24.07.2022 13:58 - bearbeitet 25.07.2022 15:18
Liebe Börsenfreunde,
im Moment braucht man wirklich immer noch Nerven wie Drahtseile an der Börse. Nachdem die Kurse bis zum Halbjahr deutlich in den Keller gingen, sieht es jetzt für den Juli nach einem kleinen Plus aus. Nur eine Bärenmarktrallye, nur ein Strohfeuer, oder doch der Beginn der Trendwende, auf die wir schon so lange warten? Ihr wisst:
Für die Gesamtmärkte bin ich im Moment noch skeptisch. Klar, durch Nordstream Eins scheint wieder ein bisschen Gas zu strömen, so dass wir im Winter vielleicht doch nicht frieren müssen. Und die Industrie kann weiter produzieren. Aber ob das so bleibt? Was ist, wenn in drei Wochen doch wieder ein wichtiges Ersatzteil fehlt oder irgendwo ein Käfer ein Loch in die Pipeline gefressen hat, und die Russen dann, leider, leider, doch wieder "vorübergehend" das Gas abschalten müssen? Kann der Krieg eskalieren? Was passiert, wenn neue Schreckensnachrichten aus China kommen? Wenn eine der Zentralbanken bei ihrer Zinspolitik enttäuscht? Oder wenn irgend eine Zahl in den Wirtschaftsdaten nicht passt? Was ist, wenn die Wirtschaft erkennt, dass Covid alles andere als vorbei ist? Ist die Rezession schon in den Börsenkursen verarbeitet? Solange die Zentralbanken bremsen, solange keinerlei Aussicht auf eine Lösung in der Ukraine besteht, dürfte jede Erholung der Aktienkurse trügerisch sein. Nicht umsonst sagt man an der Börse: "Fasse nie in ein fallendes Messer!" Nach dem Corona-Crash im März 2020 ging es überraschend schnell wieder nach oben. Aber damals haben Politik und Zentralbanken den Markt unterstützt. Beides fehlt jetzt. Ein gefährlicher, giftiger Cocktail. Das bedeutet:
Ich wäre weiterhin äußerst vorsichtig mit breiten Investments. Jetzt ist nicht die Zeit, um mit wehenden Fahnen in den Markt zu marschieren! Im Moment fahrt Ihr mit einer Bargeldquote von 40 Prozent gut. Immerhin besteht immer noch die Gefahr, dass ein finaler Sell Off in einer Panikphase den DAX bis zu seinem Buchwert bei 9000 Punkten abstürzen lässt. Ein solcher Einbruch wäre dann aber eine einmalige Gelegenheit, langfristige Positionen guter Aktien aufzubauen, denn tiefer als bis zum Buchwert ist der DAX bei keinem Crash der letzten Jahrzehnte gefallen. Eine ordentliche Cash-Quote sorgt dafür, dass Ihr handlungsfähig seid, wenn das tatsächlich passiert. Und gerade bei den hoch bewerteten Tech-Titeln besteht immer noch Gefahr. KGVs von teilweise über 30 oder 40 lassen noch viel Platz nach unten. Ich persönlich habe in den letzten Tagen zwar auch Titel wie Nvidia oder AMD nachgekauft, aber das ist extrem riskant und das würde ich niemandem empfehlen. Dennoch spricht nichts dagegen, selektiv in ausgewählte sehr gute Trendtitel, wie ich sie heute vorstelle, einzusteigen. Es gibt durchaus Hoffnungsschimmer:
Zum einen scheint der Anteil der Titel, der über** seiner jeweiligen 200-Tage-Linie notiert, endlich nicht mehr weiter zu fallen. Derzeit liegen immer noch nur weltweit 30 Prozent aller Aktien über** ihrem jeweiligen gleitenden Durchschnitt; Werte unter 50 zeigen eine Baisse (Bärenmarkt) an. Der Tiefstwert war Mitte Juni mit 17,5 Prozent -- im März 2020 (Corona-Absturz) waren es 5 Prozent. Seit März 2021 weise ich Euch auf den Abwärtstrend bei diesem Signal hin, der seit Januar 2021 besteht; ein sehr wertvoller Frühindikator. Ob der Abwärtstrend jetzt gebrochen ist? Ich informiere Euch, wenn die Quote wieder über 50 Prozent steigt. 35 Prozent aller Aktien weltweit haben eine steigende 200-Tage-Linie. Und tatsächlich gibt es aktuell sogar einige Titel, die in diesen Tagen nach längerer Zeit ihren gleitenden 200er-Durchschnitt zurückerobert haben, was ein technisches Kaufsignal ist (z.B. Fast Retailing, Medion, Thor Industries) -- freilich mit engem Stopkurs unter der 200-Tage-Linie, als Absicherung, falls es ein Fehlsignal war. Doch andere Titel sind nach vielen Monaten erstmals wieder unter den gleitenden Durchschnitt gefallen (BP, Halliburton, Schaltbau); hier sollte man über einen Sicherungsstopp nachdenken.* Und zum anderen:
Viele US-Unternehmen sind in der laufenden Berichtssaison verhalten optimistisch. Auch wenn sich viele Vorstände zurückhaltend zu den weiteren Geschäftsaussichten äußern, vor allem wegen der zuletzt deutlich gestiegenen Erzeugerpreise. Angesichts der erodierenden Verbraucherstimmung wird es schwieriger, steigende Produktionskosten an die Kunden weiterzugeben. Inwieweit negative Gewinnrevisionen bereits im Aktienmarkt eingepreist sind, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Daher:
Ich nutze derzeit Phasen der Markterholung, um weitere Put-Optionen zu kaufen -- als Absicherung für den Fall, dass die Börsenkurse in einigen Tagen oder Wochen doch wieder den Weg nach unten antreten. Mit Papieren wie dem PH2ZT8 setzt man auf fallende DAX-Kurse, und der PH70Q6 profitiert, wenn die Nasdaq fällt. Beide sind übrigens im Juli 2022 noch gebührenfrei bei comdirect zu handeln, und das ganze Jahr 2022 gebührenfrei bei Consors. Mir persönlich gefällt das Chance-Risiko-Verhältnis bei Discount-Plus-Optionen am besten; so eignet sich der PD6CDL für nicht stark steigende Märkte und der PF57Z3 profitiert, solange der DAX nicht stark fällt. Beide sind (mit Stoppkurs) aktuell ein Kauf für risikobewusste Anleger -- ebenfalls noch im Juli gebührenfrei bei comdirect. Ihr wisst:
Put-Optionsscheine eignen sich besser als Turbo-Short-Zertifikate (Mini Futures, Hebelzertifikate), um auf fallende Kurse zu setzen, weil bei klassischen Puts die steigende Volatilität den Effekt fallender Kurse noch verstärkt. Umgekehrt ist es besser, mit Hebelzertifikaten (MiniFuture Long, TurboBull) auf steigende Kurse zu setzen als mit klassischen Calls, weil bei einem Call die abnehmende Volatilität den Effekt der Kurssteigerungen teilweise aufhebt. Doch zurück zum Thema:
Auch in der aktuell sehr schwierigen Marktphase gibt es viele Aktien, die einfach weiter stur nach oben ziehen. Corona? Kein Problem! Krieg? Inflation? War da was? Wenn solche Titel in einem jahrelangen, oft sogar seit Jahrzehnten bestehenden Aufwärtstrend liegen, dann können die Unternehmen nicht viel falsch gemacht haben. Solche Titel sind auch aktuell ein klarer Kauf, denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein so langer Aufwärtstrend weiter geht ist viel höher als ein Trendbruch. Und wenn eine Aktie doch mal nach unten dreht, habt Ihr bereits vor dem Kauf einen Stoppkurs eingeplant, der Euren Verlust begrenzt (das ist die geheime Gewinnformel -- siehe hier). Denn das Erfolgsgeheimnis an der Börse ist, Verluste niemals ausufern zu lassen. Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Also genug der Vorrede:
Mein Rechenzentrum hat für Euch nach attraktiven Aktien gesucht. Hier kommt eine brandneue Sterneliste mit Aktien, die man aktuell kaufen kann. Alle diese Aktien zeichnen sich durch sehr langfristige Aufwärtstrends aus. Besonders wichtig ist, dass es nur wenige Verlustphasen gab, und dass diese Verluste sich in engen Grenzen gehalten haben. Konkret:
Aus meiner Datenbank mit über 10 000 Aktien aus aller Welt habe ich für Euch diejenigen ausgesucht, die
Die einzelnen Parameter sind hier genauer erklärt. Nur 20 Titel weltweit konnten sich nach dieser strengen Selektion bewähren! Hier ist die Liste -- natürlich mit passenden Vorschlägen für Stoppkurse (letzte Spalte, in Euro) zur Absicherung Eurer Investments.
Sterne-Auswertung hybrid (alle Parameter)
techn. Zeitr. durchsch. negative Stopp
WKN Name Sterne Sterne Perform. Zeitr. RSL EUR
------------------------------------------------------------------------------
857241 RLI Corp. Registered 4.8 5.3 17.02% p.a. 2.56% 113 85
859002 Rollins Inc. Registe 4.5 5.5 21.05% p.a. 3.10% 116 28
915201 Republic Services In 4.0 5.3 15.64% p.a. 3.19% 108 100
A0F5F5 CBIZ Inc. Registered 5.3 5.8 34.05% p.a. 3.44% 115 31
899500 Chesapeake Utilities 4.5 5.2 21.62% p.a. 3.69% 105 105
A1H5JY O'Reilly Automotive 4.8 5.8 26.85% p.a. 3.75% 112 530
865985 Apple Inc. Registere 4.5 5.8 35.38% p.a. 3.91% 105 125
A2JQPZ Keurig Dr Pepper Inc 4.8 5.3 22.17% p.a. 3.97% 107 30
864371 Church & Dwight Co. 4.8 5.0 18.21% p.a. 4.03% 105 74
869561 UnitedHealth Group I 5.5 5.9 25.30% p.a. 4.13% 117 380
A1XA8R Novo-Nordisk AS Navn 4.8 5.7 24.82% p.a. 4.18% 114 81
A2AKQ7 Waste Connections In 4.3 5.2 21.18% p.a. 4.27% 106 100
870493 W.R. Berkley Corp. R 5.3 5.2 18.10% p.a. 4.29% 113 52
883704 Metro Inc. Registere 5.5 5.0 16.35% p.a. 4.37% 111 44
881531 AutoZone Inc. Regist 5.0 5.8 26.58% p.a. 4.44% 117 1500
869761 Gallagher & Co. Arth 4.5 5.6 22.32% p.a. 4.52% 112 130
871884 Carlisle Cos. Inc. R 5.3 5.7 38.69% p.a. 4.84% 120 185
A0YCBU Dollarama Inc. Regis 5.5 5.6 31.27% p.a. 4.92% 124 44
889997 HEICO Corp. Register 4.5 5.7 33.81% p.a. 4.95% 109 113
A2PM3H L3Harris Technologie 4.0 4.9 15.69% p.a. 4.98% 104 180
------------------------------------------------------------------------------
EDIA 0 0200 0004 1 23.07.2022 04:23
Lesebeispiel: Wäre man bei Church & Dwight in den letzten 25 Jahren an einem zufällig ausgewählten Zeitpunkt ein- und ebenfalls an einem zufälligen Tag wieder ausgestiegen, hätte man nur in 4,03 Prozent aller Fälle Verlust gemacht. Der Gewinn bei zufälligem Ein- und Ausstieg liegt im Durchschnitt bei 18,21% pro Jahr. Beides ohne Berücksichtigung der Dividende; die kommt noch oben drauf. Mit Stopkursen kann man die Trefferwahrscheinlichkeit und den durchschnittlichen Gewinn noch verbessern. Was will man als Anleger mehr?
Die Liste ist sortiert nach dem Anteil negativer Zeiträume -- je weniger, desto besser für schwache Nerven. Nutzt diese Liste gerne zum Stöbern; es sind sicher wieder einige Aktien dabei, die Ihr schon im Depot habt; hier könnt Ihr drüber nachdenken, die Position zu verstärken. Denn Profis kaufen gerne in steigende Kurse hinein -- die Wahrscheinlichkeit, dass es nach dem Kauf weiter nach Norden geht, ist einfach höher als bei fallenden Notierungen. Bestimmt gibt es aber auch Titel, die Ihr noch nicht kennt und bei denen Ihr neu einsteigen könnt. Wie immer darf der Stoppkurs zur Absicherung nicht fehlen. Denn bei dieser Strategie ist Euer wichtigstes Kaufargument, dass der Kurs seit langem steigt und weiter steigen sollte. Falls Euch die Aktie einen Strich durch die Rechnung macht und nach unten dreht, ist Euer Kaufgrund entfallen, und man sollte aussteigen! Im Idealfall und im Normalfall steigen die Titel aber weiter, so dass Ihr Eure Stoppkurse regelmäßig nach oben anpassen könnt. Ihr seht:
Da ist für jeden Geschmack was dabei: L3Harris gehört im weitesten Sinne zur Verteidigungsindustrie, die an der Börse traditionell besonders gut performt -- siehe den Sprung Ende Februar 2022, als Putin ein neues Kapitel aufgeschlagen hat. Das Unternehmen ist im Juli 2019 aus der Fusion von L3 Technologies (ehemals L-3 Communications) mit Harris Corp. hervorgegangen. Die Heico Corporation ist ein Luft-/Raumfahrt- und Elektronikunternehmen. Der amerikanische Mischkonzern Carlisle Companies ist in den Bereichen Baustoffe, Kabel und Steckerverbindungen, Beschichtungstechnik und Bremssysteme tätig. Dollarama und Metro Inc. (die nichts mit der deutschen Handelskette Metro zu tun haben) sind zwei Supermarktketten in Kanada. Rollins bekämpft Schädlinge. Dann gibt es einen Versorger (Chesapeake Utilities, nicht zu verwechseln mit Chesapeake Energy), zwei Müllentsorger (Republic Services und Waste Connections) und gleich vier Versicherungen (UnitedHealth, CBIZ, RLI, Gallagher). Und auch meine Lieblingsaktie ist dabei: Church & Dwight, im Aufwärtstrend seit den 1970er-Jahren. In Amerika kennt jeder den Hersteller von Putzmitteln und Haushaltswaren; bei uns führt der Titel eher ein Schattendasein. Meine Leserinnen und Leser sind seit 2018 dabei; der Kurs hat sich seitdem verdoppelt. Nach der Rosenheim-Methode sollte sich Church & Dwight auch weiterhin ungefähr alle fünf Jahre verdoppeln; auf Sicht von zehn Jahren lautet das theoretische Kursziel 360 Euro.
Auch wenn ich alle Titel (nach)kaufen würde (und natürlich alle im Depot liegen habe), soll diese Liste Euch erst einmal nur Anregungen für eigene Recherchen liefern. Wer auch fundamentale Kriterien beachtet, schaut sich das KGV der empfohlenen Titel an und bevorzugt je nach Branche Aktien mit möglichst niedrigem KGV oder auch einer hohen Dividendenrendite.
Damit wünsche ich Euch weiterhin viel Erfolg mit Euren Investments
herzliche Grüße und einen schönen Sonntag aus einem tropisch-heißen München
an alle, die das hier lesen
nmh-Team
___________________________
*) Hier der Vollständigkeit halber noch Vorschläge für Stoppkurse in Euro für die übrigen im Text erwähnten Aktien: AMD (72); BP (3,60); Fast Retailing (460); Halliburton (23); Medion (14,20); Nvidia (142); Schaltbau (50); Thor Industries (70).
**) Vielen Dank an @Zilch und @marcus_mit_c, ich habe den Schreibfehler korrigiert.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 05.08.2022 12:11
Kurzer Bericht vom Markt:
Weiter ging die Erholung in den letzten Tagen. Ich hatte empfohlen, DAX-Puts langsam und geregelt (!) zu verkaufen, falls der DAX über 13600 steigt. Nun ist er bis etwa 13700 gestiegen; jetzt geht dem DAX aber die Kraft aus. Unterdessen schaukelt sich in Taiwan ein neuer Konflikt hoch, der im Ernstfall um ein Vielfaches gefährlicher wird als die Ukraine und den Markt sehr stark belasten kann. Ich sehe weiterhin keine nachhaltig steigenden DAX-Kurse; die politische Lage verschlechtert sich leider immer mehr. Ich halte meine DAX-Puts weiter (und habe heute nochmal eine kleine Position nachgekauft); wenn der Markt doch weiter steigt, dann freue ich mich über Kursgewinne bei den Aktien.
Letzte Woche sind auch wieder einige Titel nach längerer Zeit erstmals über ihre 200-Tage-Linie gestiegen. Ihr wisst: Das ist für spekulative, technisch orientierte Anleger ein deutliches Kaufsignal - aber bitte nur mit Stopkurs. Auch die weltweite Quote erholt sich; erfreulicherweise liegen per gestern Abend weltweit bereits wieder 40 Prozent aller Aktien über ihrer jeweiligen 200-Tage-Linie. Sobald diese Quote über 50 Prozent steigt, haben wir den Bärenmarkt aus technischer Sicht hinter uns. Ich rechne nicht so schnell damit.
Und das hier sind die Titel, die in der letzten Woche nach längerer Zeit wieder über ihre 200-Tage-Linie geklettert sind:
WKN Titel Empfehlung Stopkurs (Euro)
------------------------------------------------------------------
869964 Autodesk spekulativ kaufen 180
A1XFG9 Five 9 spekulativ kaufen 90
854857 Furukawa spekulativ kaufen 15,30
JST400 Jost Werke spekulativ kaufen 37
A0MYNP MercadoLibre spekulativ kaufen 750
A12DM8 Scout 24 spekulativ kaufen 52
884437 Starbucks spekulativ kaufen 75
A2PHHG Uber Tech spekulativ kaufen 24
------------------------------------------------------------------
Wer in Starbucks einsteigen will, kann auch das Discount-Zertifikat PN13HX wählen (Cap 120 USD, fällig 21.12.2023, nur Bareinlösung). Ist 6 Prozent billiger als die Aktie (und die Gebühren für den Kauf sind niedriger), dennoch ist die maximale p.a.-Rendite knapp 33 Prozent. Für das Zertifikat gilt entsprechend ein Stopkurs bei etwa 70 Euro.
Erfreulich ist, dass auf der anderen Seite in der letzten Woche nur ein Instrument nach längerer Zeit wieder unter die 200-Tage-Linie gefallen ist, nämlich die Brent-Ölpreis in USD (WKN 967740). Wer Zertifikate auf Öl im Depot hat, sichert die bitte mit einem Stopkurs ab.
Ich wünsche allen, die das hier lesen müssen, ein erholsames Wochenende.
nmh
am 05.08.2022 18:29
Hallo zusammen,
ich möchte gerne auch meinen Senf dazugeben. Vielleicht kann ich ja, eine interessante Diskussion anregen.
Ich lese nmh schon seit längerer Zeit (klingt schon fast wie eine Marke 😉). Anfangs war ich skeptisch, habe mich mit der Materie über unterschiedliche Kanäle auseinander gesetzt. Mittlerweile bin ich zum Schluss gekommen: "Warum nicht gleich so". Hätte mir viel Lehrgeld erspart, aber manche Menschen müssen eben erst ihre eigenen Erfahrungen sammeln. Bin aber davon überzeugt, dass diese Erfahrungen mich weiter gebracht haben. Wobei ich bei einer Sache froh bin, dass ich nicht beim Optoflex eingestiegen bin (wäre aber ein Thema für eine andere Diskussion).
Möchte mich erstmal recht herzlich bedanken, für die ganzen Tipps. Mittlerweile habe ich einige davon beherzigt (Stop-Kurs, Einstieg bei einigen Sternen) und es läuft ganz passabel. Bin ca. zu 20% meines Kapitals investiert (der Rest liegt in Lauerstellung, aufgrund der aktuellen politisch angespannten Situationen wohl auch noch länger) und es schlüsselt sich wie folgt auf:
- Keurig Dr Pepper 20%
- General Mills 20%
- Oberbank 20%
- Amazon 40% (Altlast)
Alle Positionen sind grün, bis auf die Oberbank. Das ist aber nicht der Rede wert, denn es liegt nur am hohen Spread beim Kauf (wird sich hoffentlich bald egalisieren). Amazon ist eine Altlast... war hier stellenweise bei über -30% und nun bei +10%... das ist aber gleichzeitig mein Dilemma. Bin seit langem von dieser Position NICHT mehr überzeugt, würde sie am liebsten abstoßen und dafür einen der aktuellen Sternekandidaten ordern (RLI, Apple oder Church&Dwight). Ich möchte aber meine Gewinne nicht begrenzen (macht man ja nur bei Verlusten, wie ich gelernt habe). Klar, ich kann den Stop-Kurs enger setzen aber wann dieser auslöst... keine Ahnung... eigentlich ein Luxusproblem. In der jetzigen politischen Lage, möchte ich jedenfalls nicht mehr auf den Kapitalmärkten investieren. D.h. eine Umschichtung der Amazon-Position wäre theoretisch fast die einzige Möglichkeit, oder eben es so weiterlaufen lassen.
Was würdet ihr machen?
05.08.2022 18:40 - bearbeitet 05.08.2022 19:02
05.08.2022 18:40 - bearbeitet 05.08.2022 19:02
Hallo und herzlich willkommen @wuffelinho
Ohne jetzt über Amazon im Detail reden zu wollen - das möchte ich nicht für Dich entscheidne ob Du dieses Papier behalten sollst oder nicht...
Nur ganz genrell:
@wuffelinho schrieb:Bin seit langem von dieser Position NICHT mehr überzeugt, würde sie am liebsten abstoßen [...]
Was würdet ihr machen?
Wenn Du von einem Papier nach ausführlicher Überlegung nicht mehr überzeugt bist / es aktuell nicht mehr kaufen würdest dann ist es nicht die Frage "behalte ich es oder nicht?" sondern dann wird es abgestoßen! Punkt. Aus. Fertig.
Das hat nichts mit "Gewinne begrenzen" zu tun sondern Du änderst Deine Anlage.
Verluste müssen begrenz werden: richtig
Gewinne soll man laufen lassen: auch richtig
Wenn Du aber mit dem Papier nicht zufrieden bist weil Du entwerder mehr in Richtung Sicherheit möchtest mit einem anderen Papier oder Du mit was anderem eine bessere Rendite erwartest dann musst Du das entsprechend machen.
Aber bitte auch immer daran denken: "hin und her macht Taschen leer..." 😉
Kleine Ergänzung: Ob Du mit dem Papier aktuell im Plus oder im Minus bist spielt für die Entscheidung absolut keine Rolle!
Gruß Crazyalex
am 05.08.2022 18:45
Hallo @wuffelinho
@wuffelinho schrieb:Was würdet ihr machen?
Kurz und knapp:
Wenn ich eine Aktie als Trendaktie gekauft habe, fliegt die raus wenn der Stopp erreicht ist. Ganz einfach.
Wenn ich eine Aktie aus anderen Gründen im Depot habe, fliegt die raus sobald ich, wie du so schön sagst, nicht mehr von ihr überzeugt bin.
So jedenfalls immer der Plan. 😁
Zu Amazon speziell kann ich nicht viel sagen, beschäftige mich nicht mit der Aktie.
Wenn du den Gewinn nicht begrenzen willst, also dir die Möglichkeit offen lassen willst, dass die Aktie vielleicht noch steigt, wäre auch ein Trailing Stop Loss eine Möglichkeit. Vielleicht dann etwas enger gesetzt als ein "normaler" Stopp. Sozusagen als letzte Chance für das Papier.
Grüße
KM
am 05.08.2022 19:31
Herzlich willkommen in dieser Community und vielen Dank für Dein Feedback. Ich freue mich sehr, dass Du mit der sehr einfachen Strategie "Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen" schon erfolgreich bist. Weiter so!
Thema Optoflex: Ja, das ist ein Trauerspiel. Allerdings sieht es wesentlich dramatischer aus als es tatsächlich ist. Der Opto hatte von April (1389 Euro) bis Juni (1255) einen Drawdown (Kursrückgang) von 10 Prozent. Das ist nicht viel im Vergleich zum DAX, der fast doppelt so viel verloren hat. Der Optoflex hat also seinen Zweck als Geldparkplatz erfüllt, ist aber aufgrund seiner internen Funktionsweise (die verkauften SP500-Put-Optionen haben Verluste gebracht, die aufgrund der vergleichsweise niedrigen Volatilität nicht von den gekauften VIX-Calls aufgefangen wurden) nicht unabhängig vom Aktienmarkt. Klar:
Amazon als Aktie hat in den letzten Monaten enttäuscht, und viele fragen sich, ob das Unternehmen seinen Zenit überschritten hat. Lassen wir mal die Cloudsparte AWS außen vor, die alleine genommen wesentlich mehr wert ist als der heutige Börsenwert von Amazon zusammen. Amazon könnte diese Sparte eines Tages abspalten, und das kann ein Katalysator für enorme Kurssteigerungen sein. Du solltest jetzt bitte nicht den Fehler machen und Amazon in steigende Kurse hinein verkaufen. Das ist ein typischer Fehler vieler Privatanleger, den ich hier als Fehler Nummer 2 beschrieben habe. Dein Verlust in Prozent oder in Euro ist völlig egal, solange der Titel steigt. Oder mit anderen Worten: "Es gibt für Aktionäre nichts schöneres, als wenn sie ihren Einstandskurs wiedersehen." Und dann verkaufen sie. Sowas machen Profis nicht. Anders herum ist es viel besser:
Ich empfehle Dir, einfach Ruhe zu bewahren und Amazon im Depot liegen zu lassen. @Crazyalex schreibt völlig zu recht: Hin und Her macht Taschen leer. Das Papier hat eben seine 200-Tage-Linie überschritten, aus technischer Sicht ist es damit wieder im Aufwärtstrend. Bei 164 Euro liegt das bisherige Rekordhoch; wenn es überschritten wird, wäre das ein sehr starkes Kaufsignal. Um Verluste zu verhindern, falls Amazon doch in seinen Abwärtstrend zurückfällt, sollten Anleger für die Aktie (WKN 906866) einen Stopkurs im Bereich 115 Euro installieren. Und wenn das Papier weiter steigt, wandert der Stopkurs nach und nach weiter rauf. Das ist viel gewinnträchtiger als ein Verkauf nach dem Motto "Uff - die Aktie steigt - jetzt komme ich zum Glück ohne Verluste aus der Sache raus". Glaub mir! Verluste gehören an der Börse IMMER dazu; die Kunst ist, sie klein zu halten. Vermeiden kann man sie nicht. Übrigens:
Dein Hinweis auf die politische Situation deckt sich mit meiner Empfehlung, aktuell nur mit angezogener Handbremse zu investieren. Aber das regelst Du einfach durch die Stopkurse und nicht durch einen voreiligen Verkauf von Papieren, deren Kurs steigt. In diesem Sinne:
Nochmals vielen Dank für Dein Vertrauen. Gib Bescheid, wenn Du noch Anregungen oder Unterstützung brauchst!
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg mit Deinen Börsengeschäften und viel Spaß mit der "Marke" nmh
herzliche Grüße und ein schönes Wochenende
aus einem immer noch viel zu heißen München
nmh-Team
am 05.08.2022 22:17
@nmh schrieb:
herzliche Grüße und einen schönen Sonntag aus einem tropisch-heißen München
an alle, die das hier lesen
nmh-Team
Falls ich als stiller Mitleser auch einen Wunsch äußern darf:
Ich hätte gerne eine neue Sterneliste, und zwar für die besten Badeseen in/um München herum.
am 05.08.2022 23:04
@nmh schrieb:Amazon als Aktie hat in den letzten Monaten enttäuscht, und viele fragen sich, ob das Unternehmen seinen Zenit überschritten hat. Lassen wir mal die Cloudsparte AWS außen vor, die alleine genommen wesentlich mehr wert ist als der heutige Börsenwert von Amazon zusammen. Amazon könnte diese Sparte eines Tages abspalten, und das kann ein Katalysator für enorme Kurssteigerungen sein.
Weil es gerade so gut passt: Die Anteile von Amazon, Microsoft und Google am Cloud-Geschäft. Screenshot im Spoiler - präsentiert von einem Herren, der bei "Der Aktionär" arbeitet:
@dg2210 schrieb:
@nmh schrieb:...
Falls ich als stiller Mitleser auch einen Wunsch äußern darf:
Ich hätte gerne eine neue Sterneliste, und zwar für die besten Badeseen in/um München herum.
Ich möchte, bitte, auch eine neue Sterne-Liste: Die besten Segel-Reviere in Bayern. 😋
am 07.08.2022 11:36
@KeepMoving schrieb:Hallo @wuffelinho
@wuffelinho schrieb:Was würdet ihr machen?
Kurz und knapp:
Wenn ich eine Aktie als Trendaktie gekauft habe, fliegt die raus wenn der Stopp erreicht ist. Ganz einfach.
Wenn ich eine Aktie aus anderen Gründen im Depot habe, fliegt die raus sobald ich, wie du so schön sagst, nicht mehr von ihr überzeugt bin.
So jedenfalls immer der Plan. 😁
Ich kann das so 1:1 unterschreiben, obwohl ich keine Aktie nur als Trendaktie kaufe. Aber wenn man das macht, sollte man sich wenigstens an die von @nmh und @KeepMoving beschriebene Trendstrategie halten.
Mein letzter Verkauf war Fresenius, ich bin vom Unternehmen nicht mehr überzeugt.
Grüße aus Dresden
Sonni
07.08.2022 12:00 - bearbeitet 07.08.2022 12:45
07.08.2022 12:00 - bearbeitet 07.08.2022 12:45
@Drilling Interessant! Die drei genannten Firmen (Microsoft, Alphabet und Amazon sowie zusätzlich Apple) haben im meinem Depot die größte Gewichtung. Der drawdown in diesem Jahr wegen der Zinsen und der allgemeinen Krise ist eine große Nachkaufgelegenheit, welche man nicht mehr erwartet hätte. Vor allem Amazon hat wunderbare Kaufkurse geboten und tut dies immer noch. Aufgrund ihrer dominierenden Stellung sind diese Aktien weiterhin Tech/Growth wie auch Value Aktien und mit KGVs von unter 20 bei Alphabet auch weiterhin absolute Schnäppchen. Sie werden sich teilweise (Apple, MSFT) auch zu großartigen Dividendenaktien entwicklen (oder sind es bereits, aber es geht aufwärts, die Dividende wird gesteigert), weil sie einfach so viel Geld haben und nicht wissen, wohin damit. Ich arbeite ja mit Sparplänen und habe weiterhin hohe Sparpläne für alle vier laufen, aber bei Alphabet und Amazon musste ich auch größere Nachköufe machen, welche sich jetzt schon gelohnt haben. @wuffelinho, deine Zögerlichkeit bei Amazon kann ich nicht recht verstehen, aber ich würde genau das tun, was @nmh geschrieben hat (wenn du nicht nachkaufen willst!).
am 07.08.2022 12:02
Vielen Dank für die ganzen tollen Antworten. 😊
@Crazyalex "hin und her, macht Taschen leer" - Das ist wohl wahr und genau das, möchten wir alle vermeiden. Von daher tendiere ich tatsächlich dazu, nicht in Aktionismus zu verfallen sondern es "laufen zu lassen". Nur das Mindest muss man erstmal aufrecht halten. Ich habe immer mehr das Gefühl, die Börse ist reine Psychologie (aber die eigene) bzw. die eigene mentale Schwäche ist das größte Problem. Selbst wenn man so unglaublich viele gute tipps bekommt (wofür ich echt dankbar bin) aber trotzdem kämpft man hin und wieder mal mit seinen eigenen Kopf.
@nmh Ich werde die Ruhe bewahren, das scheint wirklich die klügste Variante zu sein.
In wie fern eine Abspaltung der AWS Sparte "ein Katalysator für ENORME Kursteigerungen" sein könnte, verstehe ich nicht?
Zum Optoflex: es ist nicht nur der Kursrückgang. Wenn ich mich nicht täusche verursacht er Kosten. Beim Kauf (kann man evtl. geschickt aus dem Weg gehen) und gleichzeitig kostet er im "Unterhalt". Damit er als solider Geldparkplatz funktioniert, müssen diese Kosten mit einer Kurssteigerung erst reingeholt werden. Ansonsten kann ich das Geld auch unberührt liegen lassen, dann knabbert es zwar die Inflation an.... aber das Geld im Optoflex ist auch der Inflation ausgesetzt + die Kosten. Das muss man erst wieder ausgleichen und das geht nur mit einen steigenden Kurs. Steigt er nicht oder fällt sogar, dann habe ich sogar höhere Verluste gemacht. Oder habe ich hier einen Denkfehler?
Zum anderen habe ich noch ein Frage bzgl. Fonds / ETFs.... ich hatte mal einen Dividenden ETF am laufen (bin aber schon länger raus). Das wäre doch eigentlich auch ein guter Geldparkplatz.... die Vola ist nicht so hoch, man bekommt regelmäßig seine Rendite die gut planbar ist, das Risiko ist gestreut und mittelfristig werden auch Rücksetzer am Markt wieder ausgeglichen (wenn man denn cool bleibt). Habe das immer als sicheren Hafen gesehen. Vor kurzem habe ich dann zufällig auf ARTE eine Doku über BlackRock gesehen. Nun bin ich verwirrt. Auf jedenfall Zweifel ich das gerade mit dem sicheren Hafen ziemlich stark an. Ist es richtig, wenn ich nun in einen iShares ETF investiere mein Geld nicht bei den einzelnen Aktiengesellschaften liegt sondern nur bei BlackRock? Sollte sich BlackRock verzocken und mal den unwahrscheinlichen Fall angenommen pleite gehen, wäre dann mein Investment restlos weg? Oder halte ich trotzdem Anteile an den Unternehmen in dem ETF? Hab hier nur noch Fragezeichen...