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Dividendenstrategien mit ETFs

Joerg78
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

Nicht nur im Rahmen der Diskussionen um "passives Einkommen" wird oft über Dividendenstrategien diskutiert; diese kann man entweder über Direktinvestments in einzelne Aktien realisieren oder über Investments in entsprechende Dividendenfonds/-ETFs.

Ich würde hier gerne mit euch über Vor- und Nachteile der entsprechenden Strategie - im Gegensatz zu einem klassischen World(+EM)-ETF-Ansatz.

Bevor ich aber einige Argumente (aus meiner subjektiven Sicht) anführe, würde ich gerne ein paar Dividenden-ETFs vorstellen; dabei beschränke ich mich größtenteils auf globale ETFs (eigentlich wollte ich immer den Index vorstellen, für die meisten Indizes gibt es aber eh nur einen ETF).

 

iShares STOXX Global Select Dividend 100: Dieser ETF (bzw. der zugrundeliegende Index) besteht aus ca. 100 Aktien, wobei 40 aus (Nord-)Amerika und je 30 aus Europa und der Asien-/Pazifik-Region stammen; Emerging Markets sind nicht enthalten. Daraus resultiert auch eine im Vergleich zum MSCI World unterdurchschnittliche Repräsentierung der USA. Auswahlkriterien für Unternehmen sind neben der Dividendenhöhe eine maximal 60%ige Ausschüttungsquote sowie ein positives Dividendenwachstum. Die Gewichtung erfolgt nach Dividendenrendite, wobei kein Titel mehr 10 % des Index ausmachen darf. (Quelle: Stoxx Index Guide (PDF).

 

SPDR S&P Global Dividend Aristocrats: Auch dieser zugrundeliegende Index besteht aus ca. 100 Titeln. Für kein Land aus dem Anlageuniversum (ebenfalls kein Emerging Markets) dürfen mehr als 20 Titel enthalten sein; dementsprechend "gering" ist hier auch der USA-Anteil. Mehr als 35 Titel dürfen pro Branche nicht enthalten sein. Die Payout-Ratio darf hier bis zu 100% betragen; die Dividendenhöhe darf in den vergangenen 10 Jahren nicht gesunken sein (=> gleichbleibend oder steigend). Die Gewichtung erfolgt nach  Dividendenhöhe, wobei kein Titel mehr als 3% des Index ausmachen darf. (Quelle: S&P Index Methodology).

 

SPDR S&P US Dividend Aristocrats: Der Index besteht derzeit aus rund 110 Titeln und investiert ausschließlich in den USA. Damit ein Titel in den Index aufgenommen wird, müssen diese in den letzten 20 Jahren in jedem Jahr die Dividende erhöht haben. Die Gewichtung im Index erfolgt nach Dividendenhöhe, wobei kein Titel mehr als 4% des Index ausmachen darf. (Quelle: S&P Index Methodology).

Die Aristokraten gibt es noch für weitere Regionen mit teils veränderten Voraussetzungen (kürzere Dividendenhistorie) für Euro-RaumUKAsien-Pazifik-Raum  und den Emerging-Markets. Mit diesen ist gegenüber der globalen Variante eine flexiblere regionale Verteilung möglich. 

 

Vanguard FTSE All World High Dividend: Der zugrundeliegende Index besteht derzeit aus über 1600 Aktien; das grundlegende Anlageuniversum entspricht dem des FTSE All World, hier sind die Emerging Markets (in einem geringen Anteil) also ebenfalls enthalten. Die Unternehmen werden nach ihrer (zu erwartenden) Dividendenrendite ausgewählt - weitere Kriterien (z.B. gleichbleibende/steigende Dividenden) gibt es nicht. Die Gewichtung erfolgt nach der Marktkapitalisierung der Unternehmen (Quelle: Index Methodology bei FTSERussell (PDF)).

 

Lyxor SG Global Quality Income: Zwischen 75 und 125 Titel werden im zugrundeliegenden Index gehalten;  das Anlageuniversum besteht aus Industrienationen (World). Eine interessante Einschränkung: Finanzwerte werden von vornherein ausgeschlossen (diese sind in Dividenden-ETFs normalerweise im Vergleich zum normalen World-Index überrepräsentiert). Dazu greifen diverse Qualitätskriterien, z.B. der Piotroski- oder der Merton-Scorewert; beide versuchen anhand von Unternehmenskennzahlen ein Unternehmen qualitativ zu beurteilen. Die Unternehmen sollen im Index gleichgewichtet sein (Quelle: Index-Rules bei Societe Generale).

 

iShares MSCI World Quality Dividend: Dieser Index - bestehend aus derzeit ca. 330 Titeln - legt ebenfalls global an (ohne Emerging Markets); die Top 5%-Unternehmen - gerankt nach Payout-Ratio - werden von vornherein ausgeschlossen, ebenso die von der Kursentwicklung her gesehen 5% schlechtesten Unternehmen. Die Dividenden dürfen in den letzten 5 Jahren nicht gesunken sein (wobei nach meinem Verständnis keine jährliche Betrachtung stattfindet). Die Gewichtung erfolgt nach Marktkapitalisierung (Quelle: Index Methodology auf der extrem unübersichtlichen MSCI-Seite).

 

So weit mal einige geläufige Dividenden-ETFs (bzw. Indizes).

 

Die Frage ist jetzt: Taugen solche ETFs für ausschüttungsorientierte Anleger, also solche, die möglichst hohe Ausschüttungen haben wollen, aber trotzdem einigermaßen breit diversifiziert sein wollen?

Ich versuche mal sowohl für die World/EM-Strategie, als auch für die Dividenden-Strategie ein paar Argumente für einen solchen ausschüttungsorientierten Anleger aufzuführen:

 

"Klassisches" World-EM-Investment

  • Deckt ein breiteres Anlageuniversum ab als jeder Dividenden-ETF
  • Es existieren auch ausschüttenden ETFs 
  • Bei höherem Kapitalbedarf kann auch eine Entnahmestrategie ("Entsparplan") eingesetzt werden
  • Es existiert nur eine grobe Vorauswahl der im Index enthaltenen Unternehmen (Marktkapitalisierung), somit keine "Strategie" (die mal besser oder mal schlechter funktioniert) enthalten
  • Es werden keine dividendenschwachen Branchen ausgeschlossen/massiv untergewichtet

 

Dividenden-ETF-Investment

  • Hat höhere Ausschüttungen als klassisches Investment
  • Kann langfristig besser performen (seit 2000 sind viele Strategien besser als der Markt, danach immer mal wieder schlechter => Performance-Vergleich )
  • Investment trotz Einschränkung auf beispielsweise 100 Unternehmen breit genug (die Top 100 vom MSCI World machen rund 40% des Index aus). Kann durch Kombination mehrerer ETFs/Indizes noch verbreitert werden.
  • Hat teilweise Qualitätskriterien enthalten, die für bessere Performance oder geringere Volatilität sorgen können

 

So, jetzt seid ihr dran: Haltet es ihr für sinnvoll, dass ein ausschüttungsorientierter Anleger, der in ETFs investieren will, die Dividenden-ETF-Strategie verfolgt oder würdet ihr sagen, dass das ein "No-Go" ist? Oder würdet ihr gar eine Mischung (z.B. 50% World+EM, 50% Dividenden-ETFs) empfehlen?

 

Bin gespannt Smiley (fröhlich)

 

Viele Grüße,

Jörg, der gerade gemerkt hat, dass man nicht länger als 1 Stunde an einem Beitrag rumbasteln sollte, weil hier sonst irgendein "Authentifizierungsticket" abläuft.

 

156 ANTWORTEN

Joerg78
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

@Crazyalex Nicht schlimm Smiley (fröhlich)

 

Viele Grüße und genießt noch die Sonne da draußen (zumindest wenn ihr im Süden oder Osten der Nation wohnt, woanders solls ja schon regnen)!

Jörg

 

Crazyalex
Legende
9.378 Beiträge

@Joerg78 

Du müsstest in Bayern ja ein ähnlich gutes Wetter haben wie wir hier in BaWü Smiley (überglücklich)

 

Gruß Crazyalex


An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!

Joerg78
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

@Crazyalex Definitiv, und das werde ich heute nochmal genießen Smiley (überglücklich)

Reinhard12
Experte ★
131 Beiträge

@Joerg78 

Guten Tag, ein sehr interessanter Thread, danke für die übersichtliche Darstellung der verschiedenen Dividenden-ETF.

Ob sinnvoll oder nicht wird sich zeigen.......

Ich habe einfach mal einen Test durchgeführt. Vor ca. 1 Jahr habe ich die von Dir genannten ETF auf "just etf" in der Rubrik  "Dividenden-ETF weltweit" gesehen. Daraufhin habe ich alle (!) von Dir genannten ETF gekauft, zu je ca. 2500 Euro + zusätzlich 2 auch bei "just etf" aufgeführte EM-Dividenden ETF.

Zur Performance nach 1 Jahr: Die von Dir gennannten ETF welche sich ja nun auch in meinem Depot befinden haben eine Wertsteigerung von 5% bis 7% erfahren und schütten natürlich fleissig aus. Die beiden EM-Dividenden ETF haben eine Wertsteigerung von nur 1% erfahren, deren Ausschüttung ist aber deutlich höher, interessant!

Ich habe alle diese ETF auf Kredit gekauft. Kreditzins zu 3%. Ich führe genau Buch, die Ausschüttungen übersteigen deutlich den eff. Jahreszins des Kredites. Von den Wertsteigerungen mal abgesehen. Es ist wie gesagt nur ein Test für mich.

Danke für Deinen schönen Beitrag!

Reinhard

HaBe
Mentor ★
1.152 Beiträge

ETFs auf Kredit zu kaufen halte ich für sehr mutig. Zählt allgemein zu den Dingen die man nicht tun sollte und wäre auch nichts für mich. 

Joerg78
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

Hallo @Reinhard12 ,

 

derzeit habe ich 2 dieser Dividenden-ETFs sowie einen Dividenden-CEF (ist ein US-Konstrukt) - und freue mich immer über Ausschüttungen.

Allerdings - und da schließe ich mich @HaBe an - würde ich keine Wertpapiere auf Kredit kaufen. Ich weiß, dass das manchmal gemacht wird, aber mein Ding ist es definitiv nicht.

 

Was man generell bei der Diskussion auch berücksichtigen sollte: Idealerweise sollten nur "harte Fakten" berücksichtigt werden (ich sehe z.B. Gerd Kommer als typischer Vertreter dieser durchaus berechtigten Denkweise), aber für manche Anleger sind auch regelmäßige (und steigende) Dividendenausschüttungen ein Ansporn, weiter zu sparen. Auch wenn das unterm Strich möglicherweise (im Vergleich zu "Nicht-Dividenden-Strategien") in einer geringeren Performance mündet, sollte man diesen psychologischen Effekt nicht vernachlässigen. 

 

Viele Grüße,

Jörg

Joerg78
Mentor ★★★
3.154 Beiträge

Beim Finanzwesir wird die Hochdividendenstrategie von Luis Pazos vorgestellt (er investiert in Einzelwerte); dieser hat auch einen eigenen Blog mit dem Namen Nur Bares ist Wahres. Er  unterscheidet zwischen Vermögensoptimierung und Einkommensoptimierung - wobei beides ja irgendwie zusammenhängt und sich eben nur im Anlagestil unterscheidet.

 

Viele Grüße,

Jörg

 

Gevatter_Tod
Experte ★★★
647 Beiträge

@HaBe  schrieb:

ETFs auf Kredit zu kaufen halte ich für sehr mutig. Zählt allgemein zu den Dingen die man nicht tun sollte und wäre auch nichts für mich. 


Hallo @HaBe,

 

@Reinhard12hat über die riskante Strategie schon an anderer Stelle berichtet (klick) und dafür deutlichen Gegenwind von @Noxx und @ehemaliger Nutzer erhalten. Ich denke, uns ist bewusst, dass Wertpapiere auf Kredit das Risiko hebeln (und es sehr gefährlich ist).

 

Herzlichst,

"Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur mich!"
Gevatter Tod

GetBetter
Legende
8.089 Beiträge

@Joerg78  schrieb:

Wie schaut bei euch die grobe Verteilung zwischen klassischem Investment und Dividendenstrategie aus? Bei mir ist derzeit noch die klassische Vorgehensweise leicht übergewichtet (rund 55% des Aktienanteils).


Schwer zu sagen da ich zwar beispielsweise ausschüttende ETFs habe, eben weil sie ausschütten (z.B. A1JX52). Sie verfolgen aber andererseits nicht explizit eine Dividendenstrategie. Es gibt also keine einfach schwarz/weiß-Einsortierung.

 

 

@ehemaliger Nutzer 

In Deiner Liste sind natürlich einige Punkte enthalten die gegen eine Dividendenstrategie sprechen. Insbesondere die Punkte Quellensteuer und Kosten der Wiederanlage sind mal einen Gedanken wert.

 

Christian W. Röhl hat mal irgendwo gesagt oder geschrieben, dass lt. Untersuchungen dividenzahlende Unternehmen durchschnittlich betrachtet verantwortlicher wirtschaften, vermutlich da sie aufgrund beschränkterer Mittel überlegter investieren müssen. Keine Ahnung ob das wirklich so ist, ich finde die Annahme aber nicht komplett von der Hand zu weisen. Jedenfalls gibt es in seinem Buch auch einen Vergleich der duchschnittlichen Performance von Zahlern und Nichtzahlern. Demnach lagen die Zahler in rd. 80% der untersuchten Jahre vorne (vor Steuern). Das sollte einen negativen Steuereffekt zumindest abfedern wenn nicht gar überkompensieren.

 

Bei der Wiederanlage habe ich für mich definiert, dass Dividenden wiederangelegt werden, allerdings nicht notwendigerweise in das ausschüttende Unternehmen. Die Beträge fließen einfach in ein anderes Investment mit ein bzw. ermöglichen ein solches zu einem früheren Zeitpunkt.

 

 


@Joerg78  schrieb:

genießt noch die Sonne da draußen (zumindest wenn ihr im Süden oder Osten der Nation wohnt, woanders solls ja schon regnen)!


Gute Idee. Ich hab's doppelt gut getroffen da ich im Südosten wohne Smiley (überglücklich)

Reinhard12
Experte ★
131 Beiträge

@Joerg78 

@Gevatter_Tod

Den Blog beim Finanzwesir betreffs Dividendenstrategie habe ich vor längerem gelesen, sehr gut, treffend formuliert.

Obwohl ich seit ca. 10 Jahren Aktien/ETF kaufe bezeichne ich mich als absoluten Laien und kann mich auch nicht so geschliffen ausdrücken wie einige hier. Mich beruhigt aber der Umstand das keiner, auch nicht der "grosse nmh" (meine ich respektvoll, auch ich kaufe Aktien seiner Sternelisten) die Kurse von morgen vorhersagen können. Die Lusche von heute kann schon morgen der Champion sein.

Schaue ich mir die genaue Einzeltitelauswahl der Dividenden-ETF an so meine ich manchmal eine doch recht abenteuerliche Mischung zu festzustellen. Aber wie gesagt, die Kurse von morgen kennt keiner.....

Ich bin Beamter im Ruhestand, ein Grossteil meiner Bezüge fliesst in Aktien, ETF sowie das Bedienen von dafür aufgenommenen Krediten. Ich habe kein Problem damit solange ich meinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann--und  Monat für Monat kommen ja bekanntlich wieder neue Bezüge auf's Konto und da kann es weitergehen)). Das kann ich bis an mein Lebensende so weiterführen, die Börse ist spannend, Verluste tangieren mich kaum, ich habe einen Spieltrieb. Um Gewinn geht es mir nicht vordergründig.

Euch allen einen schönen Sonntag!

Reinhard