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Unverschämtes Verhalten nach einem Mistrade

Andreas65
Autor ★
4 Beiträge

In meinem Depot lagen am 27.1.20 bei Börsenöffnung 1.320 Stück mit der WKN 593393 (iShares DAX ETF) mit einem Wert von gut 150.000 € und einem Stop-Loss von 113,66 € bei Tradegate. Dann fiel der Kurs kurzzeitig um 08:20 Uhr von 114,68 auf 113,32 € um 08:35 Uhr, um danach sofort wieder auf 114,50 € um 09:10 Uhr zu steigen. Gemäß Abrechnung, die wie üblich am nächsten Geschäftstag im Postfach lag, hat Tradegate den gesamten Bestand um 08:36 Uhr zum Kurs von 132,32 € verkauft.

 

Ich habe die knapp 150 T € am selben Tag wieder angelegt, ein Drittel wieder im DAX und zwei Drittel anderweitig. Auf meinem Verrechnungskonto lagen danach weniger als 1.000 €. Am gleichen Tag lag der DAX übrigens spätestens um 14:00 Uhr erneut unter der Schwelle von 113,66 €.

 

Am Tag danach erhielt ich am 12:36 Uhr einen Anruf von der comdirect – man teilte mir mit, dass es sich um einen Mistrade handele, den man stornieren müsse. Ich habe am Telefon sofort deutlich gemacht, dass

  • ich mit einem Storno nicht einverstanden sei,
  • die dafür erforderliche Liquidität nicht vorliege,
  • ich einem Verkauf der Position nicht zustimme, weil der Kurs mittlerweile gefallen war und ich dann einen Verlust hätte,
  • ich nicht bereit sei, den Schaden zu tragen, den comdirect und Tradegate verursacht haben und
  • der Stop-Loss am selben Tag um 14:00 Uhr zugeschlagen hätte, wenn der Mistrade nicht passiert wäre.

Die Mitarbeiterin von comdirect interessierte das nicht, sie entschuldigte sich zwar mehrfach, stellte aber schlichtweg fest, dass sie das Storno durchführen müsse. Ich sei für ausreichende Deckung des Verrechnungskontos verantwortlich und wenn ich das nicht könnte oder wollte, dann würde sie die Sache an die Mahnabteilung weiterleiten.

 

Was für eine Unverschämtheit – es ist doch wohl glasklar, dass ich den Mistrade nicht verursacht habe, aber man erwartet von mir, dass ich den Schaden trage? Ist das „Bank neu denken“?

 

Ich habe ein recht ungewöhnliches Hobby – ich bin Handelsrichter am Landgericht in Hagen. Dort geht es ausschließlich um Prozesse unter Vollkaufleuten – also Personen, die wissen sollten, was sie tun. Unter Vollkaufleuten kann man vertraglich vereinbaren, dass A den Schaden, den B verursacht, trägt – bei Privatpersonen geht das nicht. Der Gesetzgeber kann zwar nicht verhindern, dass Unternehmen Haftungsausschlüsse in ihren AGBs oder anderen Vertragswerken unterbringen – er kann aber verhindern, dass sie im Streitfall Gültigkeit haben. Wenn Amazon beispielsweise in ihre AGBs reinschreibt, dass Haftungen ausgeschlossen sind, dann ist das irrelevant, wenn jemand einen Stromschlag durch Alexa bekommt.

 

Es mag ja sein, dass es tatsächlich nicht die comdirect ist, die etwas falsch gemacht hat, aber da ich keine Verträge mit Tradegate habe, muss comdirect für alle Fehler ihres Geschäftspartners haften – ich bin auch Geschäftsführer einer GmbH und muss ebenfalls für alle Produkte haften, die wir anderweitig einkaufen und an unsere Kunden weiterverkaufen.

 

Damit kommen wir zu meiner Frage: Hat schon mal jemand (eine Privatperson, kein institutioneller Investor) das „Vergnügen“ gehabt, eine solche oder ähnliche Situation vor Gericht zu klären? Ich kann mir ja vorstellen, dass der Mistrade tatsächlich storniert werden muss, aber es kann doch wohl nicht sein, dass Banken beliebig Fehler machen können, nicht dafür haften und Privatpersonen die Zeche zahlen sollen?

 

Der Vollständigkeit halber möchte ich noch drei Details erwähnen:

  1. Obwohl die comdirect ja mehr Übung mit Mistrades haben sollte als ich (war mein erster), hat man in Quickborn wesentliche Veränderungen nicht erkannt – sondern ich war es, der am 28.1. um 13:30 Uhr dort angerufen hat und festgestellt hat, dass die 1.320 Stück zu dem Zeitpunkt mit Gewinn verkauft werden können. Tatsächlich führte der Verkauf um 13:39 Uhr zu einem Kurs von 113,48 € - ein paar Mark Gewinn sind also übrig geblieben und es gibt keinen Grund mehr für einen Prozess.
  2. Dass beim Stop-Loss Gebühren entstehen, ist klar, und 7,64 € sind hier wohl nicht erwähnenswert. Dass derselbe Betrag beim Storno fällig wird, hätte ich auch nicht erwähnt – aber der Verkauf am Telefon führt zu Gebühren in Höhe von 63,64 €, und aus der Abrechnung geht nicht hervor, warum das auf einmal acht mal so teuer ist. Mistrades sind für die comdirect also ein interessantes Geschäftsmodell – statt einer Gebühr kann die Bank das zehnfache abrechnen. Auch hier die Frage: Ist das „Bank neu denken“?
  3. Vor kurzem hat die comdirect bank empfohlen, an einer Wahl zum besten Broker teilzunehmen – und ich habe der comdirect gute bis sehr gute  Noten gegeben. Selbst wenn die comdirect den 1. Platz holt, werde ich nach dieser Aktion wohl bei der Nr. 2 ein neues Depot eröffnen und dort weiterarbeiten.
16 ANTWORTEN

digitus
Legende
9.094 Beiträge

@Andreas65  schrieb:

In meinem Depot lagen am 27.1.20 bei Börsenöffnung 1.320 Stück mit der WKN 593393 (iShares DAX ETF) mit einem Wert von gut 150.000 € und einem Stop-Loss von 113,66 € bei Tradegate. Dann fiel der Kurs kurzzeitig um 08:20 Uhr von 114,68 auf 113,32 € um 08:35 Uhr, um danach sofort wieder auf 114,50 € um 09:10 Uhr zu steigen. Gemäß Abrechnung, die wie üblich am nächsten Geschäftstag im Postfach lag, hat Tradegate den gesamten Bestand um 08:36 Uhr zum Kurs von 132,32 € verkauft.


Das mit dem Verkaufskurs ist kein Tippfehler?

 

Dann ist das Verhalten der Mitarbeiterin an der Hotline zwar suboptimal, aber in der Sache hat sie doch recht ...

 

btw: Knapp 20€ zuviel pro Anteil hätte Dir doch auch sofort beim Betrachten des Kontostands auffallen können.

 

Der grundsätzliche Fehler der comdirect (aber auch von Brokern die das ähnlich handhaben) ist aus meiner Sicht eher, dass das Geld sofort wieder zum Handeln zur Verfügung steht. Klar das ist der Sinn der Sache, die Broker wollen ja Geld verdienen. Aber das macht Überprüfungsroutinen natürlich mühsam.

 

Dennoch ist Dein Ärger nachvollziehbar!

 

Wenn Du schon vom Fach bist: Mich würde interessieren, ob der Fehler, der ja bei Tradegate und nicht bei der comdirect lag, nicht auch Tradegate schadensersatzpflichtig machen würde.

 

Grüße,

Andreas

Andreas65
Autor ★
4 Beiträge

Hallo nochmal,

 

es hat sich tatsächlich ein Tippfehler eingeschlichen - am Ende des ersten Absatzes ist 132,32 € falsch, richtig ist 113,32 €.

 

Sorry,

 

Andreas

digitus
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9.094 Beiträge

Okay, aber wo lag dann der "Mistrade"?

Das kann ich nicht nachvollziehen ...

 

Neugierig,

Andreas

Andreas65
Autor ★
4 Beiträge

Hallo,

 

man hat mir nicht mitgeteilt, wo  der Mistrade lag,und auf der Stornoabrechnung steht auch nichts darüber,

 

Gruss,

 

Andreas

digitus
Legende
9.094 Beiträge

Okay, @SMTcomdirect , das ist aber dann eindeutig ein Fall für Euch!

 

Schade, dass die Mitarbeiterin an der Hotline keine große Hilfe war (meine Erfahrungen mit denen - im Vergleich zu Deinem Anliegen ging es aber eher um Banalitäten - waren bisher positiv), aber das sollte zumindest genau erläutert werden.

 

[Eigentlich ist die comdirect nämlich super! Smiley (zwinkernd) Deswegen wäre es schade, wenn sie Dich als Kunden verlieren würden ...]

 

Grüße,

(auch) Andreas

 

... und wenn die "65" Dein Geburtsjahr ist, sind wir der gleiche Jahrgang Smiley (überglücklich)

digitus
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9.094 Beiträge

Nochwas: Der Mistrade war der Verkauf oder der Kauf?

Und muss nicht die Rückabwicklung kostenneutral, also auch zum jeweiligen Kurs erfolgen?

NR
Experte ★★★
664 Beiträge

@digitus, wenn ich das richtig verstanden habe, war der Mistrade der Stoplossverkauf. Das Problem, dass sich dann ergab, war, dass das Geld schon wieder angelegt war, also nicht mehr für die (natürlich zum damaligen Kurs durchzuführende, aber das hilft ja nichts ...) Rückabwicklung zur Verfügung stand.

 

Was ich im Sinne der Kulanz und Kundenzufriedenheit hoffen würde ist, dass wenigstens die von der codi beeinflussbaren Gebühren (also insbesondere das Telefonorder-Entgeld) erstattet wird. Ansonsten habe ich nicht viel zum Thema beizutragen, mich interessiert aber das Ergebnis. Gerne mitteilen, wie die Sache am Ende ausgegangen ist, @ OP.

dg2210
Legende
7.777 Beiträge

Aus den AGB von Tradegate:

 

§ 12 Aufhebung und/oder Anordnung der Rückabwicklung von zu nicht marktüblichen Bedingungen zustande gekommenen Geschäften (Mistrades)

(1) Die Geschäftsführung kann Geschäfte, die zu nicht marktüblichen Bedingungen zustande gekommen sind (Mistrades), [...] von Amts wegen aufheben und/oder ihre Rückabwicklung anordnen.

 

Die Zustimmung der Handelpartner ist daher nicht erforderlich und es gibt auch keine Widerspruchsmöglichkeit.

Bettina Orlopp : „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ (Focus online 24.06.2025)

nmh
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9.962 Beiträge

@Andreas65 : Ich kann sehr gut verstehen, dass Du verärgert bist.

 

Als Hobbyjurist vermute ich stark, dass eine Klage keinen Erfolg hätte. @dg2210  hat die Begründung gegeben. Und den Spruch mit "vor Gericht und auf hoher See ..." muss ich Dir als Volljurist ja nicht zitieren.

 

Für die mangelnde Liduidität sollte sich gemeinsam mit comdirect eine Lösung finden lassen. Dafür viel Erfolg.

 

Beste Grüße aus einem regnerischen München

 

nmh

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.