Finanz-scene vom 07.10.2019
Sieben Gründe, warum die Comdirect verschwindet
Dem Verfasser dieses Artikels kann man nur dankbar sein. Aber nicht im Sinne seiner offensichtlich beabsichtigten Negativsicht zur CoDi. Vielmehr lese ich aus dem Zahlenmaterial überaus positive Signale für die CoDi. Für den einen ist eben das Glas halbleer, für den anderen halbvoll.
Der entscheidende Punkt ist die Entwicklungsgeschichte der CoDi. Ich bin 25 Jahre dabei und habe in dieser Zeit die Entwicklung von einer kostengünstigen Directbank mit einem banküblichen Leistungsangebot hin zu einem sehr leistungsstarken Broker miterlebt. Wenn von den 2,7 Mio Kunden etwa 1,5 Mio über ein Depot verfügen, sind das somit über 50 % Kapitalanleger und Trader.
Als Broker bietet die CoDi einen hervorragenden Werkzeugkasten an Informations- Analyse- und Trading-Tools. Für solche Anleger, die keinen Bankberater brauchen, sind solche Tools exzellente Hilfsmittel, die in dieser Form nach meinem Informationsstand zumindest in Deutschland konkurrenzlos sind. Sollte es anders sein, lasse ich mich gerne eines Besseren belehren.
Die Entwicklung dieser Software-Tools hat sicherlich viel Geld gekostet. Der CoDi- Vorstand ist hier in Vorleistung getreten, ohne bei den Kunden im Gegenzug über höhere Gebühren die Kosten auszugleichen. Ich vergleiche in diesem Zusammenhang die CoDi gerne mit Amazon. Jeff Bezos hat jahrelang viel Häme und Kritik geerntet, weil er hohe Verluste in Kauf genommen hat, um das Unternehmen hin zur Profitabilität zu entwickeln. Noch 2015 war der Amazon-Kurs bei 300 USD, 2019 wurde ein Kurs von 2000 USD erreicht. In diesem Kontext sind für die CoDi Kurse über 40 EUR durchaus realistisch.
Der Jahresüberschuss der CoDi lag 2018 bei 51 Mio nach 72 Mio EUR in 2017. Wenn man eine einfache Rechnung durchführt, ohne damit der CoDi-Vorstand animieren zu wollen, sieht es so aus:
Wenn 1,5 Mio Depotkunden monatlich für die Nutzung der Analyse-Tools nur 5,0 EUR Gebühr zahlen würden, ergäbe dies einen Jahresbetrag von 90 Mio EUR und somit fast eine Verdreifachung des Jahresüberschusses. Sicherlich würde deshalb kein Depot-Kunde die CoDi verlassen, weil sie um den Wert dieser Tools für ihren Anlageerfolg wissen.
Vor dem Hintergrund der unsäglichen EZB-Zinspolitik kommt noch etwas anderes hinzu. Ich erwarte in Europa und besonders in Deutschland ein Bankensterben größten Ausmaßes. Dies gilt auch für die Schweiz, da auch hier Negativzinsen gelten um den Schweizer Franken im Anstieg zu zähmen. Überall kreisen die Pleitegeier. Vor diesem Hintergrund werden Bankkunden europaweit Ausschau nach sicheren Banken halten. Sie werden dabei zwangsläufig auf die CoDi stoßen.
Der aktuelle Kurs der CoDi liegt bei 12,36 EUR. Es könnte sein, dass hier ein „Weißer Ritter“ unterwegs ist, da die CoBa den Aktionären nur 11,44 EUR bietet. Diese Entwicklung gilt es zu beobachten.
Mein Fazit: Eine Eigenständige CoDi hat in dem bevorstehenden Sturm gute Überlebenschancen. Im Verbund mit einem Pleitegeier, wer immer es sein sollte, wird sie mit in den Abgrund gerissen.
Deshalb: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
