am 04.10.2025 12:10
Ich habe vor ein paar Tagen 12.140 Metaverse Capital Corp. Aktien wertlos bei der Comdirect ausbuchen lassen. Die in der Steuersimulation hinterlegten Anschaffungskosten waren 1006.45 Euro.
Nun hatte ich erwartet das diese 1006.45 Euro meine Aktienverlusttopf hinzugefügt werden.
Doch im Gegenteil...nun soll ich 79.63 Steuern bezahlen. Die Steuerbemessungsgrundlage ist 301.92.
Wie gesagt werlose Ausbuchung.
Anschaffungskosten sind vorhanden.
Jetzt habe ich nachgerechnet...301.92 sind ja 30% von der Anschaffungskosten.
Das entspricht der Ersatzbemessungsgrundlage.
Bei einem Depotübertrag ohne bekannte Anschaffungskosten...da käme das hin.
Aber bei wertloser Ausbuchung mit bekannten Anschaffungskosten kann das doch nicht sein, oder?
Wäre da sehr dankbar für Hilfe und Gedanken.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 05.10.2025 07:51
Bei Aktien (nach 2009 erworben) und regelmäßiger (zunächst) steuerfreier Dividende sinken die AK stetig, sodass hierbei irgendwann jeder Verkauf einen Gewinn darstellt. Für negative AK habe ich solche aber noch nicht lange genug. D.h. diese Aktien scheiden perspektivisch auf lange Sicht selbst bei Kursen gen 0€ zur Verlustverrechnung aus.
am 05.10.2025 08:01
@MikeCharly schrieb:Bei Aktien (nach 2009 erworben) und regelmäßiger (zunächst) steuerfreier Dividende sinken die AK stetig, sodass hierbei irgendwann jeder Verkauf einen Gewinn darstellt. Für negative AK habe ich solche aber noch nicht lange genug. D.h. diese Aktien scheiden perspektivisch auf lange Sicht selbst bei Kursen gen 0€ zur Verlustverrechnung aus.
Was hat das nun mit dem Thema zu tun?
Leider kann man hier nicht downvoten. Aud Reddit hättest du dafür schon 20 downs bekommen. 🙂
Es gibt nur wenige Aktien mit steuerfreien Dividenden.
Und eine Telekom wird sicher niemals wertlos ausgebucht werden.
am 05.10.2025 08:23
Ich denke du hast fast recht.
Habs aber gefunden:
b) Ersatzbemessungsgrundlage und Verluste (§ 43a Absatz 2 Satz 6 und 7 EStG)
194 Die Korrektur des Kapitalertrags nach Anwendung einer Ersatzbemessungsgrundlage
erfolgt grundsätzlich im Rahmen der Veranlagung nach § 32d Absatz 4 EStG, vgl. Rn. 145.
Der Steuerpflichtige hat hierbei die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, die zur Korrektur der steuerlichen Daten dieses Geschäftsvorfalls dienen.
Beispiel:
Der Steuerpflichtige weist die Anschaffungsdaten bei einem Geschäftsvorfall (Einlösung
einer Anleihe), den das Kreditinstitut mit Ersatzbemessungsgrundlage (Gewinn 300 €) abgerechnet hat, in der Veranlagung nach (Gewinn 0 €).
Lösung:
Die einbehaltene Kapitalertragsteuer wird erstattet.
Abwandlung:
Der Steuerpflichtige hat aus der Veräußerung von Anleihen außerdem Verluste in Höhe von 500 € erzielt. Die Bank bescheinigt am Ende des Kalenderjahres Verluste in Höhe von 200 €.
Der Steuerpflichtige weist die Anschaffungsdaten im Rahmen der Veranlagung nach, so dass er neben den von der Bank bescheinigten Verlusten in Höhe von 200 € weitere Verluste in Höhe von 300 € im Rahmen der Veranlagung mit Gewinnen aus Kapitaleinkünften
verrechnen kann.
Lösung:
Erklärt der Steuerpflichtige keine weiteren Einkünfte aus Kapitalvermögen, wird zum
Jahresende ein Verlust in Höhe von 500 € festgestellt (§ 20 Absatz 6 EStG).
Kapitalertragsteuer wird nicht erstattet.
05.10.2025 08:26 - bearbeitet 05.10.2025 08:40
So, ich bin es noch einnmal. Ich habe mir den Gesetzestext einmal genauer angeschaut, weil ich wissen wollte, wann der Gesetzgeber einen fiktiven Gewinn in Höhe von 30% der AK ermitteln lässt. Das klingt ja erst einmal komisch. Die Antwort geben die Sätze 8 bis 10 des § 43a (2) EStG:
8In den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 4 gelten der Börsenpreis zum Zeitpunkt der Übertragung [...] als Einnahmen aus der Veräußerung [...] 9Zur Ermittlung des Börsenpreises ist der niedrigste am Vortag der Übertragung im regulierten Markt notierte Kurs anzusetzen; liegt am Vortag eine Notierung nicht vor, so werden die Wirtschaftsgüter mit dem letzten innerhalb von 30 Tagen vor dem Übertragungstag im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt; [...]. 10Liegt ein Börsenpreis nicht vor, bemisst sich die Steuer nach 30 Prozent der Anschaffungskosten.
Nun stellt sich die Frage, was die Fälle des § 43 (1) Satz 4 sind:
4Für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs gilt die Übertragung eines von einer auszahlenden Stelle verwahrten oder verwalteten Wirtschaftsguts im Sinne des § 20 Absatz 2 auf einen anderen Gläubiger als Veräußerung des Wirtschaftsguts. 5Satz 4 gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige der auszahlenden Stelle [...] mitteilt, dass es sich um eine unentgeltliche Übertragung handelt.
Der Gesetzgeber hatte also (vermutlich) folgenden Fall im Hinterkopf:
A hat Aktien mit AK von 1.000 EUR im Depot. A überträgt die Wertpapiere an B (und gibt dabei nicht an, dass die Übertragung unentgeltlich ist). Dann geht das EStG von einer entgeltlichen Veräußerung der Aktien von A an B aus (aber eben nicht über die Börse, sondern über den "Tresen"). Nun stellt sich die Frage, wie hoch der Gewinn von A war, weil ja der Bank nicht bekannt ist, wie viel Erlös A von B für die Aktien bekommt (200 EUR, 5.000 EUR, ???). Ein Börsenpreis kann ja auch nicht als Veräußerungserlös angenommen werden, weil es lange keinen mehr gibt. Also sagt das EStG einfach: Wir nehmen das, was uns bekannt ist, nämlich die AK, und fingieren darauf 30% als Gewinn. Der Rest muss in der ESt-Erklärung gemacht werden. Da muss A erklären, wie viel Geld er tatsächlich von B bekommen hat.
Nun aber zu deinem Fall: Du hast ja die Wertpapiere ausbuchen lassen. Für mich ist das gedanklich eine Übertragung an die Bank. Aber sie ist ja unentgeltlich und die Bank weiß das auch. Schließlich zahlt sie dir kein Geld für die Aktien. Weswegen die comdirct also in deinem Fall von einer entgeltlichen Übertragung ausgeht und gemäß den oben zitierten Regeln Steuern einbehält, ist mir ein Rätsel. Das macht sie ja sonst auch nicht. Sonst müsste dieses Forum übeschwemmt sein von Anfragen wie deiner. Ist es aber nicht. Da teile ich also deine Verwunderung.
Jetzt ist die Frage, was zu tun ist: Entweder du bohrst weiter bei der Codi (a) oder du ziehst es einfach über die Anlage KAP gerade (b). Mir persönlich wäre ja auch die Alternative a lieber. Aber bevor man da zu viel Zeit und zu viele Nerven investiert....
Das sind meine Gedanken zu deinem Fall. Definitiv spannend aus steuerlicher Sicht. Wird dich aber nicht trösten. 🙂
Viele Grüße
Lukas
am 05.10.2025 08:37
@Fix1 schrieb:
8In den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 4 gelten der Börsenpreis zum Zeitpunkt der Übertragung [...] als Einnahmen aus der Veräußerung [...] 9Zur Ermittlung des Börsenpreises ist der niedrigste am Vortag der Übertragung im regulierten Markt notierte Kurs anzusetzen; liegt am Vortag eine Notierung nicht vor, so werden die Wirtschaftsgüter mit dem letzten innerhalb von 30 Tagen vor dem Übertragungstag im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt; [...]. 10Liegt ein Börsenpreis nicht vor, bemisst sich die Steuer nach 30 Prozent der Anschaffungskosten.
Nun aber zu deinem Fall: Du hast ja die Wertpapiere ausbuchen lassen. Für mich ist das gedanklich eine Übertragung an die Bank. Aber sie ist ja unentgeltlich und die Bank weiß das auch. Schließlich zahlt sie dir kein Geld für die Aktien. Weswegen die comdirct also in deinem Fall von einer entgeltlichen Übertragung ausgeht und gemäß den oben zitierten Regeln Steuern einbehält, ist mir ein Rätsel. Das macht sie ja sonst auch nicht. Sonst müsste dieses Forum übeschwemmt sein von Anfragen wie deiner. Ist es aber nicht. Da teile ich also deine Verwunderung.
Das ist eben eine entgeltliche Übertragung zu 0€ ohne einen regulierten Börsenpreis zu haben. 🙂
Daher wird ein fiktiver Gewinn unterstellt.
am 05.10.2025 09:07
Ich muss zugeben, dass mir diese Auswirkungen bei direkter bankseitiger Berücksichtigung nicht bewusst waren.
In der genannten Fallkonstellation ist sinnvollerweise eine Steuererklärung zu machen.
Das bedeutet doch im Klartext, dass die „ alte“ Regel (Verluste per Bankbestätigung zum Jahresende) für die meisten Anleger günstiger ist/war, da zumindest zwischenzeitlich keine Steuerzahlungen zu leisten sind, die dann mit der entsprechenden Steuererklärung zusätzlich zurück zu fordern sind.
05.10.2025 09:44 - bearbeitet 05.10.2025 10:49
05.10.2025 09:44 - bearbeitet 05.10.2025 10:49
Ein Schildbürgerstreich per excellence!
Ein Vorgang der nahezu ausschließlich dazu dient gesetzeskonform einen steuerlichen Totalverlust geltend zu machen, muss pauschal versteuert werden da die Höhe des Gewinns nicht festgestellt werden kann. Ich lasse mal offen ob der Gesetzgeber da was übersehen hat oder die Bank etwas merkwürdig auslegt, aber so was kannst du dir im Traum nicht ausdenken.
Mit so etwas beschäftigt man dann Fachabteilungen, Steuerberater und Mitarbeitende in den Steuerbehörden, und Montag geht das lamentieren wieder los die Gesellschaft müsse länger arbeiten weil man nicht produktiv genug sei.
Gute Nacht Deutschland.
am 05.10.2025 11:42
So sieht das dann aus.
Die werlose Ausbuchung wird als Verkauf zu 0 Euro gewertet.
Scheint alles rechtskonform zu sein.
Aber Sinn macht das nicht.
Geht man erstmal mit der abgeführten Kapitalertragssteuer in Vorkasse.
Jetzt sind das ja nur ein paar Euro.
Aber wenn jemand zB. 200.000 Euro Anschaffungskosten hatte dann heißt es Kapitalertragssteuer auf 60.000 Euro vorstrecken. Obwohl 200.000 Verlust.
Da war die alte Regelung echt besser.
05.10.2025 11:45 - bearbeitet 05.10.2025 11:45
@Tracy Ace Was für eine alte Rechtslage meinst du?
Nebenbei: Du könntest dich gerne mal mit ein paar "Danke" und "Daumen hoch" erkenntlich zeigen, wenn sich Leute um dein Anliegen kümmern. Fühle mich gerade schlecht, das zu schreiben. Aber ich finde es angebracht. Nichts für ungut! 😉
am 05.10.2025 11:58
Die alte Regelung wie von Ikognito oben beschrieben.
Und yes...danke an alle für die Tipps.
Hat mir geholfen die Sache einigermaßen zu verstehen.