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Warren Buffett über passive Investments (ETFs)

nmh
Legende
9.959 Beiträge

Servus miteinander,

 

in dieser Community wird regelmässig über Sinn und Unsinn von ETFs (passive Indexfonds) diskutiert. Ich habe bereits des öfteren argumentiert, ETF eignen sich hervorragend zur langfristigen Geldanlage für Anleger, die sich nicht regelmässig um ihre Investments kümmern wollen. Einfach einen breit aufgestellten ETF vorzugsweise auf amerikanische Aktien kaufen und liegen lassen... ohne dass ein Fondsmanager uns für die Aktienauswahl jährlich in die Tasche greift. In meiner Borniertheit halte ich mich selbst ja nicht an meine Empfehlung - meine Depots bestehen aus vielen hundert Einzelpositionen und das kostet eine Menge Arbeit und Computertechnik. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.

 

Jedenfalls ETFs. Kaufen und nichts tun. Wenn ich das sage, dann ist's die Privatmeinung eines bescheidenen, zu Recht in der Öffentlichkeit völlig unbekannt gebliebenen Kleinanlegers. Doch der erhält jetzt Unterstützung von sehr prominenter Stelle: Warren Buffett, legendärer CEO von Berkshire Hathaway (WKN: 854075 oder als 1/1500-Anteil: A0YJQ2) und für viele der beste Investor aller Zeiten (seine Berkshire ist die teuerste Aktie der Welt, ein (!) Stück davon ist heute für knapp eine Viertel Million Euro zu haben), hat jüngst in seinem wie immer wirklich lesenswerten Jahresbericht für 2016 (englisch, abzurufen auf dieser Website) eine interessante Rechnung aufgemacht, die meine These irgendwie zu stützen scheint.

 

Buffett hat vor zehn Jahren öffentlich eine Wette um 500.000 Dollar (für einen guten Zweck) angeboten, dass ein passiver Indexfonds auf den S&P 500 in einem Zehn-Jahres-Zeitraum besser abschneiden wird als die Anlage in fünf Hedgefonds - jene auszuwählen vom Gegner der Wette. Lange hat's gedauert bis sich jemand getraut hat, gegen Buffett zu anzutreten ("what followed was the sound of silence"), aber dann hat Ted Seides eingeschlagen, ein ausgewiesener Kenner der Dachfondsszene in Amerika. Seides hat fünf Hedgefonds ausgewählt, die gegen Buffetts ETF antreten würden.

 

Dagegen steht Buffetts ETF auf den S&P 500. Der Star-Investor hat dafür einen ETF von Vanguard ausgewählt. Genauere Details erwähnt er leider nicht; ich habe zwei Vanguard-ETF auf den S&P 500 in meiner Datenbank gefunden (WKN A1JX53, in Berlin handelbar, oder A1XD6V, offenbar in Deutschland nicht handelbar, aber in Toronto), ich weiß aber nicht, ob das der ist, den er meint.

 

Im Jahr neun der Wette veröffentlicht Buffett in seinem Bericht (Seite 22) folgendes Zwischenergebnis:

 

Jahr    Funds A  Funds B  Funds C  Funds D  Funds E  S&P Index

2008     -16.5%   -22.3%   -21.3%   -29.3%   -30.1%    -37.0%
2009      11.3%    14.5%    21.4%    16.5%    16.8%     26.6%
2010       5.9%     6.8%    13.3%     4.9%    11.9%     15.1%
2011      -6.3%    -1.3%     5.9%    -6.3%    -2.8%      2.1%
2012       3.4%     9.6%     5.7%     6.2%     9.1%     16.0%
2013      10.5%    15.2%     8.8%    14.2%    14.4%     32.3%
2014       4.7%     4.0%    18.9%     0.7%    -2.1%     13.6%
2015       1.6%     2.5%     5.4%     1.4%    -5.0%      1.4%
2016      -2.9%     1.7%    -1.4%     2.5%     4.4%     11.9%
total      8.7%    28.3%    62.8%     2.9%     7.5%     85.4%

 

Ein einfaches passives Indexinvestment in den S&P 500 (7,1% pro Jahr) hätte also deutlich besser abgeschnitten als die fünf von seinem Kontrahenten ausgewählten Hedgefonds (2,2%). Eine Million Dollar in die fünf Fonds investiert hätte einen Gewinn von 220.000 Dollar erzielt. Mit dem S&P hätte man dagegen 854.000 Dollar verdient - nach Spesen!

 

Interessant: Im ersten Jahr liefen alle fünf Fonds besser als der Vergleichsindex. Buffett führt das auf die Short-Positionen zurück, die man in solchen Fonds findet. Dennoch alle fünf im Minus.

 

Die Namen der fünf Fonds wurden übrigens nie veröffentlicht - Buffett kennt sie freilich.

 

Das Orakel von Omaha begründet die Underperformance der ausgewählten Fonds wie ich mit den hohen Gebühren, die für die Aktienauswahl anfallen. Er schreibt, selbst wenn es in Ausnahmefällen immer wieder Manager schaffen, Aktien auszuwählen, die besser abschneiden als der Gesamtmarkt, wird doch die Performance dieser sogenannten "aktiven" Investoren im Durchschnitt wegen der Gebühren hinter der ETF-Anlage zurückbleiben.

 

Er macht eine interessante Rechnung auf (Seite 24 oben): Angenommen, es gäbe nur aktive Investoren und ETF-Anlager am Markt. Und beide haben das Ziel, vor Kosten genau die durchschnittliche Rendite zu erzielen. Dann gewinnt zwangsläufig derjenige mit der besseren Kostenstruktur, sprich mit den niedrigeren Gebühren.

 

Dass der Unterschied so hoch ausfällt - siehe oben - liegt dann einfach an den besonders hohen Gebühren, mit denen Hedgefonds-Anlager typischerweise belastet werden. Für die besonders intelligente, sorgfältige Auswahl an Aktien. Für die Recherche, die ein Hedgefonds durchführt. Für die aufwendige Computertechnik. Eben für das Fondsmanagement. Vielen Dank auch.

 

Ein ETF kostet ebenfalls Gebühren. Null Komma irgendwas Prozent pro Jahr.

 

Buffett erwähnt auch, dass Fonds, die in der Vergangenheit - warum auch immer - gut abgeschnitten haben, neue Gelder anziehen. Wir kennen ja alle die Fonds-Rankings in der Fachpresse. Je grösser ein Fonds jedoch wird, desto schwieriger ist es, eine Outperformance zu erzielen. Um mal das alte Bild zu bemühen (gäähn): Ein riesiger Dampfer ist weniger wendig als ein kleines Schnellboot. Dadurch ist es praktisch ausgeschlossen, dass einzelne Fonds über einen langen Zeitraum - nach Gebühren! - besser abschneiden als der Gesamtmarkt, investierbar durch einen billigen ETF.

 

Und warum hat mir meine Sparkasse damals keine ETFs empfohlen, sondern ganz, ganz toll gemanagte Fonds, die dann aber rückschauend "leider, leider, ausnahmsweise" schlechter abgeschnitten haben als der Gesamtmarkt? Weil ein Teil der hohen Gebühren aus dem Fonds an die Depotbank des Anlegers fliesst. Oder sollte das eine Verschwörungstheorie sein? Jetzt einfach nochmal den Begriff "Bestandsprovision" googeln. "Machen Sie sich keine Sorgen, Ihr Fonds wird im nächsten Jahr bestimmt den Markt übertreffen."

 

Buffetts Fazit: "When trillions of dollars are managed by Wall Streeters charging high fees, it will usually be the managers who reap outsized profits, not the clients. Both large and small investors should stick with low-cost index funds."

 

In diesem Sinne: Viel Erfolg an alle Community-Leser bei der Auswahl von ETFs. Mehr dazu habe ich zum Beispiel hier geschrieben.

 

Viele Grüsse aus einem stürmischen München

 

nmh

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes "ß" auf meiner Schweizer Tastatur.

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
33 ANTWORTEN

dg2210
Legende
6.155 Beiträge

Wie jetzt - es gibt noch keine Antworten zu diesem Beitrag?

 

Nun denn...wer  @nmh  nur eingeschränkt Glauben schenkt, kann auch einen Blick hierauf werfen:

 

http://us.spindices.com/spiva/#/reports

 

Diese Seite listet für die grossen Aktienmärkte der Performance aktiv verwalteter Fonds ggü dem zugrundeliegenden Index auf.

 

Beispiel S&P 500: In den letzten 5 Jahren waren 88,3% der Fonds schlechter als der Index

 

Screenshot_20170729_150223.png

Xeronimo
Experte
93 Beiträge

Aber diese Vanguard ETFs mit extrem niedrigen Gebühren (0.05% pro Jahr) gibt's doch nur in den USA (in Verbindung mit einem Vanguard Konto), oder nicht?

 

Gibt es etwas vergleichbares in Europa? Ich glaube nicht?

 

 

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

@Xeronimo: Gerade auf den S&P 500 gibt es auch in Europa extrem günstige ETFs, z.B. einen iShares Core mit 0,07% Gebühren.

Weinlese
Mentor ★
1.384 Beiträge

@Xeronimo

Seit Ende letzen Jahres sind Vanguard-ETFs auch in Deutschland handelbar. Beim Finanzwesir gibt es dazu einen ausführlichen Artikel. Dieses Extrakonto ist dafür allerdings auch notwendig.

 

Viele Grüße

Weinlese

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

@Weinlese: Die Vanguard-ETFs kann man ja ganz normal handeln, auch über Comdirect (ein paar Vanguard-Renten-ETFs sind ja sogar in der Top-Preis-Aktion). Haben die traditionellen Fonds von Vanguard, also die Nicht-ETFs, irgendwelche Vorteile?

dg2210
Legende
6.155 Beiträge

@chi  schrieb:

@Weinlese: Die Vanguard-ETFs kann man ja ganz normal handeln, auch über Comdirect (ein paar Vanguard-Renten-ETFs sind ja sogar in der Top-Preis-Aktion). Haben die traditionellen Fonds von Vanguard, also die Nicht-ETFs, irgendwelche Vorteile?


Ja.: Typischerweise geringere Gebühren, weil Vanguard "quasi gemeinnützig" arbeitet: am ehesten ist das vergleichbar  mit deutschen Genossenschaften oder Versicherungen auf Gegenseitigkeit. Details hier

Xeronimo
Experte
93 Beiträge

@Weinlese : sehr interessanter Artikel, vielen Dank!

Xeronimo
Experte
93 Beiträge

@chi: Aber das ist ein Swap, oder ist der replizierend?

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

@Xeronimo  schrieb:

@chi: Aber das ist ein Swap, oder ist der replizierend?


Repliziert physisch und vollständig. WKN A0YEDG.