am 17.01.2020 14:29
Hallo Gemeinde,
was haltet Ihr von der These, die in diesem Artikel aufgeworfen wird:
"Es ist wie ein Schneeball-Effekt: die Marktkapitaliserung der großen US-Konzerne steigt durch Käufe von ETFs, wodurch die Gewichtung von Apple und Co innerhalb dieser ETFs noch weiter steigt – wodurch jemand, der diese ETFs kauft wiederum dazu beiträgt, dass die Marktkapitaliserung noch weiter steigt. Durch diese Konzentration von Kapital auf immer weniger ganz große Unternehmen entsteht aber faktisch ein Klumpenrisiko für Investoren: man stelle sich einmal vor, die US-Politik würde ernst machen mit der Aufbrechung von Monopol-Strukturen, wie vor allem von den US-Demokraten gefordert. Sollte etwa eine Elisabeth Warren neue US-Präsidentin werden, könnte es daher ein böses Erwachen geben."
Ist das wieder das alte "ETFs sind gefährlich"-Geunke?
Neugierig auf Eure Ansichten,
Andreas
17.01.2020 14:54 - bearbeitet 17.01.2020 15:08
@digitus schrieb:
Ist das wieder das alte "ETFs sind gefährlich"-Geunke?
oder eher "Die Seite muß bis zum Redaktionsschluss noch voll werden"
Grundproblem dieser Schreiberlinge: Sie denken über ihre eigene Aussage nicht nach.
Wäre es so, daß die Fonds die Apple-Aktie treiben, dann würden alle Investoren aus ihren ETFs (die zu >90 % aus nicht-Apple-Aktien bestehen) aussteigen und das Geld direkt in Apple investieren, weil die Akte ja steigen muß.
Noch ein paar Binsenweisheiten:
Aktien steigen nur, weil die Käufer glauben, daß sie in Zukunft noch teuerer sein werden.
Große Firmen stellen ein großes Risiko für die Wirtschaft dar. Beispiel: Wenn RWE sagt "wir machen den Laden dicht, ab morgen stellen wir weder Strom her, noch verkaufen diesen" dann hätte dies enorme Auswirkungen auf den DAX.
Aufspaltung von großen Firmen kann positiv sein (Bell, Standard Oil, Veba, oder die Aufspaltung von Google(alt) in Google(neu) und Alphabet), Fusionen können auch positiv sein (die Pharmafirma Glaxo-Wellcome-Smith-Kline-Beecham, die sich jetzt "gsk" nennt, oder Apple, die erst richtig wachsen, seit sie massiv Firmen zukaufen)
am 17.01.2020 15:42
Aus dem zitierten Kapitel wird schon klar worauf es dem Verfasser ankommt. Ich habe den Artikel dann nicht gelesen – mein Blutdruck.
Angenommen der ETF ist ein Vollreplizierer. Dann würden alle enthaltenen Unternehmen in gleicher Weise gekauft. Deren Gewichtung würde sich also nicht verändern. Nix Schneeball.
Angenommen der ETF ist ein Swapper. Dann würde möglicherweise Apple gar nicht gakauft. In jedem Fall gäbe es keine einheitliche Einkaufsstrategie die zu einem Schneeball führen könnte.
Angenommen der ETF ist ein Teilreplizierer. Dann wird er auf Apple sicher nciht ganz verzichten können, ob er aber über- oder unterdurchschnittlich kauft ist lange nicht gesagt.
Mit der gleichen Argumentation kann ich jedenfalls alle Momentum-Ansätze verdammen. Und wenn die Grudgedanken auch nur halbwegs stimmen würden, müsste übrigens jeder Momentum-ETF sich langsam aufschaukeln und über kurz oder lang heißlaufen.
Ist mir bislang noch nichts von aufgefallen.
am 17.01.2020 16:25
Wenn ich irgendeine wissenschaftliche Arbeit vorgelegt bekäme mit der Aussage "Einer der zentralen Treiber des Aktienkurses von Apple aber düften vor allem ETFs gewesen sein" kommt der Rotstift raus und ein <citation needed>. Wer sagt das? Warum dürfte das so sein? Wie groß ist der Anteil von ETFs am Gesamtinvest? 14% aller Investmentfunds (nicht aller Investments)? Naja.
Wenn ich natürlich davon ausgehe, dass das so "sein dürfte", dann komme ich am Ende zum Ergebnis, dass es so ist. Ich hätte noch ein paar andere Hypothesen anzubieten, z.B. asset price inflation.
Was nicht ausschließt, dass ETFs ein Grund sein könnten, aber dieser Artikel ist überaus nutzlos um das herauszufinden.
am 17.01.2020 16:31
@NR schrieb:Wenn ich irgendeine wissenschaftliche Arbeit vorgelegt bekäme mit der Aussage "Einer der zentralen Treiber des Aktienkurses von Apple aber düften vor allem ETFs gewesen sein" kommt der Rotstift raus und ein <citation needed>. Wer sagt das? Warum dürfte das so sein?
Hihi, guter Punkt ... über das "dürfte" habe ich hinweggelesen, aber diesbezüglich hast Du recht!!
Danke für alle Kommentare,
Andreas
am 17.01.2020 17:00
Also, das an Apple festzumachen ist in meinen Augen - siehe oben - schon korrekt.
Wo aber ein Funken Wahrheit drinnen steckt ist, dass durch diese wirklich billigen ETFs die man so einfach kaufen und besparen kann viel Geld ganz generell in Aktien geflossen ist. Das wiederum liegt natürlich dadran, dass die Zinsen da sind, wo sie sind. Also unterm Strich nichts Neues.
17.01.2020 17:08 - bearbeitet 17.01.2020 17:17
@A_J_L schrieb:Das wiederum liegt natürlich dadran, dass die Zinsen da sind, wo sie sind. Also unterm Strich nichts Neues.
Zum Thema Zinsen empfehle ich übrigens allen, die gelangweilt sind übers Wochenende (und Englisch können), den monumentalen Aufsatz "Eight centuries of global real interest rates" von Schmelzing aus Yale. Er produziert u.a. Plots so wie diesen:
Das ist die reale Zinsrate, die er aus hunderten Quellen von 1310 bis heute zusammengebastelt hat. Fazit: Der Trend ist offensichtlich, und (seiner Meinung nach) ist das heutige Zinsniveau gekommen um zu bleiben -- bzw. noch weiter zu sinken.