Wo fährt gerade die schnellste Straßenbahn ?
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am 18.09.2021 02:37
Für viele deutsche Sparer dürfte eine Rendite von 10 - 15 % im laufenden Jahr eine ziemlich gute Nachricht sein. Sie würden vor Freude jubeln. Leider bleibt so eine Rendite im Nullzinsumfeld für die Meisten reine Utopie.
10 oder sogar 15 Prozent? Ungläubig staunen Sparbuchbesitzer und Börsianer. Beide wundern sich zwar, jedoch aus gegensätzlichen Überlegungen. Warum investiert der Börsianer nicht gleich in einen Fonds für weltweite Technologieaktien. Haben diese nicht im laufenden Jahr bereits das Doppelte erwirtschaftet! Oder in chinesische Technologiefirmen? Die haben zur Geburt des „Star-Markets“ (eine Art chinesischer Neuer Markt seit 2019) am ersten Handelstag im Schnitt um über 100% zugelegt. An einem Tag wohlgemerkt!
Was stören da moralische Bedenken gegenüber der kommunistischen Partei ? Nur weil Lehrbetriebe keinen Gewinn machen dürfen, oder Tech-Giganten ihre gesammelten Nutzerdaten frei zugänglich machen sollen?
Kinder nur noch Samstags sowie Sonntags je eine Stunde spielen dürfen.
Jetzt aber Leute, gegen Einwände dieser Moralapostel hilft notfalls sogar einer dieser langweiligen deutschen ETFs beim Geldverdienen. Immerhin beträgt das Durchschnitts-KGV beim DAX erst 15, während es beim Blick über den großen Teich dort schon 22 sind.
Gefährliche Renditejagd
Im Ernst, es findet sich also immer irgendwo ein noch höherer Gewinn als im eigenen Depot. Doch was heißt das schon? Als Anleger sollte man sich darüber klar sein, dass die meisten Menschen bei der Geldanlage von zwei Emotionen getrieben werden: Angst und Gier.
Während unser Finanzminister Herr Scholz aus Angst Fehler zu machen, seine vermeintlich sicheren Zinsanlagen predigt und dabei im Nullzinsumfeld sogar den schleichenden Verlust unseres Ersparten riskiert (derzeitige Inflationsrate 3,9%), kriegen andere den Hals nicht voll. Auf der Jagd nach noch mehr Rendite riskieren sie alles, bis hin zum Totalverlust.
Am 10. März 1997 startete beispielsweise der „Neue Markt“ (Nemax). Vorbild war die US-Technologiebörse Nasdaq, die damals dank New Economy bereits von Rekord zu Rekord eilte mit seinen ersten Unternehmen Bertrandt und Mobilcom. Im Oktober 2002 war der Index des Neuen Marktes auf seinem Tiefststand; die Aktionäre hatten seit März 2000 mehr als 200 Milliarden Euro verloren. Im Juni 2003 wurde der Handel eingestellt.
In diesen ersten Jahren jedoch, da war die Börse in Feierlaune – nur 15 Prozent waren da schon wie ein offen zur Schau gestelltes Kainsmerkmal mitten auf der Stirn. Nur 15 Prozent? Damit wurde man schon fast belächelt. Der Neue Markt lieferte derartige Gewinne schließlich in weniger wie einem Monat. In den 2000er Jahren wiederholte sich das gleiche aufgrund der temporär besseren Wertentwicklung erst von China-Aktien (2007), dann von Goldminen-Aktien (2011) sowie gefolgt von Öl-Aktien (2013). Vor zwei Jahren war es dann die Kursexplosion des Bitcoins, die Renditejäger dazu brachte, ihre Qualitätsaktien für vermeintlich bessere Renditechancen in Kryptoanlagen zu tauschen. Dazwischen waren es Seltene Erden und derzeit regnet es Wasserstoffaktien vom Himmel.
Den Weg zurück zu Qualitätsaktien haben die meisten dieser Glücksritter nicht wieder gefunden. Aber nicht, weil ihre Rechnung aufgegangen ist und sie mit ihren Anlagen nach wie vor Traum-Renditen einfahren. Sondern, weil sie auf der Suche nach maximaler Rendite ihren Einsatz verspielt, bzw. so hohe Verluste erlitten haben, dass sie Jahrzehnte brauchen werden, um diese auszusitzen. Wer die Entwicklung von Neuer Markt, Gold und Öl-Aktien kennt, wird eher auf letzteres tippen. Ob es beim Bitcoin oder Wasserstoff anders ausgehen wird, steht in den Sternen.
Wer auf jede Straßenbahn (Zitat Kostolanys) aufspringt, nur weil diese gerade schneller fährt als diese, in welcher man gerade sitzt, läuft Gefahr, in Kursblasen zu investieren und die Talfahrt beim Platzen voll mitzumachen. Wer natürlich glaubt, mit der neuerdings in diesem Bord so beliebten Wunderwaffe, dem ausgeklügelten Setzen von Stopkursen alle gefährlichen Klippen umschiffen zu können, und gefahrlos in den Hafen einlaufen zu können, leistet sich einen großen Irrtum.
Aber auch Qualitätsaktien sollte man nicht deshalb kaufen, weil sie im laufenden Jahr gerade um 10 oder 15% gestiegen sind, sondern weil man etwas Grundlegendes verstanden hat:
Dass man sich damit an erstklassigen Weltkonzernen beteiligt und so mit seinem Geld anstatt von kurzfristigen Börsentrends vom langfristigen Wachstum der Weltwirtschaft profitiert. Doch das ist eine ziemlich rationale Überlegung - und die fällt Renditejägern schwer. Denn Gier frisst bekanntlich auch Hirn.
Wie lautet ein bekanntes Zitat von Super-Investor Warren Buffett: „Der dümmste Grund eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie gerade steigt“.
Übrigens, ein ebenso dummer Grund eine Aktie zu kaufen ist, weil sie gerade so günstig ist. Auch „Wirecard“ dürfte sich in den Köpfen der Börsianer festgesetzt haben, denn Stopkurse haben nicht gegriffen. Als die Bilanzen nicht testiert wurden, wollte niemand mehr etwas mit dem Konzern zu tun haben, und der Kurs fiel wie ein Stein in die Tiefe.
Benjamin Graham (der Mentor von Warren Buffett) sagte einmal:
"Der Preis ist das, was man bezahlt, der Wert ist das, was man bekommt".
Beim längsten Börsencrash aller Zeiten 1929 verlor Graham viel Geld. Er arbeitete ununterbrochen, um den Verlust aufzuholen und benötigte 5 Jahre. Dies war deutlich schneller als der Markt im Allgemeinen; denn dieser brauchte 25 Jahre, um sich vom Crash zu erholen. Danach verlor Graham auf Jahresbasis nie wieder Geld für seine Kunden.
Warum suchen so viele beim Kauf einer Aktie ein Papier, das schnellstens an Wert zunimmt, anstatt die Anschaffung als ein ganzen Unternehmens zu betrachten, einschließlich aller Gewinne, Schulden, Vermögensgegenstände und zukünftiger Umsätze.
Oder einfach auf den Punkt gebracht, warum wechseln wir die Straßenbahn, nur um einige Minuten früher am Ziel zu sein? Kein Fußballtrainer der Welt stellt elf Stürmer auf den Platz und glaubt damit zu siegen, und spielt deshalb ohne Tormann und Verteidiger.
Denken wir in einer ruhigen Minute doch auch mal über diese Strategie nach! Ich bin tief davon überzeugt, eines Tages wird man dankbar für eine gute Abwehr im Depot sein.
Grüße - Shane
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Aktien
23.09.2021 22:46 - bearbeitet 23.09.2021 23:21
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23.09.2021 22:46 - bearbeitet 23.09.2021 23:21
Hallo,
sehr schön, @Shane 1 .
Für mich persönlich ist es am wichtigsten, dass ich relative oder absolute Verlierer durch keine Strategie zu Verlierern machen kann. Es gibt keinen Schuldigen an deren relativen oder absoluten Verlusten, außer ihrem eigenen Investitionsverhalten.
Wer eine durch mich begehrte Aktie verkauft, ist durch nichts meinereseits dahin bewogen worden.
Von daher darf man sehr wohl frei und froh mit jeder fairen Strategie schauen, was man für sich herausgeholt bekommt.
Es ist nicht unfair, den Markt zu schlagen. Es erzeugt keine Opfer. Dazu fehlt das Einwirken auf die Verlierer.
Gruß: KWie2
P.S.:
Ach so,
@ae schrieb:@KWie2 hat dafür einen Thread - Spassbremse Kapitalertragsteuer -erstellt in welchem dieses leidige Thema beklagt werden darf 😉
Da gibt's nun auch eine entsprechende Faustregel.
... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...
23.09.2021 23:48 - bearbeitet 23.09.2021 23:49
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23.09.2021 23:48 - bearbeitet 23.09.2021 23:49
@ehemaliger Nutzer
Guten Abend Sonni,
sei bloß nicht zu bescheiden. Du lieferst mit deinem Wiki hier eine ausgezeichnete Leistung ab und es macht Spass, deine Kommentare zu verfolgen. Und so sehen das hoffentlich überwiegend auch auch deine Anleger.
Du darfst nur nicht in den den Fehler verfallen, dich auf deine Lorbeeren zu setzen. Denn wer sich darauf ausruht, trägt sie an der falschen Stelle.
Grüßle - Shane
24.09.2021 07:55 - bearbeitet 24.09.2021 07:56
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24.09.2021 07:55 - bearbeitet 24.09.2021 07:56
@Shane 1: "Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle" - großartig! Ist der von dir?
Grüße,
Andreas
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am 24.09.2021 08:45
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am 24.09.2021 09:16
@Morgenmond: was du alles weißt 😳😊
Grüße,
Andreas
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am 24.09.2021 09:30
Sind wir Seelenverwandt? Ich liebe Zitate, besonders von Oskae Wilde, welche besonders einprägsam sind.
Mao-Tse-Tung hat ja der Nachwelt auch viele Zitate (bestrafe einen, erziehe hundert .. mehr weiß ich aber jetzt keine von ihm) hinterlassen.
Die brutale Menschenverachtung mit welcher der unbelehrbare Kommunist sein Volk unterdrückte und China mit Terror überzog - er ließ keine anderen Meinungen gelten - werde ich nie verstehen.
Bei meinen Unterrichten in politischer Bildung habe ich damals festgestellt, um in die Geschichtsbücher einzugehen, muß man man Diktator sein, brutal und ohne Gewissen, menschenverachtend, und ohne Reue als Massenmörder - oder wie Hitler oder Stalin möglichst viele Menschen getötet haben.
An die Namen der vielen normalen Menschen, welche gute Taten vollbringen ( jetzt nicht gerade Raiffeisen oder Hildegard von Bingen usw.) erinnern sich vielleicht noch die Kinder und Enkel und dann geraten sie in Vergessenheit.
Außer bei Homer - die Sagen des klassischen Altertums - sind übrigens neben Schach meine zweite große Leidenschaft.
Aber so viel wollte ich hier gar nicht mitteilen, ich dachte eigentlich mehr daran, künftig wieder mehr als stiller Leser im Bord teilzunehmen.
Und damit die nächste Aphorisme im Text:
Willst du was gelten mach dich selten!
Grüßle - Shane
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am 24.09.2021 10:28
Hallo @Shane 1,
vielen Dank für Dein Kompliment, es freut mich besonders sowas von Dir zu lesen.
Natürlich bleibe ich weiter dran! Ich habe ja auch noch nicht das Alter um micht auf meinen Lorbeeren ausruhen zu können. Am Wochenende kommt vermutlich ein Update zu British American Tobacco.
Grüße aus Dresden
Sonni
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am 24.09.2021 11:07
@Shane 1 schrieb:Aber so viel wollte ich hier gar nicht mitteilen, ich dachte eigentlich mehr daran, künftig wieder mehr als stiller Leser im Bord teilzunehmen.
Untersteh dich! 😝
Grüße,
Andreas
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am 24.09.2021 11:21
@ehemaliger Nutzer
das du an beständig dein Baby beobachtest, stand für mich sowieso außer Zweifel. Eigentlich war es mehr eine rhetorische Frage. Aber ich gebe zu, ich hatte anfangs doch Zweifel, ob du dieser Verantwortung gewachsen bist. Zwischenzeitlich hat sich meine Einstellung dazu jedoch komplett gedreht, dein Thread ist einer der wenigen, welche ich regelmäßig beachte.
BAT wurde von mir in meinem Depot bereits am 13.09.2018 die Räumungsklage zugestellt, die hohe Dividende konnte den Kursverfall welcher seit 4 Jahren anhält nicht egalisieren.
Auch bei mir währt die Geduld nicht endlos und spätestens nach 5 Jahren ziehe ich sowieso die Reißleine.
Natürlich wie du ohne festgelegte Stopmarken, wir setzen uns (da wir ja täglich unsere Lieblinge beobachten) ja innerlich unsere eigenen Ausstiegsmarken. Hoffentlich trete ich jetzt nicht wieder eine Diskussion dahingehend los, ich traue mich schon fast nicht mehr, dieses Wort hier auch nur zu flüstern (jedenfalls schreibe ich es schon ganz langsam).
Deine Meinung wirst du dir auch ohne Ratschläge bilden, das steht mir sowieso nicht zu, weshalb du meine Antwort nicht als Andeutung oder Empfehlung werten solltest.
Es kann passieren, was will, es gibt immer einen, der uns im Nachhinein erklärt, warum er es jetzt schon kommen sah.
have a nice weekend
Shane
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am 24.09.2021 11:40
hallo angenehmer Bordkollege, das geht runter wie Öl, kannst du sowas künftig etwas fettgedruckt und viel größer schreiben ?
Dem SM-Team ist es anscheinend auch schon aufgefallen, die haben mir das letzte Woche das Symbol Beitragsbulle verliehen.
Ich habe mir erlaubt dort eine Mängelrüge vorzutragen (Kühe sind in Indien heilig, keine Bullen) und sie sind der Ansicht, den ganzen Unsinn, welchen ich hier schreibe, würde aber auf keine Kuhhaut passen.
Jetzt aber ist wirklich Schluss für eine Weile, zudem muß ich jetzt fort, ich komme zu spät zur Mittagsmesse in die Kirche.
Grüßle - Shane
