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Besteuerung von Termingeschäften ab 2021 - schreibt Eurem Abgeordneten!

nmh
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9.962 Beiträge
Ich habe soeben folgende E-Mail an meinen Bundestagsabgeordneten geschickt. Die Neuregelung dürfte auch Discount-Zertifikate & Co treffen. Selbst Kleinanleger können durch sachgemäßen Einsatz von Stopkursen nicht vermeiden, dass ihr Verlust die Grenze von 10.000 Euro überschreitet - siehe die aktuelle Börsensituation.
 
Wer ab dem Jahr 2021 mit Discount-Zertifikaten 40.000 Euro Gewinn und 55.000 Euro Verlust (Summe: Verlust von 15.000 Euro) macht, darf auf den "Gewinn" von 30.000 Euro Steuern bezahlen. Die übrigen 45.000 Euro Verlust mag er in den nächsten Jahren mit etwaigen Gewinnen auf Zertifikate verrechnen. Das finde ich persönlich eher unschön. Hinzu kommt, dass die Verlustverrechnung nicht mehr auf Bankebene stattfindet, sondern dass man dies beim Finanzamt beantragen muss (Steuererklärung).
 
Sehr geehrter Herr Dr. Stefinger,
ich schreibe Ihnen als Bürger aus Ihrem Wahlkreis. Ende 2019 hat der Bundestag mit den Stimmen der Union einem Gesetz zugestimmt, wonach ab 2021 Verluste aus Termingeschäften nur noch bis zu einer Höhe von 10.000 Euro pro Jahr mit Gewinnen verrechnet werden dürfen. Ich bin über diese unsymmetrische Besteuerung entsetzt. Sie widerspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Ich gehe davon aus, dass Sie sich persönlich dafür einsetzen, dass diese Regelung nicht in Kraft tritt, und werde meine Wahlentscheidung zum nächsten Bundestag primär davon abhängig machen.
 
Beste Grüße aus Bogenhausen
- Unterschriftenmaschine hier ansetzen -
 
Hinweis: Vereinzelt liest man von juristischen Laien die Aussage, dass der Bundesfinanzhof (BFH, gleich bei mir um die Ecke in München) die Neuregelung sicher kippen wird. Diese Hoffnung verkennt, dass der BFH an Gesetze (hier das EstG) gebunden ist. Lediglich das Bundesverfassungsgericht hat eine Handhabe; aber Ihr wißt: auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Das BVerfG trifft eher politische Entscheidungen.
 
Beste Grüße von den Juristen des nmh-Teams (mit familiären Beziehungen zum BFH)
 
Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
45 ANTWORTEN

dg2210
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7.796 Beiträge

@morphyencore  schrieb:

 

Vermute mal, dass Discoutzertifikate (..)  nicht unter Absatz 1 Nummer 11 (Stillhaltergeschäfte) fallen.

 


Das stimmt, im übrigen spricht das Gesetz nicht von Stillhaltergeschäften, sondern von "Stillhalterprämien", und eine solche wird bei Discountzertifikaten nicht gezahlt.

Bettina Orlopp : „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ (Focus online 24.06.2025)

morphyencore
Autor ★★★
42 Beiträge

"Das stimmt, im übrigen spricht das Gesetz nicht von Stillhaltergeschäften, sondern von "Stillhalterprämien", und eine solche wird bei Discountzertifikaten nicht gezahlt."

 

Ist natürlich bitter. Verschreibe ich einen Covered Call, so ist alles OK. Wähle ich die vorgefertigte Lösung über ein Discountzertifikat, so habe ich Pech gehabt.

 

Wirklich Schade.

 

In der Gesetzesbegründung heißt es sinngemäß, dass man Spekulation mit riskanten Geschäften mit Hebelwirkung verhindern will.

Discountzertifikate sind dabei eher konservativ, mit einen Risiko irgendwo zwischen Anleihe und Aktie.

 

 

dg2210
Legende
7.796 Beiträge

@morphyencore  schrieb:

"Das stimmt, im übrigen spricht das Gesetz nicht von Stillhaltergeschäften, sondern von "Stillhalterprämien", und eine solche wird bei Discountzertifikaten nicht gezahlt."

 

Ist natürlich bitter. Verschreibe ich einen Covered Call, so ist alles OK. Wähle ich die vorgefertigte Lösung über ein Discountzertifikat, so habe ich Pech gehabt.

 

Wirklich Schade.

 


Ja, die Regelungen sind eben auf maximalen Ertrag hin optimiert.  Vor 2009 waren die Gewinne von längerlaufenden (> 1 Jahr) Discountern steuerfrei, die Erträge der quasi-identischen "Aktienanleihen" hingegen steuerpflichtig.

Bettina Orlopp : „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ (Focus online 24.06.2025)

nmh
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9.962 Beiträge

Ich habe soeben eine Antwort von meinem Abgeordneten erhalten. Leider scheint er meine Frage nicht verstanden zu haben: Mir ging es nicht um die Totalverluste, sondern um normale Verluste aus Termingeschäften. Für mich bedeutet das, dass ich künftig Discount-Zertifikate nur noch sehr eingeschränkt und vorsichtig handeln werde.

 

nmh

 

Sehr geehrte ....,

 

vielen Dank für Ihre E-Mail zur Besteuerung von Termingeschäften, die ich gerne beantworte.

 

Die Berücksichtigung von Totalverlusten aus bestimmten privaten Kapitalanlagen wurde im „Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ vom 21. Dezember 2019 neu geregelt. Die von Ihnen angesprochene Regelung des § 20 Abs. 6 EStG sollte ursprünglich bereits im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD herausgenommen. Die SPD wollte im Rahmen des JStG 2019 sogar eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste: Bei den Termingeschäften sollte durch eine komplette gesetzliche Nichtberücksichtigung eines Optionsverfalls die bis 2016 geltende Finanzverwaltungspraxis gesetzlich manifestiert werden und die BFH-Rechtsprechung vom 12. Januar 2016 (BStBl. I 2017 II, S. 264) überschrieben werden. Danach wären Verluste dann in Gänze nicht anzuerkennen gewesen, wenn der Steuerpflichtige eine Option bei Fälligkeit verfallen lassen würde. Das konnten wir verhindern.

 

Deshalb ist die jetzige Lösung ein Kompromiss: Die Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 10.000 Euro. Damit schützen wir zumindest die Kleinanleger davor, einen Totalverlust durch beispielsweise einen Forderungsausfall komplett nicht geltend machen zu können. Grundsätzlich spricht sich die Unionsfraktion gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Rahmen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht. Wir mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Ansonsten hätte dieser möglicherweise alle weiteren, wichtigen Steuergesetze blockiert.  Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung.

Die Regelung ist dank der Hartnäckigkeit der Unionsfraktion deutlich besser als die bis 2016 bestehende Verwaltungsauffassung und auch besser als das Vorhaben des Bundesfinanzministers, die steuerliche Anerkennung von Totalverlusten vollständig auszuhebeln.

 

Was Ihre zukünftige Wahlentscheidung angeht, halte ich es grundsätzlich für falsch, diese an einem einzigen Abstimmungsverhalten festzumachen. Dies würde in meinen Augen der Gesamtbreite von Politik und der Gesamtverantwortung, die Sie als Wähler haben, aber auch der, die ich als Ihr örtlicher Abgeordneter trage, nicht gerecht.

 

Ich hoffe, Ihnen unsere Haltung ein Stück weit näher gebracht zu haben und verbleibe

 

mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Stefinger

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.

corrn
Experte ★★
500 Beiträge

wie sagte @Noxx 

 

Kamerad sei nicht feige, lass mich hinter den Baum ... (Ich finde den Spruch klasse!)

 

Es ist traurig. Eigentlich hat er doch gesagt " Bevor wir hier gar nichts machen, machen wir halt irgendwas. Egal ob es uns widerspricht." ? Oder irre ich mich ?

 

Und @nmh , tu doch nicht so als wäre Geld alles ! Davon kannst du doch nicht im ernst deine Wahlstimme abhängig machen ! (Ich schmeiß mich weg Lachender Smiley) Du hast Verantwortung für das Volk mit deiner Stimme ! Smiley (zwinkernd)

Da muss man halt Gewinne sozialiesieren und Verluste privatisieren. 

Der Typ denkt doch das ist dein Hobby.... 

 

Die CDU hat ihre Richtung für mich zu sehr geändert... Und sie scheinen ja sogar bereit zu sein, einen Deal mit dem "Teufel" einzugehen, bevor man gar keinen Deal bekommt. 

morphyencore
Autor ★★★
42 Beiträge

@nmh

 

"Für mich bedeutet das, dass ich künftig Discount-Zertifikate nur noch sehr eingeschränkt und vorsichtig handeln werde."

 

Formal stimmt es wohl, dass Discoutzertifikaten in den Kreis der betroffenen Termingeschäfte gehören. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das nun zwingend bedeuten muss, dass die Regelung auch auf Discountzertifikate angewendet werden muss. Immerhin stand ja in der Gesetzesbegründung sinngemäß, dass es um die Eindämmung der Spekulation mit Hebelprodukten geht und eine Hebelwirkung hat mein Discountzertifikaten nicht. Daher habe ich noch eine gewisse Hoffnung. Hoffe auch, dass die Banken an dieser Stelle Lobbyarbeit leisten werden.

 

Was mich bei der Regelung auch noch stören würde (neben der Verlustbegrenzung) ist, dass die (eingeschränkte) Verlustverechnung wohl erst mit der Steuererklärung erfolgen kann, während die Steuern auf die Gewinne bereits unterjährig abgeführt werden sollen. Finde dies extrem unfair.

 

 

aland1
Experte
93 Beiträge

@morphyencore  schrieb:

Immerhin stand ja in der Gesetzesbegründung sinngemäß, dass es um die Eindämmung der Spekulation mit Hebelprodukten geht und eine Hebelwirkung hat mein Discountzertifikaten nicht. Daher habe ich noch eine gewisse Hoffnung. Hoffe auch, dass die Banken an dieser Stelle Lobbyarbeit leisten werden.

 


Die Gesetzesbegründung bei der "Finanztransaktionssteuer" war ja auch das Eindämmen von Spekulation. Trotzdem werden nur Aktien besteuert und dann auch ausschließlich deutsche (evtl. noch andere europäische) Aktien. Anspruch und Realität sind bei unserer aktuellen Bundesregierung sehr weit voneinander entfernt. 

dg2210
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7.796 Beiträge

 

Dies würde in meinen Augen der Gesamtbreite von Politik und der Gesamtverantwortung, die Sie als Wähler haben (...) nicht gerecht.

 

 


 Diese Aussage ist einfach klasse!

Bettina Orlopp : „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ (Focus online 24.06.2025)

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Immerhin eine ausführliche Antwort. Es ist natürlich einfach, es auf den Koalitionspartner zu schieben, wobei natürlich richtig ist, daß besagter Koalitionspartner sich eigentlich nur damit auskennt, dem Bürger tief in die Tasche zu greifen.

 

Meiner Meinung nach sollten Kursgewinne generell steuerfrei sein - es sei denn, der Anleger ist als gewerblich einzustufen. Das funktioniert in der Schweiz bestens.

Crazyalex

@ehemaliger Nutzer 

Ne ne.... Dass Gewinne aus Finanzgeschäften steuerpflichtig sind ist schon okay.

Nur die Verluste müssen weiterhin FAIR gegengerechnet werden dürfen.

 

Gruß Crazyalex


An alle Neueinsteiger: Appell an alle Neueinsteiger und Interessenten.
ETF-Anfänger: Bitte intensiv durcharbeiten... ETF-FAQ. .................Danke!