03.04.2020 18:00 - bearbeitet 03.04.2020 18:19
Liebe Freunde im Home-Office,
hier kommt ein ganz besonderer Tipp für Spezialisten, abseits von normalen Aktien, und auch in der aktuellen schwierigen Phase ohne großes Risiko, aber mit sehr schöner Gewinnchance. Es geht um die Genussscheine (ich hasse die Rechtschreibreform) der Drägerwerke AG & Co KGaA. Im Falle einer sehr wahrscheinlichen Kündigung wirken sehr attraktive Gewinne, und das Risiko ist sehr begrenzt.
Fangen wir beim Begriff an. Was ist ein Genussschein? Ich habe hier in der Community schon oft den Genussschein von Bertelsmann (WKN 522994) zum Kauf empfohlen. Das Papier kostet aktuell ca. 300 Euro und bezahlt jedes Jahr im Mai 15 Euro Dividende. Die Laufzeit ist endlos. Die Rendite beträgt also gut 5 Prozent pro Jahr (15 geteilt durch 300).
Genussscheine sind nicht standardisierte Zwitterwesen zwischen Aktien und Anleihen. Der jeweilige Emittent (Herausgeber) kann die Ausstattung ziemlich frei vorgeben. Manche Genussscheine sind so ähnlich wie Aktien, sie zahlen jedes Jahr eine variable Dividende, andere Genüsse sind so ähnlich wie Anleihen, sie zahlen eine feste Verzinsung. Manche Genüsse haben eine feste Laufzeit, andere laufen unbegrenzt, können aber vom Emittenten gekündigt werden.
Und jetzt zum eigentlichen Thema. Die meisten von Euch werden die Firma Drägerwerke kennen. Ein Unternehmen aus Lübeck, die stellen Medizintechnik, Beatmungsgeräte, Atemschutzmarken her. Aha -- also genau das, was im Moment dringend gebraucht wird. Drägerwerke hat fünf "Gattungen" (WKN) an der Börse. Am bekanntesten sind die Vorzugsaktien (WKN 555063), es gibt aber auch die Stammaktien (WKN 555060) und drei verschiedene Genussscheine (Serie A = WKN 555065, Serie K = WKN 555067 und Serie D = WKN 555071). Diese Kapitalstruktur ist sehr komplex und somit teuer für Drägerwerke. Die Börse spekuliert schon seit vielen Jahren darauf, dass Dräger das Kapital vereinfacht und einige der Gattungen vom Markt nimmt. Und genau das passiert aktuell. Aber der Reihe nach:
In vielen Börsenbriefen werden die Vorzugsaktien zum Kauf empfohlen. Die sind in den letzten Tagen stark gestiegen, weil die Börse die Hoffnung hat, dass Drägerwerke vom Coronavirus profitieren kann. Die Vorzüge sind halt einfach die bekannteste Gattung.
An der Börse lohnt es sich aber oft, auch mal in etwas exotischere Ecken zu schauen. Dazu muss man wissen, dass die drei Genussscheine dem Inhaber einerseits die zehnfache (!) Dividende der Vorzugsaktien garantieren. Während also die Vorzüge (WKN 555063) letztes Jahr im Mai 2019 brutto genau 19 Cent pro Stück Dividende gezahlt haben, gab es für die drei Genussscheine jeweils 1,90 Euro pro Stück. Daher sind die Genüsse teurer als die Vorzüge.
Das ist aber nicht das interessanteste. Drägerwerke kann die Genussscheine nämlich kündigen. Bei einer Kündigung erhalten die Inhaber das zehnfache (!) des Durchschnittskurses der Vorzugsaktien in den drei Monaten vor der Kündigung.
Und genau das ist bei dem Genussschein der Serie D (WKN 555071) jetzt passiert. Dräger hat am 24.03.2020 gekündigt. Die Inhaber dieses Genussscheins bekommen an Silvester 2022 jeweils 547 Euro. Ihr seht, wie der Kurs des Scheines auf die Kündigung reagiert hat: er ist von 250 über Nacht auf über 450 Euro gesprungen. Wegen der Restlaufzeit ist der Kurs noch unter dem Einlösungsbetrag. Der Kurs wird jetzt langsam bis Silvester 2022 auf 547 Euro steigen.
Empfehlung Nummer 1 (konservativ):
Wer heute den Genussschein der Serie D (WKN 555071) kauft, bezahlt dafür etwa 465 Euro und bekommt am 31.12.2022 den Betrag von 547 Euro zurück. Rendite: 17,6 Prozent, das entspricht knapp 6 Prozent pro Jahr. Dazu kommen noch die Dividenden! Ein sicheres Geschäft, auch für Einsteiger geeignet.
Die beiden noch ungekündigten Genussscheine (WKN 555065 und 555067) zogen ebenfalls an. Deren Kündigungsfrist ist kürzer. Es ist wahrscheinlich, dass der Konzern auch sie kündigen wird, um die komplexe, teure Kapitalstruktur zu verbessern. Das schöne dabei: Die Vorzugsaktie steht aktuell irgendwo zwischen 70 und 100 Euro (starke Schwankungen). Das bedeutet, der Durchschnittskurs der letzten drei Monate erhöht sich jeden Tag! Mit anderen Worten: Für Dräger wird die Kündigung jeden Tag teurer. Aktuell müsste Drägerwerke bei einer Kündigung etwa 555 Euro bezahlen. Wenn sich der Kurs der Vorzüge drei Monate lang bei 80 Euro hält und Drägerwerke so lange mit der Kündigung wartet, würde der Durchschnitt auf 800 Euro steigen. Insider, die das Unternehmen gut kennen, rechnen daher mit einer baldigen Kündigung.
Empfehlung Nummer 2 (etwas riskanter):
Wer heute beispielsweise den Genussschein der Serie A (WKN 555065) kauft, bezahlt etwa 440 Euro. Wenn Drägerwerk tatsächlich bald kündigt, gibt es mehr als 550 Euro zurück! Und dazu noch die Dividenden.
Betrachten wir das Risiko. Der Kurs der Genussscheine ist das zehnfache des Vorzugsaktienkurses wert. Aktuell kostet der A-Genussschein 440 Euro. Das entspricht einem Aktienkurs von 44 Euro. Ein Blick auf den Chart der Vorzugsaktie (WKN 555063) zeigt: tiefer als 39 Euro stand das Papier seit zehn Jahren nicht mehr. Und immerhin: Derzeit werden die Produkte des Unternehmens stark nachgefragt.
Man kann die drei Genussscheine leider nicht im Livetrading kaufen, aber Frankfurt und Stuttgart stellen faire Kurse. Kleiner Tipp, falls der Kaufkurs in Frankfurt und Stuttgart identisch sein sollte: Bitte in der Kosteninfo prüfen, an welchem Börsenplatz die Spesen geringer sind. Und zur Sicherheit bitte ein Limit setzen, das dem aktuell angezeigten Kaufkurs entspricht.
Viel Erfolg mit diesen etwas anderen Wertpapieren,
ein schönes Wochenende an alle, die das hier lesen müssen
aus einem sonnigen München
nmh
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 22.04.2020 19:44
@nmh schrieb:
Die Genussscheine der Serie D wurden im März gekündigt. Also richtet sich der Rückzahlungswert nach den Durchschnitten im Dezember, Januar und Februar, also 54,63 EUR. Multipliziert mit 10 ergibt ziemlich genau die 547 Euro, die Dräger für die Serie D ausgelobt hat.
Wenn die beiden anderen Serien noch im April gekündigt werden, ergibt sich der Rückzahlungskurs aus den Durchschnitten Jan, Feb und Mrz. Da komme ich auf einen Wert von 592 Euro. Sieht gut aus!
@nmh's Schätzungen sind -wie immer- sehr gut.
Dräger sagt:
Der Rückkaufwert pro Genussschein der Serie A und K beläuft sich auf rund EUR 593. Der Rückkaufwert der bereits im März gekündigten Genussscheine der Serie D (ISIN DE0005550719) pro Genussschein beläuft sich auf EUR 546,20. Die Auszahlung des Rückkaufwertes an die Inhaber der Genussscheine erfolgt für Serie A i.H.v. rund 116 Mio. Euro und für Serie K i.H.v. rund 41 Mio. Euro gem. der jeweiligen Genussscheinbedingungen am 4. Januar 2021. Die Auszahlung des Rückkaufwertes an die Inhaber der Genussscheine erfolgt für Serie D i.H.v. rund 310 Mio. Euro am 2. Januar 2023
24.04.2020 23:57 - bearbeitet 24.04.2020 23:59
24.04.2020 23:57 - bearbeitet 24.04.2020 23:59
Kürzlich wurde ich ja davon überrascht, daß Gewinne aus A1JRLA American Tower nicht als Aktiengewinn zu versteuern waren, sondern als Sonstige. Obwohl im Informer Aktie/Stammaktie steht, ist es als REIT und steuerlich als alternativer Investmentfonds anzusehen.
Wie ist es bei Dräger-Genussscheinen, als welche Gewinnart werden die versteuert?
Der Informer nennt als Typ Aktie/Unbekannt.
am 27.10.2020 19:50
Hallöchen,
ich habe mir damals auch ein paar Genussscheine Serie A zugelegt. Vielen Dank für den Tipp!
Hatte vor ein paar Tagen ein Angebot im Postfach, dass futurum Bank AG die Scheine für knappe 600 € bar abfinden möchte. Ich finde den Haken allerdings nicht. Habt ihr das Angebot auch erhalten?
Viele Grüße
27.10.2020 20:01 - bearbeitet 27.10.2020 20:02
@WiZa schrieb:
Hatte vor ein paar Tagen ein Angebot im Postfach, dass futurum Bank AG die Scheine für knappe 600 € bar abfinden möchte. Ich finde den Haken allerdings nicht. Habt ihr das Angebot auch erhalten?
Ich habe kein derartiges Angebot erhalten und verstehe auch nicht, warum jemand so ein Angebot machen sollte - der Schein wird in 2 Monaten für 593 EUR eingelöst. Kannst du das Schreiben (anonymisiert) hier einstellen?
am 27.10.2020 20:05
Google am besten mal "futurum Genussschein". Gleich der erste link (diebewertung) beschreibt im Endeffekt was im Schreiben steht.
Ich bin auch etwas verwirrt.
27.10.2020 20:22 - bearbeitet 27.10.2020 20:22
@WiZa :
Herzlich willkommen in dieser Community. Es freut mich sehr, dass Du mit meinem Tipp viel Geld verdient hast.
Solche unseriösen Angebote sind seit vielen Jahrzehnten üblich. Der "Haken" ist in aller Regel, dass der Kaufinteressent noch langfristig davon zurücktreten kann. Er spekuliert darauf, dass es eine Nachbesserung oder sonstige Vorteile gibt. Wenn nicht, tritt er (ohne weitere Kosten für ihn) zurück. Er will also eine Call-Option von Euch kaufen, aber ohne Euch eine Optionsprämie dafür zu bezahlen.
Ab damit in den Mülleimer.
Viele Grüße aus München
nmh
am 27.10.2020 20:30
Vielen Dank für den netten Empfang hier in der Community und natürlich auch für die schnelle Hilfe!
Dann bin ich ja beruhigt und das Schreiben habe ich direkt in den Müll geschoben.
viele Grüße und einen schönen Abend noch
am 30.10.2020 08:07
Heute trudelte auch so ein Angebot bei mir ein, Genussschein der Serie D (WKN 555071)...
ACHTUNG: Auf keinen Fall annehmen!!! Der Hinweis der Comdirect in dem Kasten ist ernstzunehmen - "Werthaltigkeit des Angebots selbst prüfen".
@dg2210hier noch das Schreiben. Interessiert ja vielleicht auch andere.
baha
am 06.11.2020 10:42
Hallo,
ich habe mal eine Frage zu den Genussscheinen 555065.
Derzeit werden die Scheine an den deutschen Börsen heute mit etwa 593 € (Geld) und bis zu 597 € (Brief gehandelt). Warum werden die Scheine über dem "Auslösungsbetrag" gehandelt? Und sollte man die Scheine jetzt schon verkaufen? Mir ist klar, dass man die Orderkosten berücksichtigen muss. Im Fall der Auslösung Anfang 2021 fallen ja, soweit ich das richtig verstanden habe, keine Kosten an.
Vielleicht kann man den Veräußerungsgewinn steuerlich ja in 2020 eher gebrauchen als in 2021.
Ich danke euch ganz herzlich!
06.11.2020 10:52 - bearbeitet 06.11.2020 10:55
@Fix1 :
Die Genüsse 555065 und 555067 werden per 30.12.2020 zu EUR 596,- (möglicherweise plus Zinsen) gebührenfrei eingelöst, also mehr als Du beim Verkauf derzeit erhälst.
nmh