30.10.2017 19:02 - bearbeitet 30.10.2017 19:49
Liebe geneigte Anleger (m/w),
ja, klaaar, wieder so eine reißerische Headline, und Ihr habt sie angeklickt. Und doch muss ich sagen, dass es diesmal wirklich um eine Strategie geht, mit der Ihr jedenfalls langfristig an der Börse erfolgreich sein werdet. Tatsächlich also eine Art von "Gewinnformel". Erfunden habe ich diese Strategie nicht; es ist ein ganz alter Hut und bei professionellen Anlegern üblich. Nur die meisten Privatanleger, die arbeiten irgendwie eher nach Bauchgefühl, statt bei ihren Anlagen eine klare Strategie zu verfolgen. Ich schließe mich da selbst gar nicht immer aus. "Geheim" im Sinne der Headline ist das, worüber ich hier schreiben will, also höchstens beim Hobby-Anleger zuhause.
Damit folge ich auch Eurem Wunsch, den Ihr hier geäußert habt. Also aufgemerkt:
Um was es hier gehen soll, ist das wichtige Thema "Money Management". Ich habe es schon sehr häufig in unserer Community erwähnt, aber noch nie so ausführlich beschrieben gesehen. Ob wohl Eure Aufmerksamkeitsspanne lang genug ist? Wir werden es leider nie erfahren ...
Das Schöne ist: Es ist wieder eine Strategie, die zu ganz unterschiedlichen Anlagestilen passt! Egal, ob Ihr gerne irgendwelchen komischen Sterne-Listen von mir folgt, oder ob Ihr lieber einen Wert tagelang analysiert und dann kauft. Mit den folgenden Tricks steigert Ihr Euren Erfolg an der Börse. Die Hinweise gelten für Aktien, aber auch wenn Ihr in Rohstoffe (Gold, Zucker, Orangensaft, Schweinehälften, was auch immer) oder in Indizes (süd-taiwanesischer Xing-Taong-Index) investiert.
Money Management hängt sehr stark mit dem Spruch zusammen, den ich ebenfalls häufig predige. Und das ist wirklich das Erfolgsrezept für langfristigen Börsenerfolg: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Verluste begrenzt man, indem man Stopkurse setzt und konsequent einhält.
Typische Fehler von Privatanlegern
Die meisten Privaten machen es genau umgekehrt. "Ui, super, da gibt es eine Aktie, die ist in den letzten Tagen und Wochen abgestürzt. Die ist jetzt schön billig, die sammle ich jetzt mit Limit ein." Und dann schauen sie zu, wie die Aktie auch nach dem Kauf noch jahrelang weiter fällt. Unser Privatanleger war in diesem Fall einfach gescheiter als der Markt, und hat einen Tiefflieger aufgesammelt. Nennen wir es Fehler Nr. 1. Sollte man niemals tun. Warum, habe ich hier schon ausführlich erklärt; bitte nachlesen.
Auch beliebt beim Privatanleger ist Fehler Nummer 2: die vorzeitige Gewinnmitnahme, wie wir Mediziner dazu sagen. Und das geht so: "Die Aktie, die ich vor einiger Zeit gekauft habe, ist jetzt wirklich stark gestiegen. Inzwischen ist die zu teuer. Von Gewinnmitnahmen ist noch niemand arm geworden, also verkaufe ich die jetzt, obwohl sie ja eigentlich in einem gesunden Aufwärtstrend liegt. Aber die ist inzwischen überbewertet." Und wieder ist unser Privater klüger als "der Markt", der die Aktie weiter steigen lässt.
Ganz besonders schlimm und langfristig absolut tödlich ist der dritte Fehler der Hobby-Anleger: "Die Aktie habe ich vor einiger Zeit gekauft, aber sie fällt und fällt und fällt. So billig gebe ich sie aber nicht mehr her, die ist total unterbewertet. Alle anderen außer mir sind total doof und sehen die Unterbewertung nicht, also halte ich die Aktie und lasse den Verlust immer größer werden." Unser Privater handelt hier nach dem Motto: "Ein Geisterfahrer? Tausend!" Ist ja auch schwierig, sich selbst den Fehler einzugestehen, die Aktie gekauft zu haben. Das hat viel mit Psychologie zu tun. Die große Masse der Profis verkauft, warum auch immer, und dadurch sinkt der Kurs immer weiter, aber er hält tapfer durch. So ein Wert kann jahrelang fallen.
Manchmal wird der Abwärtstrend erst nach einigen Jahren enden, und die Aktie beginnt tatsächlich, wieder zu steigen. Unser Privatanleger - zeitweise dick im Verlust - freut sich, die Verluste werden kleiner. Und er sagt sich: "Hey, da komme ich sogar mit einem blauen Auge raus". Das geht dann nach dem Motto "es gibt für den Aktionär nichts schöneres als wenn er seinen Einstandskurs wiedersieht". Sobald die Aktie endlich nach Jahren in die Gewinnzone dreht, wird verkauft. Plusminus Null, gut gemacht. Ich würde eher sagen: Fehler Nummer 2 gemacht.
Also:
Fehler Nr. 1 = Tiefflieger auffangen
Fehler Nr. 2 = Gewinne zu früh mitnehmen
Fehler Nr. 3 = Verluste nicht eingrenzen
Erkennt sich jemand wieder?
Fast alle Privatanleger machen zu Beginn diese Fehler. Besonders auch ich. Ich bin seit über 20 Jahren sehr intensiv an der Aktienbörse tätig, und was haaaaabe ich anfangs Geld verloren, weil ich mein Risiko nicht begrenzt habe. Es hat mich einige Jahre an harter, teurer Erfahrung gekostet, bis ich irgendwann verstanden habe, wie es eigentlich geht. Seitdem bin ich überaus erfolgreich. Mögen meine wichtigtuerischen Belehrungen Euch dabei helfen, das Lehrgeld zu sparen, das man als Neueinsteiger bezahlt.
Neulich hat @haxo geschrieben (siehe hier😞 Ich verkaufe nur Aktien, die ich heute nicht mehr kaufen würde. Auch das stimmt und deckt sich mit meiner Strategie: Aktien, die in den Verlust laufen (also abwärts), würde (sollte) man nicht mehr kaufen. Siehe unten.
Profis setzen noch vor dem Kauf einen Stopkurs
Jetzt schauen wir mal, wie der Profi an die Sache rangeht. Und da beginne ich gleich mit etwas, das vielleicht seltsam klingt. Wenn der Profi eine Aktie kauft, dann überlegt er noch vor dem Kauf, wo er wieder rausgeht. Und zwar nicht wenn die Aktie steigt, sondern wenn sich nach dem Kauf herausstellt, dass der Kauf ein Fehler war und die Aktie fällt.
Sicher überrascht das jetzt einige. Aber erfolgreich an der Börse ist langfristig nicht, wer besonders sorgfältig bei der Auswahl von Aktien vorgeht. Das solltet Ihr natürlich trotzdem tun, siehe unten. Doch im Grunde genommen geht es nur darum, Verluste klein zu halten.
Warum ist das so? Erstmal eine Binsenweißheit: Über die Jahrzehnte ist Euer gesamter Börsengewinn (z.B. in Millionen Euro) die Summe aller einzelnen Gewinne abzüglich aller einzelnen Verluste. Logo.
Manche sagen, dass deswegen die Trefferquote möglichst hoch sein muss, also dass ich öfters Gewinne als Verluste machen muss. Aber das stimmt nicht. Die Trefferquote ist ziemlich wurscht. Wichtig ist nur, dass unter dem Strich die Summe möglichst hoch ist. Das erreiche ich sogar, wenn ich dummerweise nur selten Gewinne mache und die meisten Investments im Verlust enden.
Der Trick ist, dass dieser seltene Gewinn gemessen in Euro sehr hoch ist, während ich die einzelnen Verluste gering halte. Denn wenn Ihr viermal Verluste über je 1.000 Euro macht und achtmal Gewinne über je 120 Euro, habt Ihr trotz hervorragender Erfolgsquote (2:1) dennoch einen Gesamtverlust von 3.040 Euro. Wenn ich aber nur fünfmal einen hohen Gewinn von je 1.500 Euro habe und zwanzigmal einen kleinen Verlust von je 120 Euro, dann ist zwar meine Trefferquote miserabel, nämlich nur 1:4, aber trotzdem gehe ich mit einem Gesamtgewinn von 5.100 Euro aus der Nummer raus!
Also Verluste begrenzen.
Ihr müßt wissen, dass "die Börse" Euch vieles vorgibt, worauf Ihr keinen Einfluss habt. Ob eine Aktie nach dem Kauf steigt oder fällt, habt Ihr nicht in der Hand. Wieviel Ihr damit verdient, könnt Ihr nicht beeinflussen. Das einzige, was Ihr selbst bestimmen könnt, ist der maximale Verlust, den Ihr mit einer Aktie in Kauf nehmen wollt. Und diesen einzigen Regler, den Ihr einstellen könnt, solltet Ihr nicht aus der Hand geben.
Profis gehen beim Kauf einer Aktie nach drei Schritten vor:
1. Angenommen, die Aktie fällt nach dem Kauf: bis zu welcher Marke akzeptiere ich das, bevor ich verkaufe? Diese Marke wird "Stopkurs" genannt.
2. Welchen Verlust in Euro akzeptiere ich mit der Aktie höchstens?
3. Die Stückzahl für den Kauf ergibt sich dann nach der Formel:
STK = (maximaler Verlust in Euro) geteilt durch (aktueller Kurs minus Stopkurs)
Diese drei Schritte sind der Kern des "Money Managements".
Beispiel: Die Aktie steht momentan bei 38 Euro. Die Marke von 34 bietet sich als Stopkurs an. Ich will auf keinen Fall mehr als 200 Euro verlieren. Also kaufe ich 50 Stück, das kostet 1.900 Euro plus Spesen.
Erst dann wird die Kauforder erteilt.
Das ist für den Hobby-Anleger völlig ungewohnt: Wieviel man investiert (z.B. 1.900 Euro) ergibt sich erst nach der Wahl des Stopkurses! Die meisten Privaten investieren einfach immer z.B. 5.000 Euro in eine Aktie.* Und das ist falsch! Bei Aktien, die stark schwanken, sollte man weniger kaufen als bei eher ruhigen Aktien. Denn bei ruhigen Aktien darf der Stopkurs näher am Kaufkurs liegen, wodurch sich eine größere Stückzahl und ein größeres Investitionsvolumen ergibt.
Über die richtige Auswahl der Stopkurse kann man ebenfalls ganze Bücher schreiben. Die richtig Platzierung des Stopkurses hängt auch von Eurem Anlagehorizont ab. Ich schaue mir normalerweise das Chartbild der letzten zwei Jahre an, und wenn ich einen Aufwärtstrend erkenne, dann setze ich den Stopkurs unter das letzte markante Tief. Besonders schön ist, wenn eine Aktie in den letzten Monaten zwischen zwei Marken seitwärts gelaufen und dann kürzlich aus diesem Seitwärtstrend nach oben ausgebrochen ist. Dann darf der Stopkurs in der Bandbreite oder leicht darunter liegen. Denn wenn sich der Ausreißer nach oben als Fehlsignal entpuppt ("Bullenfalle") und der Kurs wieder in das Schwankungsintervall zurückfällt oder sogar darunter, dann habe ich einen Fehler gemacht und muß raus aus der Aktie.
Trotzdem: Optimieren der Trefferquote hilft
Wir haben also gesehen, dass das Geheimrezept ist, möglichst kleine einzelne Verluste zu machen und die Gewinne möglichst groß werden zu lassen. Die Trefferquote ist dafür gar nicht so wichtig. Trotzdem hilft es natürlich, wenn man auch die Trefferquote optimiert.
Das könnt Ihr durch unterschiedliche Strategien beim Einstieg in eine Aktie tun. Der eine analysiert wochenlang fundamentale Kennzahlen und kauft dann eine Aktie, die er für unterbewertet hält. Andere schauen gerne auf Trends und kaufen am liebsten am Allzeithoch, wenn ein gesunder Aufwärtstrend vorliegt. Wieder andere folgen einfach irgend welchen Empfehlungen in der Fachpresse oder hier in der Community, zum Beispiel in meinen unseriösen Sterne-Listen. All das sind zulässige Methoden, um die Trefferquote zu erhöhen. Aber all das bringt nichts, wenn Ihr nach dem Kauf Verluste aussitzt und Gewinne zu früh mitnehmt. Siehe oben, Thema Trefferquote.
Das Setzen eines Stopkurses begrenzt also Verluste. Die sollen ja klein gehalten werden. Natürlich kommt es aber auch vor, dass eine Aktie nach dem Kauf weiter steigt. In diesen Fällen zieht Ihr den Stopkurs regelmäßig nach. Irgendwann kommt der schöne Moment, wo der Stopkurs über Euren Kaufpreis steigt. Dann könnt Ihr mit dieser Position theoretisch keinen Verlust mehr machen.
Damit habe ich Euch das Prinzip Money Management erklärt. Es bedeutet einfach, dafür zu sorgen, dass der Verlust in einer einzelnen Aktie nicht lebensbedrohlich wird; für jede Aktie wird ein Höchstverlust vorgegeben. Durch strikte Stopkurse verhindert man dann, dass der Verlust größer wird als das erlaubt Limit pro WKN.
Also: Gewinne laufen lassen (und Stopkurse nachziehen), Verluste begrenzen (durch strikte Stopkurse).
Stopkurse wirklich immer notwendig?
Ich will nicht verschweigen, dass es in meiner Strategie zwei Situationen gibt, wo ich auch mal auf Stopkurse verzichte.
Das eine sind meine "Kerninvestments". Die meisten von uns halten breit gestreute ETFs oder Indexzertifikate im Depot, und die wollen sie jahrzehntelang halten. Eine Untersuchung hat ergeben, dass man in den letzten 40 Jahren nach einem Kauf eines DAX-ETF höchstens 13 Jahre warten mußte, um damit in die Gewinnzone zu kommen (siehe hier). Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das gilt nur für breit gestreute Investments, nicht für Einzelaktien!
Aus diesem Grund wäre ich damit einverstanden, dass Ihr solch breite Positionen, also ETF oder Fonds oder Indexzertifikate nicht mit Stopkurs absichert.
Zum anderen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Stopkurse in Krisenzeiten an der Börse eher schädlich sind. Wenn die Börse allgemein nach unten geht, so wie von 2001 bis 2003 oder in der Finanzkrise nach 2007, dann sichere ich nur die Positionen per Stopkurs an der Börse ab, die relative Schwäche zeigen, die also noch stärker fallen als andere Positionen.
Meine Strategie sieht so aus, dass ich für jede einzelne Position (auch ETF oder Indexzertifikate) in meinem Computersystemen einen Stopkurs führe. Aber eine Stop-Order an der Börse platziere ich in der Regel nur für die Aktien, die relative Schwäche zeigen, also beispielsweise in einer guten Börsenphase trotzdem fallen. Relative Schwäche hasse ich. So sind bei mir - je nach Situation - manchmal nur ein Drittel oder die Hälfte meiner Positionen tatsächlich per Stopkurs an der Börse abgesichert. Das ist nicht konsequent, aber ich habe ganz gute Erfahrungen damit gemacht.
In heißen Phasen, also konkret in 2016 vor der Brexit-Abstimmung und vor der US-Präsidentenwahl sowie in 2017 vor den Wahlen in Frankreich, habe ich fast alle Stopkurse ausgesetzt, um zu vermeiden, dass durch einen Schock mein Depot leergefegt wird. Einen solchen Schock gab es ja nach den beiden Wahlen in 2016, und drei Tage später hatten die meisten Aktien sich erholt. Meine selbst entwickelte Technik erlaubt es, zentral alle Stop-Orders vorübergehend zu suspendieren.
Beide Ausnahmen sind aber höchst umstritten; einen klaren Rat kann ich Euch dazu nicht geben.
Außerdem ist es eine sehr schwierige Frage, ob man die Stopkurse wirklich an der Börse platziert und damit riskiert, von Schwankungen innerhalb eines Tages nach unten ausgestoppt zu werden. Alternativ könnt Ihr Eure Positionen täglich manuell überwachen und aktiv verkaufen, wenn z.B. ein Schlusskurs Euren "mentalen" Stopkurs unterschreitet. Nachteil: dann ist es vielleicht zu spät, wenn eine Aktie wirklich böse abstürzt. Dasselbe gilt, wenn Ihr Stop-Limit-Verkäufe wählt, also ein limitierter Verkauf, sobald ein Stopkurs unterschritten wurde. Also: verkaufe für mindestens 30,50 Euro, wenn die Aktie unter 31,00 Euro gefallen ist.
Gewinne dank oder trotz Streuung
Vor einiger Zeit wurde hier in der Community die Frage gestellt, wie ich trotz meiner sehr breiten Streuung eine Überrendite erziele. Die Antwort ist: durch striktes Risikomanagement. Wenn Aktien fallen, dann fliegen sie bei mir gnadenlos aus dem Portfolio. Das passiert beispielsweise bei einem Index nicht: Wenn ich einfach nur indexorientiert anlege, dann halte ich Rohrkrepierer jahrelang, bis der Indexanbieter sie irgendwann aus dem Index rausnimmt.
Meine Depots umfassen insgesamt mehrere hundert unterschiedliche Wertpapiere. Mit welcher Technik ich trotzdem überall die Stopkurse überwache und regelmäßig nachziehe, habe ich hier bereits erklärt. Dort steht auch, wie man den maximal akzeptablen Verlust einstellt. Bitte nachlesen.
Meine Hoffnung ist, daß die meisten von Euch, vor allem die Leser mit etwas Erfahrung, bereits so vorgehen, wie ich es beschrieben habe. Wer bisher ausschließlich auf sein Gefühl hört und kein Risikomanagement betreibt, läßt meine wirren Zeilen einfach mal in Ruhe auf sich wirken. Es würde mich freuen, wenn ich Euch mit meiner Beschreibung dieser uralten Profi-Technik dabei unterstützen kann, strikt auf das Risiko zu achten, und Gewinne laufen zu lassen und Verluste zu begrenzen. Damit auch Ihr langfristig an der Börse erfolgreich seid.
Also merke: noch vor dem Kauf einen Stopkurs einplanen, und dann die Anlagesumme auf den maximal erlaubten Verlust ausrichten. Mehr ist es nicht!
Viel Erfolg auf dem glatten Börsenparkett (bitte mal fünf Euro in die Phrasenkasse)
herzliche Grüße aus München
nmh
________________
*) Oder so wie mein Schwiegervater, der einfach immer 100 Stück kauft, egal, wie teuer die Aktie ist.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 04.02.2021 20:17
@Schnitter schrieb:
@dg2210 schrieb:Esker war doch letzte Woche im Sonderangebot...
Hm ein richtiges Sonderangebot war das ja auch nicht letzte Woche.
Nochmal zurück zu meiner Frage, würdet ihr jetzt noch aufspringen?
VG
Lukas
Nur mit einer kleinen Position, nicht all-in.
am 13.03.2021 11:41
Ich habe zum Thema Money Management ein Thema, das ich hier gerne diskutieren würde. Ich hol dazu mal etwas aus:
Ich habe, wie vermutlich die meisten Trendis, im Februar eine Menge Federn gelassen und bin bei einigen Titeln ausgestoppt worden. Um das bezahlte Lehrgeld nicht umsonst gezahlt zu haben, habe ich jeden einzelnen Trade analysiert im Hinblick auf Einstieg und Ausstieg. Insbesondere habe ich dabei auf den RSL beim Ausstieg geschaut.
Dabei sind mir folgende Fehler in meinem Handeln aufgefallen (in unterschiedlichen Trades):
- Stopkurs zu dicht am GD200 (RSL war bei 0,99), Aktie ist danach wieder ziemlich schnell gestiegen
- Stopkurs zu weit unterhalb des GD200 (RSL bei Verkauf bei ~ 0,8) -> Das Ausstoppen hat sich lange angekündigt
- Abgefischter Stopkurs durch Wahl eines illiquiden Handelsplatzes
Was ich daraus für mich gezogen haben:
- Stopkurse regelmäßig auch ohne erreichen des Nachziehkurses erhöhen und nicht für immer beim initialen Stopkurs bleiben.
- Liquide Handelsplätze wählen. Es ist echt ärgerlich, wenn man abends merkt, dass man ausgestoppt wurde und die Aktie schon wieder 5% in Richtung Norden gelaufen ist.
Und nun zu dem Punkt, den ich diskuttieren möchte: Das Nachziehen des Stopkurses in Richtung des GD200. Wenn man hart nach dem MM vorgeht, kann es passieren, dass der Stoppkurs sehr nahe ober- oder unterhalb des GD200 liegt. Gerade letztes führt aus meiner Sicht zum eigentlich unnötigen Ausstoppen.
Ich habe daher für mich angedacht, den Stopkurs bei steigenden Kursen nicht über einen RSL von 0,95 zu ziehen und erst bei erreichen des Hubes wieder anzuheben, so dass quasi im Bereich des RSL zwischen 0,95 und sagen 1,15 kein Stopkurs liegt.
Ich würde also zu einem gewissen Zeitpunkt, wenn die Aktie beispielsweise eine Rally hinlegt und starkt ansteigt mit dem Stopkurs über den GD200 "springen", um die Gewinne der Rally abzusichern. Findet keine Rally statt, bleibt der Stoppkurs (im Rahmen des Spiels zwischen initial akzeptiertem und maximalen Risiko) brav unter dem GD200.
Ich hoffe, ich konnte meine Gedanken verdeutlichen. Ich will das MM nicht aushebeln und zwangsläufig an Aktien festhalten, aber ich möchte Mistrades vermeiden. Es ist mir jetzt mehrmals passiert, dass ich eingestiegen bin, die Aktie dann stark gestiegen ist und ich meinen Stoppkurs nachgezogen habe. Der lag dann ungünstig am GD200 und ich wurde mit leichtem Verlust ausgestoppt.
Wie geht ihr damit um?
13.03.2021 12:46 - bearbeitet 13.03.2021 18:06
13.03.2021 12:46 - bearbeitet 13.03.2021 18:06
Ich persönlich bin stark an der langfristigen Entwicklung eines Unternehmens interessiert und halte mich daher stur an markante Unterstützung unterhalb der 200-Tage-Linie aber innerhalb der langjährigen Schwankungen einer Aktie.
Bei ruhigen Papieren liegt diese im Mittel um die 7-12 Prozent unterhalb besagter Trendlinie. Bei atmungsaktiveren Papieren liegt diese aber durchaus mal 15-20 Prozent unterhalb der 200-Tage-Linie.
Die Hubmethode findet bei mir aufgrund der geringen Anzahl an Wertpapieren – 25 Stück – keine Anwendung. Die Stopkurse werden etwa alle vier bis fünf Wochen auf Tauglichkeit geprüft.
13.03.2021 14:17 - bearbeitet 13.03.2021 14:19
13.03.2021 14:17 - bearbeitet 13.03.2021 14:19
@ehemaliger Nutzer : Klingt nach einer sehr guten Strategie. Wenn Du "nur" 25 unterschiedliche Wertpapiere hast (aber für Privatanleger reicht das doch völlig), dann brauchst Du auch keine Hub-Methode. Ich bin ein Spinner und habe über 900 unterschiedliche Wertpapiere, da geht es nicht ohne starke Computerunterstützung. Aber das sollte man lieber nicht nachmachen.
ACHTUNG: Die Hub-Methode liefert ICO-Stopkurse ("in computer only"). Die "echten" Stopkurse, die an der Börse liegen, setze ich aber immer noch selbst und nicht der Computer. Bitte nicht verwechseln, denn: Stopkurse kann man nicht berechnen.
@BarneyOnFire : Bitte beachte, dass die 200-Tage-Linie nur eines von vielen Kriterien für Stopkurse ist. Ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben, wie man gute Stopkurse setzt, und ein zweites Buch darüber, wie ich ständig ungewollt ausgestoppt werde (Titel: "Dann steigt man halt wieder ein"). Aber die Erfahrung zeigt, dass solche kleinen Unfälle langfristig viel weniger Performance kosten als das sture Festhalten an Verlustposition, "weil es ja ein gutes Unternehmen ist".
Ein Stopkurs "nur" 1 Prozent unter der 200-Tage-Linie ist aber zu knapp. Als Faustregel (!!) empfehle ich, den Bereich 5% unterhalb bis 15% oberhalb zu meiden. Wenn also die 200-Tage-Linie aktuell bei 100 Euro liegt, dann darf der Stopkurs nicht im Intervall 95 bis 115 sein. Nur eine Faustregel!!! Denn Stopkurse sind keine Wissenschaft, sondern eine Heuristik.
Und das Thema illiquide Handelsplätze ist auch so eine Sache. Ich handle bekanntlich fast nur im Livetrading. In aller Regel funktioniert das einwandfrei, aber für kleine Nebenwerte kommt es schon mal vor, dass man zu merkwürden Kursen abgefertigt wird. Wenn der Kurs nicht marktgerecht war, reklamiert man bei comdirect, die reklamieren (hoffentlich) beim Handelspartner, und dann wird der Trade storniert. Als Richtwert: Meine Mistrade-Quote ist deutlich unter 1 Promille aller Trades. Und in den letzten Jahren wurden von genau 56 Mistrade-Anträgen nur zwei (2) nicht storniert. In beiden Fällen hat dann comdirect den Schaden ausgeglichen, weil ich ein guter Kunde bin.
Hauptsache, Ihr verwendet überhaupt Stopkurse. Wo Ihr die setzt, ist Erfahrungssache. Ich habe auch nach 30 Jahren an der Börse immer wieder Pech damit. Mein Beziehungsstatus zu Stopkursen: "It's difficult".
Schönes Wochenende
und herzliche Grüße an meine Lesenden und Fans
nmh
13.03.2021 15:41 - bearbeitet 13.03.2021 15:43
Edit: doch nicht ganz so klein, sorry.
Kleine Ergänzung noch zum Beitrag von @nmh weil das ein typischer Fehler ist, den @BarneyOnFire macht und der von vielen begangen wird: vermischen von zwei unterschiedlichen Sachen.
Bitte bitte trennen: Money Management ist NICHT Portfolio Steuerung mittels HUB Methode.
Ich weiß alle wollen professionell sein und ihre 20 Titel wie nmh mit seinen fast 1000 Titeln verwalten. Aber auch mit mittleren zweistelligen Wertpapieren braucht man immer noch keine HUB Methode.
Bitte haltet es einfach, macht es wie @ehemaliger Nutzer und behaltet Money Management bei. Das reicht. Das ist eure Risikosteuerung und damit fährt man sehr gut.
Stopkurse anpassen ist dann ein laufender Prozess, ein individueller. Gute Aktien steigen auf lange Sicht konstant, also zieht man den Stop nach. Der Stop dient dazu
Gewinne laufen zu lassen und Verluste zu begrenzen
falls der Trend irgendwann bricht. Solange der langfristige übergeordnete (Primär)Trend aktiv ist bleibt ihr dabei, auch durch Seitwärtsbewegung hindurch. Es ist ja Trendstrategie und nicht "Börse ist Einbahnstraße geht nur aufwärts" - Strategie. Wenn das aufhört, der Trend bricht, steigt ihr aus.
HUB Steuerung hilft dabei den Überblick zu behalten, Positionen nicht zu groß werden zu lassen (Stopkurs wird immer enger, es kommt irgendwann zu Teilverkäufen und die Position wird wieder angepasst), und informiert zu werden wenn ein Nachziehkurs erreicht wird. Doch was bedeutet Nachziehkurs? Nun, Stopkurse kann man nicht berechnen und sind Erfahrung - warum glaubt man, dass der Nachziehkurs streng nach Mathematik berechnet und befolgt werden kann?
Erreichen des Nachziehkurs bedeutet erstmal nur "Achtung, Aktienkurs ist schon um nen Stück gestiegen, überprüfe mal den Stopkurs". Und das tut man dann, man prüft und richtet sich eventuell einen neuen Stop ein, mit neuem Nachziehkurs.
Stur festhalten am berechneten Nachziehkurs führt zu eben genau den Problemen - dass der Stopkurs in einem Bereich landet, der ungünstig ist. Das ist vielleicht für große Portfolios okay in Bezug auf die genannte Größe der Positionen, aber braucht man das als Otto-Normal-Anleger? Eher nicht.
Erst recht nicht, wenn man sich darüber ärgert ausgestoppt worden zu sein 😉
Und wenn ich aus dem Nähkästchen plaudern darf: über mein schwarzes Kabel bekomme ich öfters mit, dass größere Marktschwankungen zu solche Stopauslöser führt - dann kommt verärgertes grummeln durch das Kabel 😉
am 11.05.2021 17:43
Ich bin absolute Anfängerin. Das Buch " Den Aktien- und Börsenführerschein" von Beate Sander habe ich zum Teil gelesen. Mich interessiert das Thema brennend.
In mir sind jedoch noch zu viel Ängste die Erbschaftsgelder falsch anzulegen. Ich fühle mich für dies angesparte Geld stark verantwortlich. Es wäre sehr hilfreich, auf ehrliche erfahrene Börsenanleger zu stoßen, die wertvolle Tipps geben könnten. Von den Filialbanken habe ich mich getrennt, da sie nur an ihre Abschlüsse denken. Momentan bin ich bei zwei Direktbanken und stolz auf diesen Entwicklungsschritt.
"Money Management" hat mich stark beeindruckt. Die Infos muss ich mehrfach lesen.
Ich bin Lehrkraft von Beruf und eigentlich müsste eine Börsen AG an jeder Schule ein Pflichtfach werden.
Vielleicht magst du mir schreiben?
Viele Grüße
am 11.05.2021 17:55
Vielen Dank für Dein tolles Feedback. Ich freue mich sehr, dass mein Artikel "Money Management" Dir gefallen hat. Wenn Du nur diese eine Regel "Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen" diszipliniert beachtest, wirst Du an der Börse sehr erfolgreich sein.
Wenn Du nicht viel Zeit für die Aktienanlage aufbringen möchtest, solltest Du einfach einen Sparplan auf den MSCI World-Index abschliessen. Einmal im Monat einen fixen Betrag automatisch anlegen. Das kostet keine hohen Spesen und wird Dir auf Sicht vieler Jahre mit Sicherheit hohe Gewinne bringen. Vor allem aber:
Ich empfehle Dir, alle Texte aus meinem Inhaltsverzeichnis (bitte hier klicken) sorgfältig zu studieren.
Viel Spass beim Lesen, und viel Erfolg für Deine Börsengeschäfte!
Herzliche Grüsse aus einem leicht verregneten München
nmh
am 11.05.2021 18:40
@nmh schrieb:Die meisten Privaten machen es genau umgekehrt. "Ui, super, da gibt es eine Aktie, die ist in den letzten Tagen und Wochen abgestürzt. Die ist jetzt schön billig, die sammle ich jetzt mit Limit ein." Und dann schauen sie zu, wie die Aktie auch nach dem Kauf noch jahrelang weiter fällt. Unser Privatanleger war in diesem Fall einfach gescheiter als der Markt, und hat einen Tiefflieger aufgesammelt. Nennen wir es Fehler Nr. 1.
Erinnert mich an Thyssen-Krupp 😁 Meine erste Aktie, bei 11€ rein, bei 12€ noch größer rein... paar Jahre etwas Dividende und dann gehts berg ab und berg ab... die Nachrichtenportale sind ein Jahr voller schlechter Nachrichten, der Kurs fällt und fällt. Zwischenzeitlich hat meine zweite Aktie "Currasan" Insolvenz gemacht und droht das bald auch Thyssen Krupp? Soll ich mutig sein und nochmal kräftig nachkaufen? Augen zu und bei 4 irgendwas alles verkauft. Wenige Tage später schießt Thyssen-Krupp wegen Wasserstoff und Australien in die Höhe. Heute sind die vom Kurs wieder irgendwo da wo ich damals rein bin. Nun blöd gelaufen, aber was solls 😁
Ich stopf gern die Aktien die ich verkauft habe, ins Musterdepot. Da sieht man nicht selten wenig später tolle Gewinne die ich sozusagen verschenkt habe 😁
Wie sagte der Konfuzius so schön "Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu Handeln - Erstens durch Nachdenken, das ist das Edelste, - durch Nachahmen, das ist das Leichteste, und - durch Erfahrung, das ist das Bitterste."
am 11.05.2021 19:41
@ehemaliger Nutzer schrieb:Ich stopf gern die Aktien die ich verkauft habe, ins Musterdepot. Da sieht man nicht selten wenig später tolle Gewinne die ich sozusagen verschenkt habe 😁
Diese Marotte nenn ich auch mein eigen 😂
Man sieht nicht nur die entgangenen Gewinne sondern auch eventuell verhinderte Verluste und wenn man die Gewinne der damit getätigten Käufe dagegen rechnet relativiert sich das ganz schnell …
Ich kann durchaus verstehen wenn ein Börsentag wie heute dazu verleitet Nachkäufe oder Neueinstiege in Werte, die schon ewig auf der Warteliste waren, zu tätigen.
Gejuckt hat es bei mir auch, das wäre allerdings eine Art Kurzschluss Handlung gewesen und derartige Tätigkeiten sind für mich tabu bei Investments.
Bei Aktien die auf soliden Beinen stehen und welche trotz guter Zahlen nur aufgrund der Marktlage heute Federn ließen ist das ja auch okay wenn man vorhat sie lange zu halten.
Es eilt nicht und die nächste Chance kommt bestimmt, denn diese Kurse werden wir voraussichtlich nochmal sehen. Das gilt m. M. nach vor allem für Technologie Werte.
Und wenn nicht ist es sowieso viel schöner in einen steigenden Markt zu investieren.
Ich bleibe entspannt auf der Seitenlinie und warte die Entwicklung der nächsten Monate ab, sammle ein bisschen Cash (hoffentlich nicht zu viel wegen der Stopps)
gruss ae
am 12.05.2021 12:52
@ae schrieb:
Es eilt nicht und die nächste Chance kommt bestimmt, denn diese Kurse werden wir voraussichtlich nochmal sehen. Das gilt m. M. nach vor allem für Technologie Werte.
Und wenn nicht ist es sowieso viel schöner in einen steigenden Markt zu investieren.
Ich hoffe doch nur noch einmal, wenn es wieder bergauf geht 😄
Im letzten Jahr kam nach jeder großen Korrektur eine zweite (z.B. September und Dezember, oder jetzt Februar und Mai) welche das Niveau ungefähr zurückgebracht hat so scheint es. Dies ist nun eine, welche uns zurück auf Februar-Korrektur-Niveau bringt. Ich hoffe also wirklich, dass es nicht noch ein drittes Mal so kommt 😉