30.04.2021 21:09 - bearbeitet 03.05.2021 18:34
30.04.2021 21:09 - bearbeitet 03.05.2021 18:34
Hallo zusammen,
zusammen mit @Zilch kam mir die Idee, einen Investmentguide zu schreiben. Wie komme ich zur Aktie, die ich schlussendlich kaufen möchte? Das Ganze ist natürlich keine Anlageberatung, sondern soll nur meine persönliche Meinung widerspiegeln.
Ich suche mir meine Aktien fast ausschließlich nach fundamentalen Kriterien aus. Für mich sind Aktien ein tatsächlicher Anteil an einem Unternehmen und kein Spekulationsobjekt, das mal steigt und mal fällt. Mit meinen 25 Jahren spare mittels Aktien für die Altersvorsorge und habe deswegen einen sehr langfristigen Ansatz. Am liebsten würde ich meine Aktien „für immer“ behalten. Es kann jedoch immer sein, dass sich in meinem Leben etwas grundsätzlich ändert, sodass ich gezwungen bin, Aktien zu verkaufen. Ich investiere nicht (mehr) in Szenarien. In mein Depot kommen keine Unternehmen, die von einem Ereignis profitieren im Kurs steigen und dann nach zwei Jahren wieder verkauft werden. Ich setze auch keine Stopkurse, denn ich möchte eine gute Aktie nicht günstig hergeben. Ich finde da den Vergleich mit einem Immobilieninvestor recht passend: Niemand würde seine Immobilie verkaufen, nur weil gerade jemand besonders wenig dafür bietet. Ich verkaufe meine Aktien, wenn ich merke, dass das Geschäftsmodell nicht mehr so funktioniert oder wächst, wie noch beim Kauf der Aktie.
Auf den Verkaufsknopf drücke ich auch dann, wenn sich etwas negativ am Unternehmen und daher am Umfeld des Unternehmens geändert hat oder mein Investment-Szenario nicht mehr zutrifft. Ein Beispiel ist der norwegische Lachszüchter Mowi, den ich im Mai 2020 verkauft habe. Mowi hat mich beim Kauf mit einer günstigen Bewertung, steigenden Umsätzen und einer hohen Dividende überzeugt. Der Marktpreis für Lachs ist jedoch vom Jahr 2016 bis 2020 von 6,72 Euro pro Kilo auf 5,00 Euro pro Kilo gesunken.
Geschäftsbericht Mowi
Im gleichen Zeitraum sind die Kosten gestiegen. Dadurch ist der Gewinn pro Aktie in den letzten zwei Jahren gesunken. Ob der Gewinn hoch oder niedrig ist, hängt also von einem externen Faktor, dem Lachspreis, ab. Da es nicht mehr sicher ist, dass Umsätze und Gewinne von Mowi langfristig steigen, habe ich die Aktie verkauft. Der Kurs der Aktie spielte für den Verkauf keine Rolle.
Der wichtigste Faktor für interessante Aktien sind steigende Umsätze und Gewinne in den letzten Jahren. Ich selbst bin nicht auf Erträge aus den Aktien angewiesen. Deshalb ist es mir wichtig, dass das Unternehmen in der Zukunft voraussichtlich mehr Erträge abwirft als heute. Mit einem Gewinnwachstum können beispielsweise höhere Dividenden finanziert oder mehr Geld in Aktienrückkäufe investiert werden, die dann meinen Anteil am Unternehmen erhöhen.
Deshalb prüfe ich immer den Punkt Bilanz/GuV bei finanzen.net. Ein Beispiel für ein Unternehmen mit stetig steigendem Umsatz und Gewinn ist das italienische Technologieunternehmen Reply.
GuV aus finanzen.net
Diese Aktie kommt also weiter in die engere Auswahl. In Sondersituationen akzeptiere ich ausnahmsweise auch Aktien ohne Gewinnwachstum. Ich möchte nicht, dass ein gutes Unternehmen durchs Raster fällt, nur weil ein Jahr mal schlecht lief.
Ein solcher Sonderfall war beispielsweise die Steuerreform in den USA. Diese hatte auf Unternehmen wie Alphabet den Einfluss, dass der Gewinn je Aktie nach Steuern gesunken ist. Zu erkennen ist dies daran, dass der Gewinn vor Steuern im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und nach Steuern gesunken ist.
finanzen.net
Ein anderes Beispiel ist die Corona-Krise. Viele Unternehmen hatten im Jahr 2020 mit sinkenden Umsätzen und Gewinnen zu kämpfen. So zum Beispiel auch LVMH, die aufgrund des Lockdowns ihre Läden schließen mussten. Während sich der Gewinn pro Aktie in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt hat, ist dieser im Jahr 2020 gesunken.
finanzen.net
Diese Abweichungen ist für mich okay, solange das Unternehmen nach der Pandemie wieder auf seinen Wachstumspfad zurückkehren kann.
Steigende Umsätze und Gewinne sind nur ein Kriterium, die Aktien erfüllen sollen, um für mich interessant zu sein. Ein weiterer Punkt ist, dass ich Aktien aus sehr zyklischen Branchen ausschließe. Dazu gehören beispielsweise Aktien von Banken, Autobauern, Airlines oder Industrieunternehmen. Geht es der Wirtschaft gut, können Unternehmen aus diesen Branchen davon profitieren. Steuert die Weltwirtschaft jedoch auf eine Rezession zu, werden diese Branchen voll getroffen. In einer Wirtschaftskrise wird weiter gewohnt, gegessen oder geputzt. Deshalb haben Unternehmen wie Vonovia, Unilever (Knorr, Dove, Magnum) oder der Drogerieartikelhersteller Church & Dwight auch in der Krise relativ stabile Umsätze und Gewinne.
finanzen.net
Die Umsätze und Gewinne von BMW, Thyssen Krupp oder der Lufthansa sind jedoch im Jahr 2020 gnadenlos in den Keller gegangen. Lufthansa und Thyssen Krupp haben im Jahr 2020 sogar Verluste vermeldet.
finanzen.net
Jetzt muss man natürlich unterscheiden: Krise ist nicht gleich Krise. Während die Finanzkrise 2008 vor allem Banken getroffen hat, leiden die Reisebranche, die Gastronomie oder der Einzelhandel besonders unter der Corona-Krise. Niemand kann sagen, welche große Krise als nächstes kommt und wer profitiert und verliert. Dennoch fühle ich mich mit sehr zyklischen Investments nicht wohl und bevorzuge daher Unternehmen, die nicht komplett von Wirtschaftszyklen abhängen.
Ich mag auch Unternehmen, die breit aufgestellt sind, also mehrere Geschäftsmodelle oder Plattformen haben. Zu diesen Unternehmen gehört Facebook, die im Social Media Bereich mit den Marken Facebook, Instagram und WhatsApp aufgestellt sind. Sollte eine Plattform uncool werden, gibt es immer noch zwei weitere Plattformen. Anderes Beispiel: Microsoft ist längst nicht mehr nur Windows, zum Unternehmen gehören die Officeprodukte, die Social Media Plattform LinkedIn, die Xbox als Spielekonsole, die Cloud Azure und Investitionen im Bereich künstliche Intelligenz.
Quelle: Microsoft 2021 Q3 Bericht
In der analogen Welt hat Unilever eine Vielzahl unterschiedlicher Marken in den Bereichen Nahrungsmittel und Getränke, Körperpflege und Reinigungsartikel. Im Lockdown hat Unilever weniger Eiscreme, Beauty- und Körperpflegeprodukte und Nahrungsmittel an die Gastronomie verkauft hat. Dieser Umsatzrückgang konnte wettgemacht werden, weil mehr Hand- und Haushaltshygieneprodukte, Waschmittel sowie Lebensmittel und Erfrischungen für zu Hause verkauft wurden. Das zeigt, dass die Umsätze von Unternehmen, die verschiedene Produkte verkaufen, weniger schwanken.
Unternehmen sind für mich ausserdem nur interessant, wenn sie nachhaltige Umsätze erzielen können. Damit meine ich, dass die Umsätze auch in Zukunft wiederkehrend möglich sind. Ich würde zum Beispiel nie in den Einzelhandel oder ein Kohlebergbauunternehmen investieren. Beide Branchen haben sicherlich die beste Zeit hinter sich.
Grundsätzlich gilt in meiner Strategie: Je günstiger ein Unternehmen bewertet ist, desto besser. Dabei muss die Bewertung natürlich auch zur Wachstumserwartung passen. Ein Unternehmen, dessen Gewinn um sagen wir mal 20 Prozent pro Jahr steigt, darf höher bewertet sein als ein Unternehmen, dessen Gewinn nur um fünf Prozent pro Jahr wächst. Die bekannteste Kennzahl, um die Bewertung zu messen, ist das KGV. Dabei wird der Kurs ins Verhältnis zum Gewinn gesetzt. Macht das Unternehmen Verluste, kann kein KGV bestimmt werden. Ein Vergleich von zwei Unternehmen anhand des KGV ist aber nur dann sinnvoll, wenn beide Unternehmen aus derselben Branche stammen. Das durchschnittliche KGV von Automobilherstellern (außer Tesla) ist beispielsweise niedriger als von Unternehmen, die sich mit bargeldlosem Zahlen beschäftigen. Das KGV ist nur eine von mehreren Kennzahlen, die man nie komplett allein betrachten sollte. Die generelle Bewertung von Aktien hängt auch von der wirtschaftlichen Situation ab. Im Corona-Crash ist das durchschnittliche KGV von Märkten zurückgegangen. In Zeiten niedriger Zinsen sind die Bewertungen von Aktien deutlich angestiegen, weil es am Rentenmarkt keine risikofreie Rendite gibt und Geld in die Aktienmärkte geflossen ist. Zudem kann man seit ein paar Jahren beobachten, dass der US-Aktienmarkt teurer bewertet ist als beispielsweise sein europäisches Pendant.
Es lohnt sich auch, das aktuelle KGV mit dem KGV der letzten Jahre zu vergleichen. Daran sieht man ganz gut die „Einstellung“ des Marktes zum Unternehmen und seiner Entwicklung. Man kann Aktien fundamental allgemein in verschiedene Gruppen einteilen. Das Ganze ist nur als wirklich sehr oberflächliche Orientierung gedacht, denn es gilt nicht pauschal: Kleines KGV = günstig, großes KGV = teuer. Bei Aktien mit einem KGV von 0 – 10 schrillen bei mir erstmal die Alarmglocken. Es muss einen Grund geben, warum der Markt das Unternehmen so günstig bewertet. Also: Besonders gut hinschauen, vielleicht ist das Unternehmen sehr zyklisch oder hat die besten Zeiten hinter sich. Ein gutes Beispiel für diese Kategorie sind Tabakunternehmen. In der westlichen Welt ist es zunehmend out zu rauchen, die Zahl der Raucher sinkt. Wachstum kommt nur aus Schwellenländern und aus Preiserhöhungen. Es kann auch vorkommen, dass der Markt übertreibt und das Unternehmen in Zukunft aufblüht. Das passiert aber eher selten. Aktien mit einem KGV von 11 – 20 können krisenanfällig sein, wachsen womöglich nicht mehr oder nur sehr schwach. Ich halte Unternehmen, die nicht mit riesigen Schritten aber stetig wachsen aus dieser Kategorie meist für günstig und damit kaufenswert. Beispiele sind Hannover Rück oder Fresenius. Die nächste Gruppe der Aktien mit einem KGV von 21 – 30 weist meistens ein krisensicheres Geschäftsmodell aus oder stärkere Wachstumsraten wie in der vorherigen Gruppe. Für die meisten Aktien aus meinem Depot, halte ich dieses KGV für angemessen. In diese Gruppe gehören Blackrock oder Comcast.
Aktien mit einem KGV von 31 – 50 sollten schon sehr stark wachsen und das auch noch weit in die Zukunft. Die Unternehmen sollten zusätzlich zum Wachstum auch noch eine sehr gute Marktstellung bzw. die Marktführerschaft haben. Dividenden werden meist nicht oder nur im homöopathischen Ausmaß gezahlt. In der Kategorie denke ich an Unternehmen wie Microsoft oder Alphabet. Bei Aktien ab einem KGV von 50 wird’s schon optisch schon sehr teuer. Das können Unternehmen sein, die den Markt mit einer neuen Technologie disruptieren wollen. Zudem können in der Gruppe Unternehmen sein, die den Markt deutlich dominieren und dabei trotzdem noch Markanteile gewinnen. Beste Beispiele sind Amazon oder Tesla. Ich traue mir eine Prognose, ob wir in Zukunft alle Elektroauto fahren selbst nicht zu. Deshalb meide ich solche Unternehmen in der Regel.
Allerdings ist das KGV bzw. die Bewertung von Unternehmen nicht nur vom Gewinnwachstum abhängig. Auch die Marktposition, die finanzielle Stabilität und das Risiko des Geschäftsmodells spielen eine Rolle.
Je besser die Marktstellung eines Unternehmens ist, desto teurer ist es in der Regel bewertet. Die Marktstellung von Alphabet im Bereich der Suchmaschinen ist beispielsweise sehr gut, das Wort „googeln“ hat sogar seinen Weg in unseren Sprachgebrauch gefunden. Klar gibt es auch noch andere Suchmaschinen wie Bing oder Ecosia. Trotzdem werden bei Google aber die meisten Anfragen durchgeführt.
Quelle: https://seo-summary.de/suchmaschinen/
Zudem ist es ziemlich schwer, aus dem Nichts eine Konkurrenzsuchmaschine aufzubauen, die ähnlichen Erfolg wie Google haben soll.
Hoch verschuldete Unternehmen sind in der Regel mit einem Abschlag bewertet. Die Verschuldung wächst in der Regel an, wenn andere Unternehmen übernommen werden. Nach der Übernahme von Time Warner durch AT&T ist die Verschuldung von AT&T stark gestiegen. Aktionäre sollten also auch ein Auge auf die Verschuldung des Unternehmens werfen. Riskante bzw. zyklische Geschäftsmodelle werden an der Börse in der Regel günstiger bewertet als nichtzyklische Geschäftsmodelle.
Zur Aktienrecherche nutze ich verschiedene Quellen. Die erste Quelle, die immer zum Einsatz kommt, ist finanzen.net. Da dort nicht immer alles genau stimmt, prüfe ich vor einer Investition die Kennzahlen auch noch einmal auf der Investor-Relations-Seite des Unternehmens. Auf dieser Seite finden Investoren Informationen über das Unternehmen: Angaben zum Geschäftsmodell, Nachrichten zum Unternehmen, Informationen zu Aktien, Dividenden und Anleihen, eine Vorstellung des Vorstands und vom Aufsichtsrat und Infos zur Hauptversammlung.
Investor-Relations-Übersicht Allianz
Eine gute Quelle zum Kennenlernen neuer Aktien ist unsere community. Es gibt zum einen die Sternelisten von @nmh, in denen Aktien nach verschiedenen technischen Kriterien gelistet sind. Zum anderen gibt es auch noch Branchenlisten wie „Gegessen wird immer!“, „Wasser marsch! - Aktien für den Hochsommer“ oder „Medizintechnik-Aktien - ein lukratives Investment“ von @Pramax. Aus diesen Listen bin ich alle Aktien durchgegangen und habe mir dann ein paar Unternehmen rausgesucht, die für ein Investment grundlegend in Frage kommen. Vom YouTube-Kanal echtgeld.tv hole ich mir ebenfalls sehr gerne Anregungen für meine Investments. Dort reden Tobias Kramer und Christian W. Röhl meistens über ein paar Aktien oder interessante Themen rund um den Kapitalmarkt. Last but not least schaue ich mittlerweile auch bei meinem eigenem Konsumverhalten nach interessanten Aktien. Dabei stößt man ganz leicht auf interessante Unternehmen: Mein Betriebssystem ist von Microsoft, die Reinigungsmittel von Unilever, das Auto von BMW, die Schokolade von Lindt oder Mondelez und die Sportsachen von Nike. Obwohl ich nicht alle Aktien der Unternehmen habe, freut es mich dennoch immer, wenn Geld beim Konsum an mich zurückfließt.
Ich diversifiziere die Aktienkäufe nach Regionen. Schwerpunkt meiner Anlage sind Aktien aus den USA, weil dort viele meiner Unternehmen herkommen, die meine Kriterien erfüllen. Ich habe nur drei Aktien aus Schwellenländern und meide diese ansonsten eher, weil Informationen zu Aktien aus entwickelten Ländern leichter zugänglich sind. Zudem investiere ich in viele global tätige Unternehmen wie Microsoft oder Unilever, die auch vom Wirtschaftsaufschwung von Schwellenländern profitieren.
Der Kurs einer Aktie ist nicht komplett egal. Wow, was für eine Erkenntnis. Neben den Kennzahlen und dem Geschäftsmodell muss auch der Kursverlauf der Aktie passen. Das bedeutet für mich, dass die Aktie langfristig vergleichbar mit dem MSCI World steigen soll. Auf der anderen Seite möchte ich für mein Geld so viel Unternehmen wie möglich, also gute Unternehmen zu einem günstigen Kurs einkaufen. Ich würde einerseits keine Aktie kaufen, die zwar steil steigt, jedoch viel zu teuer bewertet ist und andererseits keine Aktie kaufen, die total billig ist, aber seit Jahren fällt. Denn im ersten Fall drohen schmerzhafte Rückschläge, wenn das Unternehmen mal bei seinen Zahlen enttäuscht, und im zweiten Fall sehe ich keinen Grund, warum die Aktie jetzt ausgerechnet nach meinem Einstieg nach oben drehen sollte.
Die Dividende ist für viele Anleger sehr wichtig. Meistens gilt: Je höher desto besser. Bei meiner Strategie steht die Dividende überhaupt nicht im Vordergrund. Was mich an Dividenden stört: Die Dividende wird vom Kurs abgezogen. Von der Dividende werden dann noch Steuern und Kosten für die Neuanlage abgezogen und die Dividende muss verbucht werden; das macht Arbeit. Leider ist die Dividende, die ich von meinen Aktien erhalte, noch zu gering, um direkt davon eine Investition zu tätigen. Nicht falsch verstehen, ich habe auch Aktien mit hoher Ausschüttungsrendite wie Allianz oder Iberdrola. Diese habe ich jedoch gekauft, weil mir die anderen Faktoren des Unternehmens so gut gefallen. Die Dividende nehme ich dann „in Kauf“. Unternehmen wie Alphabet, Amazon oder Facebook schütten keine Dividende aus, sondern halten das Geld lieber im Unternehmen um das Geschäft auszubauen. Das finde ich sinnvoll. Aktiendividenden mag ich sehr gerne, erhalte also statt Bargeld lieber neue Aktien des Unternehmens. Vorteile der Aktiendividende sind Steuervorteile, bei manchen Unternehmen entstehen keine Gebühren oder Spesen für die Wiederanlage und man profitiert direkt von einem Zinseszinseffekt.
Eng verwandt mit Dividendenausschüttungen sind Aktienrückkäufe. Mit Aktienrückkäufen erzielt ein Unternehmen zwar nicht mehr Gewinn, aber der Gewinn muss auf weniger Aktionäre aufgeteilt werden. Das Stück vom Kuchen wird also für jeden einzelnen Aktionär minimal größer. Beim Aktienrückkauf über die Börse entsteht eine zusätzliche Nachfrage, die den Kurs steigen lassen kann. In den USA sind Aktienrückkäufe sehr beliebt. Kritiker von Aktienrückkäufen bringen oft das Argument, dass Unternehmen dann Aktien zurückkaufen, wenn es wirtschaftlich gut läuft und die Kurse gestiegen sind. Dabei sollten dann Aktien zurückgekauft werden, wenn die Kurse günstig sind. Zurückgekaufte Aktien müssen übrigens nicht eingezogen werden, sondern können auch im Rahmen von Motivations- oder Bonusprogrammen an Mitarbeiter vergeben oder zur Finanzierung von Übernahmen verwendet werden.
Nach dem Kauf von Aktien lege ich mich nicht schlafen, wie Kostolany es empfohlen hat, sondern prüfe regelmäßig, ob das Unternehmen noch in mein Depot passt. Wenn eine Aktie an einem Tag stark steigt oder stark fällt, ist meistens irgendwas passiert und die Presse berichtet darüber. Sollte die Aktie fallen, ist mir wichtig, ob es nur ein vorübergehendes Problem ist, was den Kurs belastet oder ob das Unternehmen langfristige Nachteile hat.
An der Börse gibt sowohl Chancen, als auch Risiken. Die Risiken können wir nicht beseitigen, sondern nur durch eine gute Diversifikation verteilen. Jedes Unternehmen hat eigene Gefahren. Als Investor sollte man sich einen Überblick darüber verschaffen. Unternehmen können ihre Risiken im Geschäftsbericht offenbaren. Gazprom hat in meinen Augen ein eher hohes Risiko. Es kann passieren, dass sich die Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Ländern immer verschlechtern. Zudem ist Gazprom am Bau der Gaspipeline Nord-Stream 2 beteiligt, die die USA mit Sanktionen verhindern möchte. Das Großprojekt ist fast fertiggestellt und soll bald zum Einsatz kommen. Verhindert die USA den Bau tatsächlich, sind die Investitionen von Gazprom wortwörtlich im Meer versenkt. Zudem ist Gazprom als Gasproduzent vom Ölpreis abhängig und hofft auf einen kalten Winter, damit mehr Gas zum Heizen verwendet wird. Ein milder Winter ist schlecht für den Umsatz von Gazprom. Das Corona-Virus beweist, dass wir auch manche Risiken wie die Pandemie nicht voraussehen können. Es kann also immer etwas passieren, worauf man sich als Investor nicht vorbereiten kann.
Auf einen ganz wichtigen Punkt hat mich @ae noch im Thread hingewiesen: Man sollte verstehen, was das Geschäft des Unternehmens ist. Ich habe mich mal mit dem Lithografiegerätehersteller ASML beschäftigt. Vorher habe ich mich noch nie näher mit Chips oder Halbleitern beschäftigt und konnte mir nicht vorstellen, was ASML eigentlich macht. Ich habe daraufhin einen Bekannten gefragt, der in der Halbleiterindustrie arbeitet, was Lithografie ist. Zudem habe ich mir auch noch zwei Youtube-Videos angeschaut, um den Prozess zu verstehen. Danach wusste ich, wie ASML an der Halbleiterproduktion beteiligt ist. Am Ende war mir die Aktie jedoch zu heiß.
Ich beschäftige mich mit meinen Aktien im Durchschnitt etwa eine Stunde am Tag. Es ist mit der Zeit ein Hobby geworden, sogar ein schönes: Während viele Hobbys Geld kosten, verdiene ich mit meinen Aktien Geld.
Bei manchen Investments bin ich in der Vergangenheit auch von meinen Investment-Regeln abgewichen, weil ich auch mal andere Anlagestrategien testen wollte. Das ist ärgerlich, denn diese Investments schnitten (gefühlt sogar deutlich) schlechter ab als die, bei denen ich meine Regeln befolge. Mein Fazit ist daraus: Ich bleibe künftig nur noch meiner Strategie treu.
Grüße aus Dresden
Sonni
Vielen Dank an dieser Stelle an @nmh und @Zilch, die den Text (sagen wir mal freiwillig) deutlich verschönert und besser lesbar gemacht haben. Ohne Euch gäbe es diesen Text wahrscheinlich nicht!
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 01.08.2021 09:38
@friscoyork ich habe noch nie was von der Aktie gehört, die auch erst seit Anfang 2019 an der Frankfurter Börse handelbar ist.
Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn du einfach auch gleich mit erzählst, wie du auf diese Aktie gekommen bist? Nur dann wissen wir ja, ob du "auf dem richtigen Weg" bist oder es nur ein Zufallstreffer war 😉
am 01.08.2021 12:40
Guten Morgen @Zilch und vielen Dank für die Antwort.
Mein Weg war folgender. Ich habe den Ausgangspost zum 20. Mal durch gelesen. Dann habe ich bei Google Fundamentalanalysen eingegeben. Dann ist mir nach mehreren Seiten aufgefallen, dass ab und an dort ein Morningstar-Rating ist. Diese Seite habe ich mir angeschaut. Dann habe ich den Aktienscreener benutzt und bin dann in die Sparte IT Dienstleistungen gegangen. Dort habe ich mir 10 Werte zwischen 8 und 15 € rausgesucht und versucht diese zu bewerten.
Dabei ist diese Aktie für mich herausgekommen.
am 01.08.2021 13:04
@friscoyork schrieb:Guten Morgen @Zilch und vielen Dank für die Antwort.
Mein Weg war folgender. Ich habe den Ausgangspost zum 20. Mal durch gelesen. Dann habe ich bei Google Fundamentalanalysen eingegeben. Dann ist mir nach mehreren Seiten aufgefallen, dass ab und an dort ein Morningstar-Rating ist. Diese Seite habe ich mir angeschaut. Dann habe ich den Aktienscreener benutzt und bin dann in die Sparte IT Dienstleistungen gegangen.
Soweit okay um Aktienideen zu bekommen. Ob du nun einen Aktienscreener von Morningstar verwendest, oder Guidants, oder Traderfox ist eigentlich egal. Am besten aber Sternelisten (sorry für die viele Werbung - es ist, wie es ist :D).
@friscoyork schrieb:. Dort habe ich mir 10 Werte zwischen 8 und 15 € rausgesucht und versucht diese zu bewerten.
Den Schritt verstehe ich aber nicht. Warum genau zwischen 8 Euro und 15 Euro? Warum ist das wichtig? Zudem kann ich das irgendwie nirgends einstellen.
Was hast du da eingestellt?
Das sind ja die wichtigen Filterkriterien, wenn du nach Fundamentalanalyse gehst. Und dazu musst du wissen, was diese ganzen Werte bedeuten und worauf du da achten musst.
Also der erste Schritt ist schon mal ganz gut: Quellen für Aktienideen finden. Diese Quellen musst du nun noch richtig nutzen 😉
am 01.08.2021 13:21
Schade, dass Du meinen Rat (siehe oben) nicht befolgt hast.
Der Screener von Morningstar bewertet einfach nur den Verlauf des Aktienkurses. Das nennt man "technische Analyse", es ist ein eigentlich sehr erfolgreiches Verfahren. Allerdings ist die von Dir genannte Lagercrantz-Aktie erst seit einigen Monaten handelbar, und auch hier gibt es Kurslücken, so dass der Aufwärtstrend in diesem kurzen Zeitraum nicht besonders aussagekräftig ist. Diese Aktie würde ich daher nicht kaufen. Sie ist nicht schlecht, aber die Wahrscheinlichkeit, Geld zu verdienen, ist mit anderen Aktien wesentlich höher. Konkret:
Ich empfehle Dir, Dich bei Deinen Investments an Aufwärtstrends zu orientieren, die seit vielen Jahren, besser Jahrzehnten bestehen. Da ist die Wahrscheinlichkeit besonders hoch, dass es auch dann nach oben weitergeht, wenn Du einsteigt. Beispiele und auch einen ausführlichen Marktkommentar findest Du in meiner heutigen Liste (siehe hier).
nmh
am 01.08.2021 13:23
@Zilch Danke für deine Antwort.
Ich habe diese Erweiterung gar nicht gesehen. Nun habe ich sie auch gefunden. Naja, es war schon spät. Warum zwischen 8 und 15 € ? Nunja ich habe mir gesagt, da ich ja nur ein kleines Budget habe, ist es vielleicht besser "gute" günstige Aktien zu kaufen. Ich vermute mal das war falsch gedacht.
Die Sterneliste von@nmh arbeite ich gerade durch. Ich habe sie auch alle schon in mein Musterdepot gepackt. Ich bin grade dabei mich durch die Liste zu ackern.
Ich finde die Aktien super , mal schauen welche ich nehme um den von euch genanntem "Fuss in die Tür zu bekommen". Bei meinem Budget kommen wahrscheinlich nicht so viele in Frage.
Macht mir auf jeden fall Spaß und ich werde dran bleiben.
am 01.08.2021 13:28
@nmhich befolge deinen Rat in vollen Umfang. Ich habe die Aktie ja nicht gekauft, ich wollte nur prüfen ob ich selbst einen Blick für Aktien entwickeln kann. Kaufen würde ich die sowieso nicht. Da wäre ich ja dumm wenn ich die richtigen schon auf dem Silbertablet serviert bekomme.
am 01.08.2021 15:00
@friscoyork ja, den Kurs zu beachten und davon seine Investmententscheidung abhängig zu machen ist falsch.
Beispiel:
Adobe kostet 524 Euro die Aktie. Du kaufst 2 Aktien und hast 1.048 Euro investiert.
Warehouses de Pauw kostet 36 Euro die Aktie. Du kaufst 29 Aktien und hast 1.044 Euro investiert.
Beide Aktien steigen nun 20% - mit welcher hast du mehr Geld verdient? 😉
Die Anzahl der Aktien ist völlig egal. Wichtig ist deren Performance. Beide Aktien übrigens klarer Kauf! Adobe gehört mit zu den besten Aktien, die man im Depot haben kann, und Warehouses de Pauw ist ebenso ein solides Unternehmen mit gutem Geschäftsmodell, da Lager- und Logistikzentren in ganz Europa immer häufiger benötigt werden. Von steigenden Gewerbeimmobilienpreisen und vom steigenden Bedarf profitieren die. Ein Underdog, der auch in der neuen Liste vorkommt.
Apropos Liste: Ich verstehe, wenn du selber lernen willst wie man tolle Aktien findet. Aber wozu der Aufwand, wenn es jemanden gibt (hier: @nmh der wohl Steuerhinterziehung begangen hat und nun gemeinnützige Arbeit leisten muss, anders lässt sich sein Einsatz nicht erklären 😄 😉 [Hier: Emojis, lachend und zwinkernd]), der das für dich übernehmen kann?
Ist es nicht besser, aus diesen Listen entsprechend Aktien zu wählen und hinsichtlich eigener Kriterien zu filtern?
Dafür musst du dir nur eigene Kriterien festlegen und hast dann bereits deine Vorauswahl aus guten Aktien, von denen du nur noch diejenigen auswählen musst mit denen du Nachts gut schläfst.
Übrigens habe ich diverse Screener ausprobiert, die Ergebnisse kommen aber nicht an Sternelisten ran. Viele gute Aktien werden unterschlagen, Esker zum Beispiel.
Das spart dir dann Zeit, und du hast wesentlich mehr Lebensqualität. Du kannst beruhigt schlafen, und brauchst dir bezüglich des Depots nur an die goldene Regel "Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen" halten.
@Zilch schrieb:Soweit okay um Aktienideen zu bekommen. Ob du nun einen Aktienscreener von Morningstar verwendest, oder Guidants, oder Traderfox ist eigentlich egal. Am besten aber Sternelisten (sorry für die viele Werbung - es ist, wie es ist :D).
Das hat weiterhin Bestand.
Übrigens kann ich dir empfehlen den Beitrag zu Sonnis Wikifolio durchzulesen (klicke hier) - über seine ausführlichen und sehr guten Kommentare kannst du auch sehr viel lernen was die Beurteilung von Unternehmen angeht. Das kannst du zum Beispiel mit Sternelisten kombinieren.
Oder einfach in Sonnis Wikifolio investieren - ich hab den in meinem Sparplan und kaufe monatlich Anteile. Bald bin ich Großaktionär des Wikis*.
Also, wie gesagt: Zum Ideensammeln sind diese Screener gut, aber besser als Sternelisten sind sie eh nicht. Wenn du die Screener richtig einsetzen willst musst du vorher lernen, was diese Filter bedeuten. Zum experimentieren auch geeignet. Aber mit Unternehmensanalyse und fundamentalem anlegen hat das nichts zu tun.
Viel Erfolg!
___________________________
*=bis nmh wieder ein Paket kauft und alle Anderen nur noch Kleinstaktionäre sind
am 01.08.2021 15:21
@Zilch Ich habe mal eine wahrscheinlich wirklich bescheuerte Frage.
Ich denke eine billige Aktie hat mehr Potential zu steigen. Obwohl du natürlich recht hast. Wenn das investierte Geld um 10 % steigt ist es egal wieviele Aktien zu welchem Preis ich gekauft habe.
Mein Kopf sagt mir das vielleicht günstigere Aktien mehr Potential nach oben haben ?! Wenn ich mir das so durchlese macht es eigentlich keinen Sinn. Keine Ahnung wie ich darauf komme. Ich orientiere mich an den Sternlisten und suche mir da was heraus. Ich habe meine zwei Favouriten auch schon ausgemacht. Mit Warehouses de Pauw hast du eine von beiden schon benannt. Die zweite ist Carrier.
am 01.08.2021 15:29
Hallo@friscoyork
der Aktienkurs hat keine Aussagekraft darüber, ob eine Aktie günstig oder teuer ist.
Das kannst du nur über die Fundamentaldaten der Unternmehmen herausfinden.
Eine 1000€ Aktie kann günstig sein, und eine 10€ Aktie sauteuer. 😉
am 01.08.2021 16:17
Das sogenannte Grundkapital einer Gesellschaft ist in Aktien eingeteilt. Eine Firma hat ein Grundkapital von sagen wir mal 1 Mio Euro. Jetzt habe ich zwei Möglichkeiten:
1. Ich kann 1 Million Aktien zu je 1 Euro herausgeben. Eine Aktie kostet 1 Euro.
2. Ich kann 1000 Aktien zu je 1000 Euro herausgeben. Eine Aktie kostet 1000 Euro.
Es leuchtet unmittelbar ein, dass der absolute Aktienkurs keinerlei Aussagekraft hat. Und doch spielt er eine Rolle:
Nehmen wir an, der Aktienkurs verdoppelt sich. Im Fall 1 auf 2 Euro, im Fall 2 auf 2000 Euro. In beiden Fällen haben die Aktionäre 100 Prozent verdient.
Aber im zweiten Fall kostet eine einzige Aktie jetzt 2000 Euro. Das ist für viele Privatanleger einfach zu teuer. Und es gibt ja auch viele Spezialisten wie Dich, die sagen: "2000 Euro, das ist ja total überbewertet, das kaufe ich nicht".
Aus diesem Grund teilt das Unternehmen sein Grundkapital neu ein. Statt 1000 Aktien gibt es jetzt 10.000 Aktien, und jede Aktie kostet nicht mehr 2000 Euro, sondern nur noch 200 Euro. Wer vorher 10 Aktien zu je 2000 Euro im Depot hatte, der hat jetzt 100 Aktien zu je 200 Euro im Depot. Am Depotwert von 20.000 Euro ändert sich nichts, aber die Aktie ist besser handelbar.
Sowas nennt man "Aktiensplit". In meinem Beispiel ein Split 1:10. Sinn und Zweck ist, die Aktie für Kleinanleger besser handelbar zu machen und die scheinbare Überbewertung abzubauen.
Wichtiger Hinweis für Fortgeschrittene: In meinem Beispiel wird der Aktienkurs (Marktkapitalisierung) mit dem Nennwert (Grundkapital) der Aktie vermischt. Das ändert aber nichts an der Aussage meines Beispiels.
Beantwortet das Deine Frage?
nmh