
02.11.2019 02:30 - bearbeitet 02.11.2019 02:31
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02.11.2019 02:30 - bearbeitet 02.11.2019 02:31
Hallo,
ich lese bereits seit Längerem fleißig in der Community mit. Aus aktuellem Anlass habe ich eine eigene Frage, die ich hier zur Diskussion stellen möchte.
Ich habe 2016 während meines Studiums angefangen monatlich in einen ETF-Sparplan auf den MSCI World und Emerging Markets im Verhältnis 70:30 zu investieren. Mit der Entwicklung bin ich auch soweit zufrieden. Die Produkte scheinen auch nach wie vor optimal zu passen, da die ETFs ausschüttend sind (Freibetrag wird nicht ausgeschöpft) und physisch replizierend sind, was mir persönlich lieber ist. Ich möchte aber keine Diskussion über Replikationsmethoden anfangen. Zusätzlich habe ich manchmal Einzelaktien aus Interesse gekauft und habe ein paar wenige (eher konservative) Werte bis heute behalten. Insgesamt machen die beiden ETFs aber ca. 80% aus.
Meine Großeltern haben mir vor Kurzem anlässlich meines bestandenen Studiums ein Depot übertragen, in welchem seit meiner Geburt Geld für mich angelegt wurde. Das hat mich sehr gefreut, da die Summe für meine persönlichen Verhältnisse sehr hoch ist und mir einen guten Einstieg in das Berufsleben ermöglicht.
Leider ist das auch aktuell der Punkt, woran ich am verzweifeln bin. Ich möchte das Geld auf jeden Fall an der Börse investieren bzw. investiert lassen. Der Kauf einer Immobilie ist nicht geplant und in andere Asset-Klassen (z.B. Gold) könnte ich durch meine monatliche Sparrate investieren.
Bisher habe ich die typischen „Klassiker“ eines deutschen Depots, wie z.B. die Commerzbank oder sehr schlecht laufende Fonds, verkauft. Die übrigen Titel (ein paar schöne Dividendenperlen und zwei aktive Fonds) habe ich behalten. Die Fonds liefen die letzten Jahre nur minimal schlechter als ihre Benchmark und weisen daher fast dieselbe Nettoperformance aus.
Das Problem ist, dass die Werte überwiegend aus dem Euroraum und insbesondere Deutschland stammen. Konkret bin ich zu ca. 50% in Deutschland investiert und Dreiviertel des Depots sind innerhalb des Euroraums. Die Einzelaktien würde ich gerne behalten, da ich von diesen sehr überzeugt bin.
Wenn ich die aktiven Fonds verkaufen würde, läge ich in dem entsprechenden Jahr deutlich über dem Freibetrag. Daher wäre es rein steuerlich betrachtet ein Desaster. Aber das wäre die einzige Möglichkeit, wie ich schnell an Cash für meine geliebte MSCI World / EM Kombination kommen könnte, um der extremen Übergewichtung (Home Bias) zu entgegnen. Die monatliche Sparrate und die Dividenden der Einzelaktien würden niemals reichen um kurz- bis mittelfristig die Zielallokation zu erreichen. Außerdem habe ich Hemmungen erstmalig eine so große Position zu liquidieren / umzuschichten. Andererseits wäre es doch ganz schön das meiste Geld in den zwei marktbereiten ETFs zu haben. Die Einzelaktien wären dann nur eine kleine Erweiterung dieses Basisinvestment und könnten den „Spieltrieb“ etwas befriedigen. Ich persönlich bin eigentlich seit Langem nicht von der europäischen Wirtschaftspolitik überzeugt und sehe in anderen Märkten größere Chancen – auch in der Zukunft. Also wie man unschwer erkennen kann, bin ich hin- und hergerissen.
Ich bedanke mich bei allen recht herzlich, die meinen Beitrag bis hierher gelesen haben. Eventuell hat ja jemand einen Vorschlag wie ich mich jetzt verhalten könnte. Vielleicht gibt es ja noch eine andere Variante neben meinen zwei Ideen.
Viele Grüße
CoBaDiInvestor
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
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am 02.11.2019 02:58
@ehemaliger Nutzer
Ich freue mich schon jetzt auf eine lebhafte, interessante und lehrreiche Diskussion die folgen wird. (keine Ironie - ernst gemeint!)
Meine Meinung in Kurzfassung: Das Ziel sicher investiert zu sein ist wichtiger als die Steuer. Selbige zahlst du irgendwann ja sowieso. Und wenn es Altbestände von vor 2009 sind ist das Steuerthema ja eh nicht so wild - mein ich mal gehört zu haben... Wenn ich mich recht erinner: Es fällt keine Steuer an weil Altbestände = steuerfrei. Dafür werden aber halt künftige Gewinn der neuen Papiere versteuert. Andererseits: Lieber Gewinne künftig versteuern als keine Gewinne nicht versteuern zu müssen.................
-> verkauf was nicht gut läuft! (ganz pauschal)
-> verkauf was dir nicht gefällt! (nach vorherigem Überlegen ob's sinnvoll ist)
...und lass doch einfach mal die Community vorher einen Blick auf dein Bestand werfen und auch auf deine Kandidaten die du abstoßen möchtest.
Gruß Crazyalex
An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!
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am 02.11.2019 03:54
@Crazyalex schrieb:Und wenn es Altbestände von vor 2009 sind ist das Steuerthema ja eh nicht so wild - mein ich mal gehört zu haben... Wenn ich mich recht erinner: Es fällt keine Steuer an weil Altbestände = steuerfrei.
Für Anteile die vor 2009 erworden wurden sind Gewinne bis 100.000 € pro Anleger steuerfrei.
@ehemaliger Nutzer
Zunächst mal ein herzliches Willkommen auf der aktiven Seite der Community.
Die wesentlichen Stichpunkte hat @Crazyalex schon genannt.
Ich würde mir die Fonds einzeln angucken und in Gruppen einsortieren.
- Aus der Gruppe der wirklich schlecht laufenden würde ich sofort (=noch dieses Jahr) soviel verkaufen, dass der Steuerfreibetrag gerade so ausgenutzt wird. In 2020 mit neuem Freibetrag dann das Ganze nochmal usw.
- Richtig gut laufende (auch sowas gibt es) kannst Du ja erstmal behalten.
- Kompliziert wird es im Bereich dazwischen. Hier würde ich nochmals unterteilen in "Anteile bis 2009" und "Anteile seit 2009". Die seit-Anteile würden bei mir gleich hinter denen aus Punkt 1 verkauft, bei den bis-Anteilen käme es wieder darauf an wie stark unterduchschnittlich sie performen.
Ist jetzt alles etwas unkonkret, da Du aber keine genaueren Angaben gemacht hast...
In Kurzform: steueroptimiertes Verkaufen, wobei aber die tatsächliche Fonds-Performance über die Dringlichkeit entscheidet, denn:
@Crazyalex schrieb:Lieber Gewinne künftig versteuern als keine Gewinne nicht versteuern zu müssen.................
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am 02.11.2019 07:31
Hallo @ehemaliger Nutzer ,
meine beiden Vorschreiber haben ja schon geschrieben, dass "Nichtstun" suboptimal wäre, und für dich ist das ja auch keine Option.
Ich würde auch stufenweise vorgehen: Schlechte Fonds und solche, die deiner Zielallokation komplett widersprechen (z.B. reine Deutschland-Fonds) eher zügig verkaufen. Breitere (z.B. europäische) und gleichzeitig gut laufende Fonds können ja vorerst noch im Depot bleiben. Ich würde die Steuerthematik dabei im Hinterkopf behalten, aber diese wäre für mich nicht handlungsentscheidend. Aber wie du siehst - da gibt es unterschiedliche Meinungen und kein "richtig" oder "falsch".
Du hast geschrieben, dass du erst das Arbeiten begonnen hast - wenn deine Gesamteinkünfte (inkl. abgeführte Kapitalertragssteuern) in diesem Jahr unterhalb des steuerpflichtigen Betrages sind, kannst du die abgeführten Kapitalertragssteuern im Rahmen der Steuererklärung auch wieder zurückfordern!
Übrigens kann das Umschichten einer größeren Position auch mal spannend sein - man erschreckt sich dann höchstens über die Ordergebühren, die die 10-15€ erheblich überschreiten können 😉
Viele Grüße,
Jörg
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am 02.11.2019 10:02
@ehemaliger Nutzer schrieb:
Meine Großeltern haben mir vor Kurzem [...]ein Depot übertragen[...]. Das hat mich sehr gefreut, da die Summe für meine persönlichen Verhältnisse sehr hoch ist[...]
Leider ist das auch aktuell der Punkt, woran ich am verzweifeln bin.
Dies ist ziemlich genau die Definition für "Luxusproblem"
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am 02.11.2019 10:18
Wenn du dieses Jahr dein Studium beendet hast, dann werden deine Gesamteinkünfte für das Jahr 2019 ja sicher noch nicht so hoch sein. Daher dann lieber jetzt alles liquidieren und umschichten, Gewinne mitnehmen und den Freibetrag voll ausschöpfen. Darüber liegende Gewinne werden zwar mit 25 % + Soli und ggf. Kirchensteuer versteuert, aber du solltest dann auf jeden Fall Anfang nächsten Jahres deine Einkommensteuererklärung abgeben (Anlage KAP ist hier maßgeblich). Je nach dem, wie dein persönlicher Steuersatz ausfällt (da sind wir wieder bei dem Punkt mit den "nicht so hohen Einkünften aus 2019"), wirst du dann von den Kapitalertragssteuern wieder etwas zurückbekommen.
Nähere Informationen findest du unter diesen Suchwörtern:
https://lmgtfy.com/?q=kapitalertragsteuer+einkommensteuer&s=g
Die 25 % - Steuer stellt nur eine Art "Abschlag" auf deine Einkommensteuer dar. Für Hochverdiener sind die 25 % günstiger. Für Wenigverdiener der individuelle Steuersatz.
Für eine ganz genaue Betrachtung deiner persönlichen Verhältnisse würde ich mir aber im Zweifel Rat von Fachleuten holen (Lohnsteuerhilfeverein, Steuerberater). Die können das dann sicher auch mit dir durchspielen.
02.11.2019 13:01 - bearbeitet 02.11.2019 13:07
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02.11.2019 13:01 - bearbeitet 02.11.2019 13:07
Zu den "vor 2009"-Anteilen: Wie schaut es diesbzgl aus wegen Schenkung? Behalten sie ihren vor-2009-Status oder verlieren sie ihn und gelten als zusammen mit der Schenkung angeschafft?
Wo ich das gerade schreibe: Wenn letzteres gelten würde, gäbe es ja gar keine Steuerprobleme...
/edit: Selbst gegoogelt: Bei Schenkung behalten die Papiere alle Anschaffungswerte und dazugehörige Status.
02.11.2019 15:06 - bearbeitet 02.11.2019 15:22
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02.11.2019 15:06 - bearbeitet 02.11.2019 15:22
Wir hatten was Ähnliches kürzlich mal in einer anderen Diskussion, allerdings ging es da nicht um Schenkung sondern Erbe. Jedenfalls war das Ergebnis, dass das nicht wie eine Neuanschaffung betrachtet wird (somit also keine Abgeltungssteuer anfällt), gegebenenfalls allerdings Erbschaftssteuer.
Sollte hier eigentlich ähnlich sein, nur eben mit Schenkungssteuer (was ja faktisch das Gleiche ist).
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am 02.11.2019 18:40
Hallo,
vielen Dank für die tollen Antworten bisher.
Ich finde es immer wieder toll, wie schnell und kompetent hier auf Fragen eingegangen wird.
@Crazyalex und @GetBetter die schlecht laufenden Positionen habe ich bereits alle verkauft. Das Geld aus den Verkäufen liegt momentan auf dem Verrechnungskonto und soll bald wieder angelegt werden.
@Joerg78 und @Dr. Snuggles, vielen Dank für die steuerlichen Tipps. Ich stecke zwar recht gut in der Thematik drinnen, jedoch übersieht man dann schnell mal ein paar Sachen. Jedoch sollte die steuerliche Thematik hier tendenziell eine eher untergeordnete Rolle spielen. Wenn ich einen Verkauf der entsprechenden Positionen in der Steuersimulation durchspiele reden wir von Gewinnen in Bereich von ca. 2000€. Also 500€ an Steuern. Das dürfte weniger wichtig sein als die Asset-Allokation, welche die Performance und Volatilität maßgeblich beeinflusst. Aber wenn ich durch die Anlage KAP das ganze mit meinem persönlichen Steuersatz (<25%) nachträglich korrigieren kann und somit einen Teil zurückbekomme, ist das natürlich sehr schön.
Du hast noch angemerkt, dass die Ordergebühren bei größeren Gebühren höher ausfallen können. Das stimmt natürlich. Ich habe die bisherigen (schlechtlaufenden) Fonds jedoch über das Festpreisgeschäft (also über die Fondsgesellschaft) verkauft. Hierbei habe ich nur 2,90€ an Gebühren zahlen müssen und die Kurse waren auch besser, als jene die mir die Börse oder das LiveTrading geboten hätten. Kann dies jemand (@nmh vielleicht) bestätigen? Normalerweise kaufe ich Einzelaktien immer im LiveTrading, da es günstiger ist und die Kurse mindestens genauso gut sind.
@dg2210, das ganze sehe ich auch als Luxusproblem an, eine Schenkung ist ja prinzipiell etwas sehr Erfreuliches😊
@Necoro, es gibt ja prinzipiell den entgeltlichen und den unentgeltlichen Depotübertrag mit Gläubigerwechsel. Bei mir hat die Variante mit Schenkungssteuer und Übertragung der ursprünglichen Anschaffungsdaten Anwendung gefunden.
Konkret geht es bei mir vor allem um den Fidelity European Growth Fonds (ISIN LU0048578792). Von diesem besitze ich 1700 Anteile, also knapp 27.000€. Hierbei handelt es sich auch um Altanteile, welche vor 2009 gekauft wurden und somit bis 100.000 steuerfrei sind. Wenn ich auf Ariva den Fonds mit einem geeigneten Benchmark (STOXX Europe 600) vergleiche, ist die Performance durchaus überzeugend. Jedoch führt dieser Fonds maßgeblich zu einer Gewichtung von 75% im Euroraum. Ich habe zwar auch deutsche Aktien (beispielsweise die Hannover Rück), welche auch zu dieser Gewichtung führen, aber die möchte ich dennoch nicht verkaufen. Außerdem sind Einzelaktien deutlich geringer gewichtet. Die Übergewichtung rührt also zum größten Teil von dem Fonds. Wenn ich diesen in einen MSCI World + EM umschichten würde, hätte ich beinahe meine Ziel-Allokation erreicht.
Wie seht ihr bei dieser konkreten Position einen Verkauf?
Viele Größe
CoBaDiInvest
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am 02.11.2019 20:00
@ehemaliger Nutzer schrieb:Ich habe die bisherigen (schlechtlaufenden) Fonds jedoch über das Festpreisgeschäft (also über die Fondsgesellschaft) verkauft. Hierbei habe ich nur 2,90€ an Gebühren zahlen müssen und die Kurse waren auch besser, als jene die mir die Börse oder das LiveTrading geboten hätten. Kann dies jemand (@nmh vielleicht) bestätigen? Normalerweise kaufe ich Einzelaktien immer im LiveTrading, da es günstiger ist und die Kurse mindestens genauso gut sind.
Bei aktiven Fonds ist die Rückgabe über die KAG (= Festpreisgeschäft) eigentlich immer sinnvoll: Der Kurs der KAG ist gerade der "wirkliche" Wert eines Anteils, d.h. der Preis an der Börse kann zwar drumherumschwanken aber nicht wirklich besser/schlechter sein. Einziger Grund für Unterschiede können unterschiedliche Bezugsdaten sein (NAV-Preise werden in der Regel rückwirkend festgelegt).
Und Rückgabe über KAG kostet keine Provisionen (wo deine 2,90 EUR herkommen, weiß ich nicht), dafür hat man ja in der Regel Ausgabeaufschlag gezahlt.
