am 05.09.2018 11:21
"Gewinne mitnehmen, Verluste begrenzen" ist ein Merksatz, der beim Aktienhandel (u.a. gebetsmühlenartig von @nmh 😉 immer wieder empfohlen wird.
Also konkret diejenigen Aktien, die sich auf Wachstumskurs befinden, nicht vorzeitig zu verkaufen, und diejenigen, die sinken, rechtzeitig zu verkaufen. Das Ziel ist es, Verluste zwar nicht zu vermeiden, aber möglichst klein zu halten.
Beim Rebalancing von (ETF-)Depots macht man ja prinzipiell nichts anderes. Die überproportional gestiegenen Papiere werden "gestutzt" (=verkauft), um die Gewinne mitzunehmen. Diese können dann wieder (in die anderen, schlechter laufenden Papiere) angelegt werden, um die gewünschte Verteilung wiederherzustellen.
Aber macht man damit nicht genau das Gegentail von "Verluste begrenzen"? Das Papier, das sich sowieso unterdurchschnittlich entwickelt hat, wird nochmal zusätzlich aufgestockt, und damit potentielle Verluste verschärft.
Ist das ein Risiko, was für langfristige & marktbreite Anlagen einfach in Kauf genommen wird, in der Erwartung, dass sie irgendwann schon wieder steigen werden?
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 05.09.2018 11:30
Hallo @VersalEszett,
du musst beim Rebalancing nicht zwingend Anteile der stärkeren Fraktion verkaufen und diese in die schwächere Fraktion investieren. Ich persönlich nehme lieber zusätzlich etwas Geld in die Hand und erhöhe den Sparplan einmalig für die schwächeren Papiere in einem entsprechenden Anteil. Du kannst das ganze auch als zusätzlichen einmaligen Sparplan laufen lassen.
Grundsätzlich dient das Rebalancing ja dazu deine ursprüngliche Verteilung, auch in Bezug auf Risiko, wiederherzustellen. Nur weil sich ein Anteil temporär schlechter entwickelt, soll er ja nicht direkt untergewichtet werden. Wer weiß schon wie das Ganze in 30 Jahren aussieht. Womöglich würdest du dich dann darüber ärgern. Selbiges gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall.
Grüße
Getrabro
am 05.09.2018 11:30
@VersalEszett schrieb:
Ist das ein Risiko, was für langfristige & marktbreite Anlagen einfach in Kauf genommen wird, in der Erwartung, dass sie irgendwann schon wieder steigen werden?
Das trifft es grob gesagt ganz gut. Wobei ich nicht sagen würde, dass Verluste in Kauf genommen werden, sondern eben bei wirklich marktbreitem Investment quasi auszuschließen sind. Du vertraust hier der Annahme (die immerhin seit vielen 100 Jahren bestätigt wird), dass wirklich breite Indices langfristig immer steigen.
Anders ist es bei Einzelwerten oder engen Indices, wo Du in tatsächliches Verlustrisiko hast, auch langfristig. Hier gilt es eben, diese Verluste zu begrenzen.
am 05.09.2018 11:37
am 05.09.2018 11:37
Du hast ein Rennpferd und einen Ackergaul.
Nun setzt Du den leichtgewichtigen Jockey vom Rennpferd auf den Ackergaul und den 100kg schweren Bauern vom Ackergaul aufs Rennpferd.
Du reduzierst einerseits die Chancen des Rennpferdes, erhöhst aber nicht unbedingt die Chancen des Ackergauls. 😉
Aus dem Grund- Gewinne(r) laufen lassen und Rebalancing nur mit frischen Mitteln.
05.09.2018 11:41 - bearbeitet 05.09.2018 11:41
05.09.2018 11:41 - bearbeitet 05.09.2018 11:41
Wobei hier quasi täglich neu gewürfelt wird, wer Rennpferd und wer Ackergaul ist 😉
am 05.09.2018 12:38
@VersalEszett: Wenn mich nicht alles täuscht, lautet der Sinnspruch "Gewinne LAUFEN lassen, Verluste begrenzen".
Aber wie auch immer: Der Spruch ergibt bei Einzelwerten Sinn oder wenn man absehbar an sein Geld ran muss (wie bei mir), aber bei breit gestreuten Fonds/ETFs sollte man eher das Gegenteil tun: "Kaufen, wenn die Kanonen donnern" und einfach mehr Anteile des Fonds/des ETF seinsammeln
Gruß, swolpoll
am 05.09.2018 15:41
@GetrabroHat ganz richtig erwähnt, dass es beim Rebalancing darum geht, dass ursprüngliche Risiko wiederherzustellen.
Mal angenommen, du hast die klassische Aufteilung 70% World und 30% EM und erwartungsgemäß entwickelen sich die Schwellenländer besser als die Industrieländer, dann hast du nach zwei Jahren vielleicht 50% und 50%. Dann wäre das ganze wesentlich risikoreicher, als du es gerne hättest.
Gut, das ganze war kein aktuelles Beispiel, da die EM zur Zeit schlecht laufen:D
Also, Stopkurse setzen etc. gilt nur für Einzelaktien etc. aber nicht für marktbreite ETFs.
Viele Grüße
codibank
am 07.09.2018 11:27
Da spielen natürlich auch unterschiedliche Strategien hinein – manche setzen auf den Trend (was gut gelaufen ist, wird auch weiter gut laufen), andere auf niedrige Kurse (was jetzt billig ist, wird in Zukunft besser laufen). In jedem Fall würde man seine Schwankungen und sein Klumpenrisiko erhöhen, wenn man eine volatile Anlageklasse einfach beliebig wachsen ließe.
Ein wesentlicher Unterschied beim Rebalancing ist allerdings, daß man es in größeren Abständen macht (oder machen sollte); nicht öfter als zweimal im Jahr, denke ich. Dadurch hat man nicht den gefährlichen Effekt „Oh, X hat um 100 Euro zugelegt – schnell verkaufen, Gewinne sichern!“, sondern man läßt die Gewinne zumindest einige Monate laufen.
Einige haben angemerkt, man solle zum Rebalancing gar nicht verkaufen, nur neue Mittel verwenden, um die unterrepräsentierten Anlagen aufzustocken. Da muß ich doch anmerken, daß das (von Gebühren abgesehen) nur ein psychologischer Unterschied ist, kein wirtschaftlicher. Böswillig könnte man auch „Milchmädchenrechnung“ sagen. 😉 Abgesehen davon wird es ab einer bestimmten Depotgröße und abhängig vom laufenden Einkommen nicht mehr möglich sein, die Zielanteile nur durch Neukäufe wieder zu erreichen.
am 07.09.2018 14:06
Da muß ich doch anmerken, daß das (von Gebühren abgesehen) nur ein psychologischer Unterschied ist, kein wirtschaftlicher. Böswillig könnte man auch „Milchmädchenrechnung“ sagen.
Wenn man in der Vergangenheit der letzten Jahre sowas wie Apple zwecks Rebalancing verkauft hätte, um es in Telefonica, Deutsche Bank, General Electric, General Mills etc etc zu versenken anzulegen- dann wäre das sehr wohl ein wirtschaftlicher Unterschied.
Da von Milchmädchenrechnung zu sprechen, halte ich wiederum für eine Milchmädchenrechnung.
am 07.09.2018 14:43
@ehemaliger Nutzer: Du kannst es gerne durchrechnen. Ob du (in deinem Beispiel) Apple verkaufst und dafür GE kaufst oder ob du deinen Apple-Posten beibehältst und entsprechend viel zusätzliches Geld in GE anlegst – die prozentuale Wertentwicklung ist dieselbe.