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Vorabpauschale

Joerg78
Mentor ★★★
2.728 Beiträge

Nachdem in den letzten Jahren der für die Berechnung der Vorabpauschale relevante Basiszinssatz negativ war, schaut das in diesem Jahr anders aus. Da immer wieder Fragen zur Vorabpauschale (Was ist das? Wie wirds berechnet? Was wird wann abgezogen?) auftauchen, möchte ich versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen auf ein paar Punkte einzugehen.

Disclaimer: Dies ist keine Steuerberatung o.Ä., ich führe hier mein persönliches Verständnis der Vorabpauschale auf. Bei steuerlichen Fragen sollte immer der Steuerberater kontaktiert werden, in der Community können und dürfen wir keine Beratung zu Steuerthemen vornehmen!

 

Die Vorabpauschale wurde mit der Reform des Investmentsteuergesetz 2018 eingeführt; sie gilt für Investmentfonds und sollte die bis dahin geltende Ungleichheit der Besteuerung unterschiedlicher Fonds-Typen beseitigen, denn gerade bei ausländischen thesaurierenden Fonds gab es einen Steuerstundungseffekt.

Jetzt gilt für alle Fonds: Abhängig von der Wertsteigerung des Fonds, des Basiszinssatzes und ggf. Ausschüttungen wird eine Vorabpauschale ermittelt, die versteuert werden muss. Wie war berechnet wird, wird im schönsten Juristendeutsch in §18 InvStG "erklärt"; dort steht in Absatz 1 u.a. das hier:

 

Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten. Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 Prozent des Basiszinses nach Absatz 4. Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttungen innerhalb des Kalenderjahres ergibt.

 

Schön, nicht?

Dröseln wir das mal auseinander, beginnend mit Satz 2, nämlich dem Basisertrag: Der berechnet sich aus dem Fondswert zu Beginn des Jahres (also jetzt 2023), multipliziert mit 70% des Basiszinses; der wurde für 2023 auf 2,55%, für 2024 auf 2,29% festgelegt.

 

Nehmen wir also mal einen nicht-ausschüttenden Fonds XY, der hat fiktiv zum 1.1.2023 einen Wert von 100€ gehabt.

Der Basisertrag pro Fondsanteil liegt dann bei 100 * 70% * 2,55% = 1,785€ (100 * 0,7 * 0,0255).

 

Am Jahresende kommt dann der Jahresendwert ins Spiel - daraus wird die Wertsteigerung berechnet und Satz 3 kommt ins Spiel: Ist die Wertsteigerung höher oder gleich dem Basisertrag (=> Rücknahmepreis eines Fondsanteils >= 101,785€), bleibt der Basisertrag unverändert; ist die Wertsteigerung geringer (Fondsanteil < 101,785), dann entspricht der Basisertrag dieser Wertsteigerung (bei einem Rücknahmepreis von 101€ am 31.12.2023 wäre der Wertzuwachs 1€ => Basisertrag = 1€).

 

Vereinfacht wird angenommen, dass innerhalb des Jahres keine Käufe oder Verkäufe stattgefunden haben - dann wird zum Jahresende der Basisertrag mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert: Das Ergebnis ist dann die persönliche Vorabpauschale, die dann versteuert werden muss (mehr dazu unten).

 

Bei einem ausschüttenden Fonds werden vom Basisertrag noch die Ausschüttungen (pro Anteil) abgezogen - und damit sind wir bei Satz 1 des o.g. Gesetzes: Sind die Ausschüttungen geringer als der Basisertrag, wird dennoch eine Vorabpauschale besteuert!

 

Zu beachten ist auch: Die Vorabpauschale kann nie negativ werden!

 

 

Hier mal 5 Berechnungen für 2023 ("gute Wertentwicklung" bzw. "schlechte Wertentwicklung" dient hier nur der Vergleichbarkeit!).

 

1. thesaurierender Fonds - gute Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Wertzuwachs2€
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil1,785€

 

 

2. thesaurierender Fonds - schlechte Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Wertzuwachs1€
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
1€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag)

 

 

3. ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Ausschüttung je Anteil2€
Wertzuwachs3€ (1€ aus Kursdifferenz zzgl. 2€ Ausschüttung)
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

 

4. teil-ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs3€ (2€ aus Kursdifferenz zzgl. 1€ Ausschüttung)
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0,785€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

5. ausschüttender Fonds - schlechte Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil100€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs

1€ (1€ aus Ausschüttung)

Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag => 1€, abzgl. Ausschüttung = 0€)

 

 

 

Wie wird besteuert?

Es wird die Vorabpauschale (Berechnung s.o.) mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert und dann mit der Kapitalertagssteuer + Soli + ggf. Kirchensteuer besteuert. Je nach Fondsart greifen aber auch hier Teilfreistellungen (z.B. bei Aktienfonds 30%). Auch ein Freistellungsauftrag wird berücksichtigt. Es wird also nicht der Wert der Vorabpauschale an sich als "zu versteuernder Betrag" festgesetzt, sondern die Vorabpauschale selbst wird mit der Steuer belegt!

 

Wann wird besteuert?

Die Besteuerung erfolgt Anfang des folgenden Kalenderjahres, denn: Die Vorabpauschale für 2023 gilt am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen. Somit greift die Besteuerung im Jahr 2024 (und eine Belastung des Sparerfreibetrages ebenfalls im Jahr 2024).

 

Wird mir die Vorabpauschale gutgeschrieben?

Nein, es handelt sich um eine vorgezogene Besteuerung, daher erfolgt der Zufluss der Vorabpauschale als "fiktiv".

 

Wie wird beim Verkauf besteuert?

Beim Verkauf eines Wertpapieres wird der Veräußerungsgewinn besteuert - abzüglich bereits festgesetzter Vorabpauschalen (ansonsten hätte man eine Doppelbesteuerung), siehe §19 Abs. 1 InvStG .

 

Ich habe einen Fondsanteil im Laufe des Jahres verkauft - wird dennoch eine Vorabpauschale erhoben?

Nein, zum Jahresende nicht mehr gehaltene Fondsanteile unterliegen keiner Vorabpauschale (die Besteuerung erfolgte ja bereits durch den Verkauf).

 

Ich habe im Laufe des Jahres Fondsanteile gekauft - wird wird hier die Vorabpauschale berechnet?

Die Vorabpauschale wird anteilig berechnet, und zwar ab dem Monatsersten, in dessen Monat entsprechende Anteile gekauft wurden (wurden Fondsanteile am 30.11. eingebucht, so werden dennoch volle 2 Monate berücksichtigt!); in die Berechnung fließt nichtsdestotrotz immer der Jahresanfangswert ein! Dies kann zur interessanten Konstellation führen, dass trotz Buchverlust eine Vorabpauschale einbehalten werden kann (Beispiel: Jahresanfangswert 100€, Jahresendwert 104€, Kaufkurs im November 106€).

 

Wie wird die Steuer eingezogen?

Normalerweise wird die Steuer vom Verrechnungskonto der depotführenden Bank eingezogen; reicht das Guthaben nicht aus, wird ein ggf. eingeräumter Dispositionskredit (Vorsicht: Überziehungszinsen!) ausgenutzt. Reicht auch das nicht aus (weil kein Dispo vorhanden oder bereits ausgeschöpft), wird die Steuer nicht einbehalten und das Finanzamt informiert.

 

Gibt es nicht auch einen Rechner, der mir die konkrete Höhe der zu bezahlenden Steuer berechnet?

Den gibt es, beispielsweise wurde bei Finanzfluss ein entsprechender Rechner programmiert (danke an @digitus für den Link!); dieser berücksichtigt (wie alle anderen von mir gefundenen Rechner) allerdings keine unterjährigen Zukäufe.

 

 

Ich hoffe, dass das Thema "Vorabpauschale" und dessen Besteuerung etwas klarer geworden ist.

 

Am Ende nochmals der Hinweis (man muss sich ja rechtlich absichern): Dies war keine Steuerberatung, nur mein persönliches, niedergeschriebenes Verständnis der entsprechenden Themenblocks.

 

 

 

196 ANTWORTEN

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.144 Beiträge

@Weinlese  schrieb:

@CurtisNewton  schrieb:

Wenn ich nun die Analogie zu Goldzertifikaten ziehe dürfte nur der CoinShares  als Privatveräußerung gelten, der WIsdom Tree und der van Eck aber nicht.


Auf der VanEck-Seite zum Ethereum-ETP A3GPSP heißt es:

 

Die VanEck Digital Assets ETNs verleihen das Recht zur Rückgabe gegen Lieferung der jeweiligen Cryptowährung. Nach unsere Auffassung kann daher für in Deutschland steuerpflichtige Privatanleger nach Ablauf einer Haltefrist von 12 Monaten das Ergebnis aus der Investition steuerfrei (nicht steuerbar) sein.

Die VanEck-ETPs sind daher nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei.

 

 


Das hat VanEckschon schon immer geschrieben.

Nur leider interessiert deren Auffassung den deutschen Fiskus nicht.    🙂

 

Aber wie gesagt, ich weiß nicht wie dieser ETP eingestuft ist.

 

dddd

CurtisNewton
Mentor ★★★
2.860 Beiträge

@Weinlese  schrieb:

Auf der VanEck-Seite zum Ethereum-ETP A3GPSP heißt es:

 

Die VanEck Digital Assets ETNs verleihen das Recht zur Rückgabe gegen Lieferung der jeweiligen Cryptowährung. Nach unsere Auffassung kann daher für in Deutschland steuerpflichtige Privatanleger nach Ablauf einer Haltefrist von 12 Monaten das Ergebnis aus der Investition steuerfrei (nicht steuerbar) sein.

Die VanEck-ETPs sind daher nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei.

 


@Weinlese 

Grundsätzlich sehe ich das ja genau so wie du. Physikalische Lieferung  = Privatveräußerung.

Das Problem ist dass in dem auf der gleichen Seite verlinkten Basisnformationsblatt dann von einer Lieferung keine Rede mehr ist  sondern nur noch von einer Auszahlung in USD, den Abschnitt hatte ich ja oben verlinkt.

 

VanEck trifft also selbst auf der Homepage und im BIB zwei gegensätzliche Aussagen. Im Zweifel halte ich das BIB für bindend.

Anyway, wenn ich die mal verlaufe berichte ich was draus geworden ist

 

 

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"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.144 Beiträge

@CurtisNewton  schrieb:

@Weinlese  schrieb:

Auf der VanEck-Seite zum Ethereum-ETP A3GPSP heißt es:

 

Die VanEck Digital Assets ETNs verleihen das Recht zur Rückgabe gegen Lieferung der jeweiligen Cryptowährung. Nach unsere Auffassung kann daher für in Deutschland steuerpflichtige Privatanleger nach Ablauf einer Haltefrist von 12 Monaten das Ergebnis aus der Investition steuerfrei (nicht steuerbar) sein.

Die VanEck-ETPs sind daher nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei.

 


@Weinlese 

Grundsätzlich sehe ich das ja genau so wie du. Physikalische Lieferung  = Privatveräußerung.

 

 


Es kommt ja auch auf die Art der möglichen Lieferung an.

Wenn da nur Vielfache von 100g möglich sind ist dieBedingung nicht erfüllt und das Zertifikat nicht steuerfrei.

ae
Mentor ★★★
2.943 Beiträge

Hilft wohl nur ein Feldversuch oder es meldet sich jemand hier, der schon mal Erfahrungen mit Haltedauer > 1 Jahr machte. 
Meine Positionen mit Haltedauer über einem Jahr stehen in der Steuersimulationsübersicht mit AgSteuer drin. Allerdings bei der Simulation selber ändert sich weder bei der Steuer noch beim Freibetrag etwas. 
somit muss ich davon ausgehen dass diese ab einem Jahr steuerfrei sind

21SHARES CARDANO ADA ETP(A3GRTN)

ETC ISSUANCE O.END ETN(A3GMKD)

ETC ISSUANCE O.END ETN(A27Z30)

 

gruss ae

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>>> Meine Glaskugel funktioniert, ist geputzt und auf dem neuesten Stand der Technik
>>>> Leider weigert sie sich konsequent, mit mir zu reden

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.144 Beiträge

@ae  schrieb:

Hilft wohl nur ein Feldversuch oder es meldet sich jemand hier, der schon mal Erfahrungen mit Haltedauer > 1 Jahr machte. 
Meine Positionen mit Haltedauer über einem Jahr stehen in der Steuersimulationsübersicht mit AgSteuer drin. Allerdings bei der Simulation selber ändert sich weder bei der Steuer noch beim Freibetrag etwas. 
somit muss ich davon ausgehen dass diese ab einem Jahr steuerfrei sind


Die Haltedauer interessiert die Bank doch nicht.

Entweder ist das Papier steuerfrei eingestuft oder eben nicht.

Im ersteren Fall werden keine Steuern abgeführt, auch wenn du es nach 3 Tagen verkaufst.

CurtisNewton
Mentor ★★★
2.860 Beiträge

Richtig, bei weniger als einem Jahr Anlage SO in der Steuererklärung.

Ich habe noch einen Wisdom Tree da ändern sich die Töpfe in der Steuersimulation in der Tat.

 

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"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.144 Beiträge

@CurtisNewton  schrieb:

 

Ich habe noch einen Wisdom Tree da ändern sich die Töpfe in der Steuersimulation in der Tat.

 


Das ist doch eine wichtige Information.

Einige Leute behaupten ja beständig auch WT sei steuerfrei.