- « Vorherige
-
- 1
- 2
- Nächste »
Türchen 14: Forsche Forscher
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 14.12.2021 00:00
14
Ist ja jetzt auch schon wieder über acht Jahre her. 2013 war das. Dabei stammten die Daten damals doch einfach nur von den Apotheken. Sicher, es waren Patientendaten und somit personenbezogen, aber man hat die Daten ja nur aggregiert und dann verarbeitet. Dass da dann gleich so ein Wind drum gemacht wird. Schließlich lassen sich die Daten keinen Einzelpersonen mehr zuordnen, und außerdem kommen die Ergebnisse der Forschung allen zugute.
Das mit den persönlichen Daten war damals schon etwas Förtsch, pardon, forsch. Jetzt geht sicher gleich wieder eine Diskussion los, ob man in solche Unternehmen investieren darf. Es geht um Forschung, genauer gesagt um medizinische Forschung. Das Unternehmen, das ich heute vorstelle, wurde bisher in unserer Community kaum beachtet. Im Juli 2019 hat mal @Panaristi darauf hingewiesen, aber es war noch nie in einer Sterneliste: Es geht um einen weiteren Laden mit überaus lustigem Firmennamen, nämlich die IQVIA Holdings Inc. aus Amerika.
Um einfach mal das Eigenlob von der Website zu zitieren: "IQVIA ist ein führender, globaler Anbieter von zukunftsweisender Analytik, Technologielösungen und klinischer Auftragsforschung. IQVIA unterstützt Life Science Unternehmen, Verbände, Institutionen, Kostenträger und weitere Akteure im Gesundheitswesen darin, bessere Ergebnisse in der Gesundheitsversorgung zu erzielen."
IQVIA entstand 2016 aus einer Fusion von Quintiles mit IMS Health -- diesen Namen habt Ihr möglicherweise schon mal gehört. Die Abkürzung steht für "Intercontinental Marketing Services". Das Unternehmen belieferte vor allem Pharmakonzerne mit Daten zu Arzneimittelumsätzen, von denen IMS über 80 Prozent verfolgte: über 1,4 Millionen Produkte. Dazu gab es weltweit Einblick in anonymisierte Informationen über mehr als 260 Millionen Patienten.
Im Jahr 2013 geriet IMS Health in Deutschland dennoch im Zusammenhang mit dem Handel mit vermeintlich unzureichend verschlüsselten Patientendaten in die Kritik: IMS Health war Hauptabnehmer dieser von deutschen Apothekenrechenzentren verkauften Daten. Der Handel mit Patientendaten ist zwar grundsätzlich nicht verboten. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie zuvor ausreichend anonymisiert werden. Bei diesem essenziellen Schritt wurde angeblich geschlampt. Anhand der Informationen hätten etwa Pharmaunternehmen zurückverfolgen können, welche Ärzte bestimmte Medikamente verschrieben haben. Damit ließe sich die Effektivität von Pharmavertretern bewerten. Nach einigen Monaten kam jedoch das Bundesministerium für Gesundheit in einem Gutachten zu dem Ergebnis, "dass ein Personenbezug zu einzelnen Patienten durch IMS Health mit rechtlich zulässigen Mitteln nicht hergestellt werden konnte, die Daten daher nicht auf die einzelnen Patienten rückführbar waren und dass daher keine datenschutzrechtlichen Vorschriften verletzt worden waren." Auch die Bayerische Datenschutzbehörde stellte fest, dass die Patientendaten ausreichend anonymisiert waren. Na also, alles legal!
Quintiles, das zweite Ursprungsunternehmen, war auf die Durchführung von klinischen Studien spezialisiert. Das Unternehmen war 1982 vom Statistiker Dennis Gillings gegründet worden und hatte in den Folgejahren international expandiert.
Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist immer von Vertrauen geprägt.
Im November 2017, also ein Jahr nach dem Zusammenschluss, benannte sich QuintilesIMS in IQVIA um - ein Kunstwort. Heute hat das Unternehmen knapp 90 000 Mitarbeiter und eine Marktkapitalisierung von über 50 Mrd USD. Nach wie vor gibt es aber zwei Firmenzentralen in Danbury, Connecticut, und Durham, North Carolina.
Damit kommen wir zur Aktie (WKN: A2JSPM). Ein schöner, langfristiger Trend, bis auf den Coronacrash. Fundamental ist die Aktie mit einem 30er-KGV etwas teurer, aber seit 2018 wachsen Umsatz und Geschäftsergebnis.
Dabei ist besonders beeindruckend, dass die IQVIA-Aktie in der langfristigen Auswertung nur zwei Prozent negative Zeiträume aufweist! Das bedeutet, dass "Markttiming" bei diesem Wert ziemlich egal ist: Einfach irgendwann kaufen, und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit liegt man kurze Zeit später bereits im Gewinn. Auf der Rosenheim-Liste ist das Unternehmen bisher nicht zu finden, weil es erst seit 2013 Kursdaten gibt. Wenn man nur die letzten acht Jahre betrachtet, überzeugt vor allem die Performance von 24 Prozent pro Jahr - das entspricht rein rechnerisch einer Verdopplung alle 38 Monate.
Patient: "Herr Doktor, wie lange habe ich noch zu leben?" -- Arzt: "Zehn!" -- Patient: "Was? zehn Tage? Wochen? Monate?" -- Arzt: "Neun!"
Interessanterweise sind bisher nur Spezialisten auf diese Aktie aufmerksam geworden. In allen Schmier- und Käseblättern, die ich so lese -- und das sind etliche! -- wurde die Aktie bisher nie erwähnt. In professionellen Börsendatenbanken findet man ebenfalls nur drei Kaufempfehlungen, unter anderem im Frühjahr von Barclays. Sicher wird sich das nach dem heutigen Kalendertürchen jetzt schlagartig ändern. Man kennt das ja. Die Redaktionen lesen mit, immer auf der Suche nach dem nächsten heißen Dobb-Dibb.
Natürlich ist IQVIA für forsche Anleger ein klarer Kauf. In der allgemeinen Marktschwäche Ende November hat auch diese Aktie leicht korrigiert, allerdings nicht so stark wie viele andere Titel. Aktuell notiert der Kurs bereits wieder in der Nähe seines Rekordhochs. Ich würde die Hälfte der vorgesehenen Position sofort ordern, und die andere Hälfte, wenn die Aktie vielleicht in Richtung 218 Euro korrigiert. Mit Sicht auf fünf Jahre ist immerhin ein Kurs von 650 Euro möglich, und das Zehn-Jahres-Kursziel liegt bei knapp 1800 Euro. Der Stoppkurs kann für den Anfang auf ungefähr 190 Euro gesetzt werden, das ist weit genug unter der 200-Tage-Linie (204 Euro) und auch unter den Tiefpunkten im Juli und Oktober 2021. Da die Aktie ihre 200-Tage-Linie nur selten deutlich unterschreitet, ist dieser Wert ein guter Anhaltspunkt für den Sicherungsstopp.
Interessanterweise gibt es sogar einige Faktorzertifikate mit niedrigem Hebel von Morgan Stanley auf die Aktie. Das erlaubt den Einstieg mit nur 3,90 Euro Provision bei comdirect. Ihr seht, dass sich das Zertifikat WKN MC2RTY (long Faktor 2) im laufenden Aufwärtstrend wesentlich besser entwickelt hat als die Aktie. Aufgrund der Pfadabhängigkeit solcher Zertifikate würde ich allerdings die Aktie bevorzugen: Seitwärtstrends sind für Faktorzertifikate schlecht.
Arzt: "Ich weiß nicht, was Ihnen fehlt. Wahrscheinlich liegt es am Alkohol." -- Patient: "Gut, dann komme ich morgen wieder, wenn Sie nüchtern sind."
IQVIA forscht also mit Gesundheitsdaten -- offenbar bisweilen recht forsch. Beispielsweise wurde man in Großbritannien mit Untersuchungen zur Verbreitung von Covid beauftragt; auch hier gab es gleich wieder Kritik zur Art, wie die Studie durchgeführt wurde. Medizinische Forschung ist aber sehr wichtig und hat auch bei der Bekämpfung von Krankheiten immer eine wesentliche Rolle gespielt. Wer allerdings bei der Entscheidung über seine Investments einen sehr strengen Moralkompass anlegt, wird vielleicht zögern, so ein Papier zu kaufen. Das mag jeder und jede für sich selbst entscheiden; ich bin der Meinung, wenn ich nicht einsteige, tut es ein anderer, und man weiß ohnehin nie so genau, welche krummen Dinger bei den eigenen Aktiengesellschaften so laufen. Ich habe das Papier schon länger im Depot und bin bisher äußerst zufrieden damit.
Eine schöne Trendaktie eben.
Viele Grüße aus München
und viel Erfolg mit der Aktie
nmh
14
P.S. Kurz vor Fristende hat @Holger_81 den Titel richtig geraten, und mir ist absolut schleierhaft, wie er das wohl geschafft haben könnte. Herzlichen Glückwunsch!
- Labels:
-
Aktien
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 17.12.2021 16:10
@Zilch ah das wird's sein und es heißt ja auch Dobb-Dibb und nicht anders herum. Das klingt in meinen niedersächsich/holsteinischen Ohren gelesen irgendwie frängisch : - o
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 17.12.2021 16:12
@maddin808: Stimmt. Könnte man sich von "Loddar Maddäus" gesprochen vorstellen ...
Grüße,
Andreas
FAQ zu Finanz-Informationsquellen im Internet | FAQ zu Apps | Papiere mit monatlicher Aussschüttung
- Als neu kennzeichnen
- Lesezeichen
- Abonnieren
- Stummschalten
- RSS-Feed abonnieren
- Kennzeichnen
- Anstößigen Inhalt melden
am 17.12.2021 16:12
Als Niedersachse sage ich, dass der Beitrag Tip-Top ist, aber wenn man einen heißen Tipp benötigt, braucht es schon einen sehr guten Tipp - einen "Dobb-Dibb" 😉
Research alone won't ensure a profit. Your main goal should be to make money, not to get an A in How to Read a Balance Sheet. - RD

- « Vorherige
-
- 1
- 2
- Nächste »