07.09.2017 16:37 - bearbeitet 22.04.2021 22:01
Liebe professionelle Aktionäre (m/w),
es hat sich ja inzwischen rumgesprochen, daß ich irgendwie ein bisschen doof bin und daher mein Portfolio extrem breit gestreut habe. Ich halte tatsächlich mehrere hundert unterschiedliche Wertpapiere. Andere sammeln Kronenkorken oder Spielzeugautos oder Briefmarken, ich sammle halt WKNs. Gibt schlimmeres.
In den letzten Monaten haben einige von Euch angeklopft, mich aus dem Schönheitsschlaf aufgeschreckt, und wollten wissen, wie man denn da den Überblick behalten kann. Danke für all die Nachrichten per Postkarte, Flaschenpost, E-Mail und daß Ihr Euch um mich sorgt -- zu Recht um mich sorgt! Ich glaube, von Warren Buffett stammt der Spruch mit dem Harem und den Ehefrauen und daß man nicht zu viele davon haben soll, um jede einzelne besser kennenzulernen. Ähnlich soll das auch mit den Aktien sein: bloß nicht verzetteln. Manche sagen, Privatanleger sollen nicht mehr als zehn verschiedene Aktien halten. Gilt nicht für mich. Erfolgreich mit meinem breiten Portfolio, in den letzten 20 Jahren. Allerdings macht es schon viel Arbeit. Klar, das ist nicht für jeden etwas. Und eindeutig nicht erforderlich: Gutes Geld verdienen kann man auch mit nur zehn verschiedenen Aktien. Das ganz deutlich. Ihr müßt nicht so schlimm sein wie ich, das ist wirklich nur ein Hobby.
Risikosteuerung über den "Hub"
Ich möchte Euch heute einmal einen kleinen Blick hinter die Kulissen professioneller Portfoliosteuerung gewähren und Euch das System erklären, mit dem ich meine Wertschriften unabhängig von ihrer Anzahl gut und effizient kontrolliere. Ich nutze dazu massive Computerunterstützung; es handelt sich um hochgezüchtete EDV-Systeme, die ich mir in den letzten 20 Jahren selbst eingerichtet und programmiert habe und die dem Normalanleger nicht zur Verfügung stehen. Aber für kleinere Portfolien (also nur wenige WKN) könnt Ihr das System durchaus auch ganz einfach mit Excel umsetzen, wenn Ihr's sympathisch findet. Vielleicht mag der eine oder andere mein System und nützt es künftig selbst zur Risikosteuerung. Das würde mich sehr freuen. Ich habe es nicht patentiert. Geschäftsmethoden sind in Europa nicht patentfähig.
Und zwar möchte ich Euch erklären, wie ich für jedes meiner vielen unterschiedlichen Wertpapiere einen sogenannten "Hub" berechne. Das klingt kompliziert, ist aber (wie die meisten erfolgreichen Systeme) im Prinzip ganz einfach. Keine Sorge, nach der theoretischen Erklärung gebe ich ein Beispiel. Es ist wirklich nicht schwierig.
Für den eiligen Leser läßt sich mein System in drei Zeilen zusammenfassen:
Gut, waren jetzt vier Zeilen. Zählen war noch nie so meine Stärke.
Und jetzt die Langfassung. Uff, alle nochmal durchatmen bitte; keine Angst, es wird nicht schlimm.
1. Stopkurse werden maschinell nachgezogen
Basis meiner Systeme ist, daß es fast ohne Ausnahme* für jedes Wertpapier einen Stopkurs gibt. Ich predige ja immer: Gewinne laufen lassen, bloß nicht zu früh verkaufen, und Verluste strikt begrenzen. Die meisten Privatanleger machen es ja leider genau umgekehrt, aber alle Leser dieser Community wissen Bescheid. Wenn eine Aktie anfängt zu fallen, muß ich über einen Verkauf nachdenken, aber erst dann. In allgemein schwierigen Börsenphasen mag das anders sein, wenn ohnehin alles fällt. Aber wenn Euer Papier als einzige von vielen Aktien fällt, nennt man das relative Schwäche -- raus damit und vom Geld was besseres kaufen.
Denn merke: das einzige, das ich an der Börse von vorn herein festlegen kann, ist mein maximaler Verlust. Das ist das einzige, was ich beeinflussen kann. Alles andere ergibt sich aus dem Markt!
Außerdem gibt es bei mir für jede WKN oberhalb vom Stopkurs einen "Nachziehkurs", und wenn der erreicht wird, dann ziehe ich den Stopkurs nach.
Bei der Vielzahl meiner Papiere geht das nicht manuell, das macht freundlicherweise mein Computer. Der schaut sich regelmäßig alle Positionen an. Wenn der "Nachzieh-Kurs" erreicht ist, dann wird der Stopkurs nachgezogen. Im Prinzip** funktioniert das dann so: Der Stopkurs und der Nachziehkurs werden jeweils um denselben Betrag so weit nachgezogen, daß der aktuelle Aktienkurs genau in der Mitte zwischen dem neuen Stopkurs und dem neuen Nachziehkurs steht.
Diese Differenz zwischen dem Stopkurs und dem Nachziehkurs verändert sich beim Nachziehen der Stops also nicht. Das ist wichtig für mein System.
Also: für jede einzelne WKN gibt es einen Stopkurs und einen Nachziehkurs. Beide klettern im Idealfall regelmäßig nach oben, ohne daß ich etwas tun muß. Der Abstand der beiden ist für jede WKN individuell festgelegt. Wie, zeige ich weiter unten im Text.
Ein Beispiel: Mein alter Stopkurs für die X-Aktie lag bei 102 Euro. Sobald 114 Euro erreicht werden (Nachziehkurs), soll der Stopkurs angehoben werden. Die Differenz beträgt 12 Euro (114 minus 102). Jetzt ist die X-Aktie tatsächlich über 114 geklettert, nämlich auf 115 Euro. Also sieht mein Computer, daß er den Stopkurs nachziehen muß. Der Aktienkurs soll exakt zwischen Stop- und Nachziehkurs liegen. Also liegt der neue Stopkurs bei 109 Euro und der neue Nachziehkurs bei 121 Euro. Der Börsenkurs 115 ist genau in der Mitte. Die Differenz beträgt weiterhin 121 - 109 = 12 Euro. Wenn die Aktie dann demnächst hoffentlich über 121 klettert, wird der Stopkurs wieder maschinell nachgezogen. Das ist der Idealfall.
Doch es gibt leider auch Aktien, die fallen. Die Stopkurse dienen dazu, Verluste zu begrenzen oder dann später Gewinne zu sichern. Wenn jetzt also die X-Aktie unter den Stopkurs von (neu) 109 Euro fällt, schlägt mein Computer Alarm. Dann muss ich entscheiden, ob ich sofort verkaufe, ob ich einen Börsen-Stopkurs setze, vielleicht nur einen Teil verkaufe, oder ob ich die Warnung ignoriere, zum Beispiel weil derzeit alle Aktien fallen.
Dazu muß ich sagen, daß nicht alle Stopkurse auch automatisch als Orders an der Börse liegen. Positionen, die als riskant eingestuft werden, sind meistens auch an der Börse mit einem Stop abgesichert. Meine Kernpositionen, das könnten ETFs oder breite Indexzertifikate sein, haben dagegen oft nur den Stopkurs in meinen Systemen.
So eine ähnliche Strategie bietet Euch auch comdirect für Börsenorders an, das heißt "trailing stop loss". Das nutze ich aber nicht, weil ja mein eigener Computer die Stopkurse überwacht und nachzieht. Dazu brauche ich die Bank nicht. Aber vielleicht ist das etwas für Euch.
Ihr habt gesehen, daß der Abstand zwischen Stopkurs und Nachziehkurs eine wichtige Rolle spielt. Und damit komme ich zum zweiten Teil meiner langwierig erklärten, aber im Kern ganz simplen Technik. Nämlich dem "Hub".
2. Der "Hub" als Risikomaß
Der Hub ist einfach die Differenz zwischen den beiden Kursen multipliziert mit der Stückzahl. Wenn ich von der X-Aktie 50 Stück halte und Stopkurs/Nachziehkurs bei 109 bzw. 121 Euro liegen, dann beträgt der Hub (121-109) x 50 = 600 Euro.
Mein System achtet auch darauf, daß für jede einzelne Aktie der Hub einen bestimmten Euro-Betrag nicht überschreitet, andererseits aber auch nicht zu klein wird. Dieser Euro-Grenzwert ist im Prinzip für jedes Wertpapier gleich. Es handelt sich, grob gesagt, um den maximalen Verlust in Euro, den ich bereit bin, in einer einzelnen WKN zu tragen. Die genaue Höhe hängt wiederum davon ab, wie das Investment klassifiziert ist. Ich besitze Kern-Positionen, die ich nur ungern verkaufen würde. Zum Beispiel ETFs, Indexzertifikate, solche Sachen. Das sind die Positionen, in die ich mich "verliebt" habe (sollte man ja eigentlich nicht tun) und die ich viele Jahrzehnte halten möchte. Und ganz außen gibt es Satelliten, also Spielereien, Aktien also, bei denen ich keine größeren Verluste toleriere. Die Kernpositionen haben einen viel höheren Grenzwert als die Satelliten.
In meinem Fall gibt es also mehrere unterschiedliche Grenzen für den Hub. Nehmen wir der Einfachheit halber mal ein, ein typischer Privatanleger setzt sich immer einen Hub von maximal 1.000 Euro. Mehr will er pro WKN nicht verlieren.
Das Schöne ist, daß Ihr diese Entscheidung prinzipiell nur einmal im Leben treffen müßt. Sagen wir also 1.000 Euro. Das ist Eure Vorgabe an Euer Portfolio. Und die entscheidet jetzt bei jedem Aktienkauf, wieviele Stücke Ihr kaufen dürft!
Das nennt man "Money Management" -- ebenfalls eine Strategie, die alle Profis verfolgen. Vor dem Kauf einer Aktie denkt der Profi erst über den Stopkurs nach, und dann entscheidet er, wieviele Stücke er kauft. Noch vor dem Kauf drüber nachdenken, wo man wieder verkauft -- für den Privatanleger gewöhnungsbedürftig.
Wieder ein Beispiel. Angenommen, wir wollen jetzt die Y-Aktie kaufen. Bevor wir kaufen, werfen wir einen Blick auf den Chart. Die Y-Aktie steht derzeit bei 59 Euro. Der Profi entscheidet bereits vor dem Kauf, bis zu welcher Untergrenze er Verluste tolerieren wird, wo also der Stopkurs liegen soll. Nehmen wir mal an, die Aktie ist in den letzten Monaten schwankend zwischen 55 und 70 Euro aufwärts gelaufen. Also können wir unterhalb von 55 einen Stopkurs setzen, sagen wir mal bei 53 Euro. Und wenn die Aktie über 70 Euro steigt, dann ist sie aus diesem Korridor ausgebrochen, und wir dürfen den Stopkurs nachziehen. Also soll der Nachziehkurs bei 72 Euro liegen.
Die Differenz zwischen den beiden Kursen beträgt also 72 - 53 = 19 Euro. Und jetzt können wir ausrechnen, wieviele Stücke wir kaufen dürfen. Der Hub, also diese Differenz multipliziert mit der Stückzahl, soll ja nicht größer als 1.000 Euro sein. 1.000 geteilt durch 19 ist 52,6. Also wäre ein Kauf von 40 oder 50 Stück eine gute Idee. Das kostet z.B. 50 x 59 Euro = 2.950 Euro und ist auch eine ganz passable Größe, wenn man die Bankgebühren dazurechnet.
Mein Computer geht jedes Wochenende durch alle meine Positionen, berechnet die Differenz zwischen Stopkurs und Nachziehkurs und multipliziert diese Differenz mit der Stückzahl. Das Ergebnis ist der "Hub" jeder WKN. Wenn bei einer Position der Hub größer ist als mein Grenzwert, sagen wir mal 1.000 Euro, dann schlägt der Computer Alarm. Denn das bedeutet, daß bei dieser WKN mein Stopkurs zu weit vom Nachziehkurs entfernt liegt. Ich muß dann eingreifen und den Stopkurs anheben oder den Nachziehkurs absenken.
Mein Computer meckert aber auch, wenn der Abstand multipliziert mit der Stückzahl zu klein ist, zum Beispiel nur 150 Euro. Dann liegen Stop- und Nachziehkurs zu nah beieinander. Denn dadurch ergibt sich das Problem, daß der Stopkurs zu häufig nachgezogen wird. Dadurch steigt das Risiko, ungewollt aus der Position ausgestoppt zu werden.
Was soll das alles? Warum so und nicht anders?
Das System hat den großen Vorteil, daß es Euch eine risikoadjustierte Kontrolle jeder einzelnen Position liefert. Mit anderen Worten, wenn Ihr von einer Aktie viele Stücke und damit einen größeren Euro-Betrag besitzt, dann sorgt die Mathematik dafür, daß der Stopkurs und der Nachziehkurs enger beieinander liegen müssen. Diese große Position führt Ihr also an einer kürzeren Hundeleine als eine kleinere Position. Das ist auch sinnvoll, denn Verluste bei einer großen Position können ein Portfolio stärker beschädigen als Verluste in einer kleinen Nebenposition.
Ergebnis ist, daß Euer Computer bei größeren Positionen schneller mal warnt, daß ein Stopkurs unterschritten ist. Ihr könnt dann selbst entscheiden, ob Ihr beispielsweise einen Teil der Position aus Sicherheitsgründen verkaufen wollt. Nach einem Teilverkauf sinkt die Stückzahl im Depot, und somit dürft Ihr den Stopkurs und den Nachziehkurs etwas auseinanderziehen. Mit anderen Worten, Ihr verlängert dann die Hundeleine für diese WKN.
Der weitere große Vorteil eines solchen Systems ist seine Skalierbarkeit. Mit dem Hub-Prinzip könnt Ihr ein Depot aus nur fünf unterschiedlichen Aktien steuern, oder schlimmstenfalls auch ein Portfolio mit mehreren tausend Aktien und Zertifikaten. Das Prinzip ist immer dasselbe: Die Differenz zwischen Nachziehkurs und Stopkurs multipliziert mit der jeweiligen Stückzahl sollte bei jeder WKN nicht größer als zum Beispiel 1.000 Euro sein und nicht kleiner als beispielsweise 200 Euro.
Und noch ein Vorteil: Dieses System könnt Ihr unabhängig davon anwenden, warum Ihr eine Aktie kaufen wollt: seien es charttechnische Signals, oder Trends (Sternelisten), oder auch Fundamentalanalyse oder schlicht eine Empfehlung, die Ihr gelesen habt. Das Hub-System ist perfekt kompatibel zu allen Kauf-Strategien!
Nachtrag, April 2021: Es gibt immer wieder Misverständnisse über den Unterschied zwischen Money-Management (siehe hier) und der Hub-Technik (siehe oben). Daher hier ein allgemeiner Hinweis zur Ergänzung:
Stopkurse kann man nicht berechnen, auch nicht über das Hub-System. Meine Hub-Technik berechnet nur ICO-Stopkurse ("in computer only"). Diese werden in aller Regel nicht automatisch an der Börse platziert, sondern eben nur im Computer. Wenn ein ICO-Stopkurs unterschritten wird, löst mein System erstmal nur eine Warnung aus. Falls eine Aktie dann noch keinen "scharfen" Stop Loss an der Börse hat, kann ich eine entsprechende Order erteilen. Bei der Wahl des "echten" Börsenstopkurses analysiere ich dann den Kursverlauf der Vergangenheit, um einen passenden "scharfen" Stopkurs zu ermitteln.
Für das Money-Management sollte man sich an den "echten" Stopkursen orientieren und nicht an den ICO-Stopkursen, die über die Hub-Technik berechnet werden.
Ihr seht: viele Worte, um ein im Kern ganz billiges, einfaches System zu beschreiben. Ich nehme an, Stopkurse setzen die meisten von Euch bereits ein -- hoffentlich. Überlegt Euch doch mal, ob diese Portfoliosteuerung über den Hub nicht auch etwas für Euch wäre.
Viele Grüße aus einem sonnigen München
nmh
_________________
*) Ausnahme: für sehr kleine Positionen, deren Euro-Wert unterhalb einer bestimmten Grenze liegt, habe ich keinen Stopkurs. Man nennt das "Risikosteuerung über die Positionsgröße".
**) Es gibt Ausnahmen. Beispielsweise werden Stopkurse auch nachgezogen, wenn Kursziele meiner Pressedatenbank erreicht sind. Beim Nachziehen der Kurse wird gerundet, auch aus diesem Grund ist der aktuelle Kurs nicht immer genau in der Mitte des Intervalls. Und um Schlafmützen-Aktien rauszuwerfen, die jahrelang nur seitwärts laufen, können Stop- und Nachziehkurse außerdem auch ganz sanft zeitgesteuert automatisch erhöht werden.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 27.12.2020 10:24
Hallo @all,
ich würde gerne wissen, ob ich das Prinzip verstanden habe. Dafür versuche ich hier mal, eine Beispiel-Rechnung aufzustellen.
Also:
@nmh empfiehlt im Adventskalender Esker (907928) bei einem Kurs von 170 € mit Stop bei 122€.
Da ja der Kurs genau zwischen Stopkurs und Nachziehkurs (NZ) liegen soll, liegt der NZ bei 218€, weil 170 - 122 = 48; 170 + 48 = 218.
Der maximale Hub soll bei 1000 € liegen, also kaufe ich
1000 / (218-122) = 10,4167 10 Stk.
Nach dem Kauf warte ich, bis die Aktie auf 218 € steigt (immerhin ein Plus von 28%) und ziehe dann nach, neuer Stop bei 170€, neuer NZ bei 266€.
Bis zum neuen NZ muss die Aktie jetzt "nur noch" 22% klettern.
Sollte die Aktie wider Erwarten fallen, ist @nmh schuld.
Stimmt das so?
Besten Dank im Voraus!
Gruß,
Nick
27.12.2020 11:21 - bearbeitet 27.12.2020 11:29
Fast richtig. Aber Du verwechselst den Hub und den maximalen Verlust.
Außerdem sind "harte" Stopkurse (mit einer entsprechenden aktiven Börsenorder) und solche Stopkurse zu unterscheiden, die nur zur Beobachtung in meinem System gesetzt sind (ICO-Stop, "in computer only") und nicht sofort einen echten Verkauf auslösen.
Beim Kauf wird ein "harter" Stopkurs und der maximale Verlust, sagen wir mal 200 Euro, festgelegt. Wenn Du maximal 200 Euro verlieren willst, darfst Du höchstens vier Esker-Aktien kaufen (200 / (170 - 122) = 4,2). Dein Einsatz dann: 4 x 170 = 680 Euro. Der "harte" Stopkurs liegt bei 122 Euro, und der erste ICO-Stopkurs auch.
Du schreibst: "Da ja der Kurs genau zwischen Stopkurs und Nachziehkurs (NZ) liegen soll". Das ist nicht ganz richtig. Diese Regel gilt nicht beim Kauf, sondern erst beim Nachziehen der Stopkurse.
Der initiale Nachziehkurs wird nach charttechnischen Kriterien und auch unter Beachtung des Hub festgelegt. Wenn man einen Hub von beispielsweise 500 Euro vorgibt, dann landet der erste Nachziehkurs nach dem Kauf bei 247 Euro: (247 - 122) x 4 Stück = 500).
Wenn jetzt der Esker-Kurs über 247 Euro klettert, dann werden der ICO-Stopkurs und der Nachziehkurs so erhöht, dass der aktuelle Kurs in der Mitte zwischen beiden liegt. Bitte beachte: Nur der ICO-Stopkurs wird erhöht. Das bedeutet nicht automatisch, dass auch der "harte", an der Börse gesetzte Stopkurs auf diesen Wert erhöht wird.
Bemerkung: Ein Nachziehkurs von 247 Euro erscheint mir für Esker fast etwas hoch. Nach charttechnischen Kriterien würde ich den Nachziehkurs eher etwas knapper auf sagen wir mal 180 bis 200 Euro festsetzen. Dadurch wird die "Leine" für die Aktie etwas kürzer. Man kann dann drüber nachdenken, einen etwas höheren maximalen Verlust zu akteptieren und mehr Stücke zu kaufen. Im übrigen ist der maximale Wert für den Hub eben ein maximaler Wert. Wenn Du für Dein Depot einen maximalen Hub von 500 Euro festgelegt hast, dann darf bei einzelnen Aktien der Hub auch (deutlich) unter 500 Euro liegen. Also lieber einen Nachziehkurs zwischen 180 und 200 Euro.
Ich hoffe, damit etwas den Nebel gelichtet zu haben.
Und tatsächlich: Wenn die Aktie fällt, dann liegt es daran, dass ich nachgekauft habe. Dann bin also ich schuld.
Viele Grüße aus einem sonnigen, aber eiskalten München
nmh
am 27.12.2020 12:01
Lieber @nmh
Erlaube mir noch folgende Ergänzung: beim Nachziehkurs sollte man immer den Stop überprüfen und nicht blind erhöhen.
Wenn der Kurs steigt, und bei einer Performance von ca 30% p.a. ist eine Verdopplung alle 2,6 Jahre da, sinkt der Abstand zwischen Kurs und Stop. Irgendwann dann auf einen so kleinen Wert, dass der Stop theoretisch bei jeder kleinsten Korrektur ausgelöst werden würde.
Ich denke nicht, dass das im Sinne des Erfinders ist. Es sei denn die HUB Risikosteuerung gibt sowas vor.
27.12.2020 12:22 - bearbeitet 27.12.2020 12:27
Wow, danke! So langsam lichtet sich der Nebel tatsächlich...
Ich komme mir auch n bißchen blöd vor, ich hab den Thread hier schon mehrfach gelesen und trotzdem... egal.
Wenn man in dem Bsp bleibt, und "darf" nur vier Aktien kaufen, verstößt man gegen das Prinzip, wegen den Gebühren immer mindestens "dausend", besser 1500 € zu investieren. Also erhöhe ich den maximalen Verlust und kaufe, sagen wir, neun.
9 x 170 = 1530, das ist ne schöne Zahl. (Können auch mehr oder weniger sein, bei mir waren's halt neun)
Den Stopkurs lassen wir bei 122 €.
Maximaler Verlust also 9 x (170-122) = 432 €
Angenommen Hub = 500 €:
Nachziehkurs=
( X - 122 ) x 9 Stk = 500
X - 122 = 500 : 9
X = ( 500 : 9 ) + 122 = 177,55
Da wäre die Leine schon arg kurz...
Angenommen Hub = 1000 €:
X = ( 1000 : 9 ) + 122 = 233,11
Also hat der maximal akzeptierte Verlust Einfluss auf den Hub, oder?
Ich bin leider weder Mathematiker noch Philosoph...
Ich will wirklich nicht Hub und Verlust(max) verwechseln oder auch nur vermischen, aber da besteht doch ein Zusammenhang?
Edit: Klaro, über die Stückzahl! Oh Mann, ich hab den Groschen echt fallen hören...
Wenn ich wie Du sagst den NZ auf sagen wir 190 € setze, ist der Hub
9 x (190 - 122) = 612 €.
Wenn ich es richtig verstehe, ist der jetzt nur ERSTMALIG so gesetzt; nur das Nachziehen erfolgt dann "gemittelt". Ich hoffe, ich drücke mich verständlich aus:
Mein gewählter Hub soll eine Richtmarke sein, der erste Nz wird nicht per Hub, sondern charttechnisch ertstellt, der Hub als Orientierung, richtig?
Nur nebenbei: meine Stops sind bis auf einen (IIP, A2DGXH) nur ICO.
27.12.2020 12:42 - bearbeitet 27.12.2020 12:44
27.12.2020 12:42 - bearbeitet 27.12.2020 12:44
Das mit den Gebühren ist nur eine generelle Empfehlung die alle Strategien und die unterschiedlich hohen Kosten der Broker berücksichtigt.
Gemessen an diesem Beispiel sind die Gebühren mit einer Höhe von 1,5 Prozent am Investment noch absolut im Rahmen. Es handelt es sich schließlich auch um eine trendstarke Aktie die optimalerweise ordentlich steigt.
Alternativ gibt es mittlerweile auch in Deutschland Low-Fee-Broker. Daher halte ich die Empfehlung der 1000-1500 Euro Mindestinvestion für überholt.
am 27.12.2020 16:21
Sehr gute Bemerkung von @Zilch . Deswegen wirkt die automatische Erhöhung nur auf ICO-Stopkurse und niemals auf "harte" Stopkurse, die "live" an der Börse liegen. Denn Merke: Stopkurse kann man nicht berechnen. Das letzte Wort muss immer der Mensch haben.
Sehr gute Bemerkung auch von @ehemaliger Nutzer . Die Regel mit den 1000 oder 1500 Euro stammt aus einer Zeit*, als der Trade noch 60 DM (Mark!!!) Gebühren verschlungen hat. Heutzutage darf man von einer Aktie, die stark schwankt, gerne auch nur 500 Euro kaufen, wenn das eben die Money-Management-Formel so vorgibt.
nmh
____________
*) Oder so wie mein Schwiegervater. Der kauft auch heute noch immer 1000 Stück, egal, wo der Kurs steht. Weil es sich sonst ja "nicht lohnt" und "unübersichtlich" wird.
04.01.2021 11:00 - bearbeitet 04.01.2021 11:01
Hallo @nmh,
@Crazyalex hat mich auf deine Sammlung zum "Grundwissen zu Wertpapieren" aufmerksam gemacht und ich bin fleißig dabei, mich einzulesen (großartige Sammlung übrigens). Heute Morgen habe ich mich etwas mit diesem Post und "Money Management" beschäftigt. Ich habe mir ein kurzes Beispiel überlegt und dachte mir, vielleicht kannst du mir kurz bestätigen, ob ich in die richtige Richtung gehe bzw. den Ansatz verstanden habe. Mein Beispiel lautet folgendermaßen:
SAP Aktie (WKN: 716460):
Aktueller Kurs 108,89 €, Chartbild der letzten zwei Jahre zeigt einen Aufwärtstrend, letztes markantes Tief lag im November bei 90,30 € also setze ich mir den Stopkurs auf z.B. 89,40 €.
Maximaler Verlust, den ich machen will, wäre sagen wir 200 €. Somit ergibt sich nach deiner Formel eine Stückzahl von 10,26 => 10 Stück.
Liege ich soweit richtig?
Ich habe noch nicht ganz verstanden wie es nun weiter ginge mit dem "Hub" und der Differenz zwischen Stop/Nachziehkursen aber ich versuche mich weiter schlau zu lesen 😄
Viele Grüße aus Mannheim
Timo
am 04.01.2021 11:09
Servus Timo,
ich habe vorhin schon über Deine "Danke"-Klicks gesehen, dass Du meine Texte nach und nach verarbeitest. Herzlich willkommen in dieser Community und vielen Dank für Dein Interesse an meinen Beiträgen.
Kurze Antwort: goldrichtig! Ich würde bei SAP sogar einen Stopkurs im Bereich von 95 Euro, also unter der kleinen Schiebezone Mitte November bis Mitte Dezember vorschlagen. SAP ist aktuell immer noch sehr riskant, da deutlich unter der 200-Tage-Linie. Bitte nur kaufen, falls Du bereits alle anderen Titel beispielsweise aus meinem Weihnachtskalender-Beitrag (siehe hier) bereits besitzt. Kurzfristig sieht SAP nicht schlecht aus.
Mein böser Verdacht: Du findest SAP gut, weil Du in der Nähe wohnst und den Laden kennst. Das nennt man "home bias". Bitte goooooogeln.
Viel Erfolg, und weiterhin viel Spaß mit meinen Texten,
viele Grüße aus München
nmh
am 04.01.2021 11:55
@slobology schrieb:SAP Aktie (WKN: 716460):
Aktueller Kurs 108,89 €, Chartbild der letzten zwei Jahre zeigt einen Aufwärtstrend, letztes markantes Tief lag im November bei 90,30 € also
Viele Grüße aus Mannheim
Timo
Hallo Timo, auch von mir ein Willkommen in der Community! Wenn ich mich hier einmal einhaken darf: Ja, die SAP-Aktie steht höher als vor zwei Jahren, aber einen intakten Aufwärtstrend würde ich der Aktie nicht bescheinigen. Es ist eher ein recht mühsames Auf und Ab, bei dem nach diversen Kursmassakern am Ende zum Glück ein leichtes Plus steht. Wenn du wirklich auf Trendaktien setzen willst, achte bitte auf stetige Aufwärtstrends, die nur von kleinen Schwächephasen (Atempausen) unterbrochen werden. Quasi wie früher in der Schule, als dein Mathelehrer dich gebeten hat, eine einigermaßen gerade Linie von links unten nach rechts oben zu ziehen.
am 04.01.2021 13:26
Hallo zusammen,
hier herrscht ja schon reger Betrieb am Montagvormittag, klasse! Vielen Dank für eure schnellen Rückmeldungen. Ich freue mich, dass ich hier langsam beginne durchzublicken 😉
@nmh schrieb:SAP ist aktuell immer noch sehr riskant, da deutlich unter der 200-Tage-Linie. Bitte nur kaufen, falls Du bereits alle anderen Titel beispielsweise aus meinem Weihnachtskalender-Beitrag (siehe hier) bereits besitzt. Kurzfristig sieht SAP nicht schlecht aus.
Mein böser Verdacht: Du findest SAP gut, weil Du in der Nähe wohnst und den Laden kennst. Das nennt man "home bias". Bitte goooooogeln.
Das Beispiel habe SAP habe ich tatsächlich gewählt, da es ein bekannter Konzern aus der Gegend ist - Gekauft hätte ich vermutlich derzeit nicht. Trotzdem danke für den Hinweis mit der 200-Tage-Linie, da hab ich ehrlich gesagt wirklich erst mal keinen Blick drauf gehabt! Wieder was gelernt.
@Marin schrieb:Wenn du wirklich auf Trendaktien setzen willst, achte bitte auf stetige Aufwärtstrends, die nur von kleinen Schwächephasen (Atempausen) unterbrochen werden. Quasi wie früher in der Schule, als dein Mathelehrer dich gebeten hat, eine einigermaßen gerade Linie von links unten nach rechts oben zu ziehen.
Mir gefällt der Vergleich zum Matheunterricht, den merke ich mir! Wobei ich da nie gut aufgepasst habe 😉
Ich danke euch allen nochmal für die schnelle Rückmeldung, das wird sicher nicht meine letzte Frage gewesen sein!
Viele Grüße
Timo