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Thesaurierer (acc) oder Ausschütter (dis)?

KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,

 

ich habe ein paar Sparplansimultionen mit konstanter Sparrate über 45 Jahre durchgeführt. Die Ergebnisse sind nicht "akademisch exakt" und können das auch gar nicht sein (1. Spoiler), denn bei monatlicher Berechnung gibt es 12 Möglichkeiten der Lage des Sparplananfangs zur ersten Dividendenausschüttung und es gibt 12 Lagen der ersten Sparrate bezogen auf das Steuerjahr. Das ergäbe 144 Varianten. Ja welche denn nun? Aber überschlägig genau und genau genug, damit ich die verbleibenden Sonderlichkeiten überblicken kann. Es ist die Qualität, die mir als privatem Kleinanleger genügt, meine persönlichen Entscheidungen für mich zu begründen.

Spoiler
Achtung: Jeder glaubt jeder Simulation - bis auf den, der sie durchgeführt hat!
Hier die Details:
Anlagedauer: 45 Jahre
Rechenintervall: Monatlich
Dividendenausschüttung, Reinvestition: Jährlich
Gesamtnennrendite: 8%
Die Rendite kann nicht für exakt für allgemeine Sparrpläne angegeben werden, daher habe ich die monatliche Rendite wie üblich als 12te Wurzel aus dem jährlichen Kurszuwachs, die Nennrenditen als "Dividende + jährl. Kurssteigerung = 8%" und die Dividende als "Nennrendite - jährl. Kurssteigerung zum Ausschüttungszeitpunkt" bestimmt.
Ob man nun im Monat der Dividendenausschüttung beginnt und im ersten Jahr die Dividende auf 100,00 € ausgezahlt bekommt, oder ob man einen Monat nach der Dividendenausschüttung beginnt und im ersten Jahr die Dividende auf z.B. 1.232,65 € ausgezahlt wird (12 Raten plus die bis dahin unterjährig erwirtschaftete Kurswertsteigerung), das macht einen deutlichen Unterschied aus.
Dieses einfache unkorrigierte Berechnungstableau sorgt auch dafür, dass z.B. bei 2% Dividende die tatsächliche Rendite im 1. Jahr mit 9,11 % erheblich über der Nennrendite liegt. Das ist aber auch der mit Abstand krasseste Zahlenwert. Ich habe in meinen Berechnungen die Ausschütter so günstig wegkommen lassen, wie möglich.
Also Vorsicht! Im Allgemeinen werden die Ausschütterr weniger glücklich abschneiden und jedenfalls nicht besser, als die thesaurierenden Pendants.
Weitere Details:
Die steuerliche Belastung der Fonds, die durch die Teilfreistellung von 30% ausgeglichen werden soll, habe ich nicht berücksichtigt. Sie ist im "Tracking error" der Fonds/ETFs enthalten und günstige passive Fonds kommen mit der Teilfreistellung sehr gut weg. Nur nicht ganz so gut, wie in dieser Simulation.

Aber aus besonderem Anlass möchte ich sie hier teilen, und gern auch zu einer Diskussion der steuerlichen Aspekte von Anlagestrategien einladen.

Und der besondere Anlass? -> Neues Flaggschiff von Vanguard (2. Spoiler)

 

Spoiler

Die beiden am 23. März 2021 aufgelegten ETFs Vangard ESG Global All Caps, 2QL8U (Acc) :|: A2QL8V (Dis) sollen ab morgen hier auch Sparplanfähig sein.

Wer hat hier in der Community nicht schon vom A1JX52 gehört? Und wer hat nicht schon den Steuerspartipp gehört: "Ausschütter, bis die Dividenden den Steuerfreibetrag auschöpfen. Dann den Thesaurier wählen."

Bisher galt vielen der Vanguard FTSE All-World UCITS ETFA2PKXG (Acc) :|: A1JX52 (Dis)

als der "Bogle'sche Heuhaufen" auf Globaler Ebene. Bogle's Slogan: "Versuchen Sie nicht, die Nadel im Heuhaufen zu finden. Kaufen Sie den Heuhaufen!" Für den A1JX52 sollen einige Sparer den Broker gewechselt haben, als der in Deutschland erst bei einem Broker Sparplanfähig war.

John C. Bogle's Ansatz des Anlegens in einen Indexfonds ist heute genau so aktuell, wie bei der Auflage des ersten genossenschaftlichen Indexfonds auf den S&P 500 in 1976, den Vanguard 500.

Bogle hat meines Erachtens mehr für die kleinen Leute getan, als Karl Marx und der Kommunismus zusammengenommen. Zur Erläuterung seinen Ansatzes schrieb er ein: "Kleines Handbuch des vernünftigen Investierens".

Warren Buffet schrieb einmal: „Sollte jemals eine Statue für denjenigen errichtet werden, der das meiste für amerikanische Investoren erreicht hat, dann sollte die Wahl auf Jack Bogle fallen“.

Hier erst einmal zwei Diagramme:

Gesamtansicht.pngAbb. 1 Der beste, der Dis->Acc Steuerspartipp, eine Dividendenaktie und die Eingezahlte Geldsumme.

Die "Zwickel" am Ende zwischen 540 und 600 Monaten sind die grafische Verdeutlichung der Besteuerung bei Auflösung der Sparpläne nach 45 Jahren.

Die "Dividendenaktie" kommt am schlechtesten weg. Da fehlt nicht nur die Teilfreistellung. Auch werden viele Dividenden früh im Sparplan versteuert und fehlen daher teilweise bei der Erwirtschaftung weiterer Renditen.

Dies ist ganz eindeutig:

Da das Finanzamt die Steuerschuld nicht aufzinst bleibt 1 € Steuerschuld 1 € Steuerschuld. Habe ich ihn aber im Sparplan, dann kann mir der spät versteuerte Euro bis dahin noch fleißig Zinsen und Zinseszinsen erwirtschaften - und davon behalte ich das Netto von rund 73%!

Hier eine Detaiansicht vom Ende der zwei fast deckungsgleichen Kurven.

Zoom-Detail.png

 Abb. 2: Detaliansicht

Der Ausschütter mit etwas über 1% Dividende - der Gewinner dieser Simulation - und der Community-bekannte Spartipp (Ausschütter, bis Dividende = Freibetrag, dann Thesaurierer) laufen zwar unterschiedlich, kommen aber nach Steuern netto fast genau auf's gleiche heraus.

Weitere Ergebnisse - bezogen auf das beste (Realtive Performance) - zeigt folgende Tabelle:

 

Freibetrag 801,-€Basiszins 0% 
FallWertverhältnisRelative Performance
Aktienfonds 1,32% Ausschüttung7,723100,00%
Aktienfonds 1% Ausschüttung7,71599,90%
Aktienfonds 2% Ausschüttung7,69799,67%
Dis / Acc 2%7,61198,55%
Dis / Acc 1%7,57698,10%
Aktienfonds 0% Ausschüttung7,58898,26%
Dis / Acc 1%7,57698,10%
Dis / Acc 5%7,50797,21%
Aktienfonds 5% Ausschüttung7,22493,54%
Aktie 1% Dividende7,00090,64%
Aktie 0% Dividende6,93889,84%
Aktie 2% Dividende6,88389,13%
Aktie 5% Dividende6,18380,06%

Tab. 1: Simulation mit Freibetrag.

Das Wertverhältnis ist übrigens der Nettoerlös nach Steuern am Sparplanende geteilt durch das eingezahlte Geld.

 

Mit Freibetrag tut sich das alles nicht viel, wenn man konsequent die Steuerspartipps beachtet.

Theoretisch (bei wirklich theoretisch akkurat 8% Gesamtperformance für alle Fälle) hätte der Aktienfonds mit 0% und dem Steuerspartipp zum Jahresende am besten abschneiden müssen, aber wie sollte ich die Gebühren für monatliche Dividenden-Reinvestitionen berücksichtigen, die dafür erforderlich gewesen wären? Das wäre unrealistisch und dies ist auch der eigentliche Grund für meine hemdsärmelige Simulation.

So weit so gut. Aber ohne Freibetrag ändert sich das Bild ganz eindeutig:

Freibetrag 0,- €Basiszins 0% 
FallWertverhältnisRelative Performance
Aktienfonds (acc) Thesaurierend7,429100,00%
Aktienfonds (dis) 1%7,29398,17%
Aktienfonds (dis) 2%7,12895,95%
Aktie 0% Dividende6,77491,18%
Aktie 1% Dividende6,53687,98%
Aktienfonds (dis) 5%6,48687,31%
Aktie 2% Dividende6,28484,59%
Aktie 5% Dividende5,47773,72%

Tab. 2: Simulation ohne Freibetrag.

 

 

Und nun die Frage: Welcher Fall für Wen?

Ihr müsst Euch möglichst von Anfang an hinsichtlich folgender Frage im klaren sein:

 

Bin ich ein rein passiver "Basisanleger" (Buy&hold till You're old)?

 

Wenn nicht die Gefahr besteht, dass Ihr den Freibetrag einmal für andere Zwecke brauchen könntet, dann greift Tab. 1 und es ist alles nicht so wichtig. Und für welche Einzelaktie möchte man über 45 Jahre im Voraus behaupten, dass sie immer gut über Markt performen wird? Tabelle 1 ist für lupenreine 100% Bogle-Anhänger mit 100% Indexfonds im Eigenkapital.

Das trifft auch mich jedoch nicht zu. In meinem ersten Börsenjahr habe ich mich so in Einzelwerte verknallt, dass ich immer mit Aktionen in meinem Portfolio rechnen muss. Das gleiche gilt schon, wenn ein spürbarer Anteil an Branchen- oder Regionenwetten im Portfolio enthalten ist. Werden die in 45 Jahren bzw. Deinem Anlagehorizont garantiert nicht ausbrennen? Dann heißt es schnell:

"Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los."

Ich habe nur 801 € Steuerfreibetrag pro Jahr, um ungeliebt gewordene Posten abverkaufen zu können, ohne in steuerliche Nachteile zu geraten.

Von daher ist meine Präferenz auch so klar:

Für mich speziell im Basisinvestment nur Accumulierer.

Tatsächlich habe ich in meinem ersten Zeitjahr 2020/2021 mit einer bescheidenen Investitionssumme bereits zweimal den Freibetrag ausgeschöpft und zwar mit insgesamt unter 10 € Dividenden. Offenbar benötige ich als gelegentlich aktiver Anleger (der auf den Corona Crash und auch auf die Öko-Blase aktiv reagiert hat) meinen Freibetrag voll für die Portfoliopflege. Für Ausschütter ist da einfach kein Platz.

Das muss aber letztlich jeder für sich selbst entscheiden.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

10 ANTWORTEN

GetBetter
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7.282 Beiträge

@KWie2 

Wow, ja hast Du ja eine geradezu wissenschaftliche Abhandlung verfasst.

Das hat auf jeden Fall mal ein "Danke" und ein Sonderlob verdient 👍

 

Ich gebe zu, dass ich an einigen Punkten etwas irritiert bin und spontan nicht sicher bin, ob die teilweise überraschenden Ergebnisse an falschen Annahmen meinerseits liegen, ob sie durch die getroffenen Vereinfachungen entstehen oder ob es sich doch um einen Fehler in der Berechnung handelt.

 

Unstrittig ist, dass es auf die Frage "Thesaurierer oder Ausschütter?" nicht die eine, einzig richtige Antwort gibt. Steuer ist eben eine höchst individuelle Angelegenheit.

 

Auch ich habe in der Community schon Langzeitberechnungen zu diesem Thema erstellt und bin dabei mit dem gleichen Problem konfrontiert worden wir Du:

Derart lange Zeiträume lassen sich aus 100 Gründen nicht in vergleichsweise einfachen Formeln abbilden. Insofern sind alle Resultate mit Vorsicht zu genießen.

 

Ich bezweifele nämlich, dass irgendjemand jemals ...

 


@KWie2  schrieb:

Und nun die Frage: Welcher Fall für Wen?

Ihr müsst Euch möglichst von Anfang an hinsichtlich folgender Frage im klaren sein:

 

Bin ich ein rein passiver "Basisanleger" (Buy&hold till You're old)?


... diese Frage am Anfang der 45 Jahre verbindlich beantworten konnte.

Und selbst wenn: Dann kommen definitiv irgendwann geänderte Steuergesetze dazwischen.

 

Daher ist für mich der beste Rat den man geben kann nach wie vor der:

Die steuerlich richtigste Vorgehensweise ist immer die, die im jeweiligen Moment (Betrachtungszeitraum max. 2 Jahre in die Zukunft) das beste Ergebnis liefert.

KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,

 

 

das kann man so sehen.

 


@GetBetter  schrieb:

Die steuerlich richtigste Vorgehensweise ist immer die, die im jeweiligen Moment (Betrachtungszeitraum max. 2 Jahre in die Zukunft) das beste Ergebnis liefert.


Und selbst in dem Fall wäre es dann nicht ganz endgültig für jeden klar: Thesaurier und der Steuerspartipp mit Verkauf / Rückkauf wäre dann (seit der Steuerreform 2018) optimal, wenn - ja aber eben auch nur wenn - die Nerven das Abverkaufen und Zurückkaufen mitachen. Ich habe das schon durchgeführt und fand es fast schon zu spannend. Dabei geht man ja das Risiko ein, dass man Extra-Geld an der Seite haben muss, um nach dem unglücklichen Abverkauf von n Stück auch wieder n Stück zurückkaufen zu können. Was dem einen hier eine Chance mit zusätzlicher Gewinnerwartung ist, ist der Sargnagel des anderen. Es muss ja nicht schief gehen und man kann auch glücklich n verkaufen und mit dem selben Geld n + x Stück kaufen. Aus ganz praktischen Gründen würde ich das allerdings nicht tun, sondern versuchen mit möglichst wenig Geld zurückzukaufen (oder einen anderen Wert zu kaufen) und eventuelle Überschüsse in den nächsten Sparplan hineineditieren.

Es ist ein unendliches Thema.

Ich wollte hier vor allem die stereotype Selbstverständlichkeit des Dis/Acc Steuertipps aufbrechen.

Man muss ja nicht einmal planen, aktiv Anzulegen. Den Corona-Crash und die Öko-Blase habe ich mir ja nicht ausgesucht. Sie sind einfach passiert. Und dann ist der Thesaurier die flexiblere Lösung, denn den Freibetrag kann ich nach Gusto für meine je optimalen Zwecke nutzen.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

GetBetter
Legende
7.282 Beiträge

@KWie2  schrieb:

Ich wollte hier vor allem die stereotype Selbstverständlichkeit des Dis/Acc Steuertipps aufbrechen.


Dieser Tipp wird üblicherweise in einer ganz bestimmten Konstellation gegeben:

  1. Neueinsteiger
  2. ETF-Sparplan
  3. Altersvorsorge

Das ist zunächst mal der Buy-and-Hold-Ansatz in Vollendung. Für solche Kandidaten finde ich die Empfehlung weiterhin vollkommen richtig, übrigens auch zu Lehrzwecken:

Einen Freistellungsauftrag einreichen, das erste mal eine Ausschüttung wiederanlegen und die entsprechende Steuermitteilung nachvollziehen finde ich durchaus sinnvolle Erfahrungen, die man ruhig machen sollte.

 

Natürlich kann sich ein solcher Neuanleger nach zwei Jahren anders entwickeln als vorher von der Community prognostiziert oder von ihm selber gedacht. Dann ist aber nichts Schlimmes passiert da er ja jederzeit in der Lage ist die steuerliche Strategie zu ändern, in solch frühen Phasen sogar in den allermeisten Fällen noch ohne Nachteile.

 

Wie es geht hat er dann aber schon gelernt. Wie Abrechnungen ausehen und welche steuerlichen Aspekte ihnen zu Grunde liegen hat er nämlich mittlerweile (hoffentlich) verstanden.

 

Wenn der Tipp von mir kommt, dann also immer mit dem Hintergedanken, dass er momentan, als Gesamtpaket und im Regelfall das Optimum darstellt.

Ausnahmen bestätigen die Regel.

Zilch
Legende
7.851 Beiträge

Schöne Arbeit @KWie2 - endlich zeigst du mal, wovon du vorher immer gesprochen hast 😉

 

Aber dein Ergebnis ist doch dasselbe, wie die bevorzugte Steuervariante?

Ob ich den Freibetrag nun durch Aktien und Co ausnutze und deswegen Thesaurierer bespare oder ob ich nur ETF besparen will und über den dann den Freibetrag ausnutze bis ich zum Thesaurierer wechsle ist doch egal?

Stehe ich hier auf den Schlauch? Hab ich etwas falsch verstanden? Wenn ja bitte ich um kurze, einfache Erklärung.

 

Denn auch Finanztip hat hier entsprechende Berechnungen durchgeführt und ich vermute einfach, dass die da etwas mehr Kapazität hinter stecken können als wir hier.

Und da die Leute hier dieses Video nie ganz gesehen haben hier noch mal der direkte Link zum Fazit für diejenigen, die optimieren wollen, welches exakt genau so ausfällt wie in der Community von zum Beispiel @GetBetter geraten.

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Research alone won't ensure a profit. Your main goal should be to make money, not to get an A in How to Read a Balance Sheet. - RD

KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,


@Zilch  schrieb:

endlich zeigst du mal, wovon du vorher immer gesprochen hast 😉


Jo, ich hatte auch das Gefühl, dass der eine oder andere hier gern Begründungen gesehen hätte. Hier sind sie nun also.

 


@Zilch  schrieb:

Aber dein Ergebnis ist doch dasselbe, wie die bevorzugte Steuervariante?


Eben nicht. Das ist hier ja der Punkt und wenn es den nicht gäbe, wäre der ganze Beitrag obsolet.

Also noch einmal die Unterschiede:

In dem verlinkten Video von Finanztip wird auch nur das "Buy&hold till You're old" diskutiert.

In dem Fall kommt der Standard-Tip im Vergleich ja auch super weg.

Thomas von Finanzfluss diskutiert die Varianten dort (Steuern optimieren mit ETF: Optimale Aufteilung zwischen ausschüttenden und thesaurierenden ET... am Ende des Videos ein wenig detailierter. Aber auch das bezieht sich praktisch auf "Buy&hold till You're old".

 

Bleiben wir kurz bei diesem Fall:

Der entscheidende Unterschied zwischen Thesaurierern und Ausschüttern bei Buy&hold ist die Wahl: Nerven versus Flexibilität.

Der Steuerspartipp zum Jahresende erfordert in meiner Wahrnehmung durchaus ein wenig Nerven. Mir fällt es leicht, bei einem Portfolioumbau einen Wert abzuverkaufen und einen anderen neu zu kaufen. Aber den selben Wert? Das ist immer eine Wette darauf, dass ich einen so günstigen Verkaufszeitraum finde, dass ich später günstiger - wenigstens nicht teurer - wieder kaufen kann. Sportlich. Zusammenfassung meiner (noch geringen) bisherigen Erfahrung:

Mit gutem Glück und schlechten Nerven habe ich dabei neben den Steuern gerade einmal die Tradingkosten hereingekurbelt.

Dafür hat man die Flexibilität, später die Strategie wechseln zu können, ohne wieder Goethes Zauberlehrling zitieren zu müssen. Wer als Anfänger Ausschütter kauft verliert später, wenn er die Strategie um Einzelwerte oder andere Satelliten erweitert.

 

Nun gibt es aber auch ganz andere Anlagestrategien.

Kaum hat man einen Teil Branchen- oder Reginenwetten oder Einzelwerte im Portfolio, kaum ist "wirklich etwas los" im Kapitalmarkt und man möchte z.B. auch zwischen Fremd- und Eigenkapital umschichten oder Rebalancen, wird man Goethe's Zauberlehrling zitieren müssen.

Den Freibetrag kann man eben nur einmal ausschöpfen.

Und da es im Basisinvestment (Buy&hold till You're old) nicht erforderlich ist Ausschüttungen zu haben, müssen sie dort bei mir entfallen. Es gibt ja ggf. die steuerliche Optimierung zum Jahresende.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

Zilch
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7.851 Beiträge

Lieber @KWie2 - verzeih mir, aber es klingt immer noch nach dem üblichen Tipps.

 

Du sprichst nun von verschiedenen Strategien, aber wie @GetBetter richtig gesagt hat bezieht sich dieser Tipp ja nur auf diese Buy and Hold Strategie zu Beginn eines Anlagelebens

 

 


@KWie2  schrieb:


Wer als Anfänger Ausschütter kauft verliert später, wenn er die Strategie um Einzelwerte oder andere Satelliten erweitert.


Warum? Was spricht dagegen, Satelliten oder um Einzeltitel zu erweitern und auch diese als Buy and Hold zu betreiben? Außerdem planst du jetzt nicht das, was in ein paar Jahren ist, sondern agierst so, wie es jetzt für dich am Besten ist. Das missachtest du mit deiner Herangehensweise - du agierst jetzt schädlicher, um später "freier" zu sein, was aber nicht wirklich so ist.

 


@KWie2  schrieb:


Nun gibt es aber auch ganz andere Anlagestrategien.


Genau. Den Satz möchte ich nur kurz hervorheben bevor wir zu einem anderen wichtigen kommen:

 


@KWie2  schrieb:




Den Freibetrag kann man eben nur einmal ausschöpfen.

Und da es im Basisinvestment (Buy&hold till You're old) nicht erforderlich ist Ausschüttungen zu haben, müssen sie dort bei mir entfallen.


Müssen sie das? Nein. Sie können.

Wenn du deinen Freibetrag über andere Wege ausschöpfst, dann brauchst du keinen Ausschütter als Basisinvestment sondern kannst den thesaurierenden ETF nehmen. Du kannst deine Gewinnmitnahmen auch deinen Ausschüttungen und Dividenden anpassen.

Und es ist nicht gesagt, dass du über Einzelwerte zuverlässig den Freibetrag ausnutzen kannst. Was dann? Was ist, wenn mal ein oder zwei Jahre deine Aktien seitwärts laufen und du keine Gewinne zu mitnehmen hast? 

 

Und jetzt sage ich etwas, was vielleicht blöd klingt:

Es ist alles dasselbe und gehüpft wie gesprungen.

 

Wenn ich meinen Freibetrag nicht anders ausschöpfe, kann ich über ausschüttende ETFs steuerlich am besten agieren. So beginnt man in der Regel ja.

Wenn ich meinen Freibetrag anders ausschöpfe, kann ich direkt in thesaurierende ETFs investieren und habe denselben Effekt.

 

Was du auch vergisst ist: Irgendwann müssen wir Steuern zahlen und kommen nicht drum herum. Es sei denn du betreibst Buy and Hold und verkaufst nie Aktien mit Gewinn 😉

Dann sind die Dividenden zu hoch oder die Gewinne zu groß um nur den Freibetrag auszunutzen. Und dann ist es schlichtweg egal ob ich als Basisinvestment einen ausschüttenden oder thesaurierenden ETF im Depot habe. 

 

Man muss also schauen um welche Strategie es sich handelt und in welchem Stadium diese Person sich befindet. Und von daher bleibt es steuerlich am besten mit einem ausschüttenden ETF anzufangen und nicht mit einem thesaurierenden, erst recht nicht nur weil ich plane in 5 Jahren meinen Freibetrag über Einzelwerte aufzubrauchen. 

 

Man muss immer entscheiden, was jetzt am Besten für einen ist. Und für Anfänger ist das der ausschüttende ETF und nicht der thesaurierende.

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KWie2
Mentor ★★
1.565 Beiträge

Hallo,

 

das kann ich so nicht so ganz bestätigen.

 


@Zilch  schrieb:

wie @GetBetter richtig gesagt hat bezieht sich dieser Tipp ja nur auf diese Buy and Hold Strategie zu Beginn eines Anlagelebens


Entscheidend dafür, ob man sich gleich zu Anfang unglücklich festnagelt ist, ab wann die Gesamtperformance, also Kursgewinne plus Ausschüttungen, den verfügbaren Freibetrag erreichen. Ab da wird man das Zeugs nicht mehr ohne Steuern los. Wer Ausschütter kauft, bis die Ausschüttungen den Freibetrag erreichen, hat also schon längst verloren. Das ist auch im Video von Finanzfluss schon 'drin.

Wer am Anfang mit einem hinreichend großen Einmalbetrag plus Sparplan beginnt, kann sich also gleich am erten Tag schädigen. Der Begriff "Anfänger" ist hier schlichtweg irrelevant. Es trifft jeden gemäß Steuergesetzgebung gleich.

 


@Zilch  schrieb:

Was spricht dagegen, Satelliten oder um Einzeltitel zu erweitern und auch diese als Buy and Hold zu betreiben?


Emerging markets, die 45 Jahre lang brav "emergen"? Boombranchen, die 45 Jahre lang brav boomen? Disruptive technologies, die nicht nur heute, sondern auch in 45 Jahren noch die Marktvorläufer disruptiv verdrängen? Wenn es so etwas gäbe, dann wäre das Basisinvestment nach Bogle ein schwerer Fehler.

Den Punkt kann ich für diese Welt, in der ich lebe, nicht nachvollziehen.

 


@Zilch  schrieb:

Außerdem planst du jetzt nicht das, was in ein paar Jahren ist, sondern agierst so, wie es jetzt für dich am Besten ist. Das missachtest du mit deiner Herangehensweise - du agierst jetzt schädlicher, um später "freier" zu sein, was aber nicht wirklich so ist.


Planen kann ich im Kapitalmarkt gar nichts. Nur in meinem Portfolio. Und eine Strategie macht es ja gerade aus, dass ich nicht versuche das zu tun, was jetzt für mich am besten ist, sondern das, was insgesamt optimale Chancen verspricht.

Ich verhalte mich nicht so, wie Du es unterstellst.

Auch missachte ich nichts. Insbesondere ist der Ansatz mit "Thesaurierern von Anfang an" nicht jetzt schädlicher.  Wenn ich die Trades mit etwas Glück so schaffe, dass dadurch auch noch etwas abspringt, ist der Thesaurier von Anfag an sogar leistungsfähiger. Da ist aber, wie schon gesagt, das "wenn" mit bei, das sich auf die für diesen Ansatz erforderlichen Nerven bezieht.

 


@Zilch  schrieb:

Und es ist nicht gesagt, dass du über Einzelwerte zuverlässig den Freibetrag ausnutzen kannst. Was dann? Was ist, wenn mal ein oder zwei Jahre deine Aktien seitwärts laufen und du keine Gewinne zu mitnehmen hast? 

 

Und jetzt sage ich etwas, was vielleicht blöd klingt:

Es ist alles dasselbe und gehüpft wie gesprungen.


So etwas kann passieren, muss aber nicht.

Wenn wir am Anfang in einen Bärenmarkt investieren, dann könnte man das Geld auch besser in's Kopfkissen einnähen, bis der Bärenmarkt vorbei ist und dann als EInmalinvestment anlegen.

Wenn so etwas mitten im Invesment passiert, haben vermutlich die meisten ganz erheblich mehr Gewinne in den Büchern, als es dem Freibatrag entspricht. Der ist normalerweise doch nach kurzer Zeit viel zu klein, um alle Gewinne realisieren zu können.

 


@Zilch  schrieb:

Was du auch vergisst ist: Irgendwann müssen wir Steuern zahlen und kommen nicht drum herum. Es sei denn du betreibst Buy and Hold und verkaufst nie Aktien mit Gewinn 😉

Dann sind die Dividenden zu hoch oder die Gewinne zu groß um nur den Freibetrag auszunutzen. Und dann ist es schlichtweg egal ob ich als Basisinvestment einen ausschüttenden oder thesaurierenden ETF im Depot habe. 


Auch da habe ich nichts vergessen und der letzte Satz ist sachlich nicht nachvollziehbar.

Wenn ich Thesaurierende Fonds im Basisteil habe, kann ich im Rest bei der Portfoliopflege den Freibatrag ausnutzen. Nutze ich den Freibetrag schon für das Basisinvestment ziehe ich hier auch wieder den kürzeren.

 

Gruß: KWie2

... irgendwo in 'nem Portfolio zwischen Graham und Bogle ...

GetBetter
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7.282 Beiträge

"Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen"

 

Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Wenn man bereits am Anfang genau wüsste wie sich der Anleger und die Kurse entwickeln, dann wäre die Definition der richtigen Strategie ein Kinderspiel. Leider (oder Gott sei Dank) sind die Szenarien aber derart vielfälig, dass es folglich auch keine One-fits-all-Herangehensweise gibt.

 

Für den einfachen MSCI-World-Sparer, der gesichert weder an Wiederanlage noch an Regional-, Sektor- oder sonstigen ETFs noch an Aktien, Derivaten oder sonstigem teufelszeug interessiert ist, ist wahrscheinlich der Thesaurierer die richtige Wahl.

 

Für den Hardcore-Trader, der neben dem Basis-ETF jedem Hype hinterläuft und den Freibetrag problemlos durch seine aktiven Investments ausschöpft ist es auch der Thesaurierer.

 

Zwischen diesen beiden Extremen befindet sich aber die große Maße der Leute sowie vermutlich 95% der Neueinsteiger. Für die ist aus meiner Sicht der Ausschütter zunächst der richtige Ansatz da es

  1. der einzige Weg ist, jedes Jahr zuverlässig einen Teil des Freibetrages auszunutzen
  2. keine Vorteile in die Zukunft verschiebt (ohne die Gewissheit zu haben, ob es diesen Vorteil in der Zukunft überhaupt noch gibt)
  3. alle Möglichkeiten offen lässt.

Wer mit dem Ausschütter anfängt nutzt Vorteil #1 zunächst mal aus.

 

Falls er nach einiger Zeit feststellt, dass er doch aktiver handeln möchte, dann

  1. verkauft er den Ausschütter
  2. nutzt auf diese Art den (sonst ohnehin noch nicht ausgeschöpften) Freibetrag umso besser aus und
  3. reinvestiert in einen Thesaurierer.

Damit ist er voll auf der Schiene, die @KWie2  sowieso für den Anfang empfiehlt.

 

Falls er kein Interesse an Nebengeschäften hat kann er einfach beim Ausschütter bleiben und so jedes Jahr etwas mehr von #1 profitieren.

 

Nur wenn sich jemand absolut sicher ist, dass er zukünftig mit aktivem Handeln den Freibetrag ausnutzen wird, macht es für ihn Sinn unmittelbar in Thesaurierer zu gehen, da mandann tatsächlich den Freibetrag nicht unnötig belasten sollte.

Aber wer kann das am Anfang schon sagen, zumal es gerade in den ersten Jahren auch eine Frage des allgemeinen Marktes ist? Wo keine Gewinne entstehen, kann man nämlich auch keine realisieren.

Zilch
Legende
7.851 Beiträge

Sorry @KWie2 aber deine Argumentation ist zu viel auf "wenn" gestützt.

 

Ich mache das, was jetzt für mich am besten ist. Nichts anderes, denn wenn ich danach handle was möglicherweise in der Zukunft sein mag, dann handle ich nicht gerade intelligent. Und wenn ich keine Gewinne habe, die ich realisieren kann, weil der Markt gerade gegen mich arbeitet (und was vor allem am Anfang sehr häufig passiert), dann stehe ich mit nichts da und habe einen Freibetrag, der nicht ausgeschöpft ist.

 

Wir reden etwas aneinander vorbei, vor allem die Aussage, dass alles auf Glück basiert ("Wenn ich die Trades mit etwas Glück so schaffe, dass dadurch auch noch etwas abspringt, ist der Thesaurier von Anfag an sogar leistungsfähiger.") führt diese ganze Diskussion ad absurdum und die Ironie in dieser Aussage ist schon irgendwie... mit Geschmäckle.

 

Auch, dass du anscheinend einen Unterschied darin machst, ob du den Freibetrag mit Ausschüttungen/Dividenden oder Kursgewinnen ausnutzt (Fun Fact: Es ist völlig egal), zeigt die unterschiedlichen Ansichten.

 

Zuletzt:

"Emerging markets, die 45 Jahre lang brav "emergen"? Boombranchen, die 45 Jahre lang brav boomen? Disruptive technologies, die nicht nur heute, sondern auch in 45 Jahren noch die Marktvorläufer disruptiv verdrängen? Wenn es so etwas gäbe, dann wäre das Basisinvestment nach Bogle ein schwerer Fehler.

Den Punkt kann ich für diese Welt, in der ich lebe, nicht nachvollziehen."

 

Wer die ganze Zeit damit prahlt, wie geil er Bogle findet, dann aber nicht mal kapiert, was eine Buy and Hold Strategie ist und in welche Art Wertpapiere man dabei investiert, mit dem kann ich nicht diskutieren. Konsumgüterunternehmen wie Procter & Gamble oder PepsiCo oder CocaCola oder Nestle kann man locker Jahrzehnte halten ohne zu verkaufen. 

 

Ich bin also hiermit raus. Du hast deine Ansicht, siehst aber die gleiche Logik zu dem allseits Bekannten nicht. Mach wie du meinst, ich werde weiterhin empfehlen mit einem ausschüttenden ETF anzufangen, erst recht weil es derzeit und jetzt am Besten für diejenigen ist, die optimieren wollen. Alles andere ist Glaskugel, und das kann man keinem empfehlen. 

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