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BYD - professioneller Tiefflieger, oder Höhenmesser kaputt?

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

Hallo,

ich bin gerade ein wenig am Rätseln, was da bei BYD los ist. Ganz sicher ist das momentan ein Zockertitel. Technisch gesehen eine einzige Katastrophe. Aber fundamental? OK, angekündigte Preisnachlässe, die sich gewaschen haben, das hat Tesla schon hinter sich. Und, hey, BYD ist nicht nur der Hauptkonkurrent von Tesla, Chuanfu ist genauso ein Sparfuchs wie Elon Musk. Die Marge bei BYD (vor den Preisnachlässen) ist deutlich höher als bei Tesla. BYD verkaufen mehr Autos als Tesla, mit etwas schwächeren Wachstumsraten, aber eben auf höherem Niveau. Dabei hat BYD eine deutlich geringere Marktkapitalisierung und wird mit deutlichen Abschlägen gegenüber Tesla gehandelt.

Was genau übersehe ich? Oder hat sich einfach der ganze Hühnerhaufen in den Kopf gesetzt nach Süden zu rennen? Dann muss ihnen ja irgendwann die Luft ausgehen und dann wollen sie alle wieder nach Hause in den gemütlichen Stall im Norden. Da könnte man dann ja wenigstens ein Stück des Weges mitgehen. Natürlich erst, wenn die dahin unterwegs sind.

Gruß kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)
31 ANTWORTEN

Drilling
Mentor
757 Beiträge

Schwierig. Geht man 5 Jahre zurück, sieht es so aus:

5 jahre.jpg

 

 

Geht man 2 Jahre zurück, sieht es so aus:

2 jahre.jpg

 

Ich würde mal sagen - am Anfang der e-Mobilität sind die Wachstums-Chancen deutlich überschätzt worden...
Für mich drängt sich weder/noch ein Investment auf. Gefühlsmäßig würde ich eher auf BYD setzen. Da könnte man - wie du schon gesagt hast - auf einen Turn spekulieren.

Die drei Siebe des Sokrates: Ist es wahr? Ist es gut? Ist es notwendig?

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

Hallo Drilling,

 

Übereinandergelegt habe ich die Charts noch gar nicht betrachtet, dafür schon einmal Danke. Ich habe mich noch mal ein wenig umgesehen und bin mir im Moment gar nicht mehr so sicher, was die Zahlen angeht. Da gibt es große Unterschiede. Erwartete KGV`s zwischen 22 und 65. Bruttomargen zwischen 5% und 21% werden da ausgewiesen. Je nach Quelle. Da muss ich noch einmal näher mit beschäftigen, was da hinter steckt.

 

Aber charttechnisch ist der Wert gerade sehr spannend. Ich habe ihn mir mal im Wochenchart angesehen (das erste Mal mit dem Chart-Analyzer – was für eine Krücke).

Da werden gerade alle langfristigen Unterstützungen pulverisiert. Also für eine Langfristanlage scheint der gerade nicht geeignet.

Da hier im Forum die Technische Analyse nicht so verbreitet ist, möchte ich, bevor ich weiterschreibe, etwas Grundsätzliches zur TA, bzw. hier im Besonderen zu dem Unterthema „Charttechnik“ schreiben, damit diese Dinge richtig eingeordnet werden.

Dafür begeben wir uns nicht auf das weite Feld der Charts, sondern verkriechen uns mal kurz dahin, wo der einzige Ort ist, der letztendlich Erfolg verspricht. Dahin, wo das verarbeitet wird, was wir sehen.

Womit wir schon beim ersten Problem wären. Dass was wir sehen, ist nicht das, was da ist. Es ist ein Extrakt der Wirklichkeit. Schon vor der Verarbeitung im Gehirn hat eine Vorstufe vorsortiert. Einfach ausgedrückt sehen wir nur das, was wir sehen wollen. Möchten wir dagegen mehr erkennen, müssen wir uns konzentrieren und es unserem Gehirn ausdrücklich erlauben. Von den zig Millionen angeregten Zapfen im Auge nehmen die meisten Zapfen Photonen wahr, die für unsere momentanen Aufgaben gerade nicht notwendig sind und deren Informationen es nicht bis zur Verarbeitung im Gehirn schaffen, also ignoriert werden. Eine solche Informationsflut kann unser Gehirn schlicht nicht verarbeiten. Und als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, füllt unser Gedächtnis die entstandenen Lücken mit Erinnerungen auf, die wir leider nicht von der Realität unterscheiden können. Schon macht der Zeuge, der den Täter nur kurz gesehen hat, aus dem 20-jährigen Bodybuilder einen Durchschnittstypen im Durchschnittsalter. Manchmal wird noch nicht einmal das Geschlecht richtig erinnert.

Aber auch wenn wir uns konzentrieren sehen wir manches nicht, weil es nicht unserer Erfahrung, unserem Weltbild, oder unserem Rechtsempfinden entspricht. Oder weil es, was in diesem Zusammenhang wichtiger ist, im Widerspruch mit unseren Erwartungen steht.

 

Was hat das nun mit Charttechnik zu tun? Alles. Wenn es einem Charttechniker nicht gelingt seine Erwartung auszublenden, was meiner Meinung nach schwieriger ist als es scheint, wird er nur komische Schnittmuster malen, die er dann mit seinen Erwartungen interpretiert. Charttechniker sehen das, was sie sehen wollen, Punkt. Man kann ihnen nicht trauen. Sie versuchen ihre kruden Gedanken anderen weiszumachen. Viele benutzen, daran erkennt man auch diese ganze Scharlatanerie, die charttechnische Analyse, um ihre zuvor durch Fundamentalanalyse entstandene Meinung zu unterstützen. Also niemals einem Charttechniker trauen.  Egal, ob da Gottfried Chartengel herumfantasiert, oder ob es nur ein aus dem Keller gekrochener kio ist. Sie leben alle in ihrer eigenen Realität. Sie wissen vielleicht manchmal noch, wie sie ihre Interpretationsträume in sinnvolles Handeln umsetzen, für andere ist das aber meist Roulette.

 

Kommen wir zur Chartanalyse 😁. Bzw. zu den meiner Meinung nach wichtigsten Linien. Womit wir bei einem weiteren Problem wären. "WAS? NEIN BITTE, nicht nochmal so viele Wörter!“ Keine Angst, dieses Problem ist einfacher zu verstehen. Ich analysiere hier einen Chart, der zum einen nicht an der Heimatbörse entstanden ist und obendrein nicht zu der Handelszeit der Heimatbörse. Also gibt es einen Wechselkurseffekt, sowie eine Preisentwicklung, die nicht zwangsweise in jeder Einzelheit von der Heimatbörse gestützt wurde. Und an diese verzerrte Wirklichkeit lege ich mit meiner persönlich verzerrten Realität (s.o.) Linien an.

Wer mir jetzt noch folgt, ist entweder Masochist, hat Langeweile, oder weiß, wie er das Geschreibsel oben einsortieren muss.😇

 

So. Ich lege Trendlinien in langfristigen Charts auf die tiefsten, bzw. höchsten Schlusskurse. Die Ausreißer nach oben und unten interessieren mich nur in kürzeren Zeiträumen, so kleiner ein Jahr. Nur falls sich jemand wundert, warum die Linien so komisch positioniert sind.

Ich betrachte hier den Zeitraum seit Anfang 2021 in der logarithmischen Darstellung, das macht bei diesen Kurssteigerungen mehr Sinn. Dieser Zeitraum sollte auch für Langfristanleger ausreichend sein.

Die rote Linie wurde als erstes gerissen. Nach kurzem Fall noch ein Hüpfer nach oben, um dann irgendwie Entscheidungsunfreudig vor sich hinzupröddeln. Bis Ende letzte Woche die schwarze Trendlinie einfach durchbrochen wurde und damit eine Abwärtsdynamik freigesetzt werden könnte, die noch eine Zeitlang fortwährt.

Die gepunktete Linie ist eine innere Trendlinie, die ich mal "entdeckt" habe. Mit Sicherheit bin ich nur einer von tausenden, die diese Linie benutzen, also auch wieder nichts so Besonderes. Aber spannend ist die Idee dahinter und das Verhalten an der Linie, welches oft dieser Idee folgt. Ich habe mir einfach überlegt, dass die direkte Line von einem lokalen Hoch zu seinem übernächsten lokalem Tief (vereinfacht gesagt) die innere Dynamik ist, die aufzeigt, was Anleger grundsätzlich bereit sind, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes an Verlust zu akzeptieren (Ja, für die Mitleser meines CCC-Threads, ich kann auch Zeit). Wenn nun ein Kurs Widerstände pulverisiert wie hier, heftet er sich des Öfteren an diese innere Trendline und wandert eine Zeitlang an ihr herab, man könnte diese Linie auch als erstes Ziel definieren. Sollte der Kurs nächste Woche tatsächlich weiter fallen und an der gepunkteten Linie ankommen, liegt da auch noch eine schwache horizontale Unterstützung. Wenn sich der Durchbruch durch die schwarze Linie jedoch als Fehlausbruch erweist, dann ist alles, was ich hier geschrieben habe, nur noch mein feuchter Traum und wir sind wieder bei der Erklärung oben und der Warnung vor Charttechnikern.

Aber dann halte ich es nach Adenauer. "Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“ und fange von vorne an zu analysieren.

 

BYD - BYD-Thread.jpg

 

 

 

Grundsätzlich würde ich auf BYD langfristig vorerst keinen Blumentopf wetten. Kurzfristig auch nicht, stand jetzt.

Da fällt mir etwas ein, einen Moment mal.

Ich habe gerade mal nachgesehen und tatsächlich, ich habe da noch einen alten Blumentopf mit einem Sprung. Den würde ich setzen.

 

Viele Grüße, eine erholsame Nacht und eine erfolgreiche Woche wünscht

kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

So, HK hat geschlossen, kommen wir zum Stand der Dinge.

So kann es gehen. Bei diesem ganzen Nebengequatsche über die Unzulänglichkeiten unseres Gehirns bin ich selbst in die Falle gelaufen. Es war spät, ich war müde und habe es verpennt, den Tageschart anzusehen. Hole ich jetzt nach. Also nicht den ganzen, nur einen kleinen, aber hier ausreichenden Ausschnitt.

 

BYD candle 04.12.jpg

Am Donnerstag letzte Woche hat sich bei gleichem Volumen wie während des Preisverfalls, ein Hammer herausgebildet. Die folgenden Schlusskurse, also Freitag und heute haben es nicht geschafft unter dem Tiefstkurs des Hammers zu schließen. Die Hammerformation behält solange ihre Gültigkeit, bis ein Schlußkurs unter ihrem Tief schließt.

Eine wunderschöne Situation fürs Risikomanagement.

 

 

 

 

 

Gruß kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)

digitus
Legende
8.350 Beiträge

Wow, @Kio 😳, fettes Dankeschön für die ausführliche Einschätzung! Sehr interessant!

 

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

hallo Digitus,

vielen Dank für das Lob.
Da gibt es ja ein deutliches Missverhältnis zwischen dem Tages- und dem Wochenchart. Da der Wochenchart nach wie vor äußerst bärisch aussieht, bietet sich dieser Titel nicht für eine Langfristanlage an...
...aber...
...die günstige Konstellation lässt auf Tagesbasis einen Trade mit einem überschaubaren Risiko zu. Bei einer Haltezeit von wenigen Tagen oder Wochen. Zumindest auf den ersten Blick.

Schauen wir mal, ob wir daraus einen vernünftigen Trade gebastelt bekommen.
Entwickelt sich der Kurs aufwärts steht bei 214 HKD (8HKD über akt. Kurs) ein Widerstand, den ich (Nein, keine Erklärung, nicht jetzt ) als so mittelschwer einstufen würde. Die Unterstützung dagegen liegt bei 202 HKD (Tiefstkurs des Hammers). Da müsste man ein wenig drunter, dann steht man aber bei 200 HKD, was kein wirklich guter Stopkurs wäre. Also müsste man da auch drunter, vielleicht so bei 198 HKD. Das da schon wieder weitere Unterstützungen kommen und somit auch da kein wirklich guter Stopkurs wäre, ignoriere ich jetzt mal.
Bei einem derzeitigen Kurs von rund 206 HKD habe ich also ein Risiko von 8 HKD und eine Chance von 8 HKD. Dem Konservativen Gedanken folgend, dass der Markt in dem Moment macht, was er will, wenn ich auf "Kaufen" geklickt habe, ergibt sich eine 50/50 Chance, entweder den ersten Widerstand anzulaufen, oder ausgestopt zu werden. Alles, was vielleicht noch passieren könnte, also ein Anstieg über den ersten Widerstand, ist Hoffen auf die Zukunft und somit per Definition kein tragbares Konzept zum Traden. Für mich deshalb an dieser Stelle uninteressant, zumindest als Trade. Bei dem Gedanken eine erste Position für eine Mittelfristige Anlage aufzubauen, sähe das schon wieder anders aus. In diesem Fall rechne ich das Risiko anders und gehe andere Positionsgrößen ein. dafür jedoch sieht der Wochenchart nicht gut genug aus.

Für die Interessierten, die sich damit noch nicht befasst haben, eine kleine Erklärung zu der Kerzenformation "Hammer". Die Kerzen, die dem Hammer vorhergehen sollten lang und rot sein. Während des Verfalls nimmt die Dynamik zu, bis irgendwo plötzlich niemand mehr ist, der verkaufen möchte. Wir sind unten angekommen. Wer jetzt noch verkauft, will mehr als den Tiefstkurs haben, der Kurs steigt wieder bis in die Nähe des Eröffnungskurses. Es wurde sozusagen ein Tiefstkurs gehämmert. Innerhalb der Kursspanne des Hammers kommt es in der Folge häufig zu Konsolidierungen und einem unentschlossenen Bild, aber eben auch zu sehr schönen Einstiegschancen mit ordentlichen C-R Verhältnissen.

Aber noch einmal deutlich: Ein Hammer ist noch kein Werkzeugkasten. 😩

Gruß kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

Weiterhin keine großartigen Neuigkeiten.

 

BYD 05.12. candle.jpg

Wie oben erwähnt, haben wir jetzt ein uneinheitliches Bild. Der Hammer ist immer noch gültig und wird vom Volumen gestützt. Der Hammer selbst hatte das größte Volumen. Am ersten Tag nach dem Hammer gab es zwar nicht genug Bullen, um den Kurs wieder hoch zu heben, aber auch nicht genügend Bären, die bereit waren unterhalb des Tiefstkurses des Hammers zu verkaufen, daher das geringere Volumen. Anschließend stieg das Volumen leicht mit steigenden Schlußkursen, was erst einmal positiv zu werten ist.

ABER

Das ist schon eine sehr lange Aneinanderreihung von roten Kerzen. Ist zwar einerseits nur ein statistischer Wert, aber als alter Profidefätist höre ich immer die Flöhe husten und frage mich, warum es die Bullen elf Tage hintereinander nicht geschafft haben, im Tagesverlauf den Schlußkurs über den Eröffnungskurs zu heben.

Und weil ein guter Charttechniker auf jede Frage die richtige Indikation bereithält, habe ich natürlich auch etwas für die Pessimisten.

Aus den drei Kerzen innerhalb des Eis könnte die Formation "Falling Three Methods" entstehen. Einer langen rote Kerze folgen mehrere Kerzen, deren Kerzenkörper innerhalb des Körpers der ersten Kerze schließen. wenn die Formation vollendet wird, dann folgt eine weitere lange rote Kerze, deren Schlußkurs unterhalb der ersten Kerze schließt, im Idealfall unterhalb des Tiefstkuses der ersten Kerze. Die "Falling Three Methods" gehören zu den Fortsetzungsformationen.

 

Also alles wie gehabt. Hätte, könnte, sollte...

 

Gruß kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

So, jetzt kommt Bewegung ins Spiel.

 

 

BYD-Candle 06.12..jpgDer Hammer hat gehalten und wurde letztlich von der langen grünen Kerze bestätigt. Ein seit dem Tiefstkurs stetig ansteigendes Volumen begleitet die Auflösung dieses Kampfes und den Sieg der Bullen.

An dieser Stelle spricht nichts gegen weiter steigende Kurse, wenn der Widerstand morgen durchbrochen wird. Das nächste Ziel könnte dann ca 230HKD sein.

Wenn der Widerstand nicht durchbrochen wird, befinden wir uns weiterhin in einer Range, deren neue Untergrenze nun der Tiefstkurs der gesamten Formation ist.

 

 

Schöne Träume von euren Liebsten wünscht

kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)

Kio
Experte ★★
330 Beiträge

Hallo an die wenigen Leser hier 🙂

 

Für alle, die es interessiert, ein paar Einblicke in meine Gedanken zur Candlestickanalyse:

 

Die Technik kommt aus Japan und benutzt eine militärisch gefärbte Terminologie, deren Ursprung geschichtliche Hintergründe hat. Genau dieser geschichtliche Hintergrund ließ mich irgendwann zweifeln, ob wir im Westen eigentlich die richtigen Schlüsse aus dem ziehen, was wir da sehen. Um es kurz zu machen: Nein! Viele laufen rum und denken, sie wären die Reinkarnation von Nostradamus und machen aus dem Kerzenchart eine Glaskugel im Kaffeesatz.
Aber die Japaner sind bei allem was sie tun, viel zu ordentlich, als das sie bei ihrer Geldanlage herumorakeln. Irgendetwas konnte an dieser westlichen Interpretationsweise nicht stimmen. Auch die Ausdrücke haben mich irgendwann misstrauisch gemacht. Englische Bezeichnungen für Formationen, deren Bedeutung unter völlig anderen kulturellen Rahmenbedingungen definiert wurden.


Also habe ich mich an Kostolanys „Die Kunst über Geld nachzudenken“ erinnert und mich mit einem Glas Rotwein vor den Kamin gesetzt und nachgedacht. Also ich hätte mich mit einem Glas Rotwein vor den Kamin gesetzt, wenn ich einen hätte. Dieses Bild gefällt mir deutlich besser als eine Kanne Tee, ein Wohnzimmerfenster und ein Vogelhaus. Na ja.


Auf jeden Fall entstand dabei der Gedanke, dass die Ausdrücke bullisch und bärisch hier in einen falschen Kontext gestellt werden. Beachten wir noch einmal das militärische Moment. Wir sind der Feldherr, der jeden Tag aufs Neue in die Schlacht zieht. Wir kennen unsere Situation. Zum Tagesschluss liegen alle vergangenen Schlachten ausgebreitet vor uns. Ein guter Feldherr analysiert die Situation, schätzt seine Chancen ab und entscheidet sich für eine Strategie, um die nächste Schlacht zu gewinnen. Zwei Dinge helfen ihm nicht dabei, Wahrsagerei und Ignoranz. Ohne Plan b verliert der Feldherr auf Dauer zu viele Soldaten.


Was bedeutet das jetzt?
Ich bin der Feldherr, ich analysiere vergangene Schlachten und habe die Situation unter Kontrolle, bis ich kaufe. Bis zu diesem Zeitpunkt kann ich meine Strategie ändern, oder den Kampf absagen. Nach dem Kauf kann ich das nicht mehr. Dann geht meine Strategie auf (Kursziel), oder Plan b (Stopkurs) tritt in Kraft. Es ist zu diesem Zeitpunkt völlig egal, ob da ein Hammer war oder nicht.


Deswegen vermute ich, dass die Candlesticktechnik nie dafür entwickelt wurde eine Aussage über die Zukunft zu treffen. Das ist der Traum westlicher Candlesticktechniker.
Wenn ihr also mal wieder so etwas lest, das irgendwer aus Candlesticks die Zukunft liest, dann erinnert euch an meine Worte und hinterfragt, wo dieser Analyst seine Wahrsagerausbildung gemacht hat. Die Candlesticktechnik funktioniert, wenn überhaupt, nur innerhalb ihrer eigenen Skalierung.


Erfolgreiche Geschäfte wünscht
kio

"Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass der Verrückte denkt, er sei gesund." (Salvator Dali)

digitus
Legende
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Danke @Kio, wie immer sehr unterhaltsam 👍.

Gerne mehr davon. Über den Passus mit Rotwein und Kamin habe ich schmunzeln müssen 😌.