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Einmalanlage vs. Splitten der Anlage
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08.01.2022 14:36 - bearbeitet 08.01.2022 14:55
Hallo werte Community,
immer wieder gibt es die Frage, ob ein größerer Geldbetrag eher gesplittet angelegt oder auf einmal investiert werden soll. Psychologische Aspekte mal außen vor gelassen - die Theorie sagt: Da die Aktien-Märkte häufiger steigen als fallen (deswegen investieren wir ja auch) und niemand weiß, wann die Märkte wieder nach unten gehen, ist eine Einmalanlage sinnvoller.
Theorie schön und gut, ich wollte es aber mal simulieren.
Grundlage meiner Simulation war der MSCI World (in Euro) seit dem 1.1.2001; monatsweise (zum jeweils ersten Kurstag des Monats) habe ich dann eine Einmalinvestition einer gesplitteten Investition in 3 Tranchen mit jeweils zwei Monaten Abstand gegenübergestellt. Letzter Investitionszeitpunkt war der 1.12.2020 (bei der gesplitteten Anlage bis zum 1.4.2021); es wurde der Schlusskurs zum 8.10.2021 verwendet (schlicht deshalb, weil ich in der DB die neuesten Kurs von der MSCI-Seite noch nicht eingepflegt habe). Ordergebühren wurden nicht berücksichtigt.
Was ist das Fazit? Von insgesamt 240 möglichen Investitionszeitpunkten war die Einmalanlage in 159 Fällen rentabler als die gesplittete Anlage (die somit in 81 Fällen die Nase vorn hatte).
Anhand der nachfolgenden einfachen Excel-Grafik (mit Diagrammgestaltung habe ich es nicht so 😉 ) sieht man auch, dass die gesplittete Anlage dann rentabler ist, wenn die Kurse nach unten gehen (blauer Balken heißt: Gesplittete Anlage ist rentabler als die Einmalanlage):
Das Ganze kann man natürlich noch etwas weiter durchspielen - Abstände zwischen den Investitionen (bei gesplitteter Anlage) vergrößern oder verkleinern, mehr oder weniger splitten.
Hier ein paar Ergebnisse (die aber alle in die gleiche Richtung gehen):
Anzahl Investitionen bei Splittung | Monatsabstand zwischen den Käufen | So oft war Einmalanlage besser | So oft war Aufsplitten besser |
2 | 1 | 142 | 98 |
2 | 2 | 157 | 83 |
2 | 3 | 153 | 87 |
2 | 6 | 162 | 78 |
3 | 1 | 152 | 88 |
3 | 2 | 159 | 81 |
3 | 3 | 158 | 82 |
6 | 1 | 154 | 86 |
6 | 2 | 164 | 76 |
(Alle Investitionen vom 1.1.2001 bis 1.12.2020 betrachtet)
Es zeigt sich, dass je größer die Abstände zwischen den Tranchen (bei einer Aufteilung) sind, desto eher verliert man gegenüber einer Einmalinvestition. Das Gleiche gilt auch, je mehr der anzulegende Betrag auf unterschiedliche Tranchen aufgeteilt wird (weil auch hier die Vollinvestition erst viel später erfolgt).
In der Simulation sind auch eher kurzfristige Investitionen enthalten (es wurde ja für jeden Monat vom 1.1.2001 bis 1.12.2020 eine Simulation gefahren) - aber selbst wenn man nur die Investitionen vor dem 1.1.2011 (also über 10 Jahre alt) betrachtet, so ist die Einmalinvestition häufiger rentabler als die gesplittete Investition.
Also alles klar? Naja - nicht ganz.
Wir haben jetzt zwar gesehen, dass die Einmalanlage in Summe häufiger besser abschneidet als die gesplittete Anlage - es könnte aber theoretisch sein, dass die Siege der Einmalanlage ggü. der gesplitteten Anlage weniger deutlich sind als andersherum, sprich: Es könnte sein, dass wenn die gesplittete Anlage im Vorteil war, dass dieser Vorteil dann auch deutlich war.
Daher habe ich für alle langfristigen Anlagen (in diesem Fall wurden Investitionen nur vor dem 1.1.2011 betrachtet) auch das jeweils minimale und maximale Ergebnis ermittelt, sowie den Durchschnittswert und den Median. Lasst euch überraschen 🙂
Anzahl Tranchen | Abstand der Tranchen | Minimaler Wert Einmalinvest | Minimaler Wert bei Split | Maximaler Wert Einmalinvest | Maximaler Wert Split | Durchschnitt Einmalinvest | Durchschnitt Split | Median Einmalinvest | Median Split |
2 | 1 | 288828 | 291658 | 595376 | 570013 | 392536 | 392692 | 376894 | 378085 |
3 | 1 | 288828 | 295374 | 595376 | 554328 | 392536 | 392866 | 376894 | 377772 |
3 | 3 | 288828 | 301611 | 595376 | 528692 | 392536 | 393399 | 376894 | 383853 |
6 | 1 | 288828 | 299490 | 595376 | 531003 | 392536 | 393212 | 376894 | 378469 |
(Betrachtet wurde alle Investitionen zwischen dem 1.1.2001 und 1.12.2010)
Zwar ist die Einmalinvestition häufiger rentabler als die gesplittete Investition (hier nicht dargestellt), aber: Den jeweils niedrigsten Endwert haben wir beim Einmalinvest (klar - wenn am Hochpunkt gekauft wird, muss dieser Kauf schlechter abschneiden als ein gesplitteter Kauf, der dann teilweise zu niedrigeren Kursen dazukauft), den jeweils höchsten Wert aber auch. Interessant sind die Durchschnittswerte aller Simulationsergebnisse und der Median: Beim Durchschnittswert liegen die Unterschiede nicht weit auseinander (hier profitiert die Einmalinvestition von Ausreißern nach oben), der Median (der Ausreißer eliminiert) sieht die gesplittete Anlage aber im Vorteil.
Exkurs: Was sagt der Median aus? Der Median ist der Wert, bei dem die eine Hälfte der Ergebnisse besser, die andere Hälfte schlechter abschneidet als der Median. Ausreißer (z.B. extrem hohe oder niedrige Werte) haben dabei einen zu vernachlässigenden Einfluss.
Wie interpretiere ich das Ganze? Man kann bei der Einmalanlage mehr gewinnen und auch mehr verlieren als bei der gesplitteten Anlage (siehe Minimal- und Maximalwerte); man kann bei der Einmalanlage auch häufiger besser abschneiden als bei der gesplitteten Anlage (siehe erste Tabelle). Aber wenn die gesplittete Anlage gewinnt, dann ist der "Sieg" etwas deutlicher als wenn die Einmalanlage gewinnt (siehe Median).
Dieser augenscheinliche Widerspruch lässt sich übrigens an einem kleinen Zahlenbeispiel aufzeigen:
Einmalanlage | Gesplittet | |
25 | 24 | |
28 | 25 | |
22 | 26 | |
24 | 25 | |
24 | 23 | |
AVG | 24,6 | 24,6 |
Median | 24 | 25 |
Die Einmalanlage gewinnt zwar 3 mal (die gesplittete Investition nur 2 mal), der Durchschnitt ist fast gleich, aber der Median ist trotzdem bei der Split-Investition höher.
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am 09.01.2022 00:31
@Chris65 schrieb:Eine Wiederholung der Simulation in 10 Jahren für die Gesamtperiode 2001-2020 (oder für jede andere halbwegs repräsentative Börsenphase mit positivem Drift) sollte zeigen, dass die Einmalanlage auch beim Durchschnitts- und Medianendwert überlegen ist.
Mein Gefühl sagt mir, dass die Annahme falsch ist.
Mal ungeachtet der Frage was eine "repräsentative Börsenphase" überhaupt ist, würde ich annahmen, dass ein "positiver Drift" vor allem die relative Häufigkeit der Überlegenheit der Einmalanlage beeinflusst.
Durchschnitt und Median dürften dagegen vor allem von der Intensität der Kursrückgänge beeinflusst werden. Je stärker der Einbruch und desto länger die Abwärtsphase dauert, desto voteilhafter sollte die Splittung sein. Dies natürlich nur, wenn man das Glück hat genau eine solche Phase zu erwischen.
Insofern wäre ich geneigt zu vermuten, dass die beiden zwar langwährenden aber eher gemütlichen Crashes in den Nullerjahren die Sache sogar zugunsten der Einmalanlage beeinflussen, während ein kurzer aber intensiver Rückgang wie bei Corona das Pendel Richtung Sparplan ausschlagen lässt.
Lang und kurz sind dabei immer im Verhältnis zum Sparraten-Abstand zu sehen. Insofern war der Corona-Crash vielleicht schon zuuu kurz.
Wie gesagt: Alles nur ein Gefühl und ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.
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am 09.01.2022 16:25
Noch etwas Hintergrund zu meinem Kommentar gestern abend. Das Verhältnis von Einmalinvestition (lump-sum investing) und gesplitteter Investition (dollar-cost averaging) wurde vielfach wissenschaftlich analysiert. Beispielsweise hat 2012 Vanguard ein Research Paper* veröffentlicht, dem ein vergleichbares Simulationsdesign zugrundeliegt (Einmalanlage versus über 6 Monate gesplittete Anlage, Renditevergleich rollierender 10-Jahres-Perioden auf Basis von Monatsdaten, keine Berücksichtigung von Transaktionskosten). Analysiert wurden die Märkte der USA (1926-2011), Großbritanniens (1976-2011) und Australiens (1984-2011). Die Ergebnisse sind ziemlich robust, sowohl im Quervergleich der untersuchten Märkte als auch bzgl. Änderungen der Simulationsparameter. In unserem Zusammenhang interessieren vor allem folgende Ergebnisse:
- Durchschnittlich war die Einmalinvestition in rund 2/3 der Fälle rentabler als die gesplittete Investition (S. 3). Dieses Ergebnis wird von der Simulation von @Joerg78 für den MSCI World bestätigt.
- Verlängert man den Zeitraum für die gesplittete Investition (also z.B. über 12 Monate statt 6 Monate), erhöht sich die Wahrscheinlichkeit des Renditevorsprungs der Einmalinvestition (S. 3). Auch dieses Ergebnis kann @Joerg78 für den MSCI World reproduzieren.
- Für den gesamten Untersuchungszeitraum lag der Durchschnittsendwert der Einmalinvestition für die USA 2,3% höher als derjenige der gesplitteten Anlage (UK: 2,2%, Australien: 1,3%; S. 4). Der Medianendwert der Einmalinvestition lag für die USA ebenfalls 2,3% höher als derjenige der gesplitteten Anlage (S. 5).
- In Phasen fallender Börsenkurse erbringt die gesplittete Investition bessere Ergebnisse als die Einmalinvestition. Mit einer Einmalinvesition hat man eine höhere Wahrscheinlichkeit eines absoluten Wertverlusts und der Durchschnittsverlust ist auch höher als bei der gesplitteten Investition (S. 6). Diesen Effekt hat @Joerg78 mit seiner Fokussierung auf den Anlagezeitraum 2001-10 reproduziert.
Diese Ergebnisse sind auch intuitiv logisch. Die Vorteilhaftigkeit der Einmalinvestition beruht eben gerade darauf, dass die Börsenkurse im Erwartungswert steigen. Legt man bei einer Simulation eine (atypische) Börsenphase zugrunde, in der die Kurse im Durchschnitt seitwärts verlaufen oder gefallen sind, erhält man verfälschte Ergebnisse.
* Dollar-cost averaging just means taking risk later, Vanguard Research Paper, July 2012; hier zum Download verfügbar: https://static.twentyoverten.com/5980d16bbfb1c93238ad9c24/rJpQmY8o7/Dollar-Cost-Averaging-Just-Means...

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