08.09.2024 21:49 - bearbeitet 09.09.2024 08:18
J.P. Morgan holt für neue Bank in Deutschland ING-Vorstand
Der neue Chef der in den Startlöchern stehenden Privatkundenbank kommt vom größten Wettbewerber. 2025 dürfte es losgehen. Dann könnten DKB, N26 und Trade Republic härteren Wettbewerb zu spüren bekommen.
Die Anzeichen verdichten sich dass die größte US-Bank J.P. Morgan in Deutschland 2025 eine Bank für Privatkunden eröffnen wird. Für das Projekt haben die Amerikaner nun den Privatkundenvorstand des größten Wettbewerbers in Deutschland abgeworben: Daniel Llano Manibardo, seit 2018 Privatkundenvorstand von ING Deutschland, wechselt zum Jahresanfang 2025 als neuer Leiter des Konsumentengeschäfts zu J.P. Morgan.
Manibardo, der deutsch spricht und mit seiner Familie von Frankfurt nach Berlin umziehen wird, schrieb am Wochenende auf LinkedIn von der „interessantesten und ehrgeizigsten Initiative im Privatkundenbankgeschäft in Europa“, der er sich gern anschließe.
Tatsächlich bereiten rund 100 Banker und Digitalexperten seit mehr als zwei Jahren in Berlin eines der in der Finanzszene am heißesten diskutierten Projekte vor: Die US-Bank J.P. Morgan, die allein mit einem ihrer üblichen Halbjahresgewinne von zuletzt 31,5 Milliarden Dollar locker die Deutsche Bank mit ihrem Unternehmenswert von derzeit 28,5 Milliarden Euro kaufen könnte, baut auf der „grünen Wiese“ in der Hauptstadt fast aus dem Nichts eine eigene Digitalbank für Deutschland auf.
Ein Vorbild aber gibt es: Die zu J.P. Morgan gehörende Verbraucherbank Chase in Großbritannien, die trotz starker Konkurrenz dort durch Digital-Banken und Broker wie Revolut und Monzo seit dem Start im September 2021 rund 20 Milliarden Euro Einlagen von 2 Millionen Kunden eingesammelt und ihr Angebot für junge Berufstätige von attraktiven Einlagenzinsen bis hin zur Ausgabe von Kreditkarten Schritt für Schritt erweitert hat. In Deutschland dürfte die ING (früher ING Diba) der größte Wettbewerber sein.
ING Deutschland hat als filiallose Direktbank mit 9,4 Millionen ähnlich viele Privatkunden wie die Commerzbank. Diese Kunden haben bei der ING Deutschland 143 Milliarden Euro an Spareinlagen auf Konten angelegt. Darauf dürfte es J.P. Morgan, die in Deutschland bislang Firmen- und Kapitalmarktgeschäft betreibt, mit der neuen Privatkundenbank abgesehen haben. Aber auch andere Direktbanken wie DKB und Comdirect werden sich nach dem Start von Chase einem härteren Wettbewerb stellen müssen. Diese Direktbanken „der ersten Stunde“ sind groß geworden mit einem Online-Banking-Angebot auf dem Desktop.
Privatkunden nutzen ihr Online-Banking allerdings zunehmend auf Apps auf dem Smartphone, wie auch die Erfolge von jüngeren Neobrokern und Neobanken wie Trade Republic und N26 zeigen. Diese beiden leiden allerdings auch unter ihrem starken Wachstum, bekommen Kundenservice und Geldwäschekontrollen keineswegs reibungslos in den Griff. Auch J.P. Morgan dürfte das Hauptaugenmerk auf eine funktionierende App legen.
Bisher war der Start der Amerikaner in Deutschland für 2024 oder spätestens 2025 avisiert. Dafür hat J.P. Morgan schon eine bunte Mischung an digital-affinen Bankern an Bord geholt: Viele junge Start-up-Begeisterte, zum Teil von Chase in Großbritannien, aber auch etablierte Banker. So war etwa schon vor zwei Jahren Claudia Barghoorn aus der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft Fidelity International zu J.P. Morgan in Berlin gestoßen. Und auch Jakub Fast, ein ehemaliger Manager der polnischen Commerzbank-Tochter M-Bank, der seinerzeit am „Copernicus-Projekt“..., beteiligt war, spielte eine wichtige Rolle. Unter dem Spitznamen „Kuba“ tritt Fast seit Mai 2024 auf LinkedIn nun als „CEO Chase UK and CEO J.P. Morgan Europe“ auf.
am 08.09.2024 22:04
Konkurrenz belebt das Geschäft, wird spannend 🙂
Die schiere Größe von JPM ist ja schon mal eine Hausnummer.
am 08.09.2024 22:53
@CurtisNewton schrieb:Konkurrenz belebt das Geschäft, wird spannend 🙂
Die schiere Größe von JPM ist ja schon mal eine Hausnummer.
Dasselbe hat man auch über Walmart gesagt!
Mal sehen, wie es weitergeht.
am 08.09.2024 23:15
Das ist ja spannend!
Vor allem interessiert mich, woher die das arbeitende Personal hernehmen wollen?
Merkt man doch bei allen Banken, dass es große Personalprobleme gibt.
Filialbanken schließen ihre Filialen, Onlinebanken haben unzureichenden Kundenservice etc
Mal schauen, ob die sich hier etablieren können. Zu amerikanisch klappt hier nicht. Sehr englisch vielleicht etwas besser?
In zwei/drei Jahren wissen wir mehr!
Danke @paej für den Hinweis.
am 09.09.2024 11:36
Das Scheitern von Walmart war aber auch mit Ansage. Ich denke, dass man aus genau solchen Dingen lernt, zumal Bankgeschäft doch wesentlich "emotionsloser und technischer" ist, als Einzelhandel, wo es auch deutlich "nuancenreicher" zugeht, da man 1. mit den Leuten direkt zu tun hat und es 2. ja haptische Produkte sind. Ich denke, man hat es auf technikaffine, konditionssensible Kunden abgesehen.
am 09.09.2024 12:45
@Floppy85 schrieb:Das Scheitern von Walmart war aber auch mit Ansage...
Da stimme ich zu. 🙂
Wal-Mart hatte in Deutschland das Problem, eine dilettantische Filialorganisation mit der massiven Unterschätzung der Konkurrenz in Form von Aldi und Co zu kombinieren. Ursprung war vermutlich, dass der Markteintritt nicht gewissenhaft genug vorbereitet wurde, klassische Überheblichkeit eben.
Gezuckert wurde dieses amateurhafte Vorgehen mit so albernen amerikanischen Gepflogenheiten, das Wal-Mart Mitarbeiter den Kunden die Einkäufe in Tüten stopfen wollten, oder irgendein Mitarbeiter am Ausgang die demütigende Aufgabe hatte, den ganzen Tag zu nicken und zu lächeln. Wohlgemerkt in Deutschland! Da haben die Deutschen gedacht, das sei so eine Art Pranger und der Mitarbeiter muss zur Strafe da am Ausgang stehen. Vielleicht weil er zu langsam die Regale eingeräumt hat oder so etwas.
Für so schräge Folklore hat der Deutsche, zu Recht, kein Verständnis.
Das man den einheimischen Billigsupermärkten gehörig auf die Nerven gehen kann, beweist dagegen Aldi-Süd mit inzwischen 2400 Filialen in Amerika.
Aber warum erzähle ich das alles… ach ja, ich glaube nicht, das JPM bei diesem Spiel mit Wal-Mart zu vergleichen ist, eher mit Aldi. JPM wird bei Markteintritt nicht dilettantisch organisiert sein und sie werden die Bankenscene sehr genau analysiert haben, bevor darüber nachgedacht wurde, hier einen Standort aufzubauen.
Wenn JPM scheitert, dann sicher nicht aus arroganter Selbstgefälligkeit wie Wal-Mart.
Man darf gespannt sein.
Gruß kio
am 09.09.2024 15:37
Vor allem dieses gruselige Morgenritual, wo sich alle versammeln und den Tag positiv beginnen "wir sind für unsere Kunden da" ... macht sowas in Dt. heutzutage noch jemand ? Ich gehe nicht gern irgendwo einkaufen, wo man künstlich nett ist und mich als etwas Besseres darstellen will, nur weil ich Kunde bin - könnte aber daran liegen, dass ich selbst mit Kunden zu tun hatte und die Mehrzahl menschlich gesehen absolut weit unten rangiert. Ich möchte normale Menschen, die auch mal schlechten Tag haben und nicht grinsen, nur weil jemand mit nem Gewehr auf sie zielt, wenn sie das Gesicht verziehen.
am 09.09.2024 18:12
@Floppy85 schrieb:könnte aber daran liegen, dass ich selbst mit Kunden zu tun hatte und die Mehrzahl menschlich gesehen absolut weit unten rangiert.
Was für ein Glück für die Kunden / Menschen, dass Du keinen Kundenkontakt mehr hast!
Hoffentlich laufen wir uns nicht mal über den Weg.
am 09.09.2024 20:01
Ich bin skeptisch - Deutschland ist ein mörderischer Standort für Retailbanking - viel zu viele kleine und mittlere Banken (hauptsächlich im öffentlichen und genossenschaftlichen Sektor) und J.P.Morgan wäre nicht erste ausländische Finance-rWettbewerber, der sich eine blutige Nase holt - siehe Vanguard Invest Direkt Depot, ICS, Barclays, RBS, Credit Agricole etc. pp.
Schaun ma mal, ob es die Yankees besser machen ...
am 10.09.2024 07:36
Dann kannst Du mich wenigstens nicht beleidigen und demütigen.