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Warren Buffett über passive Investments (ETFs)

nmh
Legende
9.960 Beiträge

Servus miteinander,

 

in dieser Community wird regelmässig über Sinn und Unsinn von ETFs (passive Indexfonds) diskutiert. Ich habe bereits des öfteren argumentiert, ETF eignen sich hervorragend zur langfristigen Geldanlage für Anleger, die sich nicht regelmässig um ihre Investments kümmern wollen. Einfach einen breit aufgestellten ETF vorzugsweise auf amerikanische Aktien kaufen und liegen lassen... ohne dass ein Fondsmanager uns für die Aktienauswahl jährlich in die Tasche greift. In meiner Borniertheit halte ich mich selbst ja nicht an meine Empfehlung - meine Depots bestehen aus vielen hundert Einzelpositionen und das kostet eine Menge Arbeit und Computertechnik. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.

 

Jedenfalls ETFs. Kaufen und nichts tun. Wenn ich das sage, dann ist's die Privatmeinung eines bescheidenen, zu Recht in der Öffentlichkeit völlig unbekannt gebliebenen Kleinanlegers. Doch der erhält jetzt Unterstützung von sehr prominenter Stelle: Warren Buffett, legendärer CEO von Berkshire Hathaway (WKN: 854075 oder als 1/1500-Anteil: A0YJQ2) und für viele der beste Investor aller Zeiten (seine Berkshire ist die teuerste Aktie der Welt, ein (!) Stück davon ist heute für knapp eine Viertel Million Euro zu haben), hat jüngst in seinem wie immer wirklich lesenswerten Jahresbericht für 2016 (englisch, abzurufen auf dieser Website) eine interessante Rechnung aufgemacht, die meine These irgendwie zu stützen scheint.

 

Buffett hat vor zehn Jahren öffentlich eine Wette um 500.000 Dollar (für einen guten Zweck) angeboten, dass ein passiver Indexfonds auf den S&P 500 in einem Zehn-Jahres-Zeitraum besser abschneiden wird als die Anlage in fünf Hedgefonds - jene auszuwählen vom Gegner der Wette. Lange hat's gedauert bis sich jemand getraut hat, gegen Buffett zu anzutreten ("what followed was the sound of silence"), aber dann hat Ted Seides eingeschlagen, ein ausgewiesener Kenner der Dachfondsszene in Amerika. Seides hat fünf Hedgefonds ausgewählt, die gegen Buffetts ETF antreten würden.

 

Dagegen steht Buffetts ETF auf den S&P 500. Der Star-Investor hat dafür einen ETF von Vanguard ausgewählt. Genauere Details erwähnt er leider nicht; ich habe zwei Vanguard-ETF auf den S&P 500 in meiner Datenbank gefunden (WKN A1JX53, in Berlin handelbar, oder A1XD6V, offenbar in Deutschland nicht handelbar, aber in Toronto), ich weiß aber nicht, ob das der ist, den er meint.

 

Im Jahr neun der Wette veröffentlicht Buffett in seinem Bericht (Seite 22) folgendes Zwischenergebnis:

 

Jahr    Funds A  Funds B  Funds C  Funds D  Funds E  S&P Index

2008     -16.5%   -22.3%   -21.3%   -29.3%   -30.1%    -37.0%
2009      11.3%    14.5%    21.4%    16.5%    16.8%     26.6%
2010       5.9%     6.8%    13.3%     4.9%    11.9%     15.1%
2011      -6.3%    -1.3%     5.9%    -6.3%    -2.8%      2.1%
2012       3.4%     9.6%     5.7%     6.2%     9.1%     16.0%
2013      10.5%    15.2%     8.8%    14.2%    14.4%     32.3%
2014       4.7%     4.0%    18.9%     0.7%    -2.1%     13.6%
2015       1.6%     2.5%     5.4%     1.4%    -5.0%      1.4%
2016      -2.9%     1.7%    -1.4%     2.5%     4.4%     11.9%
total      8.7%    28.3%    62.8%     2.9%     7.5%     85.4%

 

Ein einfaches passives Indexinvestment in den S&P 500 (7,1% pro Jahr) hätte also deutlich besser abgeschnitten als die fünf von seinem Kontrahenten ausgewählten Hedgefonds (2,2%). Eine Million Dollar in die fünf Fonds investiert hätte einen Gewinn von 220.000 Dollar erzielt. Mit dem S&P hätte man dagegen 854.000 Dollar verdient - nach Spesen!

 

Interessant: Im ersten Jahr liefen alle fünf Fonds besser als der Vergleichsindex. Buffett führt das auf die Short-Positionen zurück, die man in solchen Fonds findet. Dennoch alle fünf im Minus.

 

Die Namen der fünf Fonds wurden übrigens nie veröffentlicht - Buffett kennt sie freilich.

 

Das Orakel von Omaha begründet die Underperformance der ausgewählten Fonds wie ich mit den hohen Gebühren, die für die Aktienauswahl anfallen. Er schreibt, selbst wenn es in Ausnahmefällen immer wieder Manager schaffen, Aktien auszuwählen, die besser abschneiden als der Gesamtmarkt, wird doch die Performance dieser sogenannten "aktiven" Investoren im Durchschnitt wegen der Gebühren hinter der ETF-Anlage zurückbleiben.

 

Er macht eine interessante Rechnung auf (Seite 24 oben): Angenommen, es gäbe nur aktive Investoren und ETF-Anlager am Markt. Und beide haben das Ziel, vor Kosten genau die durchschnittliche Rendite zu erzielen. Dann gewinnt zwangsläufig derjenige mit der besseren Kostenstruktur, sprich mit den niedrigeren Gebühren.

 

Dass der Unterschied so hoch ausfällt - siehe oben - liegt dann einfach an den besonders hohen Gebühren, mit denen Hedgefonds-Anlager typischerweise belastet werden. Für die besonders intelligente, sorgfältige Auswahl an Aktien. Für die Recherche, die ein Hedgefonds durchführt. Für die aufwendige Computertechnik. Eben für das Fondsmanagement. Vielen Dank auch.

 

Ein ETF kostet ebenfalls Gebühren. Null Komma irgendwas Prozent pro Jahr.

 

Buffett erwähnt auch, dass Fonds, die in der Vergangenheit - warum auch immer - gut abgeschnitten haben, neue Gelder anziehen. Wir kennen ja alle die Fonds-Rankings in der Fachpresse. Je grösser ein Fonds jedoch wird, desto schwieriger ist es, eine Outperformance zu erzielen. Um mal das alte Bild zu bemühen (gäähn): Ein riesiger Dampfer ist weniger wendig als ein kleines Schnellboot. Dadurch ist es praktisch ausgeschlossen, dass einzelne Fonds über einen langen Zeitraum - nach Gebühren! - besser abschneiden als der Gesamtmarkt, investierbar durch einen billigen ETF.

 

Und warum hat mir meine Sparkasse damals keine ETFs empfohlen, sondern ganz, ganz toll gemanagte Fonds, die dann aber rückschauend "leider, leider, ausnahmsweise" schlechter abgeschnitten haben als der Gesamtmarkt? Weil ein Teil der hohen Gebühren aus dem Fonds an die Depotbank des Anlegers fliesst. Oder sollte das eine Verschwörungstheorie sein? Jetzt einfach nochmal den Begriff "Bestandsprovision" googeln. "Machen Sie sich keine Sorgen, Ihr Fonds wird im nächsten Jahr bestimmt den Markt übertreffen."

 

Buffetts Fazit: "When trillions of dollars are managed by Wall Streeters charging high fees, it will usually be the managers who reap outsized profits, not the clients. Both large and small investors should stick with low-cost index funds."

 

In diesem Sinne: Viel Erfolg an alle Community-Leser bei der Auswahl von ETFs. Mehr dazu habe ich zum Beispiel hier geschrieben.

 

Viele Grüsse aus einem stürmischen München

 

nmh

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes "ß" auf meiner Schweizer Tastatur.

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
33 ANTWORTEN

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Weinlese
Mentor ★
1.385 Beiträge

@ehemaliger Nutzer  schrieb:

1. Ich sprach vom nachrichtengetriebenen Börsenhandel. Technisch nehmen die ETFs natürlich am Börsenhandel teil. Sie verkaufen aber nicht, wenn PG&E Insolvenz anmeldet soweit ich weiß. Sie verkaufen PG&E, wenn PG&E aus dem Index geflogen ist.

2. In der Folge müsste der ETF dann doch BASF verkaufen und Bayer kaufen oder zurückswappen. Wozu dient die Index-Abbildung, wenn der ETF sich nicht dran hält?

3. lässt tiefer blicken ;-). Du erwartest von einem Fondsmanager etwas das Dir kein anderer bieten kann: die Identifikation der zukünftigen Performance. @nmh betreibt einen riesigen Aufwand um die vermutlich steigenden Aktien zu identifizieren. Aber selbst er greift gelegentlich daneben und er kann Dir keinen Ausblick auf zukünftige Performance geben. Warum werden aktuell immernoch 30% EM-ETFs empfohlen? Weil das Wachstum von morgen sicher ist? So sicher bin ich mir da kurz- bis mittelfristig nicht mehr. USA ist noch lange nicht fertig mit China.


Ich will das Thema auch nicht zu sehr in die Breite ziehen, aber vielleicht nochmal kurz zu Punkt 2, weil ich mich da im Detail auch nicht so genau auskenne.

 

Nehmen wir mal einen fiktiven, synthetischen ETF, der den DAX abbildet und dabei ausschließlich die Bayer-Aktie im Trägerportfolio hat. Die Differenz zum Index wird "irgendwie" vom Swap-Partner realisiert. Wie tut dies der Swap-Partner nun? Er könnte Bayer short eingestellt sein und alle restlichen DAX-Titel long. Zusammen mit den übernommenen Bayer-Aktien aus dem Fonds wäre er also marktneutral eingestellt, quasi null Risiko.

 

Er könnte die Differenz aber auch durch einen komplett anderen Aktienmix erreichen, dann mit dem Risiko, in manchen Phasen einen Gewinn und in anderen einen Verlust einzufahren. Mein Verdacht (ohne es wie gesagt genau zu wissen) ist, dass letzteres der Fall ist. Andernfalls müsste der ETF immer genau die Aktien halten, die der Swap-Partner gerade für das Neutralstellen seiner Short-Positionen benötigt, und dazu noch im passenden Volumen. Mir erscheint es über längere Zeiträume recht unwahrscheinlich, dass sowohl ETF als auch Swap-Partner regelmäßig so synchron investiert sind. In dem Fall würde es eben auch keine Rolle spielen, ob der ETF nun Bayer oder BASF im Depot hätte.

 

Bei 3. hast du mich eventuell falsch verstanden. Es ging mir lediglich um den Anleger, der meiner Ansicht nach keine Möglichkeit hat, die Fonds zu identifizieren, die in der Zukunft Outperformer sein werden, denn sämtliche vorliegende Informationen beziehen sich immer nur auf die Vergangenheit (im Grunde dasselbe Problem wie beim Stockpicking).

 

Viele Grüße

Weinlese

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

@Weinlese

zum Swap: Ein entscheidender Unterschied ist das Emittentenrisiko. Es macht einen Unterschied ob der Fonds reales Eigentum an 30 Unternehmen hat oder ob er an einem Unternehmen beteiligt und einen Vertrag mit einem Swap-Partner. Was passiert, wenn sich die Lehman-Story wiederholt? Ich verstehe die ganzen Zusammenhänge nicht wirklich - deswegen versuche ich es zu umgehen.

 

zur 3: Wir sind uns da einig. Aber woher weiß der ETF-Anleger denn in welchen Index er investieren soll? Da hat er auch nur historische Daten. Warum MSCI World und EM 70/30? Warum nicht CDAX? Steht dem Anleger kulturell vielleicht am nächsten und er würde Verluste evtl. leichter ertragen...

Wenn man Risiko reduzieren will wird man nicht umhin kommen sich zu informieren und einzuarbeiten. Je mehr man dies tut, desto weniger (ungewolltes) Risiko sollte man eingehen.

GetBetter
Legende
7.308 Beiträge

@Weinlese  schrieb:

Er könnte die Differenz aber auch durch einen komplett anderen Aktienmix erreichen, dann mit dem Risiko, in manchen Phasen einen Gewinn und in anderen einen Verlust einzufahren.


Ich kenne auch keine Details, vermute aber auch das es sich so verhält. Welcher Swap-Partner würde einem solchen Deal zustimmen wenn er zuverlässig dauernd drauflegen müsste? Es muss in seinem Interesse sein, in manchen Jahren einen Gewinn daraus zu ziehen. Dies passiert nur, wenn das Trägerportfolio in jenem Jahr besser lief als der abzubildende Index (vereinfacht ausgedrückt und ohne Berücksichtigung von Steuertricks etc.).

In Konsequenz muss ein ETF also ein Trägerportfolio anbieten, dass auch für den Swap-Partner sexy ist, sonst er würde er nicht einsteigen.

 

Keine Ahnung ob meine Vorstellung, dass dadurch auch Swapper ausschließlich in Qualität investieren, naiv ist. Jedenfalls schlafe ich momentan mit meinem Lyxor gut.