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Bitte um Hilfe: Verrechnung von Gewinnen und Verlusten

Glücksritter
Autor ★
4 Beiträge

Ein herzliches Hallo an alle!

 

Ich lese hier in der Community bereits länger mit und möchte mich im Vorfeld bei allen Mitgliedern bedanken, die das Forum mit ihren Beiträgen so hilfreich machen.

Vielleicht kann mir jemand bei meinem Anliegen weiterhelfen?

 

Vorweg der Hinweis: Es geht mir nicht um eine steuerliche Beratung, sondern um eure Einschätzung, ob der Feststellungsbescheid über die nicht ausgeglichenen Verluste des Finanzamtes korrekt oder fehlerhaft ist. Bevor ich auf den Feststellungsbescheid weiter unten eingehe, möchte ich meinen Fall ein wenig erläutern.

 

Im Jahr 2020 habe ich im Depot Nr. 1 (Gemeinschaftsdepot bei einer Fremdbank) Verluste aus dem Verkauf eines ETFs sowie aus dem Verkauf von Aktien realisiert. Im gleichen Jahr habe ich im Depot Nr. 2 (Gemeinschaftsdepot bei der Comdirect) Gewinne aus dem Verkauf von Aktien realisiert. Die realisierten Gewinne waren größer als der eingereichte Freibetrag in Höhe von 1513 EUR. Uns steht im Gemeinschaftsdepot ja ein Freibetrag in Höhe von 1602 EUR/Jahr zu. Die übrigen 89 EUR des Freibetrags blieben ungenutzt (warum das so ist, ist erstmal nicht wichtig). Auf den Gewinn, der den Freibetrag überstieg, sind Kapitalertragssteuern angefallen und an das Finanzamt abgeführt worden. 

 

Nun habe ich dieses Jahr im Rahmen der Einkommenssteuererklärung meinen Verlust beim Finanzamt vorgetragen. Bekanntlich können Verluste aus Aktien (Verlusttopf „Aktien“) nur mit Gewinnen aus Aktien verrechnet werden. Die Verluste aus dem Verkauf von ETFs (Verlusttopf „Sonstige“) können hingegen sowohl mit den Gewinnen aus ETFs als auch mit den Gewinnen aus Aktien verrechnet werden.

 

Als Nachweis hat das Finanzamt von mir die Verlustbescheinigung der Fremdbank und die Jahressteuerbescheinigung der Comdirect erhalten. Die wichtigsten Zeilen und Spalten der Bescheinigungen poste ich hier in anonymisierter Form.

 

Ausschnitt aus der Verlustbescheinigung (Depot 1):

Verluste.jpg

Ausschnitt aus der Steuerbescheinigung (Depot 2):

beschcom.jpg

 

 

Zusammenfassend ergibt sich bei der Verlusttopfbetrachtung (Werte gerundet):

Depot 1:

Verlusttopf Sonstige: - 2709 EUR

Verlusttopf Aktien:     - 854 EUR

Depot 2:

Gewinne Sonstige:  +122 EUR

Gewinne Aktien:      +1870 EUR

 

Die realisierten Gewinne im Depot 2 blieben bis zu dem eingereichten Freibetrag in Höhe von 1513 EUR steuerlich unangetastet. Auf den darüber hinausgehenden Betrag fielen Kapitalertragssteuern + Soli in Höhe von ca. 116 EUR an. Diese Steuern habe ich vom Finanzamt im Rahmen des Verlustvortrags dieses Jahr erstattet bekommen.

 

Jetzt kommt der Verlustfeststellungsbescheid, der meiner Meinung nach fehlerhaft ist. Da bitte ich Euch um eure Einschätzung.

 

Da meine Verluste in diesem Jahr offensichtlich nicht vollständig verrechnet werden konnten, ergeht für das Folgejahr ein sogenannter Verlustfeststellungsbescheid. In den nachfolgenden Jahren wird damit der nicht ausgeglichene Verlust mit den Kapitaleinkünften verrechnet und zwar solange, bis der Verlust irgendwann komplett ausgeglichen ist.

 

Ausschnitt aus dem Einkommenssteuerbescheid:

 

20210717_215353.jpg

 

Weshalb stehen in der Zeile "Verrechnung laufender Verluste (ohne Verluste aus der Veräußerung von Aktien":    -1138 EUR?   

An dieser Stelle sollte doch der Verlust von -2709 EUR aus Depot 1 eingetragen sein?!  Wird vom Finanzamt ein Teil der Verluste unterschlagen? Oder übersehe ich hier etwas?

 

Ausschnitt aus dem Verlustfeststellungsbescheid:

 

20210717_215404.jpg

 

Wie kommt das Finanzamt auf verbleibende negative Einkünfte in Höhe von 1571 EUR? Dieser Wert scheint viel zu gering zu sein in Anbetracht der Verluste in Depot 1.

 

Ich hoffe, dass mein Anliegen verständlich formuliert worden ist und bedanke mich im Voraus für Eure Antworten!

10 ANTWORTEN

krokodil1
Experte ★★
462 Beiträge

Hallo,

 

das Finanzamt rechnet folgendermaßen:

 

Die Gewinne werden erst mit den Alt-Verlusten (Verlustvortrag) verrechnet. 

 

Sind die Gewinne höher, als der Verlustvortrag, erst dann wird der Sparerfreibetrag angeknabbert. 

 

So werden im Extremfall über 10 Jahre hinweg bei Verheirateten (16.000 € Verlustvortrag, in den folgenden Jahren jeweils 1.600 € realisierte Gewinne) der Verlustvortrag "sinnlos verbraten" und der Freibetrag "verfällt ungebraucht" Jahr für Jahr.

 

In einem solchen Fall - so ähnlich ist es ja bei Dir - hättest Du Deine Gewinne nicht dem FA melden sollen.

 

Ich hätte in Deinem Fall die paar Euro Abgeltungssteuer, die einbehalten wurden, "klaglos" hingenommen.

 

"Hohe" Kapitalerträge hätte ich erst dann dem FA gemeldet, wenn Verlustvortrag UND Freibetrag in einem Jahr überschritten worden wären.

 

Ich spreche natürlich nur von Erträgen, die der Abgeltungssteuer unterliegen oder den Sparerfreibetrag "anknappsen", ich spreche nicht von Zinsen von Auslandskonten!!!

 

Seh' es mal so: Unser Staat braucht Geld, viel Geld. Und dann denke ich, soll er es sich von denen holen, die es haben.

 

Dies ist keine steuerliche Beratung, sondern die Meinung eines eher unsympathischen Tieres mit großer Fresse und kleinem Hirn!

 

Gruß

kroko

krokodil1
Experte ★★
462 Beiträge

Wichtige Ergänzung:

 

(es ist aber m.E. eh schon zu spät):

 

Den Verlustvortrag bei der Fremdbank - sofern die Bankverbindung noch besteht - hättest Du dort lassen sollen, bis Du ihn wirklich brauchst ... und dann erst bescheinigen lassen.

 

Ein kleiner Fehler ist in meinem 1. Beitrag (bedingt durch ein Missverständnis meinerseits): Wenn Du Deine Kapitalerträge dem FA mitteilst, musst Du auch ALLES mitteilen (nicht nur die von der Fremdbank).

 

Für die Zukunft: Wenn Ihr 1.702 € Gewinne dieses Jahr macht: zahlt die 25 € Euro Abgeltungssteuer + Soli bitte klaglos. Wenn Ihr diese Gewinne beim FA angebt, werden die 1.702 € Gewinn vom Verlustvortrag abgezogen, und Ihr bekommt dafür die 25 € erstattet. - Dann habt Ihr wieder das gleiche "Problem", wie in diesem Jahr.

 

kroko

 

 

Glücksritter

Hallo @krokodil1 

 

danke für Deine Anwort!

 


@krokodil1  schrieb:

 

Die Gewinne werden erst mit den Alt-Verlusten (Verlustvortrag) verrechnet. 

 

Sind die Gewinne höher, als der Verlustvortrag, erst dann wird der Sparerfreibetrag angeknabbert. 


Wenn das so wirklich ist, wie Du schreibst, wird mir echt übel.

 

Die Tatsache, dass der Freibetrag (hier: 1602€) zunächst komplett verfällt, bis der Verlust erst mithillfe der realisierten Gewinne ausgeglichen ist, ist ja mehr als unverschämt. Wer denkt sich so ein Konstrukt nur aus?

 

Das war vor diesem Hintergrund irgendwie ungeschickt, die Gewinne dem FA zu melden.😖

 


@krokodil1  schrieb:

Ich spreche natürlich nur von Erträgen, die der Abgeltungssteuer unterliegen oder den Sparerfreibetrag "anknappsen", ich spreche nicht von Zinsen von Auslandskonten!!!


Jap, wir sprechen beide ausschließlich von Erträgen, die der Abgeltungssteuer unterliegen.

 


@krokodil1  schrieb:

 

Dies ist keine steuerliche Beratung, sondern die Meinung eines eher unsympathischen Tieres mit großer Fresse und kleinem Hirn!


Hehe 🙂 Danke für Deine Einschätzung!

 

Glücksritter

@krokodil1  schrieb:

Wichtige Ergänzung:

 

Den Verlustvortrag bei der Fremdbank - sofern die Bankverbindung noch besteht - hättest Du dort lassen sollen, bis Du ihn wirklich brauchst ... und dann erst bescheinigen lassen.


Das hätte man so machen können.

 

Da der komplette Freibetrag für das Jahr 2021 "bedroht" ist, werde ich wohl wie folgt vorgehen: Ich werde bis zum 31.12.2021 so viel Gewinn aus der Veräußerung von Aktien realisieren, dass nicht nur der noch verbliebene Verlust aus dem Vorjahr komplett ausgeglichen ist, sondern auch der komplette Freibetrag für das aktuelle Jahr verbraucht wird. Somit wird der Freibetrag für 2021 nicht auf die gleiche Weise verfallen wie der Freibetrag für das vergangene Jahr.

Zilch
Legende
7.853 Beiträge

@Glücksritter  schrieb:


Wenn das so wirklich ist, wie Du schreibst, wird mir echt übel.


Ich hoffe du hast einen Eimer dabei, denn das ist die übliche Handlungsweise.

Das ist auch der Grund für die vielen Spielereien, die man machen muss, wenn man viel tradet. Verluste erzeugen eine Aufstockung des FSA, nicht aber des Verrechnungstopfes. Der wird erst wieder aufgefüllt, wenn der FSA voll da ist (wie beantragt).

Deswegen bieten sich mehrere Depots an, sodass du in einem nichts mehr machst sobald der FSA ausgenutzt ist und du aktive Trades nur noch in den anderen Depots durchführst. Nur als Beispiel.

 

Ich habe auch kein Problem damit in einem Depot Steuern zu zahlen und in einem anderen Verlustverrechnungstöpfe ins nächste Jahr mit zu übernehmen. Du entgehst der Steuer am Ende ja nicht, sondern du schiebst sie nur auf (shout-out an @Crazyalex ). Du kannst im Jahr darauf die Steuern in Höhe des VVT sparen oder eben durch die Bescheinigungen in diesem Jahr - macht keinen Unterschied, außer, dass du in solch eine Situation geraten bist wie jetzt. 

______________________
Research alone won't ensure a profit. Your main goal should be to make money, not to get an A in How to Read a Balance Sheet. - RD

Glücksritter
Autor ★
4 Beiträge

Hallo Zilch,

 

in die jetzige Situation wäre ich nicht geraten, wenn mir im Jahr 2020 bewusst gewesen wäre, dass ich durch die im Eingangspost geschilderte Vorgehensweise den Freibetrag in Höhe von 1602 EUR vernichte.

 

Denn dann hätte ich bis zum 31.12.2020 Veräußerungsgewinne in Höhe meines Verlustes (siehe Depot 1) + des Freibetrags realisiert. Damit wäre der Verlust bereits in 2020 ausgeglichen und der Freibetrag für 2020 nicht verfallen.

 

Da dem Finanzamt nun meine Verluste bekannt sind, wird der nicht ausgeglichene Verlust automatisch ins Folgejahr übertragen. Es gilt daher, den selbst verschuldeten steuerlichen "Nachteil" durch entsprechende Veräußerungsgewinne in 2021 zu begrenzen. 

dg2210
Legende
6.243 Beiträge

@Glücksritter  schrieb:

 

Da dem Finanzamt nun meine Verluste bekannt sind, wird der nicht ausgeglichene Verlust automatisch ins Folgejahr übertragen. Es gilt daher, den selbst verschuldeten steuerlichen "Nachteil" durch entsprechende Veräußerungsgewinne in 2021 zu begrenzen. 


Das ist generell eine gute Idee. In zwei Monaten sind Bundestagswahlen, danach werden wir erfahren, wer die Corona-Rechnung zahlt. Es ist alles andere als sicher, daß Altverluste noch lange vorgetragen werden können.

 

Zu deiner obigen Frage, wer sich diese Regeln ausdenkt...wie haben sehr gute Leute in der Finanzverwaltung; die wissen, wie man mit einem kleinen, harmlosen Nebensatz die Einnahmen erhöhen kann ohne Aufsehen zu erregen. Du bist bestimmt nicht der Einzige, der draufzahlt, aber einer der Wenigen, die den Steuerbescheid lesen und verstehen.

Kial
Experte
83 Beiträge

Das Problem liegt in der Formulierung im Einkommensteuergesetz.

 

Text für den Sparer-Freibetrag (alt) 

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach Abzug der Werbungskostenein Betrag von 750 Euro abzuziehen (Sparer-Freibetrag).

 

Text für den Sparer-Pauschbetrag (neu)

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Betrag von 801 Euro abzuziehen (Sparer-Pauschbetrag)

 

Soviel zur Bedeutung der „nach“ und „als“ .  grrrr

 

Im Ergebnis fällt der Pauschbetrag zumindest 2020 unter den Tisch.

dg2210
Legende
6.243 Beiträge

@Kial  schrieb:

Das Problem liegt in der Formulierung im Einkommensteuergesetz.

 

Text für den Sparer-Freibetrag (alt) 

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach Abzug der Werbungskostenein Betrag von 750 Euro abzuziehen (Sparer-Freibetrag).

 

Text für den Sparer-Pauschbetrag (neu)

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Betrag von 801 Euro abzuziehen (Sparer-Pauschbetrag)

 

Soviel zur Bedeutung der „nach“ und „als“ .  grrrr

 

 


@Kial: danke für die Textstelle. Es war also -entgegen meiner Vermutung- nicht einmal ein Nebensatz nötig; das spricht für die Qualität unserer Verwaltung.