08.07.2021 16:11 - bearbeitet 08.07.2021 16:19
Liebe Börsenfreunde (m/w),
sehen wir jetzt die Korrektur, auf die wir so lange schon warten? Ich weiß es nicht. Ich melde mich kurz, um darauf hinzuweisen, dass bisher nichts angebrannt ist. Im DAX geht es zur Stunde um 2 Prozent nach unten, viele von Euch sind das schon gar nicht mehr gewohnt. Die 200-Tage-Linie im DAX liegt bei 14150 Punkten, so weit darf es nach unten gehen, ohne dass die Hausse ernsthaft in Gefahr wäre. Eine erste Unterstützung ist bei 15300 Punkten zu erkennen. Und weltweit notieren 83 Prozent aller Aktien über ihrer 200-Tage-Linie, die bei 87 Prozent aller Aktien sogar steigt -- der Markt ist völlig gesund und nicht in Gefahr.
Berechtigte Bedenken hinsichtlich einer vierten Viruswelle (danke für die Meisterschaft mit voll besetzten Stadien und Fans ohne Masken), steigenden Ölpreisen und geopolitischen Spannungen bremsen den Dax aktuell, und nach der Rekordfahrt der letzten Monate ist das auch kein Wunder.
Einige Sterneaktien korrigieren ebenfalls -- eine schöne Chance, nachzukaufen. Nicht sofort heute, aber in den nächsten Tagen und Wochen peu-à-peu. Alle empfohlenen Aktien bleiben eine Kaufempfehlung, solange die 200-Tage-Linie nicht nach unten durchbrochen wird. Und da ist noch viel Luft. Immerhin erkennt man vorsichtige Tendenzen, dass die Sektorrotation vorbei ist. Seit einigen Wochen läuft Growth wieder besser als Value, was mit der Enstpannung an der Inflationsfront zusammenhängt.
Mit Aktien aus China wäre ich sehr vorsichtig. Wie Ihr wisst, empfehle ich die nur als Beimischung. Die Regierung in Peking hat vor allem die in den USA gelisteten Titel "auf dem Kieker". Wie man es in einer Diktatur nicht anders erwartet werden schon mal drakonische Maßnahmen getroffen, aktuell beispielsweise gegen den Uber-Konkurrenten Didi und auch gegen Manbang und Kanzhun. Je nach Dauer des Verbots, Neukunden aufzunehmen, kann es durchaus sein, dass eines der Unternehmen final die Hände heben muss. Mit diesen politischen Rahmenbedingungen ist das kein Markt, auf den man als Privatanleger seinen Schwerpunkt setzen muss. Gleiches gilt im übrigen für die beliebten russischen Aktien.
Knallharte Profis, die genau wissen, was sie tun, dürfen sich in dieser Marktphase auch wieder mit Discount-Put-Plus-Optionen absichern, beispielsweise PF5734 oder PF5733 oder als ganz heiße Spekulation PF5731 oder PX6QTN -- im Juli bei comdirect gebührenfrei handelbar. Nicht für Einsteiger geeignet!
Fazit: Möglicherweise sehen wir in den nächsten Wochen eine gesunde Korrektur. Bleibt entspannt und haltet nur Eure Stopkurse streng ein. Bis zu den von mir empfohlenen Stopkursen (siehe Tabelle) ist noch sehr viel Luft; ich gehe fest davon aus, dass bei einem Großteil der Trendaktien Eure Stopkurse halten werden. Die Grundtendenz am Aktienmarkt mit Blick auf die nächsten Monate und Jahre bleibt aufwärts gerichtet.
Beste Grüße aus einem regnerischen München
nmh
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 29.07.2021 00:53
guten Abend Kwie2,
ich glaube (so wie nmh) auch, dass du da von falschen Voraussetzungen ausgehst, wenn du schreibst, die Emittenten brauchen eine fette Performance oder müßten daher Geld drucken können.
Wie schon von mir erwähnt ist bei vielen Anlegern der Gedanke, dass sie mit dem Kauf eines Zertifikats gegen die Bank spekulieren, noch immer verbreitet, dabei ist genau das Gegenteil der Fall.
Emittent und Anleger sind in die gleiche Marktrichtung investiert, wobei die Bank risikoneutral ist.
Nehmen wir jetzt ein einfaches Beispiel von einem Zertifikat mit einem zweifachen Hebel:
Bei einem Startkurs von 100 € für eine Aktie und einem Zielkurs von
120 €, erhält der Anleger am Ende 20 Euro, wenn die Aktie auf 110 € steigt. Den maximalen Auszahlungsbetrag von 40 € gibt es, wenn die Aktie 120 € oder höher notiert. Eine Partizipation über den Zielkurs hinaus ist nicht möglich.
Das ist aber in der Regel kein Nachteil, da die Performance durch die doppelte Partizipation nur selten von der zugrunde liegenden Aktie übertroffen wird. Fällt die zugrunde liegende Aktie unter den Startkurs, nimmt der Anleger an weiteren Kursrückgängen eins zu eins teil. Diese Zertifikate bieten also eine doppelte Chance bei einfachem Risiko.
Diese Variante bieten oder boten einige Emittenten auch bis zu einer vierfachen Partizipation an. Finanziert wird dieses Auszahlungsprofil des Emittenten, also der Bank wie bei allen Zertifikaten durch die Einbehaltung der Dividenden und dem Verkauf zweier Call-Optionen, deren Basispreis jeweils identisch mit dem Zielkurs ist.
Die Bank handelt somit immer neutral und gewinnt am Spread und den Gebühren.
Eventuell besteht bei mir auch ein Denkfehler, aber da du nmh direkt angesprochen hast, wird er dir bestimmt auch noch antworten.
Grüßle - Shane
29.07.2021 08:33 - bearbeitet 29.07.2021 09:14
29.07.2021 08:33 - bearbeitet 29.07.2021 09:14
Sorry @Shane 1 dass du über das Ziel hinaus geschossen bist. Wie im Edit gesagt wollte ich wissen, was du mit überlisten meinst und mich für die Umständlichkeit entschuldigt. Der letzte Absatz der erste Satz hätte gereicht, denn es ist nicht notwendig gewesen zu erklären was Zertifikate sind und ähnliches.
Sorry für die Sehnenscheidenentzündung! 😉
Dennoch ist es gut, dass du den stillen Mitlesenden erklärst worüber wir reden! Meinen Dank dafür.
Auch habe ich nie behauptet, dass Hebelprodukte ohne Risiko sind. Wir sind uns einig darin. Deswegen muss ich dir das nicht erklären, weil es unbestritten ist. Aber das Risiko kann man begrenzen. Ein KO Hebel 1,2 oder 1,5 ist nicht viel risikoreicher als die Aktie (Emittentenrisiko abgesehen) - Aber dennoch etwas risikoreicher. Aber abschätzbar.
Nur denke ich nicht, dass die Verwendung solcher Produkte bedeutet, dass ich die Börse überlisten oder ihr ein Schnippchen schlagen will. Es ist simpel der Versuch die gute Börsenphase zu nutzen und da mehr draus zu machen. Das geht natürlich nur in guten Börsenphasen!
Überlisten oder ein Schnippchen schlagen bedeutet ja klüger sein zu wollen als der Markt, was ja nicht ist wenn ich die Weisheit des Marktes nutze. Auch wenn du schlechte Erfahrung mit solchen Produkten gemacht hast halte ich die Aussage für etwas zu allgemein.
Klüger zu sein als der Markt bedeutet nach Aktien zu suchen deren Wert der Markt nicht anerkennt. Dann denkt man "die Aktie ist mehr Wert, der Markt wird das sicherlich erkennen".
Die andere Frage war warum ist eine Investition in eine gute Aktie gut, aber ein Hebelprodukt auf diese Aktie Spekulation? Ein zum Beispiel KO Zertifikat mit Hebel 1,5 bedeutet, dass die Aktie ca 66% fallen muss bis der KO auslöst. Das war nicht mal in Corona der Fall. Und Finanzkrise? Ist P&G so tief gefallen?
Vorher hat dein Stop das Ding aber verkauft. Also wie gesagt kann man das Risiko begrenzen. Und natürlich wirkt der Hebel in beide Richtungen, aber deswegen reden wir von guten Aktien die solide im Kurs steigen und ein solides Geschäft vorweisen. Hebelprodukte gibt es nicht erst ab Hebel 10! Das geht bei knapp über 1 los, es gibt sogar welche unter 1 (spezielle)! Für dich ist es gleich zocken, hohe Hebel, hohes Risiko - davon spreche ich nicht und das muss man auch nicht. Man muss nicht volle Pulle gehen um Gewinn zu machen. Diese Ansicht ist schlichtweg falsch.
Die Frage war warum ist ein Hebelprodukt, moderat angewandt, Spekulation und der Versuch die Börse zu überlisten? Was ist daran der Versuch ein Schnippchen zu schlagen? Ich möchte doch einfach nur mehr rausholen, aber nicht weil ich klüger bin. Das ist notwendig um ein Schnippchen zu schlagen: man muss davon ausgehen, klüger zu sein. Du erklärst richtig, warum Hebelprodukte riskanter sind, lässt aber die eigentliche Frage aus 😉 aber das ist nun auch nicht mehr wichtig.
Ich sehe aber ein und stimme zu, dass Anfänger Erfahrung sammeln müssen, so wie ich auch. Ich bin kein Profi und selber Anfänger, aber ich denke ich kann mein Risiko gut genug begrenzen und habe auch in den letzten großen Korrekturen September und Februar meine Verluste gut begrenzen können. Nicht weil ich besser oder klüger bin als der Markt, sondern weil ich solche Sachen ohne Gier und begrenzt einsetze und mit striktem Money Management arbeite. Aber um dich und mich geht es nicht. Dass du die letzten 11 Jahre ohne Verlust abgeschnitten hast freut mich, meine Performance der letzten 5,5 Jahre ist ca 15% p.a. Tut aber nichts zur Sache.
Und ich will auch keine Werbung dafür machen. Ich sagte auch nie die seien risikolos.
Ich halte schlicht die Aussage, dass man versucht mit Hebelprodukten die Börse zu überlisten, für falsch. Ich sehe, was der Markt sieht, und handle danach. Ich versuche nicht klüger als der Markt zu sein, versuche nicht zu sehen, was der Markt nicht sieht, und versuche nicht vor dem Markt den Wert einer Aktie zu sehen.
Edit: zur Thematik ob man ohne Sternelisten auf diese Aktien gekommen wäre, ohne seine Auswertung. Wahrscheinlich nicht auf alle. Andererseits gibt's viele Tools die man heutzutage kostenpflichtig nutzen kann. Die Qualität von nmh hat das alles aber nicht.
Ich denke wir sind uns einig, dass Hebelprodukte Risiko haben. Auch, dass man nie klüger als der Markt ist und dass man seine Anlage, egal welches Produkt, mit Bedacht wählen und nicht gierig sein sollte.
Uneinig sind wir uns nur in der Frage, ob Hebelprodukte bedeuten den Markt überlisten zu wollen 🙂
am 29.07.2021 08:57
Das Bild mit dem Stromkreislauf gefällt mir. In der Tat ist auch der Geldkreislauf geschlossen.
Wenn @Zilch Hebelzertifikate kauft, dann nimmt er bei der Emittentin einen Kredit auf. Der wird über Finanzierungskosten (Zinsen) finanziert, die er mit dem Zertifikat bezahlt. Wenn er ein Zertifikat mit Hebel 4 kauft, dann kauft die Emittentin einfach die vierfache Menge an Aktien (drei mit dem Kredit, eine mit dem Geld von Zilch) - auf diese Weise ist sie abgesichert ("hedge"). Die Emittentin kann das Hebelzertifikat auch hedgen, indem sie Hebelzertifikate oder Put-Optionen verkauft, die von einem Kursrückgang profitieren, oder auch durch Kauf eines Calls an der Eurex. Der Gewinn von Zilch kommt dann von den Anlegern, die die Aktie verkaufen, und aus den Kurssteigerungen der Aktie. Der Emittentin ist völlig egal, ob die Aktie steigt oder fällt. Naja, nicht ganz. Ich hatte ja schon begründet, warum es gut für die Emittenten ist, wenn Zilch Gewinne mit ihren Produkten macht.
Wenn jemand einen klassischen Call von der Emittentin kauft, dann gibt es mehrere Möglichkeiten zum Hedging für die Emittentin: Sie kann einen entsprechenden Call an der Eurex kaufen (dann kommt das Geld von Anlegern, die an der Eurex auf fallende Kurs spekulieren). Sie kann ein Discount-Zertifikat verkaufen (short call). Oder sie kann über die Call-Put-Parität hedgen, indem sie auch Put-Optionen verkauft.
Wenn die Emittentin ein Discount-Zertifikat verkauft, dann sichert sie sich ab, indem sie die Aktie kauft (oder einen Call mit sehr tiefen Basispreis) und gleichzeitig an der Eurex einen Call mit Basispreis auf Höhe des Caps verkauft. Wieder zahlen die Zeche die Anleger, die an der Eurex auf die Gegenrichtung setzen.
Du siehst: Derivateanleger spekulieren niemals gegen den Emittenten. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Beste Grüsse aus einem sonnigen München
nmh
am 29.07.2021 09:13
Um es nochmal ganz plastisch mit einem Beispiel auszudrücken:
Zilch will die KWie-Aktie hebeln. Die Aktie steht heute bei 100 Euro. @Zilch will 1000 Euro in ein Hebelpapier investieren.
Zilch kauft ein Hebelzertifikat mit Hebel 4. Im Hintergrund kauft die Emittentin für 4000 Euro genau 40 KWie-Aktien, und zwar mit den 1000 Euro von Zilch und für 3000 Euro gibt sie Zilch einen Kredit.
Die KWie-Aktie steigt auf 120 Euro. Zilch steigt aus dem Hebelzertifikat aus. Die Emittentin verkauft die 40 Aktien und erhält 4800 Euro. Davon zieht sie den Kredit (3000 Euro), die Zinsen (Finanzierungskosten) für den Kredit (z.B. 6 Euro) und ihre Gebühren ab (z.B. 4 Euro) und zahlt an Zilch also genau 1790 Euro aus. Zilch hat 790 Euro Gewinn gemacht.
Hätte Zilch für 1000 Euro die KWie-Aktie gekauft, hätte er "nur" 200 Euro Gewinn gemacht. Dank Hebel 4 sind darauf 790 Euro Gewinn geworden. Und die Emittentin hat ebenfalls Gewinn gemacht!
Woher kommen die 790 Euro? Vom Aktienmarkt, weil die KWie-Aktie schön gestiegen ist!
Ich bin mir sicher, das beantwortet alle Deine berechtigten Fragen.
nmh
am 29.07.2021 09:23
Bin ich nun ein gutes oder schlechtes Beispiel? 😄
@Shane 1 danke jedenfalls für die immer wieder netten Diskussionen. Ich hoffe sie bringen allen etwas, wenn zwei so konträre Meinungen zu einem Thema aufeinander treffen - und sei es nur wegen einer einzigen Formulierung, obwohl man 98% der Sache gleich sieht 🙂 😉
am 29.07.2021 09:28
Hallo,
lieber @nmh , danke für die Antwort und das kann ich so stehen lassen. Wenn auch mit der Bemerkung, dass ich, wenn ich stumpf egozentrisch das bilaterale Verhältnis zwischen dem Emittenten und mir betrachte, aus meiner Sicht natürlich gegen ( bzw. mit dem) den Emittenten wette.
Aber das können wir, glaube ich, einfach als zwei Betrachtungsweisen stehen lassen.
Das Grundlegende, was hie für mich dabei herauskommt ist, dass Zilch's Gewinne von den übrigen Käufern und Verkäufern der Wertpapiere aufgebracht werden. Gerade so wie Kursgewinne im allgemeinen.
Gruß: KWie
... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...
am 29.07.2021 10:21
danke schön,sehe ich auch so.
Da hast du ja mit der Kwie2-Aktie einen schönen Gewinn gemacht. Zum Glück ist die so schön gestiegen, gib mir bei Gelegenheit mal die WK durch !!
Die ausführlichen Erklärungen sind ja vornehmlich für die Einsteiger gedacht, man muss ja nicht alles, was es an der Börse gibt auch kaufen oder mitmachen, nur weil man sich dann als kleinen Profi sieht.
Bei mir ist es meistens so, wenn ich ein Aktie kaufe, fällt sie garantiert (aber das bleibt unter uns, ansonsten ist hier mein kompletter Nimbus zerstört) !
Grüße - Shane
am 29.07.2021 10:55
Klare Analyse und Sprache - sehr hilfreich (ohen deswegen Position beziehen zu wollen. Danke - eben legendenhaft!
am 29.07.2021 14:33
Hallo,
@nmh schrieb:Ich bin mir sicher, das beantwortet alle Deine berechtigten Fragen.
Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.
Die Frage hatte ich in genau der Hoffnung hier in den Austausch zu dem Thema hineingeworfen, dass sie durch Dich in noch abschließenderer Qualität beantwortet werden könnten.
Gruß: KWie2
... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...
am 29.07.2021 15:12