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Vorabpauschale

Joerg78
Mentor ★★★
2.729 Beiträge

Nachdem in den letzten Jahren der für die Berechnung der Vorabpauschale relevante Basiszinssatz negativ war, schaut das in diesem Jahr anders aus. Da immer wieder Fragen zur Vorabpauschale (Was ist das? Wie wirds berechnet? Was wird wann abgezogen?) auftauchen, möchte ich versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen auf ein paar Punkte einzugehen.

Disclaimer: Dies ist keine Steuerberatung o.Ä., ich führe hier mein persönliches Verständnis der Vorabpauschale auf. Bei steuerlichen Fragen sollte immer der Steuerberater kontaktiert werden, in der Community können und dürfen wir keine Beratung zu Steuerthemen vornehmen!

 

Die Vorabpauschale wurde mit der Reform des Investmentsteuergesetz 2018 eingeführt; sie gilt für Investmentfonds und sollte die bis dahin geltende Ungleichheit der Besteuerung unterschiedlicher Fonds-Typen beseitigen, denn gerade bei ausländischen thesaurierenden Fonds gab es einen Steuerstundungseffekt.

Jetzt gilt für alle Fonds: Abhängig von der Wertsteigerung des Fonds, des Basiszinssatzes und ggf. Ausschüttungen wird eine Vorabpauschale ermittelt, die versteuert werden muss. Wie war berechnet wird, wird im schönsten Juristendeutsch in §18 InvStG "erklärt"; dort steht in Absatz 1 u.a. das hier:

 

Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten. Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 Prozent des Basiszinses nach Absatz 4. Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttungen innerhalb des Kalenderjahres ergibt.

 

Schön, nicht?

Dröseln wir das mal auseinander, beginnend mit Satz 2, nämlich dem Basisertrag: Der berechnet sich aus dem Fondswert zu Beginn des Jahres (also jetzt 2023), multipliziert mit 70% des Basiszinses; der wurde für 2023 auf 2,55%, für 2024 auf 2,29% festgelegt.

 

Nehmen wir also mal einen nicht-ausschüttenden Fonds XY, der hat fiktiv zum 1.1.2023 einen Wert von 100€ gehabt.

Der Basisertrag pro Fondsanteil liegt dann bei 100 * 70% * 2,55% = 1,785€ (100 * 0,7 * 0,0255).

 

Am Jahresende kommt dann der Jahresendwert ins Spiel - daraus wird die Wertsteigerung berechnet und Satz 3 kommt ins Spiel: Ist die Wertsteigerung höher oder gleich dem Basisertrag (=> Rücknahmepreis eines Fondsanteils >= 101,785€), bleibt der Basisertrag unverändert; ist die Wertsteigerung geringer (Fondsanteil < 101,785), dann entspricht der Basisertrag dieser Wertsteigerung (bei einem Rücknahmepreis von 101€ am 31.12.2023 wäre der Wertzuwachs 1€ => Basisertrag = 1€).

 

Vereinfacht wird angenommen, dass innerhalb des Jahres keine Käufe oder Verkäufe stattgefunden haben - dann wird zum Jahresende der Basisertrag mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert: Das Ergebnis ist dann die persönliche Vorabpauschale, die dann versteuert werden muss (mehr dazu unten).

 

Bei einem ausschüttenden Fonds werden vom Basisertrag noch die Ausschüttungen (pro Anteil) abgezogen - und damit sind wir bei Satz 1 des o.g. Gesetzes: Sind die Ausschüttungen geringer als der Basisertrag, wird dennoch eine Vorabpauschale besteuert!

 

Zu beachten ist auch: Die Vorabpauschale kann nie negativ werden!

 

 

Hier mal 5 Berechnungen für 2023 ("gute Wertentwicklung" bzw. "schlechte Wertentwicklung" dient hier nur der Vergleichbarkeit!).

 

1. thesaurierender Fonds - gute Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Wertzuwachs2€
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil1,785€

 

 

2. thesaurierender Fonds - schlechte Wertentwicklung

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Wertzuwachs1€
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
1€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag)

 

 

3. ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil101€
Ausschüttung je Anteil2€
Wertzuwachs3€ (1€ aus Kursdifferenz zzgl. 2€ Ausschüttung)
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

 

4. teil-ausschüttender Fonds - gute Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil102€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs3€ (2€ aus Kursdifferenz zzgl. 1€ Ausschüttung)
Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0,785€ (Basisertrag abzgl. Ausschüttungen)

 

5. ausschüttender Fonds - schlechte Performance

 

Jahresanfangswert je Anteil100€
Jahresendwert je Anteil100€
Ausschüttung je Anteil1€
Wertzuwachs

1€ (1€ aus Ausschüttung)

Basisertrag1,785€ (100€ * 0,7 * 0,0255)
Vorabpauschale pro Anteil
0€ (Wertzuwachs geringer als Basisertrag => 1€, abzgl. Ausschüttung = 0€)

 

 

 

Wie wird besteuert?

Es wird die Vorabpauschale (Berechnung s.o.) mit der Anzahl der gehaltenen Fondsanteile multipliziert und dann mit der Kapitalertagssteuer + Soli + ggf. Kirchensteuer besteuert. Je nach Fondsart greifen aber auch hier Teilfreistellungen (z.B. bei Aktienfonds 30%). Auch ein Freistellungsauftrag wird berücksichtigt. Es wird also nicht der Wert der Vorabpauschale an sich als "zu versteuernder Betrag" festgesetzt, sondern die Vorabpauschale selbst wird mit der Steuer belegt!

 

Wann wird besteuert?

Die Besteuerung erfolgt Anfang des folgenden Kalenderjahres, denn: Die Vorabpauschale für 2023 gilt am ersten Werktag des Folgejahres als zugeflossen. Somit greift die Besteuerung im Jahr 2024 (und eine Belastung des Sparerfreibetrages ebenfalls im Jahr 2024).

 

Wird mir die Vorabpauschale gutgeschrieben?

Nein, es handelt sich um eine vorgezogene Besteuerung, daher erfolgt der Zufluss der Vorabpauschale als "fiktiv".

 

Wie wird beim Verkauf besteuert?

Beim Verkauf eines Wertpapieres wird der Veräußerungsgewinn besteuert - abzüglich bereits festgesetzter Vorabpauschalen (ansonsten hätte man eine Doppelbesteuerung), siehe §19 Abs. 1 InvStG .

 

Ich habe einen Fondsanteil im Laufe des Jahres verkauft - wird dennoch eine Vorabpauschale erhoben?

Nein, zum Jahresende nicht mehr gehaltene Fondsanteile unterliegen keiner Vorabpauschale (die Besteuerung erfolgte ja bereits durch den Verkauf).

 

Ich habe im Laufe des Jahres Fondsanteile gekauft - wird wird hier die Vorabpauschale berechnet?

Die Vorabpauschale wird anteilig berechnet, und zwar ab dem Monatsersten, in dessen Monat entsprechende Anteile gekauft wurden (wurden Fondsanteile am 30.11. eingebucht, so werden dennoch volle 2 Monate berücksichtigt!); in die Berechnung fließt nichtsdestotrotz immer der Jahresanfangswert ein! Dies kann zur interessanten Konstellation führen, dass trotz Buchverlust eine Vorabpauschale einbehalten werden kann (Beispiel: Jahresanfangswert 100€, Jahresendwert 104€, Kaufkurs im November 106€).

 

Wie wird die Steuer eingezogen?

Normalerweise wird die Steuer vom Verrechnungskonto der depotführenden Bank eingezogen; reicht das Guthaben nicht aus, wird ein ggf. eingeräumter Dispositionskredit (Vorsicht: Überziehungszinsen!) ausgenutzt. Reicht auch das nicht aus (weil kein Dispo vorhanden oder bereits ausgeschöpft), wird die Steuer nicht einbehalten und das Finanzamt informiert.

 

Gibt es nicht auch einen Rechner, der mir die konkrete Höhe der zu bezahlenden Steuer berechnet?

Den gibt es, beispielsweise wurde bei Finanzfluss ein entsprechender Rechner programmiert (danke an @digitus für den Link!); dieser berücksichtigt (wie alle anderen von mir gefundenen Rechner) allerdings keine unterjährigen Zukäufe.

 

 

Ich hoffe, dass das Thema "Vorabpauschale" und dessen Besteuerung etwas klarer geworden ist.

 

Am Ende nochmals der Hinweis (man muss sich ja rechtlich absichern): Dies war keine Steuerberatung, nur mein persönliches, niedergeschriebenes Verständnis der entsprechenden Themenblocks.

 

 

 

196 ANTWORTEN

RiAHD
Autor ★★
37 Beiträge

Langsam fange ich an zu verstehen. 

 

Die 2 Einträge in der steuerlichen Detailansicht (mit Null) waren BTC Zertifikat Käufe.

 

 

ETF Käufe schlagen dort nicht als Einträge auf.

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

@RiAHD  schrieb:

Langsam fange ich an zu verstehen. 

 

Die 2 Einträge in der steuerlichen Detailansicht (mit Null) waren BTC Zertifikat Käufe.

 

ETF Käufe schlagen dort nicht als Einträge auf.


Egal ob Zertifikate, ETF oder was auch immer, Käufe sind doch steuerlich nicht relevant und tauchen da nicht auf.

 

Eine Ausnahme sind nur Anleihen bei denen Stückzinsen zu zahlen sind.

Diese tauchen da als sonstiger Verlust auf.

 

Kleine Korrektur. Eben nochmal nachgesehen.

Ein Kauf BTC Zertifikat taucht doch als Null-Buchung in der Steuerübersicht auf.

Keine Ahnung warum, das ist vollkommen sinnlos.

 

Vielleicht noch eine historische Nachwirkung weil diese Papiere früher steuerpflichtig waren.

Weinlese
Mentor ★
1.385 Beiträge

@CurtisNewton  schrieb:

Bitcoin Zertifikate mit physikalischer Auslieferung kannst du an einer halben Hand abzählen. 99% werden über die Kapitalertragssteuer abgerechnet da ist die Haltedauer vollkommen wurst.


Wenn wir einmal die Bank(hebel)zertifikate auf Kryptowährungen ausklammern und uns nur auf die ETPs/ETCs/ETNs konzentrieren, dürfte mittlerweile eine deutliche Mehrzahl der Zertifikate beim Verkauf unter die privaten Veräußerungsgeschäfte fallen.

 

Gesichert mit Abgeltungssteuer belegt sind meines Wissens momentan noch die ETCs von WisdomTree und die XBT-Provider-Serie von CoinShares. Bei dem Großteil der ETPs von CoinShares, 21Shares, VanEck oder BTC Group wird beim Verkauf offenbar keine Abgeltungssteuer mehr abgeführt.

 

Wer also mit Kryptowährungszertifikaten traden und sich nicht selbst um eine eventuelle Steuerabführung kümmerm will, sollte mittlerweile genau hinschauen, wie das jeweilige Zertifkat steuerlich behandelt wird.

 

Viele Grüße

Weinlese

RiAHD
Autor ★★
37 Beiträge

Hab welche von 21Shares. In der Steuersimulation von comdirect steht da mit AgSt.

Aber endgültig wissen wird man das ja wahrscheinlich erst bei einem Verkauf.

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

@RiAHD  schrieb:

Hab welche von 21Shares. In der Steuersimulation von comdirect steht da mit AgSt.

Aber endgültig wissen wird man das ja wahrscheinlich erst bei einem Verkauf.


Das steht bei meinen beiden auch da.

Das hat nichts zu bedeuten. Da geht es wohl nur um Altbestände die anders markiert sind.

CurtisNewton
Mentor ★★★
2.868 Beiträge

Bei meinem gestern erstandenen Ether Zertifikat von van Eck steht auch "mit AgSt". Nix Altbestand.

 

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"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

@CurtisNewton  schrieb:

Bei meinem gestern erstandenen Ether Zertifikat von van Eck steht auch "mit AgSt". Nix Altbestand.

 


Bei Altbeständen steht da "ohne AgSt".

CurtisNewton
Mentor ★★★
2.868 Beiträge

So, schauen wir halt einfach mal ins BIB

 

COINSHARES DIG.SEC.OEND(A3GQ2N)

Digitale Wertpapiere haben keine feste Fälligkeit. Der Inhaber eines digitalen Wertpapiers kann das Produkt an dem
geregelten Markt, an dem es notiert ist, verkaufen oder gemäß (und vorbehaltlich) der Bedingungen des Prospekts die
Wertpapiere direkt beim Emittenten gegen einen Betrag von Ethereum in Höhe des gesamten Münzanspruchs der
digitalen Wertpapiere (abzüglich relevanter Gebühren und Kosten) oder, unter bestimmten begrenzten Umständen,
gegen einen Betrag in US-Dollar in Höhe des Nettoerlöses aus dem Verkauf des gesamten Münzanspruchs (abzüglich
relevanter Gebühren und Kosten) zurückkaufen

 

 

VANECK ETHEREUM ETN29(A3GPSP)

Am Fälligkeitstag erhalten die Anleger einen Betrag in Höhe des berechneten Wertes des Produkts. Der Wert des Produkts wird
wie folgt ermittelt: Am Ausgabetag beträgt der Wert des Produkts 10,00 US-Dollar. An jedem folgenden Bewertungstag wird der
Wert des Produkts als der Wert am unmittelbar vorhergehenden Bewertungstag berechnet, bereinigt um die prozentuale
Veränderung des Wertes des als Sicherheit dienenden Ethereum Portfolios und die anteiligen Kosten und Aufwendungen

 

Beim WITR ISS X ETP O.E.(A3GKGK) finde ich ebenfalls nichts mit phyikalischer Lieferung

 

Wenn ich nun die Analogie zu Goldzertifikaten ziehe dürfte nur der CoinShares  als Privatveräußerung gelten, der WIsdom Tree und der van Eck aber nicht.

 

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"Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance." - Victor Hugo

Silver_Wolf
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

@CurtisNewton  schrieb:

 

Wenn ich nun die Analogie zu Goldzertifikaten ziehe dürfte nur der CoinShares  als Privatveräußerung gelten, der WIsdom Tree und der van Eck aber nicht.

 


Das sehe ich ebenfalls so.

CoinShares hat diese Eingenschaft, ebenso die ETC Group.

Weinlese
Mentor ★
1.385 Beiträge

@CurtisNewton  schrieb:

Wenn ich nun die Analogie zu Goldzertifikaten ziehe dürfte nur der CoinShares  als Privatveräußerung gelten, der WIsdom Tree und der van Eck aber nicht.


Auf der VanEck-Seite zum Ethereum-ETP A3GPSP heißt es:

 

Die VanEck Digital Assets ETNs verleihen das Recht zur Rückgabe gegen Lieferung der jeweiligen Cryptowährung. Nach unsere Auffassung kann daher für in Deutschland steuerpflichtige Privatanleger nach Ablauf einer Haltefrist von 12 Monaten das Ergebnis aus der Investition steuerfrei (nicht steuerbar) sein.

Die VanEck-ETPs sind daher nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei.

 

Bei CoinShares ist es komplizierter, weil die verschiedene Serien von ETPs anbieten. Im Factsheet zum Physical Bitcoin ETP A3GPMN heißt es:

 

Investors have the option to redeem their securities directly for bitcoins

Dagegen findet sich dieser Satz im Factsheet zum älteren Bitcoin Tracker A2CBL5 nicht, sondern stattdessen:

 

The Certificates are non-equity linked securities which synthetically track performance of the price of Bitcoin less a fee.

Der erste Coinshares-ETP ist damit nach einem Jahr steuerfrei, der zweite nicht.

 

Bei den WisdomTree-ETPs ist es dann meines Wissens wiederum, wie du schreibst, die werden alle ganz normal mit Abgeltungssteuer behandelt.

 

Leider ist die steuerliche Situation bei den diversen Krypto-ETFs momentan etwas unübersichtlich. Aktuell scheint der Trend weg von den mit Abgeltungssteuer belegten ETPs hin zu denen zu gehen, für die die Regeln für private Veräußerungsgeschäfte gelten. Es wäre wünschenswert, wenn die comdirect direkt vor dem Kauf auf der Informationsseite zum jeweiligen Wertpapier die steuerliche Behandlung kenntlich machen könnte.

 

Viele Grüße

Weinlese