25.08.2019 14:52 - bearbeitet 25.08.2019 14:57
Präambel: Also seit über zehn Jahren habe ich das Gefühl, dass sämtliche Regierungsentscheidungen nur noch nach Wahltaktik und Kompromissbereitschaft und ohne jegliche Annahmen über die Auswirkungen gefällt werden.
Klar, 2015 war so ein Beispiel, das ich aber nicht vertiefen will, weil es zu unterschiedliche Ansichten unter uns gibt.
Weniger wahrscheinlich bei der Schnapsidee der "Ausländermaut", wo eigentlich jeder schon von Beginn an wusste, dass es in einem Europa, in dem alle Länder ihre Maut Einheimischen und Gästen gleich auflasten, keine gute Idee ist, mal wieder eine Extrawurst zu braten. Oder der berühmte Elektro-Scooter, der frisch&fröhlich zugelassen wurde, obwohl das BMVI nur einige Youtube-Videos vom Chaos in Paris oder den USA hätte ansehen müssen; da wurde dann nach einigen Wochen nur verschlimmbessert.
Ergo: Wir werden konsequenzverweigernd regiert.
Hauptteil: Zwar wird gebetsmühlenartig behauptet, dass es mathematisch und finanzwirtschaftlich keinen Unterschied macht, ob eine Senkung von 1,0 auf 0,8% oder von 0% auf -0,2% geht, aber der Unterschied zwischen schwanger und nicht schwanger ist auch nur in einem Bruchteil der Anteile der Hormone sichtbar.
Jeder logisch denkende, gemeine Bürger, der sein Cash aus was für Gründen auch immer nicht investiert, würde bei Negativzinsen einfach sein Geld in 200€-Noten abheben und entweder in den Safe packen oder Gold kaufen. Meine gute Mutti sitzt auf einem hohen fünfstelligen Sparkassen-Betrag, klar würde ich das für sie abheben und verstauen, jede -0,1% ist bei 100.000 € ein Hunni!
Nun wissen wir ja seit dem ->Wirtschaftslehrfilm "Mary Poppins", dass es ein Finanzchaos gibt, wenn alle Einleger ihr Geld ausgezahlt haben wollen; geht einfach nicht und wenn ich überlege, wie dünnhäutig im Moment alle sind, würde ich nciht mal Gewalt ausschließen. Auf jeden Fall wäre das der Beginn etwas sehr Unguten.
Nun denn, unabhängig wie die Lage dann kommen könnte, würde mich mal eure Spieltheorie interessieren, welche Anlagewerte in so einem Horrorszenario verlieren (sicherlich die meisten), welche evtl. gewinnen und was euer Vorschlag wäre, wie man da am günstigsten durchkommen würde.
Bin gespannt und schönen Sonntag noch.
hx.
25.08.2019 15:16 - bearbeitet 25.08.2019 15:28
@haxo schrieb:
Jeder logisch denkende, gemeine Bürger, der sein Cash auf was für Gründen auch immer nicht investiert, würde bei Negativzinsen einfach sein Geld in 200€-Noten abheben und entweder in den Safe packen oder Gold kaufen. Meine gute Mutti sitzt auf einem hohen fünfstelligen Sparkassen-Betrag, klar würde ich das für sie abheben und verstauen, jede -0,1% ist bei 100.000 € ein Hunni!
Sollte das irgendwas qualifizieren? 😉
Fakt: Jede Menge Leute zahlen aus welchen Gründen auch immer Kontogebühren, Überweisungsgebühren, Einzahlungsgebühren, Kartengebühren, <Kreativer Grund hier>gebühren, absurde Dispo-Sätze. Und kriegen Null Guthabenzins. Selbst wenn man die Inflation weglässt, zahle ich somit dafür, das ich meiner Bank Geld gebe (also ich nicht, ich mache Werbung für die Mutter unserer codi, aber ihr wisst schon). Würde ich also die Kohle abheben und zuhause im Safe aufbewahren, spare ich jede Menge Gebühren, bspw. bei einer typischen Volksbank: 50-100 €/Jahr.
Macht aber keiner, weil jeder logisch denkende (;) ) Bürger das extrem unpraktisch findet. Gefahr von Diebstahl, Gehalt muss überwiesen werden, Kredite und Finanzierungen, Bezahlen im Internet, Verfügungen im Ausland, ...
Negativzinsen sind psychologisch unschön (was genau der Grund ist, warum die Banken stattdessen Kontogebühren erhöhen, und das auch weiter tun werden). Aber ich sehe keinen Bankrun, selbst wenn es Negativzinsen* gäbe -- Bequemlichkeit siegt.
*) Wobei das alles natürlich ein fließender Übergang ist. Bei -10% p.a. wacht auch die verschlafenste Omi auf.
Um aber auch Deine Frage zu beantworten: Ich würde schlicht Shorten was das Zeugt hält. Banken, Zykliker/Industrie, Dax. Sagt ja niemand, dass man nicht den ganzen Prozess invertieren darf. Das erscheint mir auf jeden Fall einfacher, als nach steigenden Werten zu suchen, wobei natürlich Gold und vermutlich auch Bitcoin explodieren würden.
am 25.08.2019 20:59
Mensch @haxo , warum musste ich das erst jetzt lesen ![]()
5 Geldautomaten angefahren, alle leer und an der Shelltanke gibbet auch nix mehr ![]()
am 26.08.2019 01:31
Ich sehe das ähnlich wie @NR. Zunächst einmal denke ich nicht, dass die Banken und die Regierung Negativzinsen im größeren Maßstab bei den Kleinanlegern zulassen werden. Negativzinsen für Guthaben über 100.000 Euro lassen sich politisch vielleicht noch verkaufen, darunter dürfte es schwierig werden. Die Banken werden also versuchen, das Geld weiter versteckt durch Gebühren zu bekommen.
Sollten Negativzinsen auch auf kleinere Guthaben nötig werden und tatsächlich ein Bankrun absehbar sein, wird die Regierung eingreifen müssen, um durch Auszahlungsbegrenzungen und ähnliches die Banken vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Sollen wir bis an diesen Punkt gelangen, dürfte Bargeld de facto abgeschafft sein.
Die Bürger würden dann Banken wahrscheinlich nicht mehr vertrauen und versuchen, soweit es irgendwie möglich ist, ihr Geld von den Banken wegzubekommen. Durch die erhöhte Geldumlaufgeschwindigkeit würde sich eine Inflationsspirale in Gang setzen (aus dem Bankensystem raus kann das Geld in Summe schließlich nicht), von der alle sachwertartigen Anlagen profitieren würden, allen voran sicher Edelmetalle. In dem Punkt stimme ich mit NR nicht ganz überein, ich denke Aktien würden dadurch auch profitieren. Nicht nur durch direkte Käufe, sondern auch durch einen erhöhten Konsum ("Bevor die Bank mein Geld bekommt, versauf ich das lieber in der Kneipe!").
Viele Grüße
Weinlese
am 26.08.2019 13:56
Ich denke auch nicht, dass es bei Negativzinsen auf Sparbücher zu einem Run auf die Banken kommen würde.
Eher lassen die Kunden das Geld auf den Girokonten, statt es in andere vermeintlich risikolose Anlagen umzuschichten.
Und ich könnte mir vorstellen, dass Investitionen in Immobilien weiter zunehmen würden. Entweder als selbstgenutzte Wohnung oder als Kapitalanlage. Und dass bereits vorhandene Immobilien Geld gesteckt wird (z.B. neues Dach, neue Fenster).
Und das hier könnte die Investition in vermietete Immobilien zusätzlich attraktiver machen:
https://dejure.org/gesetze/EStG/7b.html
In diesem Szenario wären Bauunternehmen die Goldgräberschaufelhersteller.
am 26.08.2019 20:26
...welche evtl. gewinnen und was euer Vorschlag wäre, wie man da am günstigsten durchkommen würde.
Der damalige Hedgefonds-Manager Michael Burry von Scion Capital LLC hat nach der Krise 2008 ein Interview gegeben, wonach er Immobilienwerte, Ackerland und Gold für die optimale Risikovorsorge hält. Bei Gold beispielsweise sehen wir zurzeit wie sehr sich die Zentralbanken darauf stürzen.
am 26.08.2019 22:18
@Weinlese schrieb:Ich sehe das ähnlich wie @NR. Zunächst einmal denke ich nicht, dass die Banken und die Regierung Negativzinsen im größeren Maßstab bei den Kleinanlegern zulassen werden. Negativzinsen für Guthaben über 100.000 Euro lassen sich politisch vielleicht noch verkaufen, darunter dürfte es schwierig werden. Die Banken werden also versuchen, das Geld weiter versteckt durch Gebühren zu bekommen.
Sollten Negativzinsen auch auf kleinere Guthaben nötig werden und tatsächlich ein Bankrun absehbar sein, wird die Regierung eingreifen müssen, um durch Auszahlungsbegrenzungen und ähnliches die Banken vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Sollen wir bis an diesen Punkt gelangen, dürfte Bargeld de facto abgeschafft sein.
Die Bürger würden dann Banken wahrscheinlich nicht mehr vertrauen und versuchen, soweit es irgendwie möglich ist, ihr Geld von den Banken wegzubekommen. Durch die erhöhte Geldumlaufgeschwindigkeit würde sich eine Inflationsspirale in Gang setzen (aus dem Bankensystem raus kann das Geld in Summe schließlich nicht), von der alle sachwertartigen Anlagen profitieren würden, allen voran sicher Edelmetalle. In dem Punkt stimme ich mit NR nicht ganz überein, ich denke Aktien würden dadurch auch profitieren. Nicht nur durch direkte Käufe, sondern auch durch einen erhöhten Konsum ("Bevor die Bank mein Geld bekommt, versauf ich das lieber in der Kneipe!").
Viele Grüße
Weinlese
Bin da bei @Weinlese mit ein paar Anmerkungen:
am 27.08.2019 00:41
@akonkret schrieb:Gegenargument: Zypern und Griechenland. Da wurde für kurze Zeit die Geldausgabe unterbunden bzw. limitiert (um einen "Schuldenschnitt" durchzuführen). Letztlich war das noch nicht die Abschaffung des Bargeldes.
Offiziell vermutlich nicht, nur sind die Summen, um die es in Deutschland geht, wesentlich höher als in Griechenland oder Zypern. (Übrigens gab es Auszahlungsbeschränkungen für Bargeld in Griechenland für mehr als drei Jahre.) Entsprechend dürfte die Regierung auch rigoroser vorgehen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Großteil der Bevölkerung dann von ganz allein auf elektronische Zahlungsverfahren umschwenkt, allein schon weil die technische Infrastruktur hier besser ausgebaut ist als in Südeuropa vor fünf Jahren. Eine offizielle Abschaffung von Bargeld wäre dann gar nicht notwendig.
Viele Grüße
Weinlese
am 27.08.2019 01:47
@akonkret schrieb:
- Ich habe hier im Forum schon erwähnt, dass ich im Bereich Geldanlage (Immobilien- und Kapitalmarkt) eine erhöhte Inflation sehe und begründe damit auch die hohen Preise/ KGVs. Das ist eine unmittelbare Folge der schon lange anhaltenden Niedrigzinsphase.
Völlig d'accord. Das ist auch meine Hypothese -- das ganze Geld der Notenbanken, was keine Inflation in der Realwirtschaft geschaffen hat, muss ja irgendwo sein, und "irgendwo" ist eine gewaltige asset-price inflation. Weshalb ich auf alte Richtwerte für KGVs nicht mehr zu viel gebe; was aber auch gleichzeitig bedeutet, das schwer ist, abzuschätzen, in welcher Phase des Marktes wir uns befinden. Alle, die nur wegen Kurshochs in absoluten Zahlen einen Abschwung erwarten, könnten in der Tat noch längere Zeit warten, wenn das neue Normal-Null auf einmal 10 Stockwerke höher ist. Und Value-Investoren würden sich umstellen müssen ...
Ein Grund mehr, Momentum zu nutzen.
Im Bezug auf das Ursprungsthema: Vielleicht kurz- vs. langfristig. Bei einem Bankrun denke ich Chaos. Denkt an Lehmann, diese Tage. Da hält's keine Aktie oben. Das ist einfach blinde Verkaufspanik. Das meinte ich. Längerfristig kann ich mir schon vorstellen, das es Gewinner gibt. Bei einer Bargeldbegrenzung offensichtlich zunächst Fintechs, z.B.
am 27.08.2019 08:06
@NR schrieb:
@akonkret schrieb:
- Ich habe hier im Forum schon erwähnt, dass ich im Bereich Geldanlage (Immobilien- und Kapitalmarkt) eine erhöhte Inflation sehe und begründe damit auch die hohen Preise/ KGVs. Das ist eine unmittelbare Folge der schon lange anhaltenden Niedrigzinsphase.
Völlig d'accord. Das ist auch meine Hypothese -- das ganze Geld der Notenbanken, was keine Inflation in der Realwirtschaft geschaffen hat, muss ja irgendwo sein, und "irgendwo" ist eine gewaltige asset-price inflation. Weshalb ich auf alte Richtwerte für KGVs nicht mehr zu viel gebe; was aber auch gleichzeitig bedeutet, das schwer ist, abzuschätzen, in welcher Phase des Marktes wir uns befinden. Alle, die nur wegen Kurshochs in absoluten Zahlen einen Abschwung erwarten, könnten in der Tat noch längere Zeit warten, wenn das neue Normal-Null auf einmal 10 Stockwerke höher ist. Und Value-Investoren würden sich umstellen müssen ...
Ein Grund mehr, Momentum zu nutzen.
Im Bezug auf das Ursprungsthema: Vielleicht kurz- vs. langfristig. Bei einem Bankrun denke ich Chaos. Denkt an Lehmann, diese Tage. Da hält's keine Aktie oben. Das ist einfach blinde Verkaufspanik. Das meinte ich. Längerfristig kann ich mir schon vorstellen, das es Gewinner gibt. Bei einer Bargeldbegrenzung offensichtlich zunächst Fintechs, z.B.
So ein Kamerastatement von Merkel und Steinbrück würde ein zweites Mal nicht mehr so gut funktionieren. Man könnte aber kurzzeitig den Börsenhandel aussetzen um Dynamik herauszunehmen. Ist aber alles hypothetisch. Wenn @haxo sich damit besser fühlt das Geld abzuheben, dann kann er das tun. Für das System ist das ja erst gefährlich, wenn es zu einer Massenbewegung wird. Aber auch im Kleinen kann das ein Signal sein, da die Banken und Behörden die Bargeldmengen natürlich dann genau im Auge haben (weil man mit so einem Verhalten rechnen muss). Ergo werden sie auch frühzeitig und sensibel reagieren.