@NR schrieb:Werde ich aber noch mal analysieren, das war in der Tat meine nächste Frage, nachdem ich meine Auswertung sah. Mich interessiert soetwas.
... war ja noch offen. Post wird etwas länger, ist aber immerhin on-topic zur Marktlage, @Zilch und alle anderen, die sich dafür interessieren 😉 Die Kurzfassung ist: Mit den Trendaktien ist alles in Ordnung, und wir kehren gerade zu normalen Zeiten zurück.
Zunächst habe ich einfach mal 190 Handelstage in 2019 analysiert. Dafür habe ich ein Histogramm der 102 😏 Aktien im Nasdaq-100 erstellt, geordnet nach Performance in 10er Schritten. Das Ergebnis ist dieses:
Man sieht eine schöne symmetrische Verteilung -- ob's nun genau eine Normalverteilung ist, oder eher Lorentz-Cauchy (sieht etwas schmaler aus ...) oder etwas ganz anderes, aber jedenfalls gibt es einen klaren, zentralen Häufungswert bei 10-20%, der damit, ganz logisch, auch mit dem Mittelwert zusammenfällt; der Nasdaq hat in dem Zeitraum nämlich um +18% zugelegt.
So weit, so normal.
Gehe ich jetzt hin, und kaufe die obere Hälfte des Nasdaq (also alles > 18%) gleich gewichtet, habe ich eine mittlere Performance von +38,5%. Wenn ich dieselben Aktien in den letzten 200 Handelstagen betrachte, haben diese eine mittlere Performance von +36%. Mit anderen Worten, die Trendfolge funktioniert genau wie sie soll: im Mittel laufen die Aktien einfach weiter wie vorher. Daran liegt die fehlende Outperformance also nicht.
Es muss also am Nasdaq liegen. Hier ist nun das gleich Histogramm der letzten 200 Handelstage, und darunter noch einmal feiner, in 5%-Schritten, aufgelöst.
Der Unterschied ist offensichtlich. Die Verteilung is jetzt bimodal, also im Prinzip "zwei Verteilungen übereinandergeschoben". Eine mit Peak 25-30%, die zweite mit Peak 40-45%. Der Mittelwert fällt dementsprechend nicht mit dem Maximum zusammen, sondern liegt genau dazwischen -- der Nasdaq hatte eine Performance von +33,5%.
Die sich aus dieser Sachlage ergebene Frage ist: Kann man die Akien der beiden Peaks unterschiedlichen Kategorien zuordnen? Und jetzt wird es spannend (wenn am Ende auch banal):
So sehen die Top-Performer des zweiten Peaks aus. Dagegen der erste Peak:
Der bisherige starke Aufschwung des Nasdaq wird also (wenn man mal Tesla ignoriert) fundamental getrieben von dem irren Halbleiterboom, und, zu einem geringeren Maß, von Corona-Effekten (insb. Pharma). Sieht man sehr schön, wenn man Halbleiter und Pharma für sich betrachtet, bzw. rausrechnet:
Und da ich jetzt in meinem Aktienkorb, um zum Ausgang zurückzukehren, kaum Halbleiter und Pharma habe, weil mich da die Volatilität irritiert, ist's natürlich auch mit der relativen Outperformance essig.
Damit kann ich leben; allerdings scheint sich sowieso gerade alles wieder zu normalisieren. Seit März sehen die Top-Performer so aus:
So eine breite Streuung über Sektoren ist der Normalzustand. Sieht man auch am Histogramm:
Der Nasdaq hat in diesem Zeitraum +4,5% zugelegt. Und tatsächlich laufen die Trendaktien auch wieder vor dem Nasdaq:
Fazit: Trendaktien funktionieren wie gewünscht, verpassen u.U. aber kurzfristige Trends wie die Rotation in Halbleiter in 2020. Im Gegenzug kann die Volatilität gedrückt werden.
Die aktuelle Marktsituation ist dagegen wieder normal, und der Aufschwung (jedenfalls an der Börse) wird vom breiten Markt getragen.
Damit bin ich beruhigt, und ich setze mich jetzt raus in die Sonne mit einem 🍷und schaue dem Grasden Aktien beim Wachsen zu.
