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Wo fährt gerade die schnellste Straßenbahn ?

Shane 1
Mentor ★★
1.926 Beiträge

Für viele deutsche Sparer dürfte eine Rendite von 10 - 15 % im laufenden Jahr eine ziemlich gute Nachricht sein. Sie würden vor Freude jubeln. Leider bleibt so eine Rendite im Nullzinsumfeld für die Meisten reine Utopie.

 

10 oder sogar 15 Prozent? Ungläubig staunen Sparbuchbesitzer und Börsianer. Beide wundern sich zwar, jedoch aus gegensätzlichen Überlegungen. Warum investiert der Börsianer nicht gleich in einen Fonds für weltweite Technologieaktien. Haben diese nicht im laufenden Jahr bereits das Doppelte erwirtschaftet! Oder in chinesische Technologiefirmen? Die haben zur Geburt des „Star-Markets“ (eine Art chinesischer Neuer Markt seit 2019) am ersten Handelstag im Schnitt um über 100% zugelegt. An einem Tag wohlgemerkt!                                                               

 

Was stören da moralische Bedenken gegenüber der kommunistischen Partei ? Nur weil Lehrbetriebe keinen Gewinn machen dürfen, oder Tech-Giganten ihre gesammelten Nutzerdaten frei zugänglich machen sollen?
Kinder nur noch Samstags sowie Sonntags je eine Stunde spielen dürfen.

 

Jetzt aber Leute, gegen Einwände dieser Moralapostel hilft notfalls sogar einer dieser langweiligen deutschen ETFs beim Geldverdienen. Immerhin beträgt das Durchschnitts-KGV beim DAX erst 15, während es beim Blick über den großen Teich dort schon 22 sind.

Gefährliche Renditejagd

Im Ernst, es findet sich also immer irgendwo ein noch höherer Gewinn als im eigenen Depot. Doch was heißt das schon? Als Anleger sollte man sich darüber klar sein, dass die meisten Menschen bei der Geldanlage von zwei Emotionen getrieben werden: Angst und Gier.

Während unser Finanzminister Herr Scholz aus Angst Fehler zu machen, seine vermeintlich sicheren Zinsanlagen predigt und dabei im Nullzinsumfeld sogar den schleichenden Verlust unseres Ersparten riskiert (derzeitige Inflationsrate 3,9%), kriegen andere den Hals nicht voll. Auf der Jagd nach noch mehr Rendite riskieren sie alles, bis hin zum Totalverlust.

 

Am 10. März 1997 startete beispielsweise der „Neue Markt“ (Nemax). Vorbild war die US-Technologiebörse Nasdaq, die damals dank New Economy bereits von Rekord zu Rekord eilte mit seinen ersten Unternehmen Bertrandt und Mobilcom. Im Oktober 2002 war der Index des Neuen Marktes auf seinem Tiefststand; die Aktionäre hatten seit März 2000 mehr als 200 Milliarden Euro verloren. Im Juni 2003 wurde der Handel eingestellt.

In diesen ersten Jahren jedoch, da war die Börse in Feierlaune – nur 15 Prozent waren da schon wie ein offen zur Schau gestelltes Kainsmerkmal mitten auf der Stirn. Nur 15 Prozent? Damit wurde man schon fast belächelt.                                 Der Neue Markt lieferte derartige Gewinne schließlich in weniger wie einem Monat. In den 2000er Jahren wiederholte sich das gleiche aufgrund der temporär besseren Wertentwicklung erst von China-Aktien (2007), dann von Goldminen-Aktien (2011) sowie gefolgt von Öl-Aktien (2013). Vor zwei Jahren war es dann die Kursexplosion des Bitcoins, die Renditejäger dazu brachte, ihre Qualitätsaktien für vermeintlich bessere Renditechancen in Kryptoanlagen zu tauschen. Dazwischen waren es Seltene Erden und derzeit regnet es Wasserstoffaktien vom Himmel.

 

Den Weg zurück zu Qualitätsaktien haben die meisten dieser Glücksritter nicht wieder gefunden. Aber nicht, weil ihre Rechnung aufgegangen ist und sie mit ihren Anlagen nach wie vor Traum-Renditen einfahren. Sondern, weil sie auf der Suche nach maximaler Rendite ihren Einsatz verspielt, bzw. so hohe Verluste erlitten haben, dass sie Jahrzehnte brauchen werden, um diese auszusitzen. Wer die Entwicklung von Neuer Markt, Gold und Öl-Aktien kennt, wird eher auf letzteres tippen. Ob es beim Bitcoin oder Wasserstoff anders ausgehen wird, steht in den Sternen.

 

Wer auf jede Straßenbahn (Zitat Kostolanys) aufspringt, nur weil diese gerade schneller fährt als diese, in welcher man gerade sitzt, läuft Gefahr, in Kursblasen zu investieren und die Talfahrt beim Platzen voll mitzumachen. Wer natürlich glaubt, mit der neuerdings in diesem Bord so beliebten Wunderwaffe, dem ausgeklügelten Setzen von Stopkursen alle gefährlichen Klippen umschiffen zu können, und gefahrlos in den Hafen einlaufen zu können, leistet sich einen großen Irrtum.     

 

Aber auch Qualitätsaktien sollte man nicht deshalb kaufen, weil sie im laufenden Jahr gerade um 10 oder 15% gestiegen sind, sondern weil man etwas Grundlegendes verstanden hat:

 

Dass man sich damit an erstklassigen Weltkonzernen beteiligt und so mit seinem Geld anstatt von kurzfristigen Börsentrends vom langfristigen Wachstum der Weltwirtschaft profitiert. Doch das ist eine ziemlich rationale Überlegung - und die fällt Renditejägern schwer. Denn Gier frisst bekanntlich auch Hirn.

Wie lautet ein bekanntes Zitat von Super-Investor Warren Buffett:                  „Der dümmste Grund eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie gerade steigt“.

 

Übrigens, ein ebenso dummer Grund eine Aktie zu kaufen ist, weil sie gerade so günstig ist. Auch „Wirecard“ dürfte sich in den Köpfen der Börsianer festgesetzt haben, denn Stopkurse haben nicht gegriffen. Als die Bilanzen nicht testiert wurden, wollte niemand mehr etwas mit dem Konzern zu tun haben, und der Kurs fiel wie ein Stein in die Tiefe.

 

Benjamin Graham (der Mentor von Warren Buffett) sagte einmal:

"Der Preis ist das, was man bezahlt, der Wert ist das, was man bekommt".

 

Beim längsten Börsencrash aller Zeiten 1929 verlor Graham viel Geld. Er arbeitete ununterbrochen, um den Verlust aufzuholen und benötigte 5 Jahre. Dies war deutlich schneller als der Markt im Allgemeinen; denn dieser brauchte 25 Jahre, um sich vom Crash zu erholen.                                                                                              Danach verlor Graham auf Jahresbasis nie wieder Geld für seine Kunden.

 

Warum suchen so viele beim Kauf einer Aktie ein Papier, das schnellstens an Wert zunimmt, anstatt die Anschaffung als ein ganzen Unternehmens zu betrachten, einschließlich aller Gewinne, Schulden, Vermögensgegenstände und zukünftiger Umsätze.

 

Oder einfach auf den Punkt gebracht, warum wechseln wir die Straßenbahn, nur um einige Minuten früher am Ziel zu sein? Kein Fußballtrainer der Welt stellt elf Stürmer auf den Platz und glaubt damit zu siegen, und spielt deshalb ohne Tormann und Verteidiger.

 

Denken wir in einer ruhigen Minute doch auch mal über diese Strategie nach! Ich bin tief davon überzeugt, eines Tages wird man dankbar für eine gute Abwehr im Depot sein. 

Grüße - Shane

71 ANTWORTEN

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Hallo @Shane 1,

 

der Kommentar ist online und man findet ihn hier.

 

Ich habe keine Stopmarken, bei denen ich eine Aktie verkaufe. Ich verkaufe immer dann, wenn das Unternehmen operativ nicht mehr wächst oder es einen Einflussfaktor gibt, der dieses Wachstum entscheidend und nachhaltig stören könnte. Dabei ist der Preis der Aktie zweitrangig.

 

Grüße aus Dresden

Sonni

Shane 1
Mentor ★★
1.926 Beiträge

@ehemaliger Nutzer 

....ich antworte der Einfachheit halber einfach hier. BAT auszuwechseln halte ich für eine korrekte Maßnahme.

Zumal diese nicht aus dem Bauchgefühl, sondern auf Grund rationaler Entscheidung getroffen wurde. 

Wie bei Unilever ebenfalls, sind die Schwellenländer ein erhöhter Risikofaktor (seit Jahren wird immer mit Indien als Vorzeigeland geworben (Vodafone bläst erfolglos ins gleiche Horn).

 

Deine Erläuterung für Auswechslungen sind genau der richtige Ansatz, eben so, wie es in dem Thread hier auch angedacht ist und einige hier mit ihren Antworten auch erfreulich verstanden haben.

 

Weder Gier noch noch Angst führen zum dauerhaften Erfolg, Börsianer sollten das Bauchgefühl abschalten, den Kopf eingeschaltet und die Zeit für sie arbeiten lassen. 

Dann bin ich mal gespannt, welcher Einwechselspieler dafür aufs Spielfeld kommt, wieder ein Verteidiger oder ob du wie beim Billard jetzt über die Bande spielst.

Grüße - Shane