25.10.2019 21:09 - bearbeitet 25.10.2019 21:28
@Skies schrieb:Trotz der Gefahr, dass ihr mich mit Tomaten bewerft, stelle ich aus reiner Neugierde eine Anfängerfrage. Angenommen ihr verfolgt ernsthaft den Plan demnächst ein Long-Zertifikat auf einen beliebigen Basiswert z.B. Wirecard zu erwerben. Wie geht ihr da vor? Wie findet ihr das Zertifikat das zu euch passt (Bonus, Knock-Out, Discount, Faktor, Optionsschein...)?
Das ist ja auch für jeden unterschiedlich. Wieviel "Spielgeld" will man investieren.
Wenn ich nach Knock-Out oder Optionsscheinen suche, dann ist für mich der wichtigste Faktor der Hebel.
Einen Hebel über 20 ist mir z.B. zu riskant, dafür spare ich potentielle Rendite ein. Discount-Zertifikate sind super für Mittelfristige und Kurze Analgezeiträume bei Produkten die du dir, aus welchem Grund auch immer (Bsp.: Hohe Volatilität, Keine Fantasy, wissen das die nächste Zahlen schlecht ausfallen), nicht auf langzeit als Aktie ins Depot holen willst, der Discount sichert dich ggn. leichte Verluste.
Am Ende ist es aber oft zocken, ich habe mir 10% von meinem Anlagevolumen dafür beiseite gelegt sodas ich ggf. immer mal in ein Knock-Out oder Discount Produkt einsteigen kann. Verluste die dabei entstehen nehme ich hin und verarbeite sie anders als meine Aktien Long Invests.
Das Vorgehen variiert da tatsächlich jedes mal, je nachdem welchen Index oder Wert ich abbilden will, ob ich short (put) oder long (call) gehe.
//Edit
Genau wie unser lieber Tod, nutze ich auch die BNP-Seite.
//Edit2
Achso als großen Tipp kann ich dir geben, zumindest hat das mir sehr viel geholfen.
Eröffne ein Musterdepot mit diversen Zertifikaten/Optionen/Discounts die du jetzt kaufen wollen würdest.
Dadurch bekommt 1. einen sehr guten Überblick wie schnell man sich da verschätzen kann 2. wie stark einen ein Hebel im oberen Segment das "Zocker-Geld" verbrennt bzw. natürlich auch verdoppelt.
und 3. wie unterschiedlich die verschiedenen Faktoren sich auf den Schein bzw. den abgebildeten Index/Wert auswirken. Stichworte: Zeitwert, OpenEnd, Implizierte Volatilität, Quartalszahlen, Nachrichten etc. pp.
Mein Musterdepot ist hierbei gut im Plus, mein reales Depot, weil man sich mit Spielgeld eben mehr traut als mit Echt-Geld durch diese Dinger im Minus, die verrückte Dax-Rally lässt grüßen. 😃
am 25.10.2019 21:30
Vielen Dank für eure Erläuterungen. Ich bin ehrlich...verstanden habe ich die Hintergründe bisher nicht. Allerdings plane ich aktuell auch nicht wirklich in derartige Derivate zu investieren. Jedoch würde ich die Funktionsweise gerne verstehen, einfach nur aus dem Grund weils mich interessiert. Vielleicht helft ihr mir mit einem Zahlenbeispiel. Folgendes Zertifikat mit einem Call auf Wirecard von mir quasi wahllos ausgewählt:
DE000PX2ANA2
Basispreis 106€ --> soweit ihr weiß hängt der Hebel vom Basispreis ab. Ob nun dieses Zertifikat oder eines mit einem Basispreis von z.B. 140€ "besser" ist kann ich nicht sagen.
Omega 3 --> Hierbei handelt es sich nicht um die bekannten Fettsäuren sondern um eine Art Hebel
So, nun wisst ihr wie gut ich mich auskenne. Welchen Gewinn fahre ich ein, wenn der Basiswert von aktuell 115€ auf 140€ steigt? Der Kurs liegt bei 2,29€. Vielleicht man sich jemand die Mühe und rechnet mir das Beispiel mal vor. Fehlt in meinem Rechenbeispiel der Faktor "Zeit" oder spielt der keine Rolle?
25.10.2019 21:52 - bearbeitet 25.10.2019 22:06
25.10.2019 21:52 - bearbeitet 25.10.2019 22:06
So, @Skies, hier die Auflösung mit dem Optionsscheinrechner von Onvista.
Erst mal zum Produkt: Es ist ein "normaler" Call. Stand heute ist der Basiswert (= Kurs von Wirecard) mit 114,50 EUR ist höher als der Basispreis des Scheins mit 106 EUR.
Am 19.06.20 wird abgerechnet. Der Emittent zahlt dir dann ( s - 106 ) * 0,1 in EUR zurück. Rechnen wir also mal nach: 114,50 EUR Kurs für Wirecard ergibt 0,85 EUR je Schein am 19.06.20.
Warum aber wird der Call zu Preise über 2 EUR gehandelt? Es ist jetzt schon eine Wette im Gange, und zwar dass Wirecard dann bei etwa 128,70 EUR stehen wird. Der Call wirft für dich also erst Gewinn ab, wenn Wirecard über 128,70 EUR am Bewertungstag notiert. Umgekehrt heißt das, dass du mit jeder Woche Seitwärtsbewegung Geld verlierst. Das drücken die "Griechen" aus.
Überflüssig zu erwähnen, dass du bei 106,00 EUR oder darunter genau 0 EUR je Schein bekommst.
Der Unterschied zu einem Knockout mit 106 EUR als Barriere ist, dass dieser wertlos verfällt, sobald die Barriere erreicht oder unterschritten wird. Normale Calls und Puts werden dabei erst am Bewertungstag abgerechnet. Es macht also nichts aus, wenn Wirecard am 02.01.20 bei 95 EUR steht.
Hier ist nur die Zeit dein Feind. (Und darin bin ich Experte.)
"Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur mich!"
Gevatter Tod
am 26.10.2019 00:42
Das ist absolut korrekt, da Discountzertifikate und Aktienanleihen das größte Potential bei geringstem Risiko beinhalten. Sie sind für mich die beste aller Aktienanlagen. Und bei hoher Vola sind aus eigener Erfahrung (Daimler innerhalb von 6 Monaten) auch Verdoppler möglich. Nicht grundlos werden sie deshalb auch als "Schweizer Taschenmesser" bezeichnet. Ich halte neben Aktien ständig noch Discounter im Depot (Fresenius, Wirecard, Henkel, SAP, Siemens, Lufthansa u.a.), wobei bei BNP Pariba ja so gut wie keine Orderkosten anfallen (3,90 €) und bei der Sparkasse für die gleiche Anzahl stolze 30,09 € abgebucht werden.
Indexzertifikate (seit 1990) sind einfach, günstig, transparent und langweilig.
Bonuszertifikate (seit2003) bringen zugegeben höhere Rendite bei geringen Kursanstiegen.
Strategiezertifikate zu komplex bei Auswahl (Kapitalrendite, Gewinnrendite, Unternehmensgewinn, Nettoumlaufvermögen, Auswahl zu kompliziert/aufwendig).
Untervarianten wie Deep Discounter, währungsgesichert u.ähnliches blende ich aus, @Skies möchte anscheinend möglichst risikolos schnell Geld verdienen.
Ich sollte hier vielleicht mal die Wirkungsweise einer dieser beliebten Optionsscheine an Hand eines DAX Konzerns aufzeigen, und wie schnell so ein Schein wertlos werden kann, zumal wenn man keine Ahnung davon hat, wie diese Hebelinstrumente wirken.
Ich mache bei mehreren Banken Onlinebanking, habe jedoch nur bei einer Bank die Freigabe dafür bestätigen lassen. Der Grund dafür, so kann ich selbst bei todsicheren KO-Scheinen (wörtliche Rede einer Beraterin bei der Societe Generale zur Deutscher Bank) nie in Versuchung geraten.
Vielleicht hilft ein verkürzter Ratschlag Kostolanys:
Wer Geld hat, kann spekulieren, wer kein Geld hat, muss spekulieren.
In meiner Jugend dachte ich nur, Geld öffnet viele Türen, heute weiß ich es!
Grüßle - Shane
am 26.10.2019 10:00
@Shane 1 schrieb:selbst bei todsicheren KO-Scheinen (wörtliche Rede einer Beraterin bei der Societe Generale zur Deutscher Bank)
Grüßle - Shane
Kleine Anmerkung: aus meiner Sicht gibt es bei Banken (zumindest zu 99,99%) keine Berater, sondern nur Verkäufer. Das ist mir das erste Mal bewusst geworden (liegt bereits mehr als 20 Jahre zurück), als der "Bankmensch", den ich aufsuchte um mein Firmendepot mit meinem Privatdepot verschmelzen zu lassen, mich nach einem längeren Gespräch über die in meinem Privatdepot befindlichen Aktien fragte, ob ich ein paar Tipps für ihn hätte. Das war einer der wenigen Momente in meinem Leben, in denen ich sprachlos war. Es gibt noch mehr erzählenswerte Erlebnisse mit "Bankmenschen", hab aber momentan wieder wenig Zeit, vielleicht später mehr dazu.
am 26.10.2019 10:42
@Shane 1Vermutlich möchte jeder von uns schnell und risikolos Geld verdienen. Jedoch werde ich nicht in Dinge investieren die ich nur im Ansatz verstehe. Hier kann man bzw. ich nur verlieren.
Zum oben genannten Beispiel eine ergänzende Verständnisfrage mit fiktiven Zahlen:
Zum Tag 19.06.2020 beträgt der Basiswert 150€, was einem Kursplus zum heutigen Tag von ~31% entspricht. Der innere Wert des Zertifikats beträgt 4,4€, der Gewinn pro Schein somit 4,4€ - 2,27€ = 2,13€. Bei einer Investition von 1000€ (entspricht 441 Zertifikaten) beträgt der Gewinn 441 Stück * 2,13€ = 938€. Dies entspricht einem Plus von ~94% im Vgl. zum Plus des Basiswerts von ~31% somit einem Faktor von ~3.
- Ist das der sog. Omega-Wert? (Wird auf der Comdirect-Seite mit 3,28 angegeben)
- Worin steckt der Hebel? (Wird auf der Comdirect-Seite mit 5 angegeben)
- Kann diese Art von Zertifikat nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt verkauft werden sondern wird zum Stichtag fällig egal was kommt?
26.10.2019 10:58 - bearbeitet 26.10.2019 11:18
26.10.2019 10:58 - bearbeitet 26.10.2019 11:18
Guten Morgen @Skies,
der effektive Hebel (= Omega) ist 3,01 lt. Emittentin.
Hier ist zu beachten, dass du Delta und Hebel multiplizieren musst, um den effektiven Hebel zu erhalten.
Zusammengefasst:
Das Omega von 3,01 besagt, daß der Call um rund drei Prozent im Wert steigt, wenn der Kurs von Wirecard um ein Prozent steigt.
Der Schein kann i.d.R. börsentäglich verkauft werden, außerhalb vor 9 Uhr und nach 17:30 Uhr ist der Spread (Differenz Brief- minus Geldkurs) höher.
Hier noch Links zum besseren Verständnis:
popularwissenschaftliche Erklärung bei Wikipedia
Finanztip hat verständliche Grafiken geliefert
Tante Edith fragt:
An die Community: Haben wir nicht den einen "Optionsscheine-einfach-erklärt-Thread"? So einen Thread wie diesen, nur gekürzt und zusammengefasst.
"Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur mich!"
Gevatter Tod
am 26.10.2019 12:05
am 26.10.2019 12:27
danke für den zutreffenden und richtigen Hinweis. Die Terminologie ist mir bekannt, wollte aber deswegen keinen Kritikansatz auslösen.Leider erkennen die Menschen aber überwiegend nicht, dass es so ist. Berater oder richtigerweise Bankverkäufer sind Bankangestellte und verkaufen am Schalter vorwiegend, was die Chefetage im Hinterzimmer vorschreibt.
Wenn sie nämlich so klug wären, wie sie daherreden, wären sie nicht mehr am Schalter, sondern würden eine bessere Position begleiten. Obwohl, wer heutzutage reich werden will, überfällt ja auch keine Bank mehr, sondern gründet selbst eine).
Egal, deine Schalter-Erfahrungen kann ich somit teilen, allerdings ist es Kunden nicht möglich, den zuständigen Berater abzuwählen zu können. Drohung damit, die Bank zu wechseln und Klage wegen Falschberatung haben mir aber schon geholfen.
Allerdings brauche ich inzwischen für meine soliden Anlagen keine Beratung, mein Geld gebe ich für schöne Frauen, Alkohol und Drogen aus, der Rest wird dann verprasst!
Schluß mit dem Geplauder, viel Vergnügen beim Schleppen der Umzugskartons
Grüßle - Shane
26.10.2019 18:04 - bearbeitet 26.10.2019 18:06
26.10.2019 18:04 - bearbeitet 26.10.2019 18:06
@Shane 1 schrieb:Das ist absolut korrekt, da Discountzertifikate und Aktienanleihen das größte Potential bei geringstem Risiko beinhalten. Sie sind für mich die beste aller Aktienanlagen. Und bei hoher Vola sind aus eigener Erfahrung (Daimler innerhalb von 6 Monaten) auch Verdoppler möglich. Nicht grundlos werden sie deshalb auch als "Schweizer Taschenmesser" bezeichnet. Ich halte neben Aktien ständig noch Discounter im Depot (Fresenius, Wirecard, Henkel, SAP, Siemens, Lufthansa u.a.), wobei bei BNP Pariba ja so gut wie keine Orderkosten anfallen (3,90 €) und bei der Sparkasse für die gleiche Anzahl stolze 30,09 € abgebucht werden.
[...]
@Shane 1 , stimmt, Discounter scheinen interessant zu sein, leider gibt es hier im Forum, anders als ->Bonuszertifikate oder ->DAX-Discounter noch keinen eigenen Erklär-Bär-Thread, wo man alle Discount-Fragen von allen Facetten und mit schlauen und dummen Einzelfragen loswerden kann.
Vielleicht hat @nmh ja Lust einen solchen zu starten, der dann in seine in Leder gebundene 50-Jahr-Hyperlink-Mappe in Gold gedruckt werden kann?
(Bitte nicht "Aktien zum Schleuderpreis" oder so nennen. Schlicht und noxxig: "Discountzertifikate auf Aktien" o.ä.)
Schönes WE
hx.
Edit: Sorry, shane, das kannst du natürlich auch gern tun ![]()