am 09.01.2021 20:12
Hallo!
Meine Frage betrifft die "Ersatzbesteuerungsgrundlage", die in einem anderen Thread namens "Depotwechsel aus dem Ausland - Übertragung Verlusttöpfe und Übermittlung Anschaffungsdaten" erwähnt wurde.
Die Ausgangssituation ist, dass ich ein Aktienkonto in Frankreich habe und auch noch hier lebe.
Die Frage ist nun hier ob es Sinn macht die Aktien besser hier zu verkaufen oder erst in Deutschland, und welche Daten bei einem Depotübertrag mitübertragen werden.
Hintergrund: In Frankreich ist es irrelevant, wann Aktien erworben werden und wie der ursprüngliche Kurs war. Relevant ist einzig, wie der durchschnittliche Einkaufskurs der Aktien war, während das in Deutschland mit dem FIFO System nicht funktioniert.
Beispiel aus Frankreich:
Aktie 1 von Firma A wird für 10€ gekauft.
Aktie 2 von Firma A wird 2 Monate später für 20€ gekauft.
Auf dem Depot wird nun ein Einkaufspreis von 15€ geführt.
Ist die Aktie nun nach einem Jahr bei 30€, dann kann ich 1 Aktie mit 15€ Gewinn verkaufen oder 2 Aktien mit je 15€ Gewinn. (In Deutschland würde man zuerst die erste Aktie mit 20€ Gewinn und dann die zweite Aktie mit 10€ Gewinn verkaufen).
Kurzum: Der Einkaufspreis und Zeitpunkt sind in Frankreich irrelevant und nicht einsehbar.
Würde man diese Aktien nun übertragen, dann würde anscheinend eine "Ersatzbesteuerungsgrundlage" anfallen, die vorsieht, dass Pauschal 30% als Gewinn angesehen werden.
Das würde aber natürlich bedeuten, dass man bei einer Aktie mit (anteilig) 1% Gewinn deutlich draufzahlen müsste, aber bei einer aktie mit (anteilig) 90% deutlich günstiger wegkäme. Daher erscheinen mir die 30% auch etwas..."seltsam".
Könnte mich hier jemand aufklären, wie das funktioniert? Werden beim Depot-Übertrag einzig Daten von der Bank verwendet oder Belege von der Bank oder auch zB "Behauptungen" oder "Notizen" des Depotinhabers (als solcher kann man aber natürlich behaupten was man will).
Wird die Bank, also Comdirect versuchen einen "realistischeren" Wert zu ermitteln, wenn die 30% offensichtlich nicht passen (zB wenn die Aktie allein im letzten Jahr um 100% gestiegen ist). Und wird das auch in die andere Richtung gemacht (wenn der Wert sich seit Jahren kaum verändert hat), oder wird das immer nur zum Nachteil des Kundens gemacht (d.h. mindestens 30%, aber mehr Gewinn werden als solcher versteuert).
Da in Frankreich die Steuern bei 30% (Steuern & Sozialabgaben) und in Deutschland bei 25,38% (Steuer+Soli) liegen, würde es prinzipiell Sinn machen die Aktien erst in Deutschland zu verkaufen.
Durch die Ersatzbesteuerungsgrundlage und allgemein durch das deutsche Versteuerungsprinzip nimmt das ganze aber nun auf einmal drastisch andere Dimensionen an. Bei 10000€ in Aktien ohne Steigerung müsste man dann in Frankreich 0€ versteuern, in Deutschland mit der 30% Ersatzbesteuerungsgrundlage dann im schlimmsten fall 3000€
Im anderen Fall würde man bei einem Stapel Aktien, die man in Fankreich (im Schnitt) für 1000€ gekauft hat, jetzt aber einen wert von 10000€ haben, in Frankreich 9000€ versteuern, in Deutschland aber mit den 30% nur 3000€.
Wie es aus dem eingangs erwähnten Thread herausklingt, wird von der Comdirect versucht zu bestimmen, wie hoch die Steuerlast ist. Da stellt sicher aber natürlich auch unweigerlich die Frage: Was würde denn passieren, wenn man einfach das ausländische Depot halten würde und die Aktien dort verkaufen würde. Denn dann stünde ja nicht die Comdirekt dazwischen, die mit einem "rendet" sondern man müsste Kaufpreis und Zeitpunkt direkt dem Staat nachweisen - und ich vermute mal, dass die weniger..."kommuikativ" sind und noch weniger auf ein "Hier ist mein selbstgebasteltes Excel Sheet" geben würden.
Währe hier für Antworten, gerade von Comdirect ( @SMT_Erik ) selber, sehr dankbar. Natürlich möchte ich mich im legalen Raum bewegen, aber unnötigen Steuern möchte ich natürlich ebenfalls aus dem Weg gehen.
am 10.01.2021 18:47
Eine Ergänzung noch, dann bin ich aber auch fertig. Die gesetzlich normierte Ersatz-BMG iHv 30 Prozent spielt keine Rolle bei der Veranlagung, wenn du nicht in der Lage oder nicht willens bist, die zutreffenden Anschaffungskosten gegenüber dem Finanzamt darzulegen. Dann werden die eben so gut oder so schlecht geschätzt, wie es eben geht. Fakt ist: Wenn zu wenig Steuer aufgrund falscher Angaben festgesetzt werden, kannst du dafür bestraft werden.
So, das war es jetzt aber auch von mir! 🙂
10.01.2021 18:55 - bearbeitet 10.01.2021 18:57
10.01.2021 18:55 - bearbeitet 10.01.2021 18:57
@Ihr Nickname schrieb:Eine Straftat würde es erst, wenn Du die tatsächlichen Gewinne nicht bei der Steuererklärung angibst. Das kannst Du problemlos machen, dann hat das kein Risiko.
Aber da liegt ja der Hase begraben (oder so).
Denn in Deutschland gilt das FIFO Prinzip, in Frankreich ein Durchschnittsprinzip.
Ich habe zB Aktien einer Firma, und dort 3 mal Eingekauft und 2 mal Teile verkauft.
Jetzt nehmen wir mal an, es wäre jeweils eine einzelne Aktie gewesen und schöne runde Werte:
1. Einkauf: 100€
2. Einkauf: 200€
3. Einkauf 300€
1. Verkauf 400€
2. Verkauf 500€
Aktueller Wert: 900€
Im Französischen wäre es nun so:
(100€+200€+300€) / 3=200€ Einkaufspreis (Einzelner Einkaufspreis und Kaufzeitpunkt irrelevant und nicht gespeichert)
900€ Aktienwert -> 700€ Gewinn bei der verbleibenden Aktie, davon 30% Steuern (Also Steuern+Sozialabgabe)
In Deutschland aber wäre es so:
Aufgrund des FIFO Prinzips ist es relevant welche Aktie verkauft wird (es wird immer die älteste Aktie verkauft). Das ist aber nicht mehr feststellbar.
Wäre alles in Deutshland passiert, wäre nun diejenige Aktie für 900€ verkauft worden, die ich als 3. gekauft habe, da die Aktien 1+2 ja bereits verkauft wurden. Damit gäbe es dann einen Gewinn von 600€. Das wären aber jetzt natürlich 100€ weniger als mein eigentlicher Gewinn. Aber wie gesagt, es ist auch überhaupt nicht mehr feststellbar, welche Aktien überhaupt noch "übrig" sind, da Frankreich darin keinen Unterschied macht und nur der durchschnittliche Einkaufspreis relevant ist.
10.01.2021 20:50 - bearbeitet 10.01.2021 23:17
@Fix1 schrieb:(...)der nicht willens bist, die zutreffenden Anschaffungskosten gegenüber dem Finanzamt darzulegen. Dann werden die eben so gut oder so schlecht geschätzt, wie es eben geht.
Ich kann dir versichern: Wenn das Finanzamt schätzt, dann immer so, daß es höchstens zum Nachteil des Steuerplichtigen ist...
11.01.2021 02:50 - bearbeitet 11.01.2021 09:11
11.01.2021 02:50 - bearbeitet 11.01.2021 09:11
@Schatten schrieb:Aber da liegt ja der Hase begraben (oder so).
Du musst die Berechnung nicht mit immer neuen Beispielen wiederholen, ich habe das verstanden.
Ich sehe das Problem aber gar nicht. Das deutsche Finanzamt wird die deutschen Regeln anwenden, also FIFO.
Wenn Du die Abrechnungen noch hast, dann kann sofort nachvollzogen werden, was die Kaufkurse für die verbleibenden Stücke sind. Das kannst Du aber genau so wie das FA, daher kannst Du Dir vorher überlegen, ob das günstiger ist oder nicht.
Falls Du keine Abrechnungen mehr hast, dann muss offenbar geschätzt werden. Ich kenne die Regeln dazu nicht, aber @Fix1 hat das ja bereits beschrieben und scheint sich offenbar gut auszukennen. Notfalls fragst Du aber natürlich einen Steuerberater, wenn Du eine verlässliche Antwort brauchst und es nicht selbst recherchieren kannst.
Es bleibt also als einzige Frage: Kannst Du die genauen Kaufkurse noch nachvollziehen oder nicht?
Der ganze Rest ist doch irrelevant.
11.01.2021 02:53 - bearbeitet 11.01.2021 03:18
11.01.2021 02:53 - bearbeitet 11.01.2021 03:18
Die Frage wäre hier was "nachvollziehen" bedeutet. Habe ich sie aufgeschrieben? Ja.
Habe ich dazu irgendwelche Belege der Bank? Nein.
Davon abgesehen habe ich mit meinem letzten Rechenbeispiel noch ein Thema dargestellt, was zuvor nicht beachtet wurde und durch diese Problematik liegt der "Wert" auch im Auge des betrachters sofern nicht näher definiert.
Ergo ist es einzig mein Wort, was hier als "Beleg" dienen kann.
am 11.01.2021 09:16
Ah, verstehe.
Ich würde annehmen, wenn die von Dir genannten Kaufkurse zu einer höheren Steuerlast führen würden als die Schätzung des Finanzamtes, dass man diese dann glauben würde.
Aber was weiß ich schon. Sprich vielleicht wirklich mal mit einem Steuerberater 🙂
am 21.01.2021 23:37
Ich möchte das Thema gerne einmal bumpen.
Es muss doch jemanden geben, der Bereits einen Depot-Übertrag von Frankreich nach Deutschland gemacht und dann Aktien verkauft hat. Auch müsste doch jemand von Comdirect selber wissen, oder zumindest Erfahrungswerte haben, wie das ganze abläuft und was in dem Fall passiert. Also ob in der Regel alle Daten aus Frankreich zur Verfügung gestellt werden könnnen, und wenn nein, was in dem Fall passiert, wenn die Profite die 30% übertreffen.
Ist es vielleicht sogar anzuraten einfach das französische Depot weiterlaufen zu lassen, und dann das zu versteuern, was die dort an Gewinnen angeben (was anders berechnet wird als das was in Deutschland an Gewinnen rauskäm, wegen FIFO)?
am 22.01.2021 09:07
Wende dich doch bitte mit deinen Fragen an deinen Sachbearbeiter beim Finanzamt oder deinen Steuerberater, der sich mit Franz. Steuerrecht und dt. Auskennt.
Banken machen keine rechtsberatung und dürfen sie auch nicht.
am 22.01.2021 09:40
Es kann aber doch auch nicht, sein, dass ich der erste mit der Problemstellung bin und es noch keine vergleichbaren Fälle gab und noch keine Erfahrungswerte existieren.
am 22.01.2021 09:51
@Schatten schrieb:Es kann aber doch auch nicht, sein, dass ich der erste mit der Problemstellung bin und es noch keine vergleichbaren Fälle gab und noch keine Erfahrungswerte existieren.
Ich möchte nochmal auf die Aussage von @dg2210 weiter oben verweisen: Klick.
Dem kannst Du entnehmen, dass es allenfalls am Rande um die Frage eines cleveren Depotübertrags geht.
Insofern ist eben doch jeder Fall individuell zu betrachten und somit eine Angelegenhiet für Deinen Steuerberater.