18.07.2020 14:26 - bearbeitet 18.07.2020 14:38
Liebe Börsenfreunde,
noch immer sieht es an der Börse eigentlich ganz gut aus. Der DAX hat Anfang Juni dynamisch seine 200-Tage-Linie nach oben durchbrochen, dort dann vier Wochen lang pausiert, und gerade in den letzten Tagen sieht es so aus, als ob der Weg jetzt in Richtung Rekordhoch bei 13789 Punkten führt. Erklärt wird das mit den Unmengen an Geld, das die Notenbanken in den Markt pumpen.
Eigentlich. Denn wenn man etwas genauer hinsieht, bemerkt man, dass die sogenannte Marktbreite noch zu wünschen übrig lässt. Mit Stand von gestern notieren weltweit ziemlich genau 50 Prozent aller Aktien oberhalb der 200-Tage-Linie. Ein besonderes Zeichen der Stärke ist eine steigende 200-Tage-Linie, damit können weltweit 46 Prozent aller Aktien glänzen. Auch die Advance-Decline-Linie (ADL) hat den Anstieg des DAX der letzten Tage nicht mehr mitgemacht. Ein Alarmzeichen! Weiterhin gibt es sehr viele Aktien, die den Aufschwung seit März eben nicht oder nur zaghaft mitgemacht haben und relativ schwach sind. Solche Titel müsst Ihr auch weiterhin streng über Eure Stopkurse aussieben.
Es kommt also immer auf die richtige Aktienauswahl an. Die üblichen Verdächtigen wie Adobe, Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft, Netflix, Tesla schwächeln in den letzten Tagen etwas. Blendet man die US-Hightechs aus, sind die Indizes in den letzten Wochen per saldo nicht mehr weitergekommen. Beginnt jetzt die Bastion der US-Hightechs zu wanken und kommt die überfällige Korrektur, wäre das der Startschuss für eine generelle Verschnaufpause an den Aktienmärkten. Dann kann der DAX schnell wieder auf 10500 Punkte fallen. Das wäre dann aber für langfristige Anleger ein klares Kaufsignal.
Besonders schwierig sieht auch die Währungssituation aus. Ich hatte bereits vor einigen Wochen vor einem steigenden EUR/USD-Devisenkurs gewarnt, und so ist es gekommen. Ein gegenüber dem Dollar starker Euro ist schlecht für Eure US-Aktien, weil deren Eurokurs fällt, selbst wenn sich auf Dollarbasis nichts tut. Und dieser ganz neue Trend könnte noch weiterlaufen. Gerade für die US-Wahl benötigt Trump einen schwachen Dollar, um die amerikanischen Exporte zu stärken. Charttechnisch kann man beim Euro (WKN 965275) klar eine Trendwende seit 2018 erkennen. Wenn sich jetzt das Jahr 2017 wiederholt - ein Anstieg von 1,04 auf 1,24 Dollar - sieht es finster für US-Aktien in europäischen Depots aus. Ganz konkret: Von einem Kurswert von 1000 Euro bleiben allein durch diesen Anstieg des Euro nur noch 839 Euro übrig!
Wer sich gegen einen schwachen Dollar und entsprechende Währungsverluste bei seinen US-Aktien absichern will, greift auch weiterhin zum Papier PS1LLL, das ich schon öfters vorgestellt habe.
Überhaupt die US-Wahl. Das Krisenmanagement von Trump entpuppt sich immer mehr als Desaster. Das realisieren mittlerweile auch die klassischen Wechselwähler, die die Wahl entscheiden. Sie haben längst damit begonnen, sich von Trump abzuwenden. Bringt Biden seinen Vorsprung in den wichtigen Swing States und derzeit sogar in Florida bis November ins Ziel, wäre Trump abgewählt. Das würde die Wall Street und damit die Börsen weltweit belasten.
Jetzt aber zum Thema. Ich habe auf Euren Wunsch Aktien herausgesucht, die sowohl längerfristig als auch in der Coronakrise überzeugen konnten. Die Titel mussten diesmal folgende strenge Filterung überstehen:
Gerade mal 40 Wertpapiere aus aller Welt haben diesen strengen Prozess überlebt: 39 Aktien und ein Zertifikat. Das Zertifikat LS9HRZ ist das sogenannte "Silicon Valley"-Wikifolio der Zeitschrift Börse online, und es ist keine Überraschung, dass es gemeinsam mit vielen Tech-Aktien hier auftaucht:
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
19.07.2020 10:45 - bearbeitet 19.07.2020 11:18
Vielen Dank an Euch alle für Euer tolles Feedback. Wie gewohnt werde ich einige Eurer Fragen gesammelt beantworten, um meinen Beiträgezähler zu schonen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.
@Zilch , @Schwolles und @hmg : Gute Strategie, statt der Aktie ein niedrig gehebeltes Turbozertifikat (Hebel bitte zwischen 1 und 2, besser maximal 1,5) zu kaufen. Warum ich das seit über zehn Jahren tue, wie es funktioniert und welche Vorteile hat steht in dem Beitrag hier, den auch @yarp verlinkt hat (Danke!).
@Sparplanfan : Air Liquide (WKN 850133) hat langfristig einen guten Chart. Rein rechnerisch verdoppelt sich die Aktie allerdings "nur" alle 13 Jahre, aber die Schwankungen sind durchschnittlich. Wäre aktuell nicht meine erste Wahl, ist aber eine gute Aktie.
KORREKTUR: Du hast Air Products (WKN 854912) gemeint. Der Chart seit 2009 sieht sehr gut aus, das Papier steigt mit knapp 13 Prozent pro Jahr und verdoppelt sich rein rechnerisch alle 6 Jahre. Die Schwankungen sind durchschnittlich. Air Products ist ein klarer Kauf mit Stopkurs in der Gegend um 195 Euro.
Adyen ist heiß gelaufen. Bitte aktuell erstmal nur einen kleinen Betrag investieren, um den berühmten "Fuß in der Türe" zu haben, und nachlegen, wenn die Aktien um 10 oder 15 Prozent korrigieren sollten (Nachkauflimit ca. 1200 Euro).
@willywupps : Mit dem Papier PX137X machst Du bis Dezember 2020 einen Gewinn von knapp 50 Prozent, wenn der DAX bis dahin unter 14500 bleibt. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Achtung: Das Papier verfällt wertlos, wenn der DAX im Dezember über diesem Wert steht, aber dann haben Deine Aktien den Verlust im Zertifikat hoffentlich mehr als aufgeholt. Dennoch bitte aus steuerlichen Gründen einen Stopkurs im Bereich von 5 Euro für das Zertifikat installieren. Ein Totalverlust wäre steuerlich problematisch. Da für die Einlösung eine Gebühr von 10 Euro anfällt, sollte man das Zertifikat außerdem aktiv verkaufen, wenn es auf über ca. 39,50 Euro steigt. Also am besten mit einer OCO-Order arbeiten.
@ehemaliger Nutzer : Ja, Ringcentral hat einen traumhaft schönen Chart seit 2013. Das Papier steigt schön gleichmäßig mit etwa 60 Prozent pro Jahr, das entspricht rein rechnerisch einer Verdopplung alle 17 Monate.
Für die Währungsabsicherung mit dem Papier PS1LLL schaust Du Dir einfach einen typischen Zeitraum in der Vergangenheit an. Beispielsweise ist der Euro von März bis heute von 1,07 auf 1,14 Dollar gestiegen. Wer im März 2020 also 10000 Euro in US-Aktien angelegt hat, hat somit durch die Wechselkursänderung heute nur noch 9386 Euro. Um diesen Verlust von 614 Euro mit dem Papier PS1LLL auszugleichen, hätte man im März zu einem Kurs von damals 9 Euro genau 123 Stück kaufen müssen (Einsatz: EUR 1107). Heutiger Kurs des Zertifikates: 14 Euro, Gewinn also 615 Euro.
Das ist nur eine Daumenregel, die aber ganz gut funktioniert.
@isabel : Meine Empfehlungen richten sich an langfristige Anleger. Du wirst also nicht unbedingt "bald" steinreich sein. Wenn Du aber mit Bedacht nach meiner Strategie investierst, musst Du Dich schon sehr anstrengen, um nicht in 20 oder 30 Jahren sehr, sehr reich zu sein.
@maddin808 : Old Dominion (WKN 923655) taucht immer mal wieder in meinen Sternelisten auf. Das Bild von dem Ledersessel gefällt mir sehr gut. Das ist ein langfristiger Dauerläufer, mit dem man nicht schnell, aber sehr sicher reich wird. Das Papier stieg in den letzten zehn Jahren um über 30 Prozent pro Jahr, was rein rechnerisch einer Verdopplung alle 31 Monate entspricht.
@Grubi :
Auch HelloFresh ist etwas heißgelaufen. Hier bitte ebenfalls erstmal nur einen Teilbetrag investieren und nachkaufen, falls die Aktie in Richtung 38 Euro korrigieren sollte.
Weiterhin viel Erfolg mit den Trendaktien,
und einen schönen Sonntag aus einem sonnig-warmen München
nmh
am 19.07.2020 11:29
Hey @nmh kurze Frage: Ringcentral sagst du steigt im Schnitt 60% p.a., in deiner Liste steht es mit durchschnittlich 89% p.a. drin. Was stimmt nun?
am 19.07.2020 11:42
@Zilch :
Gute Frage!
Die 60% pro Jahr beziehen sich auf den Gesamtzeitraum seit 2013, also auf einen einzigen Zeitraum: Wer 2013 eingestiegen wäre und heute ausgestiegen, der hätte eine Wertsteigerung von etwa 60 Prozent pro Jahr gehabt (der Kurs hat sich fast verzwanzigfacht).
Die 89 Prozent aus der Tabelle sind der Durchschnitt aus allen untersuchten Zeiträumen. Im Falle von Ringcentral hat mein Computer 136 Ein- und Ausstiegszeitpunkte analysiert, mehr davon in der jüngeren Vergangenheit als in früheren Jahren. Der Durchschnitt aus allen Performances liegt bei 89 Prozent pro Jahr.
am 19.07.2020 11:47
19.07.2020 11:50 - bearbeitet 19.07.2020 11:54
19.07.2020 11:50 - bearbeitet 19.07.2020 11:54
Super vielen Dank für die Antwort! @FakeAccount
Aber war es wirklich dein Computer? Oder nmhs? 😉
Das alles erinnert etwas an die Champions-Strategie von Börse.de - nur eure ist besser 🙂
am 19.07.2020 12:02
@Zilch :
Schau doch mal ins Impressum, in welcher Stadt der Börsenbrief, den Du erwähnst, erscheint.
Warum mein Rechenzentrum (oder genauer gesagt: das von nmh) noch viel bessere Aktien findet als der erwähnte Börsenbrief mag ein Geheimnis der Redaktion bleiben. Jedenfalls ist das Trendfolge-Verfahren einfach genial. Wir (nmh, @A_J_L , @dg2210 und ich) haben es vor längerer Zeit noch weiter verfeinert und sind seit vielen Jahren sehr erfolgreich damit. Als "Fertigprodukt" gibt es das Rosenheim-Wikifolio von AJL.
Gruß
Thomas Müller
am 19.07.2020 12:03
@nmh schrieb:Es kommt also immer auf die richtige Aktienauswahl an. Die üblichen Verdächtigen wie Adobe, Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft, Netflix, Tesla schwächeln in den letzten Tagen etwas. Blendet man die US-Hightechs aus, sind die Indizes in den letzten Wochen per saldo nicht mehr weitergekommen. Beginnt jetzt die Bastion der US-Hightechs zu wanken und kommt die überfällige Korrektur, wäre das der Startschuss für eine generelle Verschnaufpause an den Aktienmärkten. Dann kann der DAX schnell wieder auf 10500 Punkte fallen. Das wäre dann aber für langfristige Anleger ein klares Kaufsignal.
Hallo @nmh
Du scheinst gegenwärtig wie so manch anderer von einer absehbaren Korrektur auszugehen (zzgl. den Unsicherheiten Corona, US-Wahl etc...).
Klar, niemand hat eine Glaskugel, aber wäre es dann Deine persönliche Meinung, dass man als langfristiger "kleiner privater" Anleger (der z.B. leider nicht jederzeit problemlos mal eben beliebig nachkaufen kann) im Moment dann doch eher die Füße still halten und mal etwas abwarten sollte?
Gefühlt schwankt die Stimmung meiner Wahrnehmung nach derzeit eher Richtung Vorsicht. Allerdings hieße das ja, sich doch wieder mehr an "Market Timing" zu versuchen.
Abwarten fällt mir persönlich gerade relativ schwer, da ich mich dieses Jahr verdammt viel mit Anlegen, ETFs, Money Management und seit ein paar Wochen vermehrt auch Einzelaktien beschäftige.
An dieser Stelle nochmal ein dickes DANKE an die Community!
Nach ordentlich qualmendem Schädel bin ich jetzt einfach im Flow und habe gerade das "Mindsetting" und fühle mich voller positivier Energie beim Investieren.
Wahrscheinlich habe ich mir mal wieder die schwierigste Zeit ausgesucht...
Daher fände ich andere Meinungen weiterhin sehr hilfreich.
Zieht ihr eure Strategie einfach durch und lasst euch nicht allzusehr von der allgemeinen Lage beeinflussen? Lebt ihr einfach mit eventuellen Verlusten, falls der Markt nochmal abschmiert und ihr größtenteils durch Stopkurse rausfliegt?
Fahrt ihr gerade eure weiteren Investitionen zurück und bleibt erstmal in Lauerstellung?
Ich denke, da das ein oder andere Papier auf meiner Watchlist auch in der neuen Sterneliste auftaucht, werde ich sicher nicht komplett widerstehen können... ![]()
Viele Grüße aus dem drückend warmen Rheinland
KM
am 19.07.2020 12:12
@KeepMoving : Ob und wann und wie stark eine Korrektur kommt weiß niemand. NIEMAND. Auch ich nicht (und nmh, der alte Wichtigtuer, schon gleich fünfmal nicht). Es hängt von Corona, von der US-Wahl und von weiteren Faktoren ab.
Kann Dir aber egal sein. Ich würde jetzt nicht mit wehenden Fahnen in den Markt rennen, aber es gilt weiterhin: "Zeitraum schlägt Zeitpunkt". Bitte nicht versuchen, durch geschicktes "Timing" den Markt auszutricksen. Niemand steigt ständig zum Tief ein und zum Hoch aus. Nur Angeber wie nmh behaupten, das zu schaffen.
Viel besser ist, einfach regelmäßig, z.B. einmal im Monat oder einmal pro Woche (oder so wie nmh mehrmals pro Tag) stetig Aktien zu kaufen. Damit baut man auf Sicht von 20 oder 30 Jahren ein riesiges Vermögen auf (auch wenn man es bei nmh nicht sieht, weil der kein Fahrzeug hat, sondern nur ein Auto; muss man sich echt schämen; ich glaube, so reich ist der gar nicht, der ist nur ein Angeber, aber ich schweife ab).
Also wie gesagt: Ob die Korrektur kommt oder nicht kann niemand sagen. Einfach peu-à-peu (jawohl, ich kann auch spanisch!) das Depot aufbauen. Nur bei Aktie, die in einer Fahnenstange notieren (siehe Beitrag von nmh) kann es sich lohnen, auf eine kleine (!) Korrektur zu warten.
Wenn man immer nur bei sinkenden Kursen oder in einer Korrektur kauft, hat man Aktien im Depot, die auch weiterhin fallen. Und das kann's ja nicht sein. Also nur Mut. Mit Demut (also Stopkurse), aber stetig kaufen.
Der Nachbar von nmh
am 19.07.2020 12:13
Ich hätte da mal eine Frage allgemein zu den Sternelisten: Für mich sieht das ganze immer nach einer aufgepeppten Momentum-Strategie aus. Deshalb würde mich mal interessieren, ob du langfristig wirklich eine bessere Performance als z.B. der MSCI World Momentum damit schaffst? Denn es ist ja allgemein bekannt, dass fast kein Fondmanager es langfristig schafft, seine Benchmark zu schlagen. Oder ist das gar nicht dein Anspruch und du betrachtest das ganze eher als Hobby? So ist es nämlich bei mir, ich habe den Großteil meines Geldes in einem ETF und mit einem kleinen Teil experimentiere ich aus Spaß ein bisschen rum, derzeit hauptsächlich mit deinen Empfehlungen. Und dabei lerne ich unglaublich viel dazu, deshalb auch von mir nocheinmal vielen Dank!
am 19.07.2020 12:23
@yarp :
Soweit man das bishrt weiß (er ist ja ein Geheimniskrämer), betreibt nmh seine Investments auch nur als Hobby. Na klar ist das eine Momentumstrategie.
Deine Frage kannst Du Dir ganz einfach selbst beantworten, indem Du die Kursentwicklung von den Dauerbrenner-Sterneaktien (Adobe, Sartorius, Pool, Mastercard, Esker, Tyler, Chugai und so weiter) mit der Kursentwicklung des MSCI World, sagen wir mal seit 2009, vergleichst! Ich sehe da schon eine deutliche Outperformance. Bitte klick mal das folgende Bild an; hellrot ist der MSCI World.
Im Gegensatz zu einem Fondsmanager greift nmh Euch für seine "Betreuung" aber nicht in die Tasche. Der Hauptgrund für die Underperformance vieler Fondsmanager sind die sehr hohen Gebühren.