dass überhaupt irgendetwas vorhanden ist, das Du mit Gewinn verkaufen kannst. Wenn die Kurse innerhalb eines Jahres mal nicht ausreichend angezogen haben (oder gesunken sind), dann stehst Du am Jahresende da und wirst den Freibetrag evtl. ungenutzt verfallen lassen müssen.

Jedes Verschieben einer Steuerschuld in die Zukunft ist immer mit den Risiko verbunden, dass sich rechtzeitig vorher die Steuergesetze ändern und der schöne Plan doch nicht aufgeht (siehe Beitrag von @dg2210).

Daher ist die goldene Devise: Nur was final eingefahren ist gehört Dir.

Persönlich würde ich daraus ableiten:

Die vorhandenen ETFs dürfen im Depot bleiben, weitere Sparraten wandern aber in einen oder mehrere ausschüttende ETFs. Die Ausschüttungen garantieren Dir zumindest eine Teilausnutzung des SPB.

Zur vollständigen Ausnutzung am Jahresende verkaufst Du ggf. Anteile der verbliebenen ETFs, die Weideranlage erfolgt aber in den/die Ausschütter.

Ob der neue ETF der All-World, eine Kombi entsprechend Deiner bisherigen Strategie oder noch was anderes wird, musst Du Dir al Besten selber überlegen. Da gibt es kein richtig oder falsch.

Wenn Du Deine damaligen Überlegungen weiterhin als richtig erachtest, dann bleibe bei 70:15:15, wenn Dir das Rebalancing etc. zu umständlich ist, dann ist auch gegen die 1-ETF-Lösung nichts einzuwenden.

[digitus]

Hallo @Marvinjo92, herzlich willkommen in unserer Krabbelgruppe,

@dg2210hat es bereits geschrieben: Uns fehlen ein paar Zusatzinformationen. Es gibt einen in der ETF-FAQ verlinkten Fragebogen, einige der Fragen hat du schon beantwortet - ich würde dich dennoch bitten ihn nochmal zu beantworten.

Grundsätzlich aber folgendes:

• ETFs nicht verkaufen, das kostet unnötig Gebühren. Du hast zwar keine WKNs genannt, aber es werden solide ETFs sein.
• Die Idee, bis zum Ausschöpfen des Sparerfreibetrages in einen Ausschütter zu sparen, ist gut und das solltest du auch so machen.
• Einfach ab sofort die komplette Sparrate in einen ausschüttenden All-World-ETF lenken. Du hast den Vanguard FTSE All World schon genannt; ich werfe hier immer den Vanguard Global All Cap ins Rennen.
• Wenn der Freibetrag ausgeschöpft ist, brauchst du die Thesaurierer nämlich dann wieder zum Weitersparen (Sparrate wieder umlenken, den Ausschütter liegen lassen)
• Ob du nun zu einem Marktbegleiter mit günstigeren Konditionen wechselst, liegt bei dir. Die Aktions-ETFs der comdirect können sich jederzeit ändern. Wenn du schon im Forum gelesen hast, wirst du feststellen, dass der Trend zum Zweit- oder Drittdepot geht.

Grüße,

Andreas

[KWie2]

Hallo,

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@Marvinjo92  schrieb:

5. Somit wäre es für mich einfacher den Vanguard FTSE All World als thesaurierenden ETF zu nehmen, weil ich dann nur einmal im Jahr einen Verkauf/Kauf durchführe und somit den SPB voll ausnutze. Wie seht ihr das? Spricht was dagegen?

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Genau so mache ich es jedenfalls, wenn auch mit dem All Caps.

Auch sonst sind Deine Überlegungen gut.

So muss beim Steuerspartipp zum Jahresende (steuerliche Optimierung zum Jahresende) bei marginalen Gewinnen natürlich die Steuerersparnis mit den aufgezinsten Gebühren ( oder ggf. Verlusten durch Spread) verglichen werden.

Du solltest hier vielleicht nicht Fragen, sondern beitragen...

Letzte Bemerkung:

Du brauchst nicht alles auf einmal zu verkaufen, wenn nach der Steuersimulation Euer Gewinn schon über dem Steuerfreibetrag liegt.

Die Steuersimulation in der Depotansicht hier hilft, ziemlich genau auf den Punkt zu kommen.

Gruß: KWie2

[Marvinjo92]

Hallo GetBetter,

ganz lieben Dank für deine Antwort. Sehr hilfreich!

Ich habe nicht an den Punkt gedacht, dass ein thesaurierender ETF ggf. in einem Jahr keine positive Wertentwicklung hat und ich somit den SPB gar nicht nutzen kann, aber der ausschüttende dennoch eine Dividende abwirft, mit der ich wenigstens teilweise SPB nutzen kann. 

Zum Thema Versteuerung: Das stimmt zwar, aber ich vermute, dass, sollte sich was an der Gesetzgebung ändern, es eher ungünstiger als günstiger für uns wird. So gesehen könnte man mit der verkaufen/kaufen Strategie nur verlieren, wenn der Steuersatz für ETF-Gewinne sinken sollte, oder?

Deine Vorgehensweise mit der Schrittweisen Veräußerung ist klasse. Das wird meine finale Strategie.

DANKE!

LG,

Marvin

[Marvinjo92]

Hallo KWie2,

besten Dank auch an dich! Die Strategie steht, aber ob ich nun final den Vanguard FTSE All World als ausschüttenden oder thesaurierenden ETF nehme .. ich weiß es noch nicht. Der Punkt von "GetBetter" ist schon richtig - sobald mal keine Kurssteigerung in einem Jahr vorliegt, habe ich den gesamten SPB verschenkt. Beim Ausschütter hingegen hat man dennoch eine Dividende und nutzt ihn wenigstens teilweise.

Nachteil: Ich muss vom SPB immer die Dividenden abziehen, damit ich weiß wie viel Luft ich noch für das verkaufe/kaufen am Jahresende habe.

LG,

Marvin

[HaBe]

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@Marvinjo92  schrieb:

Nachteil: Ich muss vom SPB immer die Dividenden abziehen, damit ich weiß wie viel Luft ich noch für das verkaufe/kaufen am Jahresende habe.

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Das brauchst Du nicht selber machen, da schaust Du einfach wenn es soweit ist unter Deinen Steuerdaten nach, da steht wieviel Freibetrag für das Jahr bereits verbraucht wurde.

[GetBetter]

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@Marvinjo92  schrieb:

Zum Thema Versteuerung: Das stimmt zwar, aber ich vermute, dass, sollte sich was an der Gesetzgebung ändern, es eher ungünstiger als günstiger für uns wird. So gesehen könnte man mit der verkaufen/kaufen Strategie nur verlieren, wenn der Steuersatz für ETF-Gewinne sinken sollte, oder?

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Ich kann zu den zukünftigen Steuergesetzen keine gute Prognaose abgeben. Im Koalitionsvertrag stehen dazu einige nebulöse Andeutungen, die auch einen weitreichenderen Umbau als das Schrauben am Steuersatz bedeuten könnten.

Eigentlich ist das aber gar nicht relevant, da Du durch den Verkaufen/Kaufen-Zyklus sicherstellst, dass Du die maximal möglichen Gewinne steuerfrei einfährst. Das sollte langfristig das Optimum sein. Das könnte nämlich nur übertroffen werden, falls Dir der Staat zukünftig noch was drauflegt und das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen (schon gar nicht für bereits vor einer Gesetzesänderung angelegte Beträge).

[ae]

Zu Deiner Frage wurde ja schon das Wichtige und Wesentliche hier erwähnt, darum erstmal herzlich willkommen in der Community @Marvinjo92 

Dein Plan zum weiteren Vorgehen  hört sich gut an (da haben die Vorschreiber gute Arbeit geleistet 🤗)

Persönlich würde ich zum Ausschütter (All World oder All Cap. Unterliegt Deinem Ermessen) raten, weil ich damit gute Erfahrungen machte. 

Ich hatte 70:30 Word:EM und bin auf All World umgestiegen. 
Den EM hab ich sofort per Einmalkauf als Startbeschleuniger in den FTSE All World (A1JX52 gesteckt, da der Gewinn und dementsprechend  die Steuern nicht der Rede wert waren, und der World dient mir als Optimierung der Ausnutzung des Steuerfreibetrages. Das war allerdings bisher noch nicht nötig, weswegen er immer noch im Depot verweilt ohne mich zu stören. 

gruss ae