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Das Rätsel mit den ETFs

DerMitFrage
Experte
85 Beiträge

Hi zusammen,

 

ich stehe seit einer Weile vor einem Rätsel und es ist mir bis heute nicht gelungen, weder mit KI noch sonst mithilfe von Büchern, es zu lösen. Vielleicht könnt ihr mir helfen.

 

Warum sollte man in nach Marktkapitalisierung gewichtete ETFs (oder ETFs allgemein) investieren und diese nicht selbst nachbauen?

 

ETFs bieten viele versteckte Risiken. Sei es deren Liquidität, der negative Effekt auf die Steuerstundung bei einer Auflösung des ETFs oder deren Zusammenlegung mit anderen ETFs. 

Zudem zahlt man eine jährliche Gebühr, abhängig davon wie hoch die investierten Beträge sind. Bei einer TER von 0,15% und einer investierten Summe von z.B. 200.000€ immerhin 300€ pro Jahr.

 

Warum um Himmels Willen soll ich nun also nicht einfach (aktuell auch hier für 0 €), nicht selbst einen solchen ETF mit z.B. 50 Sparplänen (oder mehr) nachbilden und selbst mithilfe vieler Sparpläne ein nach z.B. Branchen und Regionen stark diversifiziertes Portfolio erstellen.

 

Laufende Kosten von Aktien: 0,00 €

 

Zudem habe ich keine Risiken, die durch den ETF Anbieter entstehen.

 

Der einzige Nachteil, der mir ersichtlich ist, sind höhere Gebühren beim Verkauf der einzelnen Aktien in der Zukunft. Da aber Aktien für eine längere Zeit (10 Jahre + ) gekauft werden und nie die Absicht bestehen sollte, alle Positionen auf einmal zu schließen, erschließt sich mir nicht, warum ich ETFs kaufen sollte, wenn ich in der Lage bin selbst 100 Aktien zu kaufen. Insbesondere wenn ich als Auswahl-Kriterium eine Dividende ansetze, ist ein Verkauf nicht wirklich nötig während der Rente.

 

Mir ist klar, dass ETFs Sinn machen können, wenn ich nur 100 Euro im Monat zur Seite lege. Dann sollte der Vorteil der Diversifikation die geringen Kosten überwiegen. Aber ab einer bestimmten Größe sollte es doch keinen Sinn machen, ETFs zu kaufen. Wenn ich mich nicht mit Investieren beschäftigen will verstehe ich ETFs auch.

 

Also die Frage, warum kaufen viele, obwohl sie sich mit Aktien und Investieren beschäftigen und obwohl sie ordentliche Sparraten haben, ETFs?

 

PS: Der Aufwand 50 "kleine" Sparpläne einzurichten sollte kein Argument sein. 

 

LG

DerMitFrage

 

20 ANTWORTEN

digitus
Legende
8.357 Beiträge

@Marin  schrieb:

Lange Rede, kurzer Sinn: Was spricht dagegen, sich seinen eigenen ETF zu bauen? Nichts. Was spricht dagegen, stattdessen einfach den ETF zu kaufen? Auch nichts.


Reine Investmentpoesie 🤩. Danke, @Marin!

 

DerMitFrage
Experte
85 Beiträge

Wenn ein Unternehmen aus einem Portfolio von 200+ Unternehmen Pleite geht ist das nicht toll, aber relativ gemessen nicht wirklich dramatisch. Alle Firmenseitigen Dinge treffen aber auch auf Personen mit ETFs zu.

 

Beim ETF Anbieter sieht das schon anders aus. Wenn er Physisch nachbildet sind die Aktien Sondervermögen. Wie lange dauert es bis ich an dieses Sondervermögen komme, im Falle einer Zahlungsunfähigkeit? Bei nicht physischen ETFs sieht es anders aus und nicht 100% des Anlagevolumens sind investiert. Was ist mit den Barwerten bei Zahlungsunfähigkeit?

 

Beispiel: eine HSBC hat ein Rating von A- bei S&P das entspricht einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 1,42% auf einer Laufzeit von 10 Jahren.

 

Mein Anlagezeitraum sind 40+ Jahre.

 

Es geht mir im übrigen nicht darum einen ETF 1:1 nachzubilden, sondern den Ansatz zu wählen sehr breit Einzelaktien zu streuen (100+), um die Vorteile beider Welten zu vereinen (starke Diversifikation und keine laufenden Kosten). 

 

Steuervorteile sind i.d.R ab 2024 abgeschafft, oder nicht? (Steuerstundungseffekt) Das war früher ein gutes Argument für ETFs.

digitus
Legende
8.357 Beiträge

@DerMitFrage  schrieb:
Was ist mit den Barwerten bei Zahlungsunfähigkeit?

 

Beispiel: eine HSBC hat ein Rating von A- bei S&P das entspricht einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 1,42% auf einer Laufzeit von 10 Jahren.



Du hast den Begriff "Sondervermögen" ja schon genannt.Die Zahlungsfähigkeit der Emittentin ist wumpe. Blackrock oder Vanguard werden in den nächsten 50 Jahren nicht pleite gehen.

 

Und dann bin ich draußen, weil ich das Gefühl habe, dass es bei @DerMitFrage sowas wie ne fixe Idee ist mit dem ja-nicht-in-ETFs-investieren ... Mach, was dir taugt.

 

Und ansonsten gehe ich jetzt ins Bett 😴.

 

Gute Nacht,

Andreas

hmg
Experte ★★
476 Beiträge

@DerMitFrage 

ETFs sind ein gutes Mittel, um günstig eine große Diversifikation in Aktienanlagen zu erreichen und gleichzeitig passiv nach bestimmten Vorgaben (z.B. einem Index folgend) zu investieren.

 

Natürlich kann man stattdessen auch Diversifikation über eine größere Zahl von Aktien-Sparplänen erreichen. Das kann auch unter Umständen Vorteile haben: Wer möchte, der kann z.B. aktiv nur die „Best-Performer“ eines Index wählen oder sich ein Depot aus „ewigen Trendaktien“ zusammenstellen. 

 

Aber wenn Du in annehmbarer Zeit pro Aktie eine ordentliche Positionsgröße erreichen willst, dann musst Du schon sehr hohe Sparraten haben. Bei 25 Euro pro Monat pro Aktie (Mindestbetrag im comdirect-Sparplan) brauchst Du 3 Jahre um 900 Euro anzusparen.

 

Und für 100+ Sparpläne musst Du entsprechend pro Monat mindestens 2500 Euro investieren können - das ist nicht unbedingt die Größenordnung der typischen ETF-Sparer…


Und rein passiv investieren sollte man so meiner Meinung nach nicht. Man sollte seine Sparpläne auf Aktien im Blick behalten und ggf. umschichten, falls eine Aktie die Erwartungen nicht erfüllt. Kann Spaß machen, macht vor allem aber auch Arbeit.

 

Kurz: Wenn ich 30.000 Euro pro Jahr und mehr investieren könnte, dann würde ich mich auch eher für Einzelaktien entscheiden. Aber für kleinere Beträge oder „faule“ Sparer sind ETFs eine tolle Sache!

DerMitFrage
Experte
85 Beiträge

2.500 Euro+ pro Monat ist die Größenordnung von der ich hier schreibe. 🙂

 

Bei kleinen Beträgen überwiegt der Vorteil der Diversifikation definitiv die extra Kosten und das zusätzliche Risiko durch den Mittelsmann (egal wie gering es eingeschätzt wird, es existiert).

 

Der All World ist ein Beispiel, dass ich dafür gut nachvollziehen kann (der MSCI World z.b. nicht).

 

Aber mir geht es eben nicht um 100/250 Euro im Monat.

 

KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,

 

das erste, was mir einfällt - ich habe Fonds, ETFs und Einzelaktien - ist, dass Aktienfonds und ETFs in Deutschland Steuerprivillegiert sind.

Es gibt daher in Deutschland durchaus Sparer/Investoren, die deswegen Branchen-ETFs statt Aktien kaufen.

Dazu zähle ich allerdings nicht. Fonds und ETFs sind für mich interessant beim Index-Investing, das ursprünglich einmal von Paul Samuelson vorgeschlagen und dann von John C. Bogle mit dem ersten öffentlich zugänglichen Index fonds, dem Vanguard 500, umgesetzt und angeboten wurde.

Gehe ich in die Literatur, dann finde ich praktisch keinen Autor, der behaupten würde, dass es etwa einfach sein könnte, den Markt (konkret den Index bzw. Indesfonds) zu schlagen. Und das ist überwiegend US Amerikanische Literatur. Dort hat man als Anleger wenigstens im IRA (Individual Retirement Account) steuerlich paradiesische Zustände.

Einzelwerte muss man, während im Fonds die Verlierer verschwinden und aufstrebende Firmen hinzukommen, gelegentlich veräußern und dann schlägt die Kapitalertragsteuer zu.

Während es in USA fast unmöglich erscheint, den Markt zu schlagen, ist es in Deutschland noch einmal deutlich anspruchsvoller.

Ich argumentiere einmal, pars pro toto, mit Joel Greenblatt, der es in "The Magic Formula" so schön auf den Punkt gebracht hat: Wenn ich 6% p.a. praktisch ohne Arbeit und Risiko für Staatsanleihen bekomme, dann sollte ich etwas anderes nur tun, wenn ich auch etwas davon habe.

Da Index Investing seit Jahrzehnten als die für beinahe jedermann beste und klügste Investitionsstrategie gilt, darf man den Staatsanleihen natürlich die durchschnittlich etwas höheren Renditen der Markt-ETFs entgegen halten, denn die machen auch keine Arbeit.

In Einzelwerte zu gehen, also das Risiko zu erhöhen und - ich rechne bei sinnvoller Portfoliopflege nicht unter 10 Wochenarbeitsstunden - Arbeit zu investieren, lohnt sich gemeinhin schon in USA für kaum jemanden und in Deutschland erst recht nicht.

 

Dann möchte ich noch ausdrücklich bei @t.w. unterschreiben, der es oben schon so schön zusammengefasst hat.

 

Natürlich kann man auch in Deutschland auf Einzelwerte setzen. Ich tu's ja anteilig auch. Aber der Anker und das Fundament ist bei mir das Index-investing mit breit gestreuten Fonds und ETFs. Mein aktiver Teil orientiert sich auch eher an Peter Hasler als etwa an Joel Greenblatt oder Andreas Clenow.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

Marin
Mentor ★
1.171 Beiträge

Lieber @DerMitFrage,

 

wenn du einen Totalverlust einer Einzelaktie als "nicht wirklich dramatisch" ansiehst, aber gleichzeitig ETF-Gebühren von 0,15% kritisch betrachtest und über einen Ausfall der HSBC nachdenkst, komme ich einfach nicht drumherum, deine contra ETF-Argumente als etwas konstruiert anzusehen. Eventuell, um deinen Denkansatz bestätigt zu sehen? Das ist gar nicht nötig, denn im Prinzip ist das Wichtigste, dass man mit seiner Anlage ruhig schlafen kann.

 

Du hast deine Anlageentscheidung in verschiedene Unterkategorien wie z.B. Gebühren und Kreditwürdigkeit eingeteilt. Das ist in Ordnung und macht fast jeder so. Die meisten Anleger greifen dann gerne zu ETFs, weil diese in nahezu allen Kategorien "gut" abschneiden und man so relativ wenig falsch machen kann. Ebenso spielen bei vielen Anlegern die Faktoren Zeit und Energie eine Rolle, wenn es um die Auswahl einer passiven oder aktiven Anlage geht. Wenn das für dich nicht passt, ist das wie gesagt vollkommen in Ordnung. Du wirst in dieser Diskussion aber vermutlich kein objektives, allgemeingültiges Ergebnis erzielen, ob nun Einzelaktien oder ETFs "besser" sind. Denn ein solches gibt es nicht.

 

Viele Grüße

Marin

GetBetter
Legende
7.307 Beiträge

@DerMitFrage  schrieb:

Warum sollte man in nach Marktkapitalisierung gewichtete ETFs (oder ETFs allgemein) investieren und diese nicht selbst nachbauen?

 


Ich halte fest: Es geht um den Nachbau eines nach Marktkapitalisierung gewichteten ETFs. Somit ist das zumindest im Groben ein regelmäßiges Rebalancing der Einzelwerte erforderlich.

 


@DerMitFrage  schrieb:

ETFs bieten viele versteckte Risiken. Sei es deren Liquidität, der negative Effekt auf die Steuerstundung bei einer Auflösung des ETFs oder deren Zusammenlegung mit anderen ETFs. 


Inwiefern soll die Liquidität von ETFs ein Problem sein? Anders als bei Einzelaktien können ETF-Anteile aus dem Nichts entstehen und im Nichts verschwinden. Du brauchst keinen gleichzeitig verfügbaren zweiten Marktteilnehmer, der dir Anteile verkauft oder abnimmt. Dafür gibt es den Market Maker.

 

Einen negativen Effekt im Zusammenhang mit der Steuerstundung hast Du vor allem bei dividendenzahlenden Aktien. Im Gegensatz dazu ist ein thesaurierender ETF das Paradies. Die Tatsache, dass wir derzeit tatsächlich eine Vorabpauschale > 0 und damit Steuerlast auf nicht realisierte Gewinne besteht, ist macht den ETF-Vorteil natürlich kleiner, lässt ihn statistisch aber nicht verschwinden.

 

Und eine Steuerpflicht durch Wertpapier-spezifische Events kannst Du auch bei Einzelaktien haben. Entsprechende Berichte im Zusammenhang mit z.B. Abspaltungen finden sich u.a. auch hier in der Community.

 

 


@DerMitFrage  schrieb:

Zudem zahlt man eine jährliche Gebühr, abhängig davon wie hoch die investierten Beträge sind. Bei einer TER von 0,15% und einer investierten Summe von z.B. 200.000€ immerhin 300€ pro Jahr.

 

Warum um Himmels Willen soll ich nun also nicht einfach (aktuell auch hier für 0 €), nicht selbst einen solchen ETF mit z.B. 50 Sparplänen (oder mehr) nachbilden und selbst mithilfe vieler Sparpläne ein nach z.B. Branchen und Regionen stark diversifiziertes Portfolio erstellen.

 

Laufende Kosten von Aktien: 0,00 €


Klassische Milchmädchenrechnung. Du lässt indirekte Kosten einsetitig unter den Tisch fallen und vergleichst am Ende Äpfel mit Birnen.

 

Nehmen wir einen selbstgebauten ETF bestehend aus 100 Einzelwerten (die Zahl hat sich weiter unten in der Diskussion ja etabliert).

Das entspricht als 1.200 Käufen und einer gleichgroßen Anzahl Buchungsbelegen.

Dazu kommen je nach Auswahl zwischen 0 und 400 Dividenauszahlungen. Nehmen wir zu Deinen Gunsten an es seien 100 Auszahlungen.

Damit sind wir bei 1.300 Buchungsbelegen, die ja, um den Überblick zu behalten (wie willst Du sonst die korrekte Gewichtung gewährleisten?) alle entsprechend gebucht werden müssen.

 

Um die Gewichtung nach Marktkapitalisierung nicht zu verfälschen, müssen diese 100 Auszahlungen auch wieder angelegt werden:

100x Sparplan entsprechend erhöhen, anschließend auch 100x wieder reduzieren.

 

Insgesamt sind das also 1.500 Vorgänge.

Kalkulieren wir für jeden einzelnen nur sehr sportliche 30 Sekunden (Download und Ablage der PDFs, Kontrolle, Buchung, ggf. Sparplanänderung) dann sind das 12,5 Stunden jährlich.

Hinzu kämen Zeiten für evtl. erforderliche Quellensteuerrückforderungen, aussergewöhnliche Kapitalmaßnahmen (Splits, Abspaltungen, Delistings etc.) und natürlich auch für die trotzallem erforderliche Beobachtung der Werte. Wenn man aus x-tausend möglichen Aktien schon nur 100 auswählt, dann sollen die ja zumindest einen gewissen Mindeststandard erfüllen.

 

Jetzt kenne ich Deinen Stundenlohn natürlich nicht, wünsche Dir aber, dass die nötigen Zeitaufwände mehr als 300 € wert sind.

 

Nur zum Vergleich:

Bei einem ETF hättest Du für den gleichen Zeitraum übrigens 13 Buchungen (12 Käufe + 1 Steuerbescheinigung für die Vorabpauschale).

 

 


@DerMitFrage  schrieb:

Also die Frage, warum kaufen viele, obwohl sie sich mit Aktien und Investieren beschäftigen und obwohl sie ordentliche Sparraten haben, ETFs?


Weil es Sinn macht, Zeit und Kosten spart.

KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,

 

kleine Detailanmerkung:

 


@GetBetter  schrieb:

@DerMitFrage  schrieb:

Warum sollte man in nach Marktkapitalisierung gewichtete ETFs (oder ETFs allgemein) investieren und diese nicht selbst nachbauen?

 


Ich halte fest: Es geht um den Nachbau eines nach Marktkapitalisierung gewichteten ETFs. Somit ist das zumindest im Groben ein regelmäßiges Rebalancing der Einzelwerte erforderlich.

Das eben gerade nicht.

Es war der große Durchbruch bei den Kosten der Fondsverwaltung, dass Markrkapitalisierungsgewichtete Fonds eben nicht rebalanced werden.

Genau das macht die quasi Selbstverwaltung dieser Fonds aus.

Nicht-Marktkapitalisierte Fonds müssen rebalanced werden.

Das ist genau der Unterschied zwischen den beiden.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

t.w.
Legende
4.912 Beiträge

Und eben da liegt der Unterschied zum Selbstbau, den @GetBetter meiner Meinung nach anspielte. Will ich 100 Aktien dauerhaft nach MCap besparen, muss ich entweder Rebalancen oder ständig die Sparraten der aktuellen Marktkapitalisierung anpassen. Also jeden Monat 100 Auswertungen und 100 Sparpläne anpassen.