11.12.2021 08:18 - bearbeitet 11.12.2021 08:27
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Gibt es eigentlich jemanden, der keine Adventskalender mag? Oftmals ist es die Schokolade* die uns lockt. Bei unserem Adventskalender sind es jedoch tolle Aktien, die euch die Wartezeit bis Weihnachten versüßen sollen. Zehn konntet ihr bereits erkunden. Und so versteckt sich auch hinter Türchen Nummer elf mit dem Teaser „Schauen wir uns das doch mal genauer an“ ein interessantes Unternehmen.
Es handelt sich um einen luxemburgischen Labordienstleister, der genau dies am Anfang seiner Unternehmensgeschichte getan hat: Sich Sachen genauer anschauen. Man überprüfte das Panschen von Wein und stellte den Reinheitsgrad vieler Getränke und Lebensmittel fest.
Die Rede ist von Eurofins Scientific mit der WKN A2QJCT.
1987 wurde die Eurofins Scientific gegründet, um die patentierte SNIF-NMR-Technologie zu vermarkten. SNIF steht hierbei für Site-specific Natural Isotopic Fractionation. Die französische Abkürzung hierfür ist FINS, was Bestandteil des Namens wurde.
Das Unternehmen hat es aber nicht bei der Analyse von Lebensmitteln belassen, sondern durch Zukäufe ihr Produktportfolio erweitert. Die Übernahmen kleinerer und mittlerer Unternehmen ist Hauptbestandteil des Wachstums. Zum Beispiel wurde das hamburgische Labor Dr. Specht übernommen, wodurch Eurofins Scientific einen Wettbewerbsvorteil im Bereich der Pestizidanalytik bekam, welcher bis heute anhält. Insgesamt besteht das Unternehmen aus über 900 Labore und ist in über 50 Ländern aktiv.
Inzwischen ist Eurofins Scientific ein Schwergewicht in der Lebensmittelanalytik, auch wenn das Unternehmen selber mit einer Marktkapitalisierung von ungefähr 20 Milliarden Euro kein Schwergewicht auf dem Börsenparkett darstellt. Durch ihr Angebot sind sie vor allem bei der Bestimmung der Authentizität oder Herkunft von Lebensmitteln im Zuge von EU-Zulassungsverfahren sehr gefragt. Durch den Kauf von Hygel, dem größten Anbieter ärztlicher Diagnostikdienstleistungen in NRW, konnte das Unternehmen 2017 Fuß in den Bereich der Laboratoriumsmedizin fassen.
Fundamental ist das Unternehmen sehr gut aufgestellt. Die Umsatzentwicklung steigt Jahr für Jahr im zweistelligen Bereich und Corona hatte keinerlei negativen Einfluss auf das Unternehmen. Es konnte nahtlos an den Ergebnissen von 2019 angeknüpft werden und der rollierende Zwölf-Monate-Rückblick stimmt einen zuversichtlich, dass an die vorherigen Erfolge angeschlossen werden kann. Lediglich der Gewinn ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr 2018 um etwa 7% zurückgegangen, was aber an einer Reduzierung der langfristigen Verbindlichkeiten und an erhöhten Investitionen lag. Dagegen konnte der Gewinn 2020 im Vergleich zu 2019 um 161% erhöht werden. Mit einer außergewöhnlich hohen Steigerung wird wohl auch das Jahr 2021 abgeschlossen werden, da der Gewinn im rollierenden Zwölf-Monats-Zeitraum bereits eine 65%-ige Steigerung erkennen lässt.
Die Zahlen stimmen also. Schauen wir doch auch mal genauer hin, und zwar auf den ROE**. Dies setzt sich einerseits aus einer Dividende und andererseits aus Kursentwicklungen zusammen. Die Dividende wird einmal im Jahr im Juli ausgeschüttet und stetig erhöht. Während 2013 noch eine Dividende in Höhe von 0,12 Euro je Aktie ausgeschüttet wurde, ist 2021 eine Dividende in Höhe von 0,68 Euro je Aktie an den Aktionär zurückgeflossen. Eurofins Scientific ist somit nicht der stärkste, aber auch nicht der schlechteste Dividendenzahler.
Dividende? Check! Und wie steht es um die Kursentwicklung? Schauen wir zuerst auf den Chart der vergangenen zehn Jahre (Ansicht auf Monatsbasis):
Wie man sieht befindet sich die Aktie in einem sehr schönen Aufwärtstrend, und das nicht erst seit ein oder zwei Jahren. Zu sehen ist ein zehnjähriger Trend, in dem sich Anleger über eine Wertsteigerung von fast 28% pro Jahr freuen durften. Dies entspricht einer Verdopplung des eingesetzten Kapitals alle 34 Monate.
In Sternelisten war die Aktie bereits vier Mal vertreten. Zuletzt zeigte sie ihre Stärke in der Liste vom 01.08.2021.
Eurofins Scientific ist eine Aktie abseits der bekannten Laborausrüster oder Biotech-Unternehmen, welche durch die Corona-Pandemie in die Schlagzeilen gerückt sind. Das Unternehmen ist durch die sehr gute Marktstellung sowie gute Kursentwicklung ein klarer Kauf.
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* = Ich habe einen großen Lindt Adventskalender gekauft. Dabei musste ich, warum auch immer, an @nmh denken. Bin ich etwa manipuliert worden? Habe ich den etwa nicht selber ausgewählt? Fragen über Fragen…
** = ROE ist Neudeutsch für Eigenkapitalrentabilität. Der Aktionär kann anhand des ROE erkennen, ob seine Investition in das Unternehmen rentabel ist.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 11.12.2021 13:37
Dank an @Zilch Bravo!
Habe den Beitrag zum zweiten Kaffee heute morgen das erste Mal gelesen. Genau die richtige Länge und sogar mit einer Zusatzinfo, welche ich noch nicht kannte.
der Grund für den Gewinnrückgang 2019 war mir noch unbekannt. Ein Beweis dafür, dass man immer genauer hinschauen sollte.
Habe das nicht getan und deswegen ist der Wert (noch) nicht in meinem Depot
Vielen Dank auch an die beiden anderen Protagonisten @Crazyalex und @nmh @für die zusätzlich gelieferten Auswertungen
gruss ae
am 11.12.2021 13:48
@Zilch Euer Adventskalender erinnert mich ein bisschen an die Werbung für Ü-Eier; Er erfüllt gleich drei Wünsche auf einmal:
Ich stimme dir absolut zu: Den Deal finde ich nicht nur gut, sondern absolut top. 👍
am 11.12.2021 20:35
Auch von mir vielen Dank @Zilch ! Fein, fein, was Du da unter die Lupe nimmst.
Habe mir jetzt schon einige Türchen für die engere Auswahl notiert. Also hopp hopp Weihnachtsmann, Cash muss her....
am 11.12.2021 22:40
Danke für die Vorstellung @Zilch . Immer wieder spannend zu sehen, welche Bereiche so an der Börse vertreten sind. Das Unternehmen kommt auf jeden Fall auf die Watchlist!
Cheers
12.12.2021 00:43 - bearbeitet 12.12.2021 00:47
12.12.2021 00:43 - bearbeitet 12.12.2021 00:47
das freut mich, dass wir einmal einer Meinung sind. Die hohe Volatilität auf der Contraseite liegt in der abnehmenden Wachstumsdynamik und dem abnehmenden organischen Wachstum. Es wurde viel in Zukäufe investiert und da ist häufig nicht ersichtlich ob zu hohe Preise bezahlt wurden (allein 2017 + 2018 wurden von Eurofins über 100 Labore und Firmen übernommen).
Außerdem drückt der aufgestaute Goodwill in der Bilanz (Long-Term-Assets), welcher im Jahr 2017 mit rund 2,5 Milliarden € so hoch war wie das gesamte Eigenkapital. Gleichzeitig ist das Anlage-Risiko aufgrund der Verlust-Ratio von 2,35 (deine Auswertung) als hoch einzustufen.
Solange Eurofins aber bei den getätigten Zukäufe einen guten Gewinn erzielt, lässt sich dies noch rechtfertigen. Sollte die Gewinndynamik stark abnehmen beziehungsweise negativ werden, müsste dieser Goodwill zum Teil abgeschrieben werden. Das würde das Eigenkapital stark belasten. Aber danach sieht es ja nicht aus.
Bereits im November 2017 wurde Eurofins Scientific von der Frankfurter Allgemeinen als Europas beste Aktie betitelt.
Die Londoner Beratungsgesellschaft Marten & Co hat im Auftrag von Eurofins alle börsennotierten Unternehmen in 24 Ländern Europas sowie in den Vereinigten Staaten durchforstet – insgesamt 24.000 Papiere. Sie fand nach eigenen Angaben keine bessere europäische Aktie als Eurofins.
Mit dem Kursrutsch am Nikolaustag gab es die Aktie für 102,80 Euro (1997 kam die Eurofins-Aktie zum Kurs von umgerechnet 1,83 Euro an die französische Börse)!
Daher würde ich eher sagen, solche Kursschwankungen wie am 6.12. nicht absichern, sondern lieber aussitzen oder sogar den Einstand durch Nachkauf verbilligen.
Der erwartete Einbruch beim EPS 2020 dürfte den nachlassenden Aufträgen der Corona Pandemie zuzuschreiben sein und holt das Papier lediglich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Bitte trotz den ganzen Statistikauswertungen an Zahlen und Vergleichen objektiv betrachten, dass die Aktie trotz dem Einbruch noch um über 50 Prozent höher wie zu Jahresanfang steht!
Grüße - Shane
am 12.12.2021 09:30
Danke @Shane 1
Solche Einbrüche, die immer noch weit vom Stop (ca. 88 Euro) entfernt sind, sind Kaufgelegenheiten.
Manche Berichte sagen inzwischen, dass Eurofins sich selber übernommen hat mit den ganzen Käufen. Das muss die Zeit zeigen.
Vom Kurs her gab es eine kleine Durststrecke in der Finanzkrise, die 2010 dann überwunden wurde und seit dem geht's für die Aktie im Aufwärtstrend nach oben. Den sehr langen Aufwärtstrend, ohne relative Schwäche zu zeigen, kann man auf 2003 zurückdatieren.
@Shane 1 schrieb:
Der erwartete Einbruch beim EPS 2020 dürfte den nachlassenden Aufträgen der Corona Pandemie zuzuschreiben sein und holt das Papier lediglich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Bitte trotz den ganzen Statistikauswertungen an Zahlen und Vergleichen objektiv betrachten, dass die Aktie trotz dem Einbruch noch um über 50 Prozent höher wie zu Jahresanfang steht!
Grüße - Shane
Genau! Am 30.12.2021 ist das Geschäftsjahr vorbei. Das ist fast. Derzeit ist der rollierende Umsatz der vergangenen 12 Monate, was fast das Geschäftsjahr 2021 abbildet, bei 6,39 Millionen Euro.
2017: 2.971.417.000,00 Euro
2018: 3.781.148.000,00 Euro (+27,3%)
2019: 4.562.800.000,00 Euro (+20,7%)
2020: 5.438.800.000,00 Euro (+19,2%)
2021e: 6.387.700.000,00 Euro (+17,5%)
Und beim Gewinn:
2017: 287.417.000,00 Euro
2018: 337.513.000,00 Euro (+17,5%)
2019: 321.300.000,00 Euro (-4,8%)
2020: 805.500.000,00 Euro (+150,7%)
2021e: 1.331.300.000,00 Euro (+65,3%)
Der Umsatz ist im gleichen Umfang wie sonst auch gestiegen, der Gewinn aber nur etwas weniger als halb so viel. Von daher sehe ich Rückgänge im Gewinn, die zum Beispiel durch Abbau von Verbindlichkeiten entstehen können (2020 wurden über 200 Millionen Euro an kurzfristigen Verbindlichkeiten abgebaut was die Bonität und Liquidität des Unternehmens steigert, fast 200 Millionen Euro an langfristigen Verbindlichkeiten sind verschwunden) nicht dramatisch. Die Summe der Eigenkapitalpositionen hat sich 2020 um fast 1 Milliarde Euro erhöht. Derzeit wurde wieder viel Investiert. Im rollierenden 12 Monats Rückblick sind rund 446 Millionen Euro in Sachanlagen investiert worden wie es scheint, was am Ende auch den Barbestand reduziert hat. 2020 konnte aber so viel Gewinn erzeugt werden, dass der Barbestand von 294 Millionen auf 910 Millionen Euro erhöht werden konnte und nun sieht es danach aus, dass auch 2021 im Gewinn immer noch so gut ist (trotz, wohlgemerkt, gleichbleibender Entwicklung des Umsatzes), dass dieser Kurs fortgesetzt werden kann.
Die zwei Jahre haben Eurofins sehr geholfen. Ich denke die werden auch weiterhin erfolgreich sein können. Schließlich ist nun ja auch das Jahrzehnt der Biotech und Co, und es wird immer genauer nachgeschaut 😉
am 12.12.2021 13:22
alle Achtung, du blickst hinter die Kulissen und hast super recherchiert. Deinen rasanten Aufstieg hast du dir im Bord verdient.
Eurofins hat tatsächlich überproportional zugekauft, das stimmt und Experten bemängeln tatsächlich diese vielen Zukäufe. Aber inzwischen unterhält der Konzern mehr als 400 Labore mit über 200.000 verschiedenen Analysemethoden. Laut Konzern führt das Unternehmen jährlich damit rund 360 Millionen Tests durch. Und ich würde schon gerne sicher sein, dass im Hackfleisch auch kein Pferdefleisch verarbeitet ist.
Mit seinen Tests ist der Konzern Weltmarktführer bei bioanalytischen Tests für Lebensmittel, Pharmaprodukte und Umweltproben.
Die Eurofins Scientific-Aktie hat in den vergangenen zwölf Monaten 60,7% an Wert gewonnen und notierte am Freitag bei über 108 Euro. Im Vorjahr konnte sich die Eurofins Scientific-Aktie an der Börse um 36 % verbessern während 2019 sogar ein Kursgewinn von 66 % erzielt wurde. Das Jahr 2005 war bislang das erfolgreichste für die Eurofins Scientific-Aktie, denn damals konnten sich die Anteilseigner über einen Kursgewinn von 118 % freuen.
Bisher erreichte die gesamte jährliche Wertsteigerung für die Eurofins-Aktionäre (Kurserhöhungen und Dividenden) in den vergangenen zwanzig Jahren durchschnittlich 33,3 Prozent.
Der Gründer des Konzerns Gilles Martin ist heute Milliardär. Da windige Geschäftemacher weiterhin mit Lebensmitteln ihr Unwesen treiben, und Verbraucher immer mißtrauischer werden kann man mit Aktien seines Konzerns an diesem Erfolg teilhaben.
Und da die fundamentalen Zahlen auch bodenständig sind, habe ich am Nikolaustag nicht erschreckt verkauft, sondern mir mit weiteren Aktien des Konzerns mein eigenes Geschenk gegönnt.
Ich hoffe, du schreibst nicht nur über diesen Konzern, sondern bist inzwischen auch investiert.
Grüßle - Shane
Noch eine allgemeine Info für Leser:
Eigentlich ist Eurofins ein Französisches Papier, der Sitz ist aber Luxemburg. Das Schöne daran ist, beim Kauf wird (wie bei den Franzosen ansonsten üblich) daher keine Transaktionssteuer fällig.
am 12.12.2021 13:53
Die Firma kenne ich, die Aktie hatte ich allerdings trotzdem nicht so recht auf dem Schirm.👍
Eine gute Anregung, ich bin sowieso ein Fan von Life Science, da ist es gut noch ein Leckerli zusätzlich im Auge zu haben.